Niichan von MariLuna ================================================================================ Kapitel 34: Kapitel 34 ---------------------- Kapitel 34   „Pizza ist fertig!" „Ja, danke, Mikey. Leg sie zu den anderen." Leonardo deutet lässig auf den Tisch, wo schon drei andere, selbstgebackene Pizzen und die Reste vom Mittagessen liegen. „Ihr wisst meine Kreationen einfach nicht zu schätzen", murrt Michelangelo beleidigt, während er die dampfende Pizza einfach auf die anderen fallen lässt. „Doch, tun wir", meint Raphael gelangweilt, während er weiter fleißig im Fernsehprogramm herumzappt. Leonardo neben ihm gibt ein grunzendes Geräusch von sich, hat es aber schon lange aufgegeben, sich über Raphaels Benehmen zu beschweren. Sie sind alle müde und furchtbar gelangweilt. Die letzten Tage waren so ruhig, dass sie sich fast Shredder zurückwünschen. Aber heute gab es Ärger mit dem Rat King und er hat es ihnen nicht leicht gemacht, nur war es trotzdem irgendwie ... öde. Es lässt sich nicht beschönigen: Shredder fehlt ihnen. Dabei ist es gar nicht so ungewöhnlich, dass der Schrottfresser lange Zeit von der Bildfläche verschwindet, und jetzt sind es gerade mal zwei Wochen. Es ist trotzdem diesmal anders. Ihnen steckt sein „Tod" eindeutig noch in den Knochen. Meister Splinter ist auch richtig nostalgisch geworden - ständig poliert er Shredders Rüstung oder blättert alte Fotoalben durch. „Hey, Jungs! Leute!" Plötzlich steht Donatello in der Tür zu seinem Labor und brüllt, dass selbst Meister Splinter neugierig aus seinem Meditationsraum kommt. „Ich hab da was, das müsst ihr euch ansehen!" Und weil Donatello sonst nie so schreit und alles andere so öde ist, stürmen seine Brüder so hastig in sein Labor, dass sie ihn an der Türschwelle fast umrennen. Meister Splinter folgt ihnen etwas gesitteter, aber auch er ist sehr gespannt darauf, was Donatello so in Aufregung versetzt. „Ich habe soeben dieses Signal empfangen", erklärt ihr hauseigener Intelligenzbolzen und Tüftler, während er stolz zu seinem neuen Computer hinübergeht. „Es ist eine Botschaft. Eine Audiodatei. Und sie haben ein Foto mitgeschickt." „Sie? Wer sind sie?" will Raphael ungeduldig wissen und macht eine vielsagende Geste zum dunklen Monitor. „Ist das Ding jetzt an oder was?" Raphael wartet nicht gerne. „Na, sie!" Triumphierend drückt Donatello die Enter-Taste und der Bildschirm erwacht zum Leben. Sekundenlang starren Leonardo, Raphael, Michelangelo und Splinter nur stumm auf das Foto. Gestochen scharf, satte Farben - vielleicht etwas rötlich angehaucht, aber sie wissen: das liegt am Licht. Und die schlierigen silbernen Wolken sind genauso typisch für die DimensionX. Zwei dunkelhaarige, junge Männer in dunklen Parkas lachen in die Kamera und im Hintergrund kann man das Technodrome erkennen. Es dauert eine Weile, bis Donatellos Brüder die beiden erkennen. Splinter allerdings wirft nur einen Blick auf das Foto und seufzt sofort erleichtert, ja, fast schon glücklich, auf. „Das sind Kazuo und Shredder", stößt Leonardo schließlich überrascht hervor. „Ja", meint Raphael gedehnt. „Tatsächlich. Ohne Schlips und Anzug hätte ich Kazuo fast nicht erkannt." „Shredder hätte ich so ohne Helm und Co auch nicht wiedererkannt", klagt Michelangelo schuldbewusst. Doch einen Moment später hellt sich seine Miene wieder auf. „Aber er sieht viel besser aus als im Krankenhaus. Ich weiß, das war er nicht wirklich, nur sein Bewusstsein, aber er scheint es gut weggesteckt zu haben, meint ihr nicht auch?" „Er sieht gesund aus", bestätigt Leonardo erleichtert. „Was ist denn das da, am Technodrome?" Raphael kneift die Augen zusammen und beugt sich nach vorne, bis er mit der Nase fast den Monitor berührt. „Sieht aus wie ein Baugerüst..." „Krang hat wohl die Portokasse gefunden und endlich mal Profis engagiert", bemerkt Leonardo trocken. Raphael gluckst leise und richtet sich wieder gerade auf. „Du sagtest etwas von einer Botschaft, Donatello?" erkundigt sich Meister Splinter leise. Der nickt eifrig und drückt eine Taste. Zuerst hören sie nur Rauschen, doch dann ertönt eine ihnen wohlbekannte Stimme aus den kleinen Lautsprechern. „Hallo Jungs, hallo Sensei Splinter. Hier spricht Oroku Kazuo. Wegen technischer Schwierigkeiten – wie es so schön heißt – kann ich euch leider nur eine Audiobotschaft schicken. Und länger als eine Minute darf die auch nicht sein. Also beschränke ich mich auf das Wesentliche. Danke erstmal. Danke dafür, daß ihr für meinen Niichan da ward und ihn ins Krankenhaus gebracht habt. Danke auch von ihm. Ich weiß nicht, auf welchem Stand ihr seid, ob ihr Nachricht aus dem Krankenhaus habt, vielleicht hat sich Donatello ja in die Aufnahmen der Sicherheitskameras gehackt …“, sie hören, wie er einmal tief Luft holt und können sich bildlich vorstellen, wie er auf die Uhr schaut, um zu sehen, wieviel Zeit ihm noch für die Nachricht bleibt. „Wie auch immer: mein Bruder lebt. Es geht ihm gut. Und ich bin bei ihm. Hier, in der DimensionX ...“ Im Hintergrund hört man plötzlich eine Stimme, aber zu undeutlich, um sie zu identifizieren oder gar Worte zu verstehen. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass sie nicht englisch waren. Dann hören sie wieder Kazuos Stimme, laut und deutlich. In Englisch. „Wieso soll ich ihnen sagen, daß es mir auch gut geht, Niichan? Die wissen, daß du mir nichts antust. Komm her und sag auch mal Hallo, du Baka.“ „Hallo. Du Baka“, hören sie dann laut und deutlich Shredders Stimme. Splinter gluckst leise und auch die Turtles grinsen unwillkürlich. „Entschuldigt ihn, Jungs“, ertönt da Kazuos lachende Stimme wieder. „Ihr wißt ja, wie er ist. Ein hoffnungsloser Fall. Aber ihm geht es auch gut. Genaueres erkläre ich … erklären wir euch später bei Gelegenheit mal. Obwohl ihr das bestimmt schon selbst alles herausgefunden habt. Dauert noch 'ne Weile, bis das Portal wieder richtig funktioniert.“ Ein kurzes Zögern und dann ein gedehntes: „Ja nun, das war eigentlich schon alles, was ich wollte. Bye-bye.“ Damit ist die Aufzeichnung zu Ende. Über die kleine Gruppe senkt sich eine grabesähnliche Stille, als sie alle versuchen, sowohl mit dem Gehörten wie auch mit den Gefühlen, die das in ihnen auslöste, klar zu kommen. Michelangelo räuspert sich als erster. „Die beiden klangen ja richtig... glücklich?“ Allerdings, das stimmt. Grinsend nicken sich die Brüder zu und auch Meister Splinter zeigt sein feines, zufriedenes Lächeln. „Können wir eine Antwort schicken, Donatello?“ fragt er dann. Nachdenklich legt Donatello den rechten Zeigefinger an seine Nase. Er ist müde, aber da es Meister Splinter wichtig zu sein scheint, wirft er seine Gehirnzellen noch einmal an. „Hm. Ja, das müsste ich hinkriegen. Ich muß nur die Frequenz zurückverfolgen und dann … oh nein, wie haben kein Tor in die DimensionX. Es sei denn … ja, ich könnte den Kommunikator der Neutrinos als Sender nutzen … ich fange schon mal an zu basteln...“ Alle Müdigkeit ist verflogen, wie immer, wenn er ein Problem lösen will. „Gebt mir 'ne Stunde.“ Von neuer Energie beseelt, wendet er sich schon zu seiner Werkbank um und kramt an den Einzelteilen herum, die dort liegen. Seine Brüder und Meister Splinter hat er schon längst vergessen. Die vier mustern ihn amüsiert, und dann meint Splinter, während er sie mit einer Geste aus dem Labor scheucht: „Sehr schön. Und wir überlegen uns, was wir sagen wollen.“     „Das ist so schwülstig, ich krieg hier gleich 'nen Zuckerschock.“ „Halt die Klappe, Shredder.“ Krang liebt das Love Boat und gibt diesem Kulturverächter daher mit dem Tentakel einen Klaps auf den Hinterkopf. Da der vor der Couch sitzt und Krang in seiner Plastikkugel auf den Polstern, muß sich das Alien dafür nicht einmal anstrengen. Es ist außerdem nicht der erste Klaps mit dem Tentakel, den sich Shredder heute schon eingefangen hat. Wenn Shredder so gut gelaunt ist wie heute, vergißt er schnell, wer hier das Sagen hat und da erinnert ihn Krang doch gerne wieder daran. Bebop und Rocksteady auf dem anderen Ende der Couch beobachten das Ganze grinsend, sparen sich aber wohlweislich jedes Kommentar. Sie hätten sich zwar lieber eine andere Serie angesehen, eine mit mehr Blut und Schießereien und Verfolgungsjagden, aber sie wissen, wer hier das Sagen hat. Sie sind heute nur Gast in der Kommandozentrale, solange ihre Quartiere renoviert werden. Es ist ja nur noch bis heute Abend. Wenigstens schickt Krang sie nicht wieder auf irgendwelche Botengänge. Kazuo dagegen brummt nur und lehnt sich bequemer mit dem Rücken an den Oberkörper seines Niichans. Sie sitzen beide auf dem Boden vor der Couch, die Krang sie vorhin anwies, aus einem Lagerraum zu holen und hier aufzustellen. Zuerst erschien ihnen das reichlich suspekt, aber jetzt müssen sie zugeben: so ein improvisiertes Heimkino hat etwas. Und da die Fußbodenheizung wieder funktioniert, können sie sogar auf dem Boden sitzen. Genau wie früher. Kazuo fühlt einen Hauch von Nostalgie in sich erwachen, als er sich daran erinnert, wie er und sein Bruder als Kinder immer genau so vor der Couch ferngesehen haben: Saki mit dem Rücken an die Sitzfläche gelehnt und Kazuo zwischen seinen Beinen, sicher und warm umschlungen von Sakis Armen und Beinen. Versonnen streichelt er mit den Fingern seiner rechten Hand über Sakis Unterarm, dort, wo der Ärmel etwas nach oben gerutscht ist und so schön viel goldbraune, warme Haut entblößt. Er hat allen Grund, stolz auf ihn zu sein: sie haben heute einen richtigen Trainingskampf gewagt und er hatte keinen Panik-Anfall. Auch das gelegentliche Zittern seiner Hände scheint nachgelassen zu haben. Nur das mit den Panik-Attacken bei metallischen Geräuschen hat noch nicht aufgehört. Ein Bauarbeiter hat heute eine Stahlplatte fallen lassen, daher wissen sie das. Aber das ist nicht weiter schlimm. Alles braucht seine Zeit. Am meisten freut es Kazuo aber, dass sein Niichan schon die zweite Nacht in Folge durchgeschlafen hat. Dieser Dopamin-Rausch hatte wirklich ungewohnt positive Nachwirkungen. Auch bei ihm. Seine Verlustangst hat erheblich nachgelassen. Jetzt ist sie auf einem Niveau, das er beherrschen kann – was aber nur bedeutet, daß er jetzt bewußt jede noch so kleine Gelegenheit nutzt, um seinen Niichan zu umarmen. Und in Momenten wie diesem hier fühlt er sich an früher erinnert, an jene kostbaren Minuten und Stunden, wo er in der Gegenwart seines Niichans Ruhe und Frieden, sowie Hoffnung und Wärme fand. Ein Leben ohne Saki wäre kein Leben, damals nicht und heute auch nicht, wie er jetzt weiß. Unwillkürlich kuschelt er sich enger in Sakis Umarmung hinein. Und als Saki ihm dann auch noch einen kleinen Kuß auf die Schläfe drückt, hätte er beinahe behaglich aufgeseufzt. Ein helles, durchdringendes „Pling“ durchschneidet den Raum und den süßlichen Dialog auf dem Hauptbildschirm und dann meldet die Stimme einer KI, von der sie (außer Krang natürlich) bisher gar nicht wußten, daß sie existiert: „Eine Audiobotschaft für Euch.“ Seufzend drückt Krang die Pause-Taste seines Love Boats. „Spiel uns die Nachricht vor, Kimmie." „Sehr wohl, Lord Krang." „Kimmie?" wiederholt Shredder. Er weiß nicht, worüber er mehr überrascht sein soll: über die KI als solche oder ihren Namen. Krang zeigt nur jene Tentakelgeste, die bei ihm für ein Schulterzucken steht. Für weitere Diskussionen bleibt ihnen keine Zeit, denn da wird die Botschaft schon abgespielt. Laut und klar hallt Leonardos Stimme durch die Kommandozentrale. „Hallo, Kazuo. Hallo, Shredder. Vielen Dank für eure Nachricht und das Foto. Wir sind sehr froh zu sehen und zu hören, dass es euch beiden gut geht. Und du liegst richtig, Kazuo, denn Donatello hat sich tatsächlich in den Server des Krankenhauses gehackt und die Aufnahmen der Überwachungskameras gecheckt, nachdem ihr verschwunden seid. Wir haben ein paar Theorien darüber, was passiert ist, aber im Moment sind wir einfach nur froh, zu erfahren, dass du, lieber Shredder, gesund und munter bist. Paß gut auf ihn auf, Kazuo, okay? Wir wollen schließlich, dass er uns einen guten Kampf liefert, wenn wir uns wiedersehen. Aber bis dahin genießt das Wetter in der DimensionX, ihr alle! Liebe Grüße auch an Krang, Bebop und Rocksteady. Alles Gute wünschen euch ..." und an dieser Stelle sagt jeder der Turtles seinen Namen. Sie klingen sehr vergnügt. Und dann hören sie Splinters Stimme. Er sagt etwas auf japanisch. Danach endet die Nachricht. In der gesamten Kommandozentrale herrscht plötzlich Totenstille. Bebop und Rocksteady werfen sich einen verunsicherten Blick zu. Sie haben als einzige hier Splinters Worte nicht verstanden, wagen in diesem Moment aber auch nicht zu fragen. „Na, das war ja richtig süß", räuspert sich Krang schließlich. Shredder legt nur eine Hand über seine Augen und ächzt leise auf. Kazuo in seinen Armen kichert unterdrückt. „Was ist los?" wagt es Rocksteady nun doch zu fragen. „Was hat er gesagt?" Shredder schüttelt nur den Kopf und Kazuo vergräbt sein Gesicht lachend an seiner Schulter. Es ist Krang, der ihnen breit grinsend antwortet: „Er sagte: wenn Shredder ihm noch einmal so einen Schrecken verpasst, versohlt er ihm den Hintern."     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)