Nur wer frei ist, ist ein König von Die_Katzenhai ================================================================================ Kapitel 1: Ein Meisterdieb stellt sich vor ------------------------------------------ Die Luft im Gasthaus war stickig und vor Qualm konnte man nur wenige Tische weit sehen. Im hinteren Teil des Gastraums stritten sich Männer, ein Glas zerbrach. Man unterhielt sich leise, winkte den Wirt herbei. „Sollte der Dieb nicht schon da sein?“ Hidan, der vor einem Krug schalen Biers saß, schaute sich um. Sein helles Haar, sonst ordentlich zurückgekämmt, war feucht und stand ab. Der Weg hierher war lang gewesen und ein Schneesturm hatte sie überrascht. „Ja.“ Kakuzu hatte seine Maske herunter gezogen. Durchnässt war sie lästig. Hidan nahm einen Schluck, statt zu antworten. „Wenn wenigstens das Bier schmecken würde.“ Kakuzu gab ihm Recht. In diesem Reich konnten die Menschen weder Bier brauen noch ihre Häuser dämmen. Wind zog durch die Ritzen der Steinmauern, sodass es trotz der vielen Gäste und dem Kaminfeuer kühl war. „Ihr hättet Met bestellen soll, warm, ansonsten kann man hier nichts trinken.“ Ohne, dass eines der Akatsukimitglieder es gemerkt hatte, war ein Mann an den Tisch gekommen. Er war schlank, klein und wahrscheinlich nicht älter als Mitte zwanzig. Seine schmalen, grünen Augen funkelten sie belustigt an. Kakuzu musterte ihn, ohne sich die Überraschung über sein plötzliches Auftauchen anmerken zu lassen. „Du bist der Dieb?“ „Meisterdieb, wenn ich bitten darf. Tori Shouta, stets zu Diensten.“ Er zog sich einen Stuhl an den Tisch und ließ sich rittlings darauf fallen. Seine Arme baumelten über die Rückenlehne. Er grinste. „Du bist zu spät“, warf Hidan ein. „Und das tut mir sehr leid“, sagte der Dieb und klang nicht danach. Er hatte einen Tonbecher in der Hand, über dem Dampf aufstieg. Wahrscheinlich der warme Met, von dem er gesprochen hatte. Er trank, bevor er weitersprach: „Ihr seid also Akatsuki.“ „Ja“, sagte Kakuzu. Er kam nicht umhin, sich über Shoutas Auftreten zu wundern. Als ihnen erzählt wurde, man habe einen Dieb gefunden, der der Aufgabe gewachsen sei, hatte er sich jemand Beeindruckenderes vorgestellt. Shouta winkte den Wirt herbei, einen alten Mann mit schütteren Haar. „Noch zwei warme Met, und nimm' das Pisswasser mit. Das können wir unseren fremdländischen Freunden nicht antun.“ Er warf ihm bronzene Münzen zu. Der Wirt tat wie geheißen und murmelte eine Beleidigung, die Shouta ignorierte. Er wandte sich Akatsuki zu. „Können wir zum geschäftlichen Teil kommen?“ „Hier?“, fragte Hidan. Shouta zuckte mit den Schultern. „Wenn wir gehen, erregen wir mehr Aufmerksamkeit. Die Leute hier vertrauen niemanden, der offensichtlich Geheimnisse hat.“ „Wie lange brauchst du?“ Kakuzu verschränkte die Arme vor der Brust. Shouta grinste. „Kommst gleich zum Punkt, was? Gefällt mir.“ Kakuzu starrte ihn an und Shouta starrte zurück. Der Blickkontakt hielt mehrere Sekunden, bis Shouta antwortete: „Etwa zwei Monate.“ „So lange?“ Kakuzu spürte, wie sein Geduldsfaden dünner wurde. Shouta trank, bevor er antwortete: „Wir müssen eine Woche beobachten, vielleicht mehr. Und wir müssen in die Berge, das wird dauern. Wir können nur am Tag reisen, falls das Wetter es überhaupt zulässt. Wir sind nicht im flachen Mizu no Kuni, das Land ist rauer.“ „Großartig.“ Kakuzu schnaufte. „Scheiße“, sagte Hidan. Der Wirt kam zurück und knallte zwei weitere Becher auf dem Tisch. Die Flüssigkeit spritzte auf die Platte und lief in die Ritzen. Shouta griff in eine seiner vielen Manteltaschen und klatschte eine Karte auf den Tisch. Er entfaltete sie und deutete auf einen Punkt mitten im nordöstlichen Gebirge. An acht seiner Finger trug er schlecht zusammenpassende Ringe. Einige von ihnen hatten tiefe Dellen, bei anderen war das Metall angelaufen und der Ring an Shoutas rechtem Daumen hatte eine dicke Lötnaht an der Seite. „Dort müssen wir hin.“ Er deutete auf einen anderen Punkt. „Hier sind wir. Per Luftlinie ist es nicht weit, aber das nützt uns nichts.“ Er sah kurz auf. „Wir müssen den dreifachen Weg zurücklegen, mindestens. Kommt auf die Wetterbedingungen an. Wenn es schneit, können wir viele Wege nicht nutzen, werden sonst von Lawinen überrollt.“ Kakuzu wechselte einen Blick mit Hidan und rollte mit den Augen. Die nächste Zeit würde anstrengend werden. Kakuzu verfluchte sich dafür, dass er Akatsuki beigetreten war. Shouta wartete, bis Kakuzu ihn wieder ansah. „Darf ich weiterreden?“ „Ja“, knurrte Kakuzu, „aber mach's kurz.“ Shouta rollte seinerseits mit den Augen und erklärte die Route. Sie würden in Dörfern Zwischenhalte machen, ansonsten abseits von den Hauptstraßen bleiben. Schleichwege nutzen oder quer durch die Wildnis, weil die Straßen überwacht wurden. Der Weg führte vor allem durch die Berge, nur ein kurzes Stück würden sie durch ein flacheres Gebiet des Reiches reisen. Ōrora no Kuni war ein großes Reich, um einiges größer als Tsuchi no Kuni, größtenteils unbewohnbar. Und sie mussten von einem Ende des Reichs zum anderen. Kakuzu bezweifelte, dass die Mission innerhalb von zwei Monaten vom Tisch sein würde. Als Shouta seinen Vortrag beendet hatte, trank er seinen Becher leer. Er behielt ihn in der Hand und drehte ihn hin und her. „Alles verstanden?“ Sie nickten. „Dann können wir über die Bezahlung reden.“ „Bei dem bisschen Geld bist du so scharf drauf?“, fragte Hidan. „Es geht um mehr als das Geld.“ Shouta wirbelte den Becher durch die Luft. „Bleibt es bei siebentausendfünfhundert im Voraus und siebentausendfünfhundert, wenn ich den Stein abgeliefert habe?“ „Ja“, sagte Kakuzu. Fünfzehntausend Ryo, soviel bekam man auch für eine D-Rang-Mission und das machte ihn stutzig. „Wieso willst du so wenig?“ „Weil das Geld scheißegal ist, wenn ich den Stein habe.“ Shoutas Zähne blitzten auf. „Du glaubst also dieses Märchen?“, fragte Hidan. „Ihr glaubt auch daran, sonst wärt ihr nicht hier.“ „Die Chakra-Verstärkung ist geschichtlich bewiesen, alles andere nicht“, sagte Kakuzu schneidend. Shouta hob seine Hände. „Ich wollte niemals euer Geschichtswissen infrage stellen.“ „Wenn du uns verraten willst, werden wir dich umbringen.“ Anstatt auf die Drohung zu reagieren, drehte Shouta den Becher auf dem Tisch und blickte Kakuzu desinteressiert an. „Nun, es wäre ziemlich doof, wenn ich meine Auftragsgeber verraten würde, findest du nicht?“ Am liebsten hätte Kakuzu ihm ins Gesicht geschlagen. Der Becher knarzte über das Holz. Kakuzu riss ihn Shouta aus der Hand. Shouta sah ihn empört an, war aber klug genug, nichts zu sagen und keine noch nervigere Tätigkeit zu beginnen. „Es ist ziemlich doof seine Zunge nicht im Zaum halten zu können.“ Hidan lachte und Kakuzu sah Shouta an, dass er alle Mühe hatte, nichts zu erwidern. Nachdem Hidans Lachen verklungen war, wurde es am Tisch still. Shouta wirkte beleidigt. Seine rechte Hand zuckte. „Ich habe noch eine Frage“, sagte Hidan. „Die wäre?“ Unter dunklem Augenbrauen verengten sich Shoutas Augen. „Wenn du diesen Stein unbedingt willst und ein Meisterdieb bist, wieso hast du ihn nicht selbst gestohlen?“ Das war eine gute Frage. Kakuzu richtete sich auf und musterte Shouta, der ein überhebliche Grinsen aufgesetzt hatte. „Wenn das alleine möglich wäre, wäre der Stein längst verschwunden“, sagte Shouta. „Haben viele versucht. Sind alle gescheitert.“ „Das heißt?“, fragte Kakuzu. „Ihr müsst Kanonenfutter spielen.“ Shouta sagte es mit absoluter Selbstverständlichkeit. Kakuzu war sich sicher, dass er entweder ausgesprochen mutig oder ausgesprochen dumm war. „Was soll das heißen?“ „Hast du etwa Angst?“ Shouta zog eine Augenbraue hoch. "Ich dachte, ihr seid weit über die Ninjareiche hinaus gefürchtet." „Genau deswegen solltest du uns respektieren.“ Hidan beugte sich über den Tisch und sagte ruhig: „Wir sollen also die Wachen töten.“ „Nicht alle“, sagte Shouta, "es reicht, wenn ihr genug ablenkt, dass ich durchkomme. Es sind viele, aber das dürfte für euch kein Problem sein, nicht wahr?" „Nein“, sagte Hidan. „Ist das alles?“, fragte Kakuzu. Ablenkung? Das reichte ihm? „Ja.“ Shouta wirkte von der Frage überrascht. „Es wird im Inneren nicht einfach, aber macht euch keine Sorgen. Das ist kein Problem.“ „Und woher weißt du, wie es im Inneren aussieht?"“ Shouta lachte. „Die Pläne sind nicht halb so gut bewacht wie der Stein. Die zu bekommen war leicht.“ Sie mussten ihm glauben. „Gut“, sagte Kakuzu, „wann willst du aufbrechen?“ „Morgen früh“, antwortete Shouta, „nach Sonnenaufgang. Ihr habt passende Kleidung?“ Kakuzu nickte. Sie hatten die leichten Akatsuki-Mäntel gegen schwere, gefütterte Mäntel und die Ninja-Sandalen gegen Stiefel getauscht. Unsterblichkeit schützte nicht vor Erfrierungen. „Ein Problem weniger.“ Shouta faltete die Karte schlampig zusammen und stopfte sie in die Tasche. „Habt ihr noch Fragen?“ Sie verneinten. Kakuzu hatte Fragen, aber keine, die er Shouta stellen würde. Seinen Nerven zuliebe. „Dann treffen wir uns morgen früh hier.“ Shouta schwang sich vom Stuhl. „Lasst euch nicht von den Ratten beißen, die übertragen Krankheiten.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand. Kakuzu griff nach seinem Becher und trank ihn leer. Der Met war nur noch lauwarm, schmeckte aber tatsächlich besser als das Bier. Irgendwie hasste er es, dass der Dieb damit Recht behielt. 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