Von der Kunst, richtig zu sein von Lyndis ================================================================================ Kapitel 17: Hormone ------------------- Ohne es selbst zu merken, hatte Shinji seine Hand auf eine von Nates gelegt und hielt diese nun mit sanftem Druck. Das fiel ihm erst auf, als Nates Blick die Hände nachdenklich betrachtete. "Ich..." Normalerweise hätte Shinji die Hand sofort zurückgezogen, aber er hatte seinen Freund selten so unsicher und verletzbar erlebt, dass er es nicht über sich brachte, diesem den kleinen, Trost spendenden Körperkontakt zu verwehren. Musste er aber auch gar nicht. Plötzlich wurde er näher gezogen und Nate verpasste ihm eine sanfte Kopfnuss, während er ihn in einem leichten Schwitzkasten hielt, der mehr eine Umarmung, als ein Gefängnis war. "Wah, Hey!" Shinji versuchte sich frei zu zappeln, was kläglich scheiterte. Nate ignorierte ihn. "So, wenn ich mich recht erinnere, hast du gemeint, du würdest mich ein zweites Mal beim Autofahren besiegen?" Ganz offensichtlich, hatte Nate sich für die Ablenkung entschieden. "Du wirst mich noch für meine Skills anbeten!" "Sokann ich nicht spielen. Das ist unfair! Wir spielen ohne Handicap." Aber statt Panik zu schieben, musste er lachen. Er wusste nicht genau wieso, ihm war einfach danach. Vielleicht schnappte er ja über, denn etwas in seinem Innern sagte ihm, dass es nicht gut war, von seinem Kumpel so gefangen gehalten zu werden. "Schwache Ausrede. Du siehst den Fernseher immerhin noch!" Aber wenigstens hatte er Nate zum Lachen gebracht. Die trübe Stimmung war sofort wieder verflogen. Als hätte Nate einfach alles von sich abgeschüttelt und sich entschieden, dass er genug Trübsal geblasen hatte. Shinji beneidete seinen Freund für diese Fähigkeit. "Mit den Füßen zu spielen, daswäre ein Handicap, Kleiner.", fuhr Nate fort und begann Shinji zu kitzeln. Shinji begann zu lachen und versuchte sich sofort aus dem Griff zu befreien. "Nein! Aufhören!", lachte und rief er gleichzeitig. "Ich beiße! Und kratze! Ich schwör's!" Aber egal wie viel er zappelte, er wurde nicht losgelassen und irgendwann lag er unter Nate, der sich auf ihn setzte, und konnte sich nur noch krümmen vor lachen. "Gnade! Bitte!", japste er. Endlich ließ sein Freund von ihm ab und grinste süffisant, während Shinji nach Luft schnappte und versuchte, seinen Körper wieder unter seine eigene Kontrolle zu bringen. "An deinem Widerstand musst du echt noch arbeiten", grinste Nate und schnippte ihm sanft gegen die Stirn. "Aber ich will mal nicht so sein. Heute bin ich gnädig." Shinji schaute atemlos zu Nate auf. Etwas an dieser Situation fühlte sich merkwürdig an. Er konnte nur nicht mit dem Finger drauf zeigen. Auch sein Innerstes half ihm nicht, das schwieg und dann gleichzeitig auch wieder nicht. Alles schien durcheinander und doch nicht ganz existent zu sein. Es war merkwürdig, aber er konnte sich nicht dazu bringen, sich Sorgen darüber zu machen. Stattdessen wartete er darauf, dass sein Körper aufhörte, vor Überreizung zu kribbeln. Und plötzlich wusste er, was so merkwürdig war. Er wusste es, als er Nates Lippen auf seinen spürte. Panik überfiel ihn so schnell, dass er einige Sekunden lang nicht imstande war, auch nur zu denken. Es waren lange Sekunden. Viel zu lange und Nate rührte sich nicht. Mit aller Gewalt versuchte er sich gegen ihn zu stemmen, ihn weg zu schieben, sich zu wehren, aber es ging nicht. Es ging nicht, denn er war viel zu schwach, vollkommen unterlegen und unter diesem zwei Meter Riesen eingesperrt, der fast nur aus Muskeln bestand. Doch im nächsten Moment zuckte Nate vor ihm zurück, als hätte er sich verbrannt. Und als dann auch das Gewicht von seinem Körper verschwand, presste Shinji sich sofort von Nathan weg, bis er fast vom anderen Ende des Sofas fiel. Ängstlich fixierte er sein Gegenüber. Ob Nate es noch einmal versuchen würde? Wäre er dann genauso aggressiv wie Chris? Wie würde er reagieren, wenn er 'Nein' sagte? Wie, wenn er wieder steif wurde? Vor Nate konnte ihn niemand retten. Und er konnte hier nicht weg. Das war seine Wohnung, seine heiligen vier Wände! Wie hatte er sich nur so eine Gefahr ins Haus holen können? "Bitte... Nate...", flehte er schluchzend und wusste dennoch nicht, worum er flehte. Um Gnade? Darum, dass er aufhörte? Ging? Oder vielleicht auch nur dafür, dass er ihm nicht weh tat? Dass wenn er das schon tun musste, wenigstens dabei aufpasste? Shinji wusste es nicht genau. Er hatte sowieso keine Hoffnung, dass sein Flehen erhört würde. Alles was er tun konnte, war, sich auf das Kommende vorzubereiten. "Es tut mir leid", hörte er von Nate. "Kleiner... ich mache nichts mehr. Versprochen." Shinji konnte Nate nicht glauben. Er wollte, aber er konnte nicht. Er wollte den Vorfall weglachen und dann weiter machen wie vorher, aber es ging nicht. War er denn auch nur von Irren umgeben? Hatte er etwas an sich, dass andere wahnsinnig werden ließ? Als Nathan aufstand, spannte sich Shinji an. Würde er jetzt über ihn herfallen? Ihn anfallen, wie ein wildes Tier? Nein... Nathan ging zur Küchenzeile und begann Wasser zu kochen. Würde er Drogen in den Tee mischen, die Shinji gefügiger machten? Wenn ja... sollte er annehmen? Es so einfacher für sich selbst machen? Vielleicht würde er sich dann nicht mehr daran erinnern. Er konnte ja doch nichts tun, außer zusammengekauert dort auf dem Sofa zu sitzen und auf sein Schicksal zu warten. Als Nathan zurück kam, mit der Tasse in der Hand, versuchte er sich noch kleiner zu machen. Er wollte nicht... er wollte nicht... konnte es nicht schon vorbei sein? Wieso nur hatte er Nate in seine Wohnung gelassen? Mit einem leisen Klacken wurde die Tasse auf den Wohnzimmertisch gestellt und Nathan kniete sich vor die Couch. "Shinji ich... ich hab nicht nachgedacht... ich weiß nicht, wie das passieren konnte, es tut mir leid. Du braucht keine Angst haben... ich... ich tue dir nichts, wirklich. Es tut mir leid..." Sollte es das jetzt besser machen? Dachte Nate wirklich, er könne ihn so einlullen? War sein Tag nicht schon beschissen genug gewesen? Können wir es nicht einfach hinter uns bringen? Wollte er fragen, aber er bekam den Mund nicht auf. Nathan saß da vor ihm, vollkommen reumütig und rührte sich nicht. War das eine Taktik? Wenn er es nicht mochte, dass man sich wehrte, warum hatte er ihn dann so überfallen? Und warum hatte er dann, als es schon passiert war, nicht einfach weiter gemacht? Nates Augen zeigten nicht den selben Ausdruck wie Chris noch vor ein paar Stunden. Nate sah ihn treuherzig an, reumütig und ruhig. In seinen Augen tobte nicht dieser Sturm aus Hass und Lust und krankem Wahn. Es war nicht das Selbe. Das vor ihm war immer noch Nate, kein Monster aus irgendwelchen Alpträumen. Und Nate war sofort zurückgewichen, als Shinji sich zu wehren begonnen hatte. Nicht wie Chris, der dann nur aggressiver geworden war. Es ist nicht das Selbe, versuchte er sich klar zu machen. Aber es war schwer. "Du bist also auch einer von denen..." Es rutschte ihm mehr heraus, als dass er es bewusst sagte. Es war ein Gedanke, der aus seinem Mund gepurzelt war. "Ich bin noch immer ich... aber... ja..." Hm... Er war sich nicht sicher, was er mit den Informationen anfangen sollte. Es ergab nur plötzlich Sinn, dass Nate nicht aufgegeben hatte. Wenn da irrationale Gefühle im Spiel waren, war das nur logisch. Woher diese Klarheit in seinem Kopf plötzlich kam, wusste er allerdings nicht. Aber es war angenehm. Trügerisch angenehm, wie er befürchtete, denn er wusste gleichzeitig, dass er unmöglich klar im Kopf sein konnte. Er sollte auch nicht plötzlich wieder so ruhig sein, denn was gerade passiert war, war so ähnlich zu dem gewesen, was Chris getan hatte, dass er gerade eine Panikattacke hätte haben sollen. Und dann bemerkte er, dass er tatsächlich nicht klar im Kopf war. Es war mehr so, als würde er die ganze Situation von außen betrachten, als hätte er sich von sich selbst distanziert, sich von seinen eigenen Gefühlen abgekoppelt. Alles fühlte sich stumpf und surreal an und daran, wie schnell sein Brustkorb sich hob und senkte, konnte er klar erkennen, dass er kurz vor einer Panikattacke stand. Aber er fühlte sie nicht. Er spürte seinen beschleunigten Herzschlag, spürte, dass er schwieriger Luft bekam, aber es fühlte sich nicht echt an. Das, was damit verbunden war, fehlte vollkommen: Die Angst, die Atemnot, die Beklemmung, das Gefühl, gerade in Lebensgefahr zu sein. Nichts davon war da. Ihm war nicht einmal schwindlig, es war alles taub. So, als hätte er den Kontakt zu seinem Körper verloren... Aber er versuchte diesen Umstand zu nutzen. Die Klarheit mochte falsch sein, aber er musste versuchen, die Situation dadurch zu verbessern. Denn wahrscheinlich war es ein Schutzmechanismus... das sollte er ausnutzen. "Ich will nicht, dass das zwischen uns steht", begann er deshalb. "Aber ich weiß nicht, was ich tun soll..." Er hörte sich selbst schluchzen. Ein merkwürdiges Geräusch. "Ich hab Angst... und bin überfordert... und... und... ich weiß einfach nicht." Und er wusste tatsächlich nicht. Er fühlte sich so fremd in seinem Körper. "Soll ich gehen?", fragte Nate da. "Würde es dir dann besser gehen?" Nate würde also tatsächlich gehen? Er würde einfach gehen und ihn alleine lassen? Wenn er es nur sagte? Aber würde das helfen? Ja, kurzfristig bestimmt. Dann konnte er sich in sein Bett verkriechen und die Welt ausblenden. Und ein großer Teil seiner selbst wollte auch nichts anderes. Aber er wusste, dass, wenn Nate jetzt ginge, er ihn nie wieder würde ansehen können. Er würde nicht mehr mit ihm umgehen können. Diese Sache würde auf ewig zwischen ihnen stehen und das wollte er nicht. "Ich würde mich ja gerne selbst verprügeln.", fuhr Nate fort. Er lächelte viel zu verquer aufmunternd für diese Situation. "Aber wenn du willst, kannst du mich schlagen." Was? "Nein!", platzte es sofort aus Shinji raus. War das Nates Ernst? Wirklich? War er vollkommen übergeschnappt!? Er würde doch niemanden schlagen und schon gar nicht, wegen eines kurzen Kusses! Oh... was? Nur ein Kuss, huh? Dachte er das wirklich? Ja... ja, irgendwie schon. Irgendwie... war es doch wirklich nur ein Kuss gewesen. Ein kurzer Hirnaussetzer von Nathan, den er sofort wieder bereut hatte. Shinji hatte nur ein wenig Angst, dass der Aussetzer irgendwann einmal länger gehen würde und dass Nathan dann nicht mehr aufhören würde, wenn Shinji begann sich zu wehren. Aber das gerade eben, das war wirklich nur ein Kuss gewesen. Nate war nicht Chris. Nate war nicht Mr. White. Nate war nicht seine alte Clique. Nate war nur Nate. Und Nate würde ihm niemals etwas tun. Dieses Vertrauen war noch immer da, auch wenn er nicht wusste warum. Auch wenn die Angst daran nagte, war es da und vermittelte ihm deutlich, dass er nichts zu befürchten hatte. Deshalb zwang er sich auch zu einem Lächeln, als er fortfuhr: "Mal abgesehen davon, dass ich mir dann selbst mehr weh tun würde, als dir." Nathan lachte tatsächlich leise über die Bemerkung: "Okay, dann lieber nicht. Sonst müsste ich mich dafür auch noch schlecht fühlen." Sofort erstarb das leise Lachen wieder und Nates Miene wurde wieder ernst. Shinji schwieg abermals und nutzte die Gelegenheit, um sich etwas zu ordnen. "Du hast also Gefühle für mich...", stellte er dann erst einmal fest, denn wäre es pure Lust gewesen, hätte Nate wahrscheinlich nicht einfach so aufgehört. "Wie lange denn schon?" "Irgendwie schon immer", antwortete sein Gegenüber und grinste schief. Schon immer. Das war erstaunlich... enttäuschend. Er hatte immer geglaubt, dass ihre Freundschaft etwas besonderes gewesen wäre, dabei war Nathan einfach nur in ihn verliebt gewesen. Was dann wohl auch bedeutete, dass ihre Freundschaft nur wegen dieser Gefühle so unsagbar tief gewesen war. Das traf ihn wie einen Schlag. Für die meisten war Liebe wahrscheinlich eine Erweiterung von Freundschaft, aber für Shinji war es das nicht. Liebe war vordergründig ein Hormoncocktail, der einen zu Dingen trieb, die man sonst nicht tat. Zum Beispiel eine viel engere Freundschaft knüpfen, als man es normalerweise tat oder sich viel intensiver an jemanden ran hängen, obwohl der ihn ständig ablehnte. War alles, was Nate so besonders gemacht hatte, letztendlich nur ein hormonverseuchtes Gehirn gewesen? "Das heißt...", er musste das jetzt wissen, "... all das besondere Zeug damals... und dass du jetzt so hartnäckig warst... das lag daran, dass du Gefühle für mich hast?" "Au!", jammerte er im nächsten Moment und rieb sich den Kopf, nachdem Nate ihm eine nicht ganz sanfte Kopfnuss verpasst hatte. "Entschuldige", sagte sein Peiniger sofort. "Aber ist das wirklich dein Ernst? Ja, ich hatte schon damals Gefühle für dich, aber das heißt noch lange nicht, dass ich nur deshalb eine coole Zeit mit dir hatte. Du warst in erster Linie mein bester Freund. Und als wir uns wiedergesehen haben, war ich deshalb so hartnäckig, weil ich meinen besten Freund aus der Highschool Zeit wieder lachen sehen wollte." Das... klang gut. Vielleicht hatte es an den Hormonen gelegen aber... vielleicht auch nicht. Und... die Gefühle mussten ja auch irgendwo her kommen, oder? Wenn er zuerst sein bester Freund gewesen war, dann hatte sich das einfach daraus entwickelt. Ganz simpel. Und irgendwas sagte ihm, dass er normalerweise nicht so leicht zu überzeugend war. Aber vielleicht wollte er Nate einfach glauben. Er wollte wieder naiv sein dürfen, wollte wieder vertrauen dürfen. Die letzte Zeit mit Nate war ereignisreicher gewesen, als die letzten fünf Jahre und abgesehen von der Sache mit Chris und seiner ständigen Nervosität, war es wirklich schön gewesen. Er wollte das nicht verlieren. Nicht wegen eines Kusses. Dennoch nagte da eine verborgene Angst, die er nicht abschütteln konnte. "Und... das... wird dir nicht zu viel? Ich meine... man hört oft... dass sich das bei Männern... du weißt schon... irgendwie aufstaut... und dann die... Triebe... einfach übernehmen... du weißt schon..." Nein, wahrscheinlich wusste Nate nicht und der verwirrte Blick, den er ihm zuwarf, bestätigte das nur. "Ich meine...", begann er deshalb noch einmal und versuchte bessere Worte dafür zu finden. "Was ist... wenn wir uns noch mal so nah kommen? Und das noch Mal eh... versehentlich passiert? Und du dann nicht mehr aufhören kannst?" Ihm schlug das Herz bis zum Hals. Er wollte Nate ja auch nichts unterstellen. Er war nicht Chris, das sollte eigentlich klar sein: "Ich weiß du bist eine unglaublich fürsorgliche Person, bitte versteh mich nicht falsch. Es ist nur... die Hormone und die Triebe und... und... ich will nicht, dass mit dir das gleiche passiert, wie mit... mit Chris..." Denn vielleicht war Chris gar nicht Schuld an dem, was passiert war. Vielleicht war es nur die Schuld von Hormonen und der aufgestaute Frust. Was er da schon alles gelesen hatte... "Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen darüber machst. Aber Shinji... ich habe dir versprochen, dich nicht mehr anzurühren. Jedenfalls nicht ohne deine Erlaubnis. Und ich würde generell nichts machen, was dich verletzen oder verunsichern würde. Soweit habe ich mich schon unter Kontrolle. Wenn das nicht so wäre, wäre es vorhin auch nicht bei dem Kuss geblieben. Du hast immer Vorrang für mich, Shinji, schon immer gehabt." Das war ja schön und gut, aber... "Darum geht es nicht." Natürlich glaubte er Nathan, wenn er sagte, er würde nichts mehr tun. Nicht, weil er dachte, dass tatsächlich nichts mehr passieren würde, sondern, weil er wusste, dass Nate das ernst meinte. Nate glaubte wirklich an das, was er sagte, aber es ging nicht um das Bewusstsein... "Es geht um deine nicht bewussten Entscheidungen. Und... irgendwie... ist es auch eine generelle Frage." Er hatte doch keine Ahnung von so was. Sexuelles Verlangen war nie ein Problem von ihm gewesen. Aber er kannte genug andere Männer, allein durch das viele Spielen von MOBAs und MMORPGs und was sonst noch. Und er kannte die Geschichten, die sie erzählten. Wie anstrengend und ätzend es wäre, dass ihre Frauen nicht wollten und sie hatten über Samenstau und Schmerzen geklagt. "Ich weiß nicht, wie das ist...", gab er dann leise zu, damit Nate verstand, warum er das fragte. Denn wenn er ehrlich war, hatte er das schon immer für übertrieben gehalten, aber er hatte nun einmal wirklich keine Ahnung von der Materie. "Ich weiß also nicht, was das mit einem macht. Ich hab noch nie wirklich Sex haben wollen..." Außer... damals mit Nathan. Auch wenn es wirklich schwer war, das zuzugeben, aber er hatte wirklich mit ihm schlafen wollen. "Ich hab da nur Sachen drüber gehört oder gelesen... Internet ist keine gute Informationsquelle für so was." War es wirklich nicht. Denn alles rund um Sex beruhte da auf Klischees und Vorurteilen. Zumindest hatte er das Gefühl. Er konnte eben nicht genau sagen, was denn nun kein Klischee war. Vielleicht... auch wenn es unangenehm war das zu erfragen, konnte Nate ihm da ja weiterhelfen. "Ich hab gehört... dass es irgendwann weh tut, wenn man... will und nicht darf; dass man irgendwann so viel 'Druck' hat, dass man das raus lassen muss." Und er musste das wissen, damit er, falls dem so war, peinlich genau darauf achten konnte, Nathan nicht versehentlich zu provozieren. Bei Chris hatte es sich ja augenscheinlich so sehr aufgebaut und er hatte ihn versehentlich dann auch noch provoziert, wenn auch vielleicht nur damit, dass sie sich wieder getroffen hatten. "Äh... wow... nein... Ich glaube nicht, dass das so funktioniert.", antwortete Nate. "Es mag durchaus solche Leute geben, die ihren Gelüsten einfach freien Lauf lassen und später dann sagen, es hätte sich in ihnen schon so lange aufgestaut. Aber die haben alle kein Hirn und ihre Hemmschwelle ist sehr gering. Ich könnte mein Hirn nicht mal so sehr abschalten, dass ich nur noch schwanzgesteuert funktioniere." Nate schien die Hockposition, in der er sich befand, zu anstrengend zu werden, weshalb er aufstand, sich streckte und sich dann wieder ans andere Ende des kleinen Sofas setzte. Shinji konnte nicht anders, als ihn mit Argusaugen zu beobachten. Irgendwo, tief in ihm drin, erwartete er immer noch, dass ihn 'das Monster' gleich anspringen würde. "Ok...", war das einzige, was er fähig war, zu antworten. Stattdessen nahm er sich vorsichtig die Tasse vom Tisch, ehe er sich wieder in seine Ecke mümmelte. Bevor er jedoch einen Schluck trank, fuhr er sich leicht über die Lippen. Es kribbelte merkwürdig. "Ich hab mich furchtbar erschreckt. Ich... sorry. Die Sache mit Chris... das ist gerade mal ein paar Stunden her... ich hab Panik bekommen." Das war aber auch auffallend schlechtes Timing von Nate gewesen. Sonst war der doch so überfürsorglich und vorsichtig. Das musste ein echt übler Kurzschluss gewesen sein. Doch ehe Nate einsprang und ihm sagen konnte, dass nicht Shinji es war, der sich entschuldigen sollte und ihn überhaupt keine Schuld traf, redete er einfach weiter, denn das brauchte er nicht hören: "Sollte ich was beachten?" Shinji legte die Stirn nachdenklich in Falten und sah auf seine Tasse. Das hatte in seinem Kopf noch nicht so komisch geklungen. "Ich meine... eh..." Er wusste eigentlich gar nicht, was er meinte. "Ich sollte vielleicht einfach aufhören, zu reden." "Irgendwas beachten?", echote Nate dann aber. "Meinst du, damit ich dich nicht mehr ohne Vorwarnung abknutsche?" Shinji zog sich bei dieser direkten Frage wieder etwas zusammen, als hätte er Angst, dass es jetzt sofort wieder passierte. Aber ein Blick auf Nate beruhigte ihn dann doch wieder, denn in seinen Augen lagen gefühlt tausend Entschuldigungen, die er noch nicht ausgesprochen hatte und es wahrscheinlich auch nie würde. Nicht alle, zumindest. "Dann solltest du aufhören, mich so niedlich anzusehen." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)