Harry Potter und die verlorene Zeit von Hermine_Weasley (Buch 8) ================================================================================ Kapitel 5 Teil 1: Die Lücke --------------------------- Kapitel 5 Teil 1: Die Lücke Nein. Das konnte nicht wahr sein! Harry starrte Ginny entsetzt an. "Was hast du gesagt?" Ginny schaute verwirrt umher. "Ich habe dich gefragt wer du bist. Allem Anschein nach, hast du dich um mich gekümmert. War ich krank?" Sie setze sich auf und blickte auf den grünen Quidditchpyjama. Ihre Stimme krächzte nicht mehr und ihr Blick war klar. Allem Anschein nach war sie wieder gesund, bis auf den Fakt dass sie ihn nicht erkannte. Harry starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Das konnte doch nicht wahr sein! Sie erlaubte sich einen Scherz mit ihm. "Hör auf, Ginny. Das ist nicht lustig!" "Ich verstehe nicht was du meinst. Erklär mir doch bitte was hier los ist." Sie wirkte jetzt etwas gereizt und ungeduldig. "Wer bist du?" "Ich? Ich bin Harry Potter!", Harry schluckte hart. Die Situation war absolut absurd. Er kam sich vor wie in einer der schlechten Seifenopern, die Tante Petunia immer so gerne während des Bügelns geschaut hatte. Gleich würde irgendein verschollener böser Zwilling durch die Tür kommen und versuchen ihn umzubringen oder sonst irgendetwas anderes Dramatisches. Ginny starrte ihn mit offenem Mund an. "Du bist der berühmte Harry Potter?", sagte sie in einem ehrfürchtigen Ton der Harry zusammen zucken ließ. Er schüttelte den Kopf und versuchte das klamme Gefühl in seiner Brust zu ignorieren. "Nein, ich meine ja, der bin ich, aber... Du kennst mich seit deinem zehnten Lebensjahr! Wir waren ein Paar! Ich bin der beste Freund deines Bruders! Ginny, du kannst mich nicht vergessen haben!" Harrys Stimme brach als er sie beinahe anschrie. "Natürlich kenne ich dich." Harry hob den Blick. "Ich habe alle möglichen Geschichten über dich gehört seit ich klein war. Mum hat mir immer von dem 'Jungen-der-überlebte' erzählt." Ginny grinste ihn an, aber Harry fühlte sich elend. "Ginny. Das ist wirklich nicht mehr komisch." Harrys Miene wurde zunehmend finsterer. Ginny schwang ihre Beine vom Bett und setzte sich auf die Bettkante. Sie betrachtete ihn nachdenklich. "Du sagst also, du bist Harry Potter und ich kenne dich?" Harry nickte. "Und ich habe dich vergessen?" "Scheint ja so.", war Harrys tonlose Antwort. "Aber wie kann das sein? Wenn wir doch ein Paar waren...", sie unterbrach sich schmunzelnd. "Ich bin also die Freundin von Harry Potter gewesen." Jetzt grinste sie. "Warum haben wir uns getrennt?" Ginny hatte für Harrys Geschmack viel zu viel Spaß an der Situation. Sie benahm sich wie ein Kind vor dem Weihnachtsfest. Als würde sie rausfinden wollen welche tollen Überraschungen in den Geschenken steckten. Aber die Geschenke waren ihre Erinnerungen. Erinnerungen an ihr Leben, oder zumindest an den Teil der Harry beinhaltete. "Ich wollte dich beschützen.", beantwortete er ihre Frage. "Vor Voldemort!" Er beobachtete ihre Reaktion, aber Ginny nickte bloß. "Einer meiner Brüder ist im Kampf gegen ihn gestorben.", flüsterte sie traurig. "Ich weiß, Ginny! Ich war da! Ich habe Voldemort besiegt!" Jetzt schrie Harry tatsächlich. Er verstand es nicht. Wie konnte sie sich an alles erinnern, nur an ihn nicht? Sie wusste wer sie war, sie erinnerte sich an Freds Tod, welchen Sinn machte es, dass scheinbar nur er gelöscht worden war? Ginnys Gesicht war zu einem stummen 'Oh' geformt. Sie saßen sich stumm gegenüber während Harry fieberhaft versuchte eine Erklärung zu finden. Konnte denn so etwas von einem Stoß auf den Kopf passieren? Hatte er mit dem unfertigen Trank noch mehr Schaden angerichtet. Harry hätte sich in den Hintern beißen können, es war mal wieder alles seine Schuld. Er hatte Ginny schon wieder verloren. Tränen rannen ihm stumm die Wange herunter. Er vergrub die Hände in seinem strubbligen Haar und igelte sich in seinem Kummer ein. Ginny beobachtete ihn lange schweigend. Nach einer gefühlten Ewigkeit, nachdem Harrys Tränen bereits versiegt warum und sein leises Schluchzen nur noch ein trockener, erstickter Laut war, spürte er Ginnys Hand auf seinem Arm. Die warme Berührung ließ ihn hochzucken. Ginnys zog ihre Hand zügig wieder zurück, aber der Nachhall ihrer Wärme blieb Harry. Verschämt wischte er sich übers Gesicht und blickte sie dann an. „Du weißt wirklich nichts mehr über mich? Über unsere gemeinsame Zeit, meine ich?", seine Stimme war belegt und sein Ton verzweifelt. Ginny schüttelte verlegen den Kopf. Wie unangenehm ihr diese Situation sein musste, zusammen mit einem weinenden Fremden an einem Ort den sie nicht kannte. Vielleicht sollte er sie besser allein lassen. Er könnte Kreacher um Hilfe bitten, vielleicht musste der Hauself ja, was zu tun war. Er wollte sich grade aus dem Stuhl erheben, als Ginnys Hand wieder auf seinen Arm schnellte. „Aber...", sie sah ihn groß an und sein Herz setzte aus. „Du könntest mir davon erzählen, oder?" Ginny lächelte ihn schüchtern an. „Davon wie wir uns kennengelernt haben und wieso du mich beschützen musstest und so.", fügte sie hinzu. Eine halbe Stunde später saß Harry im Salon im Erdgeschoss und wartete auf Ginny. Sie hatte sich in ihrem Pyjama und mit den zerzausten Haaren nicht allzu wohl gefühlt und so ließ Harry sie sich frisch machen. Er hatte in der Zwischenzeit mit Kreacher geredet. Der Hauself hatte sich nur mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen und sich geweigert Harry irgendetwas zu erklären. Bestimmt damit ich mich nicht wieder einmische und alles noch schlimmer mache, dachte Harry. Aber der Hauself war grimmig an irgendeine Arbeit gegangen und Harry interpretierte das als gutes Zeichen. „Hey“, kam es sanft von der Tür her und Harry, der nachdenklich aus dem Fenster gesehen hatte, betrachtete Ginny wie sie ins Zimmer glitt. Ihr Haar war noch leicht feucht und dadurch von einem dunklen rostrot. Sie hatte es sich offen über eine Schulter gelegt, sodass die Haarspitzen über ihren Busen und in das Dekolleté ihrer weißen Bluse fielen. „Diese Sachen habe ich im Schrank gefunden. Sind das meine?“, fragte sie, während sie auf die eng anliegende schwarze Jeans herunter sah. Ihre leichten Stoffschuhe quietschten auf den Holzdielen als sie das Zimmer durchquerte und zum Fenster ging. „Wie kann es sein, dass alle Fenster in diesem Haus zum Platz hinaus gehen? Müsste es nicht auch sowas wie einen Hinterhof geben? Das wäre doch mit Sicherheit eine viel schönere Aussicht als ein paar alte Häuser und ein kleines Stückchen Rase.“ Ginny schmunzelte. „Ich hab im ersten Stock überall rausgeschaut, weil ich wissen wollte wo ich bin. Überall das Selbe!“ Sie ließ sich in den schweren, mit dunkelrotem Seidensamt bezogenen Sessel fallen, in dem schon Harry versunken war, als er ihren Brief gelesen hatte. Harry saß ihr jetzt gegenüber. Er rutschte angespannt auf der Sitzfläche des kleinen grünen Sofas herum. Es war so klein, dass Ginny, hätte sie sich neben ihn setzen wollen, beinahe auf Harrys Schoss gesessen hätte. Unwillig unterdrückte Harry die Enttäuschung darüber, dass sie es nicht getan hatte. „Das hier ist ein ziemlich magisches Haus.“, er räusperte sich und verbat sich ihr weiterhin in den Ausschnitt zu starren. „Ich denke mal, der Erbauer wollte immer alles im Blick behalten“. Harry wusste dass das Haus schon seit Generationen im Besitz der Familie Black gewesen war und er konnte sich kaum vorstellen, dass eine Frau wie Mrs. Black die Schönheit eines Gartens zu schätzen gewusst hatte. „Und du lebst hier alleine?“, Ginny sah sich neugierig im Zimmer um. Harry wusste ja wie beengt der Fuchsbau mit seinen vielen, lebhaften Bewohnern war. „Ja, momentan schon. Es sind nur Kreacher, Rubo und ich. Kreacher der Hauself und Rubo das ist mein Uhu!“, fügte er auf ihren fragenden Blick hin hinzu. „Es ist eine längere Geschichte“, murmelte er traurig und dachte an Sirius, der ihm das Haus vermacht hatte und daran wie er sich die letzten Monate hier selbst eingesperrt hatte. Ginny schien seinen erneuten Stimmungsumschwung zu bemerken. Sie räusperte sich und sank noch ein Stückchen tiefer in den großen Sessel. „Du wolltest mir von uns erzählen, Harry!“, sie kicherte verspielt. „Fang ganz vorne an bitte. Du sagtest ich kenne dich seit ich zehn bin?“ Harry sammelte sich. Jetzt war der Moment in Erinnerungen zu schwelgen, aber in den Guten, in denen die ihn und Ginny verbanden. „Also…“, begann er auszuholen und setzte sich an die Kante der Couch. „Das erste Mal das ich dich gesehen habe, warst du zehn und ich war elf. Das war an meinem ersten Tag in Hogwarts. Ich war vollkommen verzweifelt weil ich nicht wusste, wie ich zum Gleis neundreiviertel kommen sollte, Hagrid hatte es mir nicht gesagt. An Hagrid erinnerst du dich noch?“ Ginny nickte. „Jedenfalls hab ich da dich und deine Familie in Kings Cross getroffen. Das ist übrigens gleich hier in der Nähe.“ Er deutete aus dem Fenster und Ginny nickte wieder. „Ja das war das erste Mal, dass wir uns gesehen haben. Du warst ziemlich traurig gewesen, dass du als Einzige nicht mit durftest.“ Ein wehmütiges Lächeln lag auf Ginnys Lippen. „Ja ich erinnere mich daran. Das war ein ziemlich hartes Jahr für mich. So ganz allein mit Mum! Vorher hatte ich meist ziemlich meine Ruhe wenn ich aus der Schule kam. Ron oder die Zwillinge hatte eigentlich immer was angestellt um das sie sich kümmern musste. Aber so hatte ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Ständig musste ich ihr vorlesen oder meine Hausaufgaben zeigen.“ Ginny verzog eine Miene und begann in hoher Stimme Mrs. Weasley nachzuäffen: „Für Zaubererkinder ist es besonders wichtig die Grundlagen zu beherrschen! Wie willst du einen Zauberspruch lernen, wenn du nicht mal ordentlich lesen kannst! Oder wie willst du  deine Trankzutaten berechnen, ohne Mathekenntnisse, Ginny?“ Ginny lachte und Harry stellte sich lebhaft vor wie Molly Weasley geschimpft haben musste. „Gut dass deine Brüder in den nächsten Ferien wieder unglaublich viel Mist gebaut haben!“, lachte Harry bei der Erinnerung. „Erinnerst du dich daran, dass sie das fliegende Auto von deinem Vater gestohlen und damit über halb England geflogen sind?“ Ginny kicherte ein wenig schadenfroh. „Oh ja! Und sie haben so viel Ärger dafür bekommen. Ich weiß allerdings nicht mehr so genau was aus dem Wagen geworden ist.“ „Sie hatten den Wagen genommen um mich bei meinen Verwandten abzuholen. Ich war dann den restlichen Sommer bei euch im Fuchsbau. Und der Wagen lebt jetzt im verbotenen Wald. Ron und ich sind damit nach Hogwarts geflogen als wir nicht zum Zug gelangen konnten. Ja das war ganz schön blöd, ich weiß!“, reagierte er auf ihren ungläubigen Blick. „Was weißt du noch über die Kammer der Schreckens, Ginny? Und über Tom Riddles Tagebuch?“ Harry war sich nicht sicher ob er ihr die ganze Geschichte erzählen sollte. Ginny konnte sich kaum an die unheimlichen Vorfälle in ihrem ersten Hogwartsjahr erinnern und vielleicht war das besser so. Er rang sich trotzdem dazu durch ihr die Vorfälle zu schildern. „Hatte das denn alles mit dir zu tun?“, fragte sie Harry. Sie schien inzwischen auch bemerkt zu haben, dass es nur solche Erinnerungen waren welche mit ihm verbunden waren, die ihr fehlten. „Das meiste ungewöhnliche, was in den letzten Jahren in Hogwarts passiert ist, hat irgendwie mit mir zu tun gehabt, Ginny. Aber in diesem Fall war es glaub ich so, dass du in das Tagebuch ziemlich viel über mich geschrieben hast.“ Harry errötete. Er hatte Ginny vorher nie dazu befragt und was er wusste, wusste er nur, weil der Tagebuch-Riddle es ihm höhnisch erzählt hatte. Harry versuchte Ginny ruhig zu erklären, wie der Horkrux in dem Taschenkalender von ihr Besitz ergriffen hatte und wie sie beinahe davon aufgesaugt worden wäre. Harry konnte nicht in ihr vor Schreck geweitetes Gesicht sehen. Er erzählte all dies seinen knetenden Händen. „Und dann habe ich das Tagebuch mit dem Basilikenzahn durchbohrt und den Horkrux damit zerstört. Damals wusste ich natürlich noch nicht was ein Horkrux ist, aber es hat gewirkt. Deine Lebenskraft ist zu dir zurückgekehrt und wir konnten da heil wieder raus.“ Ginny starrte ihn an. „Dann hast du mir also das Leben gerettet als du grade mal zwölf warst?“ Harry rang sich ein kleines Grinsen ab. „Wow! Kein Wunder das ich in dich verliebt war! Und wann sind wir dann zusammen gekommen?“ „Oh, erst viel später!“, lachte Harry und ging über ihr enttäuschtes Gesicht hinweg. „Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht ob du die ganze Zeit in mich verliebt warst-“, Harry war es sehr unangenehm darüber Vermutungen anzustellen, „-aber wir haben uns in den darauf folgenden Jahren immer viel gesehen. Zum einen natürlich in der Schule, wobei du da meist nicht mit Ron, Hermine und mir rumgehangen hast. Aber auch in den Ferien, da war ich meist mindestens für ein paar Wochen bei euch im Fuchsbau.“ Harry dachte an all die schönen Tage, die er in dem schiefen, von Magie zusammengehaltenen Haus gehabt hatte. „Wir waren zusammen bei der Quidditch-Weltmeisterschaft und später warst du dann auch in der Gryffindor-Hausmannschaft. Erst als Ersatz für mich, als Sucher und dann in deinem fünften Jahr hab ich dich als Jägerin ins Team geholt. Ich war da Kapitän.“ Harry sah wieder auf seine Hände. „Und ich glaube, es war auch ungefähr zu der Zeit, dass ich angefangen hab dich zu mögen. Also mehr zu mögen meine ich.“ Er wurde ganz rot und traute sich nicht hochzusehen. In solchen Dingen war er wirklich noch nie gut gewesen. „Wenn da nicht die Sache mit Cho Chang gewesen wäre, dann hätte ich es vielleicht auch früher gemerkt, aber naja… Du hattest dann eh einen Freund nach dem anderen!“ “Hey!“, protestierte Ginny. „Hab ich irgendwelche Exfreunde vergessen? Ich kann mich nur an zwei Jungs erinnern mit denen ich zusammen war. Da war Michael Corner und natürlich Dean Thomas. Mit ihm müsstest du ja im selben Jahr gewesen sein, oder?“ Harry nickte grimmig. „Also mir haben die beiden schon gereicht“, murrte er. „Du hast mit Dean in irgendwelchen Gängen herumgeknutscht. Das hat mich echt fertig gemacht, auch wenn ich zuerst nicht verstanden hab wieso. Ich bin echt nicht gut in so Gefühlssachen.“, gestand Harry ein. „Wie hat Hermine es immer gesagt: ‚Die Gefühlswelt eines Teelöffels‘!“ Harry lachte wehmütig. „Ich hätte öfter mal auf Hermine hören sollen, ich glaube sie wusste vor mir Bescheid über meine Gefühle.“ Ginny kicherte. „Manche müssen halt erst älter werden um sowas zu verstehen! Und Jungs erst recht. Ich weiß noch wie Hermine sich da immer über Ron beschwert hat, dass er nicht verstehen würde. Dabei hab ich nie verstanden wie sie auf so einen Blödmann wie meinen Bruder stehen kann! Sie ist doch so schlau.“ Harry stutzte. „Ach daran kannst du dich noch erinnern?“, fragte er, nicht ohne ein wenig vorwurfsvoll zu klingen. „Hey! Ich kann doch da nichts für! Scheinbar hat das nichts mit dir zu tun!“, sie zögerte. „Wobei mir vieles schleierhaft ist was Hermine betrifft. Ich weiß dass sie mir viele Ratschläge gegeben hat, mir auch gut zugeredet hat als ich mit Michael zusammen gekommen bin. Aber ich weiß nicht wieso…“ „Wegen mir!“ Harry blickte sie jetzt endlich wieder an. „Ich weiß, dass sie dir geraten hat dich mit Anderen zu treffen und nicht auf mich zu warten. Ja Hermine ist verdammt schlau.“ Ginny sah ihm forschend in die Augen. Er traute sich nicht ihrem Blick auszuweichen, er war zu sehr gefangen von der Intensität ihres Blicks. „Erzähl mir davon wie wir zusammengekommen sind.“, bat sie ihn mit einer samtweichen Stimme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)