Blutsbande von Cedar ================================================================================ Kapitel 8: ----------- Teil 1. Verschwörung. Verrat. Fünfter Akt. (2/3) Perspektivenwechsel.   XXII Tell us all again What you think we should be What the answers are What it is we can't see Tell us all again How to do what you say How to fall in line How there's no other way [Guilty all the same – Linkin Park] Für Hiashi gipfelte die Absurdität der gesamten Geschichte in einer Schriftrolle, die Fugaku vor ihm ausbreitete, als sie sich wenige Minuten später ein paar Zimmer den Korridor hinab am Schreibtisch des Hokage gegenüber saßen. Von Tekka mal abgesehen waren sie allein. Inabi war als Wache mit den anderen Clan-Oberhäuptern im Konferenzraum zurückgeblieben. „Das ist ein Scherz“, sagte Hiashi schließlich, als er sich die handgeschriebenen Zeilen vor sich durchgelesen hatte. Fugaku zuckte die Achseln. Mit überschlagenen Beinen und verschränkten Armen lehnte er in dem Stuhl, in dem Sarutobi Hiruzen am Morgen noch entspannt Pfeife geraucht hatte. „Ein Scherz?“, wiederholte er dabei und tauschte einen kurzen Blick mit Tekka, der hinter Hiashi stand. „In der Tat, ja. Und du sitzt gerade vor der Pointe.“ „Hast du auch nur die leiseste Vorstellung davon, wie demütigend das ist?!“ „Eine sehr lebhafte sogar“, nickte Fugaku. „Immerhin haben der Hokage und die Ältesten mich in der Vergangenheit wiederholt zu Ähnlichem gezwungen.“ „Oder glaubst du die Umsiedelung unseres Clans vor ein paar Jahren war Fugakus Idee?“, ergänzte Tekka. In der Reflektion der Panoramascheibe gegenüber sah Hiashi, wie der Mistkerl die Arme vor Brust verschränkte. „De facto wurden wir verbannt“, fuhr Fugaku unterdessen fort. „Aber wenn man einen Rat abstimmen lässt und im Anschluss einen Vertrag aufsetzt, ist es keine Verbannung, sondern ein Friedensabkommen. Diplomatie ist 'ne feine Sache, wenn man auf der richtigen Seite steht, nicht wahr?“ Tekka legte seine Hände auf Hiashis Schultern und drückte leicht zu. „Immerhin warst du seinerzeit doch ein Befürworter der Umsiedelung, oder?“ Hiashi schüttelte die Hände ab. „Du hattest in dieser Versammlung die Chance, eure Unschuld zu beweisen, Fugaku. Aber die Indizien waren eindeutig. Danzō hat schlüssig dargelegt-“ „Danzō hat gesagt, was ihr hören wolltet“, unterbrach Fugaku. „Und ihr habt ihm brav aus der Hand gefressen.“ „Wir haben euch die Chance auf Bewährung gegeben. Ihr habt sie nur nicht genutzt.“ „Ja, aus deiner Sicht muss das wohl so sein...“, murmelte Tekka. Hiashi drehte sich über die Schulter zu ihm um. „Was willst du damit sagen?“ „Dass du offensichtlich nie den Unterschied zwischen Chance und Sanktion gelernt hast“, erklärte Fugaku. „Aber das wundert mich nicht. Jemand wie du hat das nicht nötig.“ „Und?“ „Und gar nichts.“ Fugaku tippte mit dem Zeigefinger auf die Schriftrolle zwischen ihnen. „Unterschreib'!“ „Vergiss es!“ Und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wischte er die Schriftrolle vom Tisch. „Bockig bis zum Schluss, was?“, kommentierte Fugaku, während Tekka sich nach der Rolle bückte und wieder auf dem Tisch ausbreitete. „Das ist ein verdammtes Drehbuch!“, knurrte Hiashi. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich durch eine Unterschrift daran gebunden fühle, deiner Lügengeschichte Leben einzuhauchen!“ Fugaku zuckte mit den Schultern. „Als ob das der Zweck dieser Unterschrift wäre...“ „Ach, was ist denn der Zweck?“ „Genau das!“ Fugaku zeigte auf Hiashis Gesicht. „Dieser Ausdruck in deinen Augen, den wollte ich sehen! Wenn du wüsstest, wie oft ich ihn in den letzten paar Jahren schon in meinen eigenen gesehen habe; bei jedem einzelnen Blick in den Spiegel. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut es tut, zu sehen, wie du dich hier quälst; wie du dich sträubst, obwohl du genau weißt, dass du jeden Funken Selbstbestimmung verloren hast.“ „Du bist krank“, meinte Hiashi nach kurzem Schweigen, griff aber trotzdem nach dem Federhalter auf dem Tisch und tunkte ihn in den Tiegel neben der Schriftrolle. „Ein kranker, furchtbarer Mensch.“ Mit kantigen Bewegungen kritzelte er seinen Namen auf das Papier. „Aber was erwartet man von einem Mann, der sogar bereit ist, seinen Sohn zu töten... Und das alles für Macht.“ Fugakus Gesicht verfinsterte sich für einen Augenblick und Hiashi sah, wie die Hände des Uchiha zusammenzuckten. Doch dann seufzte er nur und schüttelte den Kopf. „Um Macht geht es mir gar nicht.“ „Sondern?“ „Gerechtigkeit.“ Fugaku fixierte Hiashi mit seinem Blick. „Ich hab's wirklich versucht, weißt du. Ich dachte, ich könnte es wieder in Ordnung bringen, wenn ich mich einfach nur still verhielt; wenn ich nur all diese demütigenden... Maßnahmen hinnähme, und dafür sorgte, dass meine Leute ihre Arbeit ordentlich erledigen...“ Er schüttelte abermals den Kopf. „Aber es wird schlimmer statt besser... All die Versuche, etwas wieder hinzubiegen, was nicht mehr zu richten ist, ersticken mich langsam. Die Tatsache, dass ich bereit war, Sasuke etwas anzutun, beweist, wie wenig noch von dem Mann übrig ist, der ich einst war... Und ich will das nicht mehr. Ich will nichts mehr hinbiegen oder in Ordnung bringen; ich will endlich wieder frei sein!“ Hiashi verdrehte die Augen. „Arme geschundene Seele, mir kommen gleich die Tränen. Pah! So wie ich das sehe, ist dir nie etwas widerfahren, was du nicht auch verdient hast. Oder, wie viele Menschen sind noch mal gestorben, als du Kyūbi missbraucht hast, um dein eigenes Heimatdorf anzugreifen?“ Fugaku stöhnte auf und legte den Kopf ins Genick. „Geht das schon wieder los... Zum allerletzten Mal: ich habe nichts getan!“ „Richtig“, nickte Hiashi und deutete auf eine Zeile in der Schriftrolle. „Shimura Danzō ist der Schuldige. Er hat seinerzeit Uchiha Shisui korrumpiert und mit dessen Hilfe Kyūbi unter seine Kontrolle gebracht. Aber wir wissen ja, wie die Geschichte geendet hat. Deshalb wollte er heute Abend noch mal versuchen. Nur diesmal-“ Hiashi lachte auf. „Diesmal hatte Danzō zwei Uchiha auf seiner Seite, damit er nicht wieder die Kontrolle über den Neunschwänzigen verliert. Glücklicherweise hat deine Polizeieinheit jedoch noch rechtzeitig Kodō-kihan ausrufen können, bevor Schlimmeres passiert; bedauerlicherweise aber nicht rechtzeitig genug, um den Hokage und die Ältesten vor dem Tod zu bewahren...“ Wieder lachte er. „Wisst ihr, das ist das 'ne richtig miese Geschichte, und sie wird nicht besser, nur weil ihr uns Clan-Oberhäupter dazu zwingt, euch als Zeugen zu unterstützen. Aber durch eine Sache gewinnt sie doch ordentlich an Glaubwürdigkeit – durch das hübsche, kleine Detail, dass dein Sohn einer der Uchiha ist, der sich mit Danzō gegen Konoha verschworen hat. Wirklich gut gespielt, denn wer würde schon glauben, dass ein Vater seinem eigenen Kind so etwas antut; es zu einem der meist gehassten Menschen in der Geschichte von Konoha zu machen.“ Er schnaubte. „Tss, aber trotzdem gebe ich dir höchstens ein halbes Jahr, bevor du die Kontrolle über diese Geschichte verlierst. Und wenn es so weit ist, bekommt dein Clan es mit einem kompletten Dorf zu tun! Dann gibt es Krieg! Kyūbi hin oder her! Susanno'o hin oder her! Keiner kann sagen, was das für die Zukunft der Ninja-Welt bedeutet. Aber das braucht dich auch nicht mehr zu kümmern, denn du wirst dann schon tot sein. Genau wie der Rest von deinem verdammten Uchiha-Pack!“ Hiashi warf Fugaku den Federhalter entgegen; schwarze Tinte sprenkelte auf die Schriftrolle. Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust; wartete ab, wie sein Gegenüber reagierte. Mit einem Ausbruch von Zorn vielleicht, oder sogar einem Schlag in sein Gesicht. Ja, das wollte Hiashi sehen (und wenn nötig auch spüren), denn in der Sekunde in der Fugaku die Fassung verlor, sich provozieren ließ, würde der Mistkerl erkennen, wie machtlos er trotz allem immer noch war; dass er heute Abend mehr zerstört als gewonnen hatte: sein Triumph war nur die Illusion eines Triumphs. In Wahrheit stand sein Untergang schon jetzt fest. Tatsächlich sah Hiashi in der Panoramascheibe, wie Tekka hinter ihm mit der rechten Faust zum Schlag ausholte. Doch ein kleiner Wink von Fugaku reichte, damit Tekka sie wieder senkte. „Ein halbes Jahr reicht mir vollkommen“, sagte er mit seiner beschwichtigenden Geste. Hiashi runzelte die Stirn. „Wofür?“ „Um Verbündete zu finden“, meinte Fugaku und die Gelassenheit, mit der er sprach, kitzelte nun in Hiashi die Lust, dem Mistkerl eine reinzuhauen. „Du weißt schon, Leute, die ein aufrichtiges Interesse daran haben, dass sich an den Machtverhältnissen in Konoha endlich etwas ändert.“ „Na, da wirst du wohl ein paar Nuke-Nin begnadigen und zurück ins Dorf lassen müssen, bevor du hier jemanden findest, der bereit wäre, sich mit dir zu verbünden.“ „Das kann nur jemand sagen, der noch nie die andere Seite gesehen hat.“ „Welche andere Seite?“ „Die Seite der Verlierer, der Unterdrückten, der Unsichtbaren“, erklärte Fugaku. „Weißt du, eine Lektion hat mein Vater mich schon früh gelehrt: es ist ein Grundgesetz des Universums, dass jede Handlung eine gleichwertige, entgegengesetzte Reaktion auslöst.“ „Soll heißen?“ „Soll heißen, damit Leute wie du Privilegien und Ansehen genießen können, müssen andere zurückstecken. Frag' mal die Mitglieder deines Clans, die nicht das Glück hatten, in die Hauptfamilie geboren zu werden. Deinen Bruder zum Beispiel – wenn der nicht schon tot wäre; geopfert zum Wohle der Hauptfa-“ „Wage es ja nicht! Meine Familienangelegenheiten gehen dich überhaupt nichts an!“ „Natürlich nicht. Aber seien wir doch einen Augenblick lang ehrlich: du musst nur einen Blick in den Spiegel werfen, um all das zu sehen, was du an mir verachtest.“ Fugaku machte eine Pause. „Weißt du, Hiashi, euer größtes Problem ist weder Kyūbi, noch Susanno'o, sondern ist die Tatsache, dass ich euch besser kenne als ihr euch selbst... Zum Beispiel wird es dir gar nicht gefallen, zu hören, dass Inabni nach einigen Jahren harter Arbeit die Geheimnisse des Hyuuga Souke no Juin-Jutsu entschlüsselt hat. Was Siegel angeht, ist der Junge wirklich ein Genie.“ Hiashi ballte die Hände. „Deine Überheblichkeit geht mir allmählich auf die Nerven! Sag' was du sagen möchtest oder lass' mich gehen!“ „Vor sieben Jahren kam ich in dieses Büro, um dem Hokage eine Frage zu stellen. Ich wollte ihn fragen, ob er damit einverstanden wäre, wenn ich meinem neugeborenem Sohn den Namen seines Vaters gebe. Ich habe Sarutobi Hiruzen mein ganzes Leben lang aufrichtig respektiert und bewundert; heute habe ich ihn umgebracht.“ Fugaku seufzte. „Das ist das Ergebnis von sieben Jahren Unterdrückung und Demütigungen... Was glaubst du? Wie weit würden wohl Menschen gehen, die seit Generationen unterdrückt und gedemütigt werden? Was würden sie tun, wenn jemand ihnen einen Ausweg zeigen würde? Was würden sie tun, wenn jemand sie befreien könnte?“ Hiashi verzog das Gesicht zu einer zornigen Grimasse.„Soll das eine Drohung sein?“ „Oh, nicht doch, Hiashi.“ Fugaku beugte sich nach vorne über den Schreibtisch; seine dunklen Augen schienen zu glühen. „Nimm' es als Versprechen.“   You're guilty all the same Too sick to be ashamed You want to point your finger But there's no one else to blame There's no one else to blame Guilty all the same! [Guilty all the same – Linkin Park] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)