Naruto Kurzgeschichten von Chi_desu (Sammlung meiner oneshots) ================================================================================ Kapitel 1: Schmerz ------------------ Sowas hatte ich schon länger geplant, hier möchte ich alle Naruto Kurzgeschichten / One-Shots posten, die ich so schreibe, damit ich nicht jedes mal einen neuen Thread aufmachen muss. Die erste Story wird ziemlich düster, Sasuke ist mein absoluter Lieblingschara und ich muss ihn mal ein bißchen leiden lassen... Schmerz Warm und hell schien Sonnenlicht durch die großen Fenster der Wohnung. Der strahlend blaue Himmel lockte draußen die Menschen nach den langen Regentagen wieder ins Freie. Kinder spielten unten auf der Straße, man konnte ihr Lachen bis oben hin hören. Fast höhnisch strahlte die Sonne in das große Zimmer und tauchte den Raum in ihr warmes Licht. Auf dem Holzfußboden bildeten sich unregelmäßige Schatten ab von den Blutspritzern auf dem Glas der Fenster. Blassrosa Haar glänzte im Licht, aber die gebrochenen grünen Augen reflektierten die warmen Sonnenstrahlen nicht mehr. Ein Kind lag zusammengekrümmt neben der Leiche der jungen Frau. Auch seine Augen waren weit aufgerissen. Die Klinge des Messers, das in der Brust der Frau steckte, warf das Licht auf seinen kleinen, blutbefleckten Körper. Durch die offene Wohnungstür strömte der abgestandene Geruch des Treppenhauses, aber er vermochte den Geruch von Blut nicht zu überdecken. Ein Kunai lag neben der im Tode gekrümmten Hand der jungen Frau, aber die Klinge war sauber, unbenutzt. Stimmen drangen von unten in das Zimmer hinauf. In einer Ecke saß jemand. Der junge Mann mit den dunklen Augen war unversehrt, das Blut, das warm an seinen Händen klebte, war das der toten Frau. Er war blass und seine schwarzen Stirnfransen fielen ihm ins Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen, auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck unbeschreiblichen Entsetzens. Er zitterte ganz leicht. Sein Atem ging flach und seine starren Augen fixierten einen Punkt im Zimmer. Die Stimmen kamen näher. Schritte. Männer stürzten in das Zimmer und blieben wie erstarrt stehen, als sie die Leichen sahen. "Schnell, hol einen Arzt! Nein, noch besser, hol Tsunade!", schrie einer von ihnen und ein anderer rannte los, zurück aus dem Haus. Die anderen Männer richteten ihren Blick auf den einzigen Überlebenden, der sie noch nicht einmal bemerkt zu haben schien. "Sasuke! Sasuke, was ist hier passiert?!" Beinahe das ganze Dorf war am Tag der Beerdigung zusammengekommen. Alle trugen schwarz, schwiegen bedrückt. Niemand hatte geglaubt, dass so eine Tragödie mitten im Dorf passieren könnte. Der Schock saß noch zu tief. Man hatte Mutter und Sohn zusammen begraben, ein marmorner Stein mit ihren Namen war auf das Grab gestellt worden. Niemand mochte wirklich glauben, dass Sakura und ihr Sohn tot waren. Aber noch schlimmer war die Tatsache, dass Sakuras Ehemann, Sasuke, die Tragödie als einziger überlebt hatte. Er war nicht zu Hause gewesen, als die Männer eingedrungen waren und die Frau und ihr Kind getötet hatten. Als er zurückkam, war es schon zu spät, auch Tsunade konnte sie nicht mehr retten. Sasuke Uchiha wirkte gefasst, als er vor dem Grab stand und mit ausdruckslosem Gesicht der bedrückten Rede von Tsunade lauschte. Seine besten, und vielleicht auch seine einzigen Freunde standen links und rechts neben ihm, so als wollten sie ihn stützen. Hatake Kakashi, der links von ihm stand, wirkte ebenfalls gefasst, auch wenn in seinem Auge eine Traurigkeit lag, die bei Sasuke fehlte. Naruto Uzumaki hingegen weinte herzzerreißend während der gesamten Zeremonie. Sasuke blieb stumm. Er weinte nicht, er weigerte sich, Blumen auf das Grab zu legen oder über den Tod der beiden zu sprechen. Er stand einfach da und ließ die Dinge geschehen, so als sei er gar nicht wirklich dabei. Manche hielten ihn für gefühllos, aber die, die ihn kannten, wussten, dass er so etwas schon einmal durchlebt hatte. Als er gerade sieben Jahre alt war, wurden seine Eltern von seinem älteren Bruder getötet. Auch damals stand Sasuke gefasst am Grab und man sah ihn nie weinen. Und doch war es jetzt anders. Er hatte zum zweiten Mal seine gesamte Familie verloren und war als einziger Überlebender übrig geblieben. Seine Augen wirkten leblos, es war, als wäre er selbst an jenem Tag auch gestorben. Es war nicht so, dass er nicht weinen wollte. Er konnte es ganz einfach nicht mehr. Nach dem Begräbnis drehte er sich wortlos auf dem Absatz um und verschwand. Naruto wollte ihn zurückhalten, aber Kakashi hielt ihn davon ab. "Wir können ihm nicht helfen", sagte er schlicht. "Niemand kann das." Der junge Uzumaki Naruto wischte sich über das Gesicht. "Er ist wie eine Puppe. Er sagt nichts, tut nichts, fühlt nichts. Ich habe Angst um ihn." "Er hat zum zweiten Mal seine Familie gewaltsam verloren. Wie viel Schmerz kann ein einzelner Mensch ertragen?" Zuerst schienen die Dinge in Konoha langsam wieder ihren natürlichen Lauf zu nehmen. Man blieb entsetzt über die Tragödie, die geschehen war, aber die Menschen hatten ihr eigenes Leben und ihre eigenen Sorgen. Man machte sich auf die Suche nach den Tätern, aber als man sie fand, waren sie bereits tot. Man hatte ihre Leichen grausam entstellt und die Gerüchte, dass Sasuke seine Familie auf diese Weise gerächt hatte, hielten sich hartnäckig im Dorf. Aber man erfuhr nie die Wahrheit, denn Sasuke schwieg beharrlich. Seit dem Tod seiner Familie hatte er fast kein Wort mehr gesprochen. Er war früher schon ein Einzelgänger gewesen und auch wortkarg, doch nun schien er einfach nicht mehr die Kraft zu haben, etwas zu sagen. Er erschien nicht mehr zum Training, was ihm aber niemand verübeln konnte. Als Naruto und Kakashi ihn besuchten, hatte er seine Ninja Ausrüstung bereits weggeworfen, zusammen mit allem, was ihn an seine Frau und seinen Sohn erinnert hätte. Es war nicht einmal ein Foto von ihnen übrig geblieben. Seine Freunde machten sich ernsthafte Sorgen um ihn, aber er schien auf seine eigene Art damit umzugehen. Man sah ihn wieder im Dorf, er ging einkaufen und richtete sich neu ein, kaufte sich neue Kleidung. Man nahm an, dass er auf dem Wege der Besserung war, und er sich wieder fangen würde. Bis Naruto ihn eines Abends mit aufgeschnittenen Pulsadern im Badezimmer fand. Die Wohnungstür stand weit offen, als Naruto kam um nach seinem Freund zu sehen. Er konnte Sasuke nirgends finden, bis er etwas aus dem Badezimmer hörte. Das Plätschern von Wasser. "Sasuke? Bist du da drin?", fragte er laut und schob die Tür auf, als keine Antwort kam. Sasuke lag voll angezogen in der halbvollen Badewanne. Seine Augen waren offen und starr an die Decke gerichtet. Das kalte Wasser hatte sich rot gefärbt von dem Blut, das aus den offenen Schnitten an seinen Handgelenken schoss. Naruto hatte noch nie so viel Blut gesehen. Er stürzte zur Badewanne und packte Sasuke. "Was hast du da getan, Sasuke??", schrie er und versuchte, seine Handgelenke festzuhalten um die Blutung zu stoppen. Sasuke schien ihn nicht mal zu bemerken. Er wehrte sich nicht, als Naruto ihn aus der Badewanne zerrte und Handtücher um seine Handgelenke band. Naruto stürmte ins Wohnzimmer und riss das Fenster auf. In Panik schrie er nach draußen: "ICH BRAUCHE HILFEEE!!!" Teilnahmslos schaute Sasuke aus dem Fenster, als Naruto und Kakashi den Raum betraten. Er saß auf seinem Bett, das bis auf den Schrank und den Fernseher der einzige Einrichtungsgegenstand im Raum war. Naruto setzte sich auf die Bettkante, während Kakashi stehenblieb. Sasuke ignorierte sie vollkommen. Seine Arme waren dick eingewickelt in Bandagen, obwohl sein Selbstmordversuch bereits eine Woche her war. "Wie fühlst du dich, Sasuke-kun?", fragte Kakashi nach ein paar Minuten absoluter Stille. Sasuke drehte endlich den Kopf und warf ihm einen ausdruckslosen Blick zu. "Gut", antwortete er und so ziemlich alles an ihm strafte seine Worte Lügen. Die Verbände um seine Handgelenke, seine blasse Haut, der leere Blick, die Gurte am Bett, die Tatsache, dass sämtliche spitzen Gegenstände aus dem Zimmer entfernt worden waren. Und das war alles was er sagte. Er wollte nicht wissen, wann er die Anstalt wieder verlassen durfte. Er machte nicht den Versuch, seine Tat zu erklären. Naruto nahm das Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte, wieder auf. "Wir machen uns Sorgen um dich, Sasuke. Wir möchten dich öfter besuchen, wenn dich das nicht stört." Sasuke zuckte gleichgültig die Schultern. "Die Ärzte sagen, du musst noch etwas bleiben. Sie fürchten, du könntest wieder versuchen, dir etwas anzutun." Sasuke starrte wieder zum Fenster hinaus. "Sasuke. Willst du den Rest deines Lebens hier verbringen? In der Psychiatrie?", fragte Kakashi, nur um irgendeine Reaktion von Sasuke zu bekommen. "Du musst anfangen, darüber zu reden. Du musst über ihren Tod hinweg kommen, sonst lassen sie dich hier nie mehr raus." Sasuke bewehte sich nicht. Das Sonnenlicht ließ seine Haut strahlen und täuschte darüber hinweg, wie blass er in Wahrheit war. "Sasuke!", rief Naruto verzweifelt. "Sag doch was. Das kann dir doch nicht alles egal sein! Wir waren doch immer Freunde, oder nicht? Bitte sprich mit uns!" Sasuke schloss seine Augen. "Ich habe nichts dazu zu sagen", sagte er langsam, so als wollte er die Worte auf sich selbst wirken lassen. Naruto schniefte. Er war den Tränen nahe. Kakashi legte ihm die Hand auf die Schulter. "Wir müssen jetzt gehen, die Besuchszeit ist bald vorbei. Wir kommen nächstes mal früher." Widerwillig stand Naruto auf und ließ sich von Kakashi zur Tür schieben. "Machs gut, Sasuke. Pass auf dich auf." "Bis morgen", sagte Kakashi und Sasuke antwortete ohne den Blick auf sie beide zu richten ebenfalls mit: "Bis morgen." Zu dritt saßen sie im frisch gemähten Gras des Anstaltsgartens. Sasuke saß in der Mitte, Kakashi und Naruto links und rechts von ihm. Kakashi las Icha Icha Paradise und Naruto erzählte irgendwas über das Training und über Ramen und was ihm sonst noch so interessantes einfiel. Sasuke saß da und hatte seinen Blick ins Nichts gerichtet. Man konnte nicht sagen, ob er zuhörte oder nicht. "Und dann hat Hinata gesagt, sie will mit mir ausgehen! Ist das zu fassen? Ich hätte nie gedacht dass die schüchterne Hinata ausgerechnet mit mir ausgehen will!", quasselte Naruto. "Denkst du wirklich, mit Geschichten über dein glückliches Liebesleben baust du mich auf?", fragte Sasuke ohne Ankündigung. Für gewöhnlich war es das höchste der Gefühle, wenn er zu Narutos Ausführungen mal ein "Hn" rausbrachte. Naruto starrte ihn entgeistert an und auch Kakashi ließ sein Schundheft sinken. "T-tut mir leid....", murmelte Naruto verlegen. "Ich wollte dir nur mal so erzählen was so alles vor sich geht bei uns. Wirklich, ich wollte dich nicht kränken." Aber Sasuke wirkte nicht gekränkt oder auch nur verstimmt. Er sah aus wie immer. Er warf einen Blick über das Areal und sagte tonlos: "Von hier aus kann man die Mauern nicht sehen." Naruto biss sich unsicher auf die Unterlippe und auch Kakashi schwieg dazu. Sie waren sich einig, dass wenn Sasuke sich mal dazu entschied, etwas zu sagen, sie ihm zuhören mussten. Ein Windstoß fegte über sie hinweg und zerzauste Sasukes Haar. Er hob seine knochige Hand zum Kopf um es sich aus dem Gesicht zu streichen. "Ich bin ein Gefangener, also tut nicht so als sei das hier ein Freundschaftsbesuch. Auch wenn man die Mauern nicht sehen kann, sie sind da. Und die Ärzte. Und das Zimmer das man von innen nicht aufschließen kann. Ich habe versucht, mich umzubringen und deswegen bin ich jetzt in der Irrenanstalt, um das alles mal auf den Punkt zu bringen." "Falsch", sagte Kakashi ernst. "Du bist hier, weil du Sakura und deinen Sohn nicht vergessen kannst." "Ich würde lieber hier drin versauern als sie zu vergessen." "Aber du musst endlich über ihren Tod hinweg kommen, Sasuke. Denkst du, sie hätten gewollt dass du dich selbst so quälst?" "Denkst du, sie wollten von irgendwelchen dahergelaufenen Typen einfach abgeschlachtet werden während ich meine Zeit damit verschwende, eine Technik zu trainieren mit der ich sie hätte beschützen können, wenn ich rechtzeitig zu Hause gewesen wäre?", fragte Sasuke. Das Fehlen jeder Emotion in seiner Stimme war beängstigend. "Ich habe sie nicht beschützt und dafür verdiene ich es, für die Ewigkeit die Hölle auf Erden zu durchleben." "Was sagst du da? Du konntest nicht wissen, dass es passieren würde!" "Ist das eine Entschuldigung dafür, dass mein Sohn nicht die Chance hatte, aufzuwachsen und selbst über sein Leben zu entscheiden?" "Denkst du, dein Sohn wäre stolz auf dich, wenn er dich so sehen könnte?" "Und denkst du, du kannst mich mit so banalen Provokationen aus der Reserve locken?" Kakashis Augenbraue zuckte. Sasuke hatte voll ins Schwarze getroffen. Seinen scharfen Verstand hatte er nicht verloren. Trotzdem gab Kakashi noch nicht auf: "Und was willst du jetzt tun? Weiterhin dich in Selbstmitleid ertränken und dich selbst bestrafen, indem du hier verrottest?" "Nein", antwortete Sasuke simpel und Stille kehrte wieder ein. Er hatte wohl nicht vor, ihnen zu erklären, was er statt dessen vorhatte. Schließlich ergriff Kakashi wieder das Wort. "Die Besuchszeit ist bald vorbei. Wir müssen los. Morgen kommt Naruto allein, ich geh auf eine Mission mit meinen Schülern. Ich komm wieder sobald wir zurück sind." Sasuke reagierte nicht. "Bis morgen", sagte Naruto und stand auf. "Bis morgen", murmelte Sasuke. Wie Kakashi es gesagt hatte, kam Naruto am nächsten Tag allein. Sasuke war in seinem Zimmer als er kam und so blieben sie dort. Sasuke war wortkarg wie immer und Naruto redete auf ihn ein, diesmal aber sichtlich bemüht, nichts über funktionierende Beziehungen zu erzählen. Kurz vor dem Ende der Besuchszeit sagte Sasuke dann doch was. Naruto quasselte gerade irgendwas über Ramen, da sagte Sasuke: "Denkst du, sie lassen mich hier raus, wenn ich über den Tod meiner Familie mit den Ärzten spreche?" Sofort verstummte Naruto. Er schaute Sasuke prüfend an und nickte dann. "Nicht sofort, schätze ich, aber sie würden dir sicher helfen, darüber hinweg zu kommen und dann könntest du entlassen werden." "Dann sollte ich das vielleicht tun." Ein Lächeln umspielte Narutos Lippen. "Das wäre... wundervoll, Sasuke! Du fehlst uns allen so. Alle warten darauf, dass du zurückkommst." Er legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes. "Ich will hier raus", sagte Sasuke. Naruto nickte traurig. "Wenn Kakashi es mir nicht verboten hätte, würde ich dich hier sofort rausholen." "Hättest du keine Angst, dass ich es wieder versuchen würde?" Naruto schüttelte den Kopf. "Ich vertraue dir, Sasuke", antwortete er ehrlich. "Was passiert ist war furchtbar, aber du bist kein Feigling. Um in dieser Welt zu leben braucht es sehr viel Mut. Ich weiß du schaffst es." "Danke, Naruto", sagte Sasuke schlicht. Naruto lachte. Er war froh, dass Sasuke endlich wieder etwas sagte, und seine Worte versprachen Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden würde. Er umarmte Sasuke und stand dann auf. "Wir sehen uns morgen, ja?" Sasuke stand ebenfalls auf und nickte ihm zum Abschied zu. Er beobachtete mit wachsamen Augen, wie Naruto an die Tür klopfte und als sie geöffnet wurde den Raum schweigend verließ. Er wartete etwa eine Minute, nachdem sich die Tür geschlossen hatte, dann gestattete er sich, sich zu entspannen und zog den Kunai, den er Naruto bei der Umarmung gestohlen hatte, aus dem Hosenbund. Auf diesen Moment hatte er lange gewartet. Er wartete noch ein paar Minuten, um sicherzugehen, dass Naruto fort war. Dann klemmte er den Kunai zwischen die Zähne und drückte den Knopf um eine Schwester zu rufen. Er formte ein Fingerzeichen und sammelte Chakra in den Füßen. Er setzte einen Fuß an die Wand und ging daran entlang bis er von oben von der Decke hing. Als die Schwester in den Raum kam, hielt er ihr von oben den Kunai an den Hals und sagte: "Bringen Sie mich hier raus, wenn Ihnen ihr Leben lieb ist." Freiheit. Sasuke fühlte den kühlen Wind auf seinem Gesicht und atmete tief ein. Es hatte ihn viel Mühe gekostet, das Hokage Monument zu erklimmen, denn sein ausgemergelter Körper war längst nicht mehr so kräftig wie früher. Aber jetzt stand er oben und konnte das Dorf überblicken. Er wusste nicht einmal, wie lange es her war, seit er zum letzten Mal eigene Entscheidungen hatte treffen dürfen. Er hatte sich lange, viel zu lange in dieser Anstalt festhalten lassen. Aber Kakashi hatte ihn immer scharf beobachtet, das war ihm nicht entgangen. Eine Waffe zu stehlen, solange sein ehemaliger Lehrer dabeigewesen war, wäre sinnlos gewesen und hätte jede Chance zu entkommen zunichte gemacht. Naruto dagegen war weit vertrauensseliger gewesen, und genau darauf hatte er auch gehofft. Er ließ den Kunai fallen, jetzt brauchte er ihn nicht mehr. Tut mir leid, Naruto. Du hast dein Vertrauen in den Falschen gesetzt. Die Zeit in dieser Anstalt, wo er aller Freiheiten beraubt gewesen war, war seine Strafe gewesen, das wusste er jetzt. Die Strafe dafür, dass er seine Frau und seinen Sohn nicht beschützt hatte. Vielleicht hätte Kakashi ihn dort rausgeholt, wenn er ihm je gezeigt hätte, wie sehr er dort gelitten hatte, wie furchtbar es für ihn gewesen war, auch sein letztes Gut zu verlieren.... die Freiheit. Es war ihm noch nicht bestimmt gewesen, zu sterben. Er hatte zuerst büßen müssen, dafür dass er seine Familie im Stich gelassen hatte. Aber jetzt war es endlich soweit. Er hatte genug gesühnt, jetzt würde er diesem Elend ein Ende bereiten. Vielleicht warteten sie auf ihn, wo auch immer sie jetzt waren. Aber er glaubte nicht, dass er sie wieder sehen würde. Er war ein Sünder, ein schlechter Mensch, der sein Training stets über seine Familie gestellt hatte und der sich nun aus dem Leben schlich wie ein erbärmlicher Feigling. Sasuke war sich sicher, dass er direkt zur Hölle fahren würde. Aber selbst das erschien ihm verlockender als ein Leben mit den Erinnerungen an das, was er verloren hatte. Er hatte sie so sehr geliebt. Sakura, zu der er lange, lange Zeit so abweisend gewesen war. Als sie ihm einen Sohn geschenkt hatte, war er zum ersten Mal seit dem Tod seiner Familie wirklich glücklich gewesen. Sein wunderschöner Sohn, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, und der den Namen der Uchiha Familie zu neuem Leben hätte verhelfen sollen. Vielleicht ist es gut, dass unser Clan mit mir ausstirbt. Itachi war schlecht und auch ich habe mich immer zur dunklen Seite hingezogen gefühlt. Es ist gut, dass unser tragischer Name mit mir stirbt, hier und heute. Der Schmerz, als er seine Familie tot aufgefunden hatte, war unbeschreiblich gewesen. Es war, als hätte man sein Innerstes in Fetzen gerissen, sein Herz zerbrochen. Er erinnerte sich noch an das Blut, das überall gewesen war, und daran, wie er Sakura in seine Arme genommen und versucht hatte, ihren Puls zu fühlen. Dabei war ihr der Kunai aus der Hand gefallen, den sie selbst im Tode noch umklammert hatte. Ihre Gegenwehr hatte nichts genützt. Dieser Abschaum menschlichen Lebens hatte erst Sakura und dann seinen Sohn brutal ermordet. Natürlich hatte Sasuke Rache genommen. Er hatte diese Männer nicht weniger bestialisch abgeschlachtet, aber die Rache hatte ihm keine Genugtuung gebracht. Aber das hatte er auch nicht erwartet. Er machte sich keine Illusionen, jemals Frieden oder Vergebung zu finden. Er hörte leises Kinderlachen und schloss die Augen. Was würde er darum geben, seinen Sohn noch mal lachen zu hören? Sakura noch einen Kuss geben zu können. Noch einmal das Glück einer Familie zu spüren? Er trat vor, bis seine Zehen über den Fels hinaus ragten, und schaute nach unten in den Abgrund. Er dachte an Naruto und Kakashi. Sie würden niemals verstehen, was er durchgemacht hatte. Auch sie hatten ihre Bürde zu tragen, aber keiner von beiden wusste, wie es war, zweimal das Glück einer Familie zu erleben und dann hilflos mitansehen zu müssen, wie es einem brutal entrissen wurde. Er wusste die Freundschaft der beiden zu schätzen, aber das reichte einfach nicht aus. Es reichte nicht mehr, um den Schmerz des Lebens zu ertragen. Er breitete die Arme aus und atmete noch einmal die frische Luft ein. Ein Schrei riss ihn aus seinen Gedanken und er fuhr herum. Ein blonder Wirbelwind kam angerannt. Sasuke hob die Hand. "Keinen Schritt weiter, Naruto!" Sofort blieb Naruto stehen. "Sasuke, was machst du da? Komm da weg!" Er schüttelte traurig den Kopf. "Ich kann nicht. Du verstehst nicht, wie schmerzhaft es für mich ist. Ich kann und will es nicht mehr ertragen. Ich will nie wieder mitansehen müssen, wie die, die ich liebe sterben." "Du Feigling! Denkst du, Sakura und dein Sohn hätten gewollt, dass du so was tust?" Sasuke schenkte ihm ein trauriges Lächeln. "Wie viel Schmerz muss ich noch ertragen, Naruto? Ich habe alles verloren. Nicht nur meinen Lebensinhalt, sondern auch meine Hoffnung, meine Zukunft. Die Welt hat ihre Farben verloren. Für mich ist alles grau." "Aber das muss nicht so sein! Du hast Freunde! Es wird besser werden, ich verspreche es! Es gibt Menschen die dich lieben und dich brauchen! Tu das nicht!" Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Für einen Moment war er unentschlossen. Die Hoffnung in Narutos Augen berührte etwas in ihm. Aber dann sah er dieses Bild vor Augen, die blutigen Leichen seiner Familie, und er begriff, dass er nie Ruhe finden würde. "Es tut mir leid, Naruto", sagte er traurig. "Aber ich kann das nicht. Ich bin nicht so stark wie du." Naruto riss die Augen auf, erkannte seine Absicht. "Nein!", schrie er und formte ein Fingerzeichen. "Das lasse ich nicht zu! Kage Bunsh..." Er verstummte, als er blaues Feuer in der rechten Hand seines Freundes sah. "Chidori...?" Sasuke nickte langsam. "Ich lasse mich nicht aufhalten. Zwing mich bitte nicht, dich zu töten." Widerstrebend ließ Naruto die Arme sinken. Es passte nicht zu ihm, so einfach aufzugeben, aber er hatte die Entschlossenheit in Sasukes Blick gesehen. "Hab keine Angst um mich, Naruto. Sie werden dort auf mich warten." "Sasuke, bitte! Ist dir klar, wie weh du mir tust, wenn du mich auch noch verlässt?" Verzweifelt schüttelte Sasuke den Kopf. Er wünschte niemandem denselben Schmerz, der ihn täglich quälte, am allerwenigsten Naruto. "Es tut mir so leid." Es reichte nicht aus. Er breitete die Arme aus und begleitet vom entsetzten Schrei seines Kameraden ließ er sich nach hinten fallen. Er bekam kaum noch Luft und rasend schnell wurde der Felsvorsprung über ihm kleiner. Er sah noch den blonden Haarschopf, der dort auftauchte, während er fühlte wie der Boden ihm immer schneller entgegenraste. Habe ich das richtige getan? Er schaute in den blauen Himmel und vor seinem inneren Auge sah er das lächelnde Gesicht seiner Frau. Er schloss die Augen und erwartete den Aufprall. OWARI Kapitel 2: Bird in a Cage ------------------------- Bird in a Cage Draußen ist es längst dunkel und im Dorf ist es ruhig geworden. Aber ich finde keinen Schlaf. Meine große Wohnung ist kalt und leer und wie schon so oft in einsamen Nächten fehlt mir irgendwas. Sakura's Lächeln. Und sogar Naruto's ewiges Gemecker. Ich halte es nicht länger aus, die Stille meiner Wohnung scheint mich zu erdrücken. Ich gehe nach draußen, ohne ein bestimmtes Ziel, und finde mich vor dem Haus wieder, in dem Sakura wohnt. In Gedanken schelte ich mich einen Dummkopf. Was tu ich hier überhaupt? Sie schläft sicher längst, und auch wenn ich bezweifle, dass es sie stören würde, von mir geweckt zu werden, gehe ich trotzdem weiter. Irgendwas ist anders als früher. Ich kann ihr nicht mehr in die Augen sehen. Unentschlossen schlage ich die Richtung zu Naruto's kleiner Wohnung ein, aber als ich dort ankomme, fehlt mir ebenfalls der Mut, zu ihm zu gehen. Ich klettere auf den Baum dessen höchste Äste direkt vor seinem Fenster wachsen und riskiere einen scheuen Blick in sein Zimmer. Wie ich's mir dachte, er schläft tief und fest. Spürt er nie diese Einsamkeit? Ich würde ihn gerne wecken. Ihn unter irgendeinem Vorwand aus dem Bett scheuchen und vielleicht ein bisschen mit ihm streiten, nur um nicht allein sein zu müssen. Aber ich kann nicht. Als ich den Baum wieder runterklettere, bevor mich noch irgendwer da oben sieht, und vor der Haustür stehe, da will meine Hand sich einfach nicht bewegen. Schließlich gebe ich entmutigt auf. Warum mache ich mir eigentlich etwas vor? Seitdem sie mich zurückgeholt haben, ist es anders geworden. Sie tun so, als wäre nichts vorgefallen, aber im Grunde verachten sie mich dafür, dass ich Orochimaru suchen wollte. Insgeheim werfen sie mir vor, dass ich sie zurücklassen wollte. Vielleicht werden die Dinge nicht mehr so sein wie früher. Naruto streitet nicht mehr mit mir. Er lächelt immer nur so komisch, manchmal glaube ich, er hat den Respekt für mich verloren. Jetzt bin ich tatsächlich einsam. Ich wollte doch immer der einsame Rächer sein, der seinem Bruder hinterher jagt. Bitte, genauso ist es auch. Ich habe die einzigen Freunde die ich hatte im Stich gelassen. Wie sollen sie mir das verzeihen, wo ich doch nicht mal um ihre Vergebung gebeten habe? Mein Weg führt mich an den Rand des Dorfes, vorbei an einem großen Anwesen. Ich will das Dorf verlassen, da dringt ein Schrei an mein Ohr. Alarmiert halte ich inne und lausche, folge den merkwürdigen Geräuschen. Das Anwesen besteht aus mehreren Häusern und einem riesigen Garten. Und an einer abgelegenen Stelle, schon sehr weit von den Häusern entfernt, entdecke ich jemand, der trainiert. Um diese Uhrzeit? Das würde selbst mir nicht einfallen. Eine dünne Matte, stramm um einen Baumstamm gezogen, ist sein Trainingsgerät. Immer wieder schlägt er mit Fäusten und Tritten auf die Matte ein. Seine Finger bluten schon. Ich gehe näher heran. Er ist sehr gut. Ich verstehe gar nicht, dass er sich selbst so hart rannimmt. Jeder seiner Schläge und Tritte ist exakt gesetzt und mit sehr viel Kraft geführt. Tatsächlich habe ich selten jemand so effizient zuschlagen sehen. Neugierig geworden gehe ich noch näher an ihn heran und analysiere automatisch seine Technik. Ich frage mich, ob er ein ernsthafter Gegner für mich wäre. "Wer ist da?", ruft er plötzlich, dreht sich um und schlägt nach mir. Er wirkt ziemlich überrascht, als ich seinen Handkantenschlag abfange. Aber auch ich bin sehr erstaunt über die Kraft, die in seinem Angriff steckt. Weiße, pupillenlose Augen starren mich an und erst jetzt erkenne ich ihn. Neji Hyuga, den Naruto in seinem Abschlusskampf besiegt hat. "Uchiha Sasuke...", stößt er hervor und lässt die Hand sinken. "Was tust du hier? Das ist das Hyuga Anwesen, du bist hier nicht willkommen." "Ich habe dich trainieren sehen.", antworte ich ehrlich. Er löst die Bandagen um seinen Arm und verbindet sich die blutigen Hände. "Na und?", fragt er gleichgültig. Ich grinse. "Du hast offensichtlich auch nichts besseres zu tun und ich bin schon sehr lange neugierig auf deine Fähigkeiten. Hast du was gegen einen kleinen Übungskampf?" Kampfgeist leuchtet in seinen Augen und nach einer kleinen Pause antwortet er: "Wieso nicht?" Er geht in Position, eine seltsame Kampfstellung, für die die Hyuga Familie bekannt ist. Ich sehe mich um. Hier? Das Haus liegt zwar ein Stück weit entfernt aber ich möchte keine ungebetenen Gäste anlocken. Allerdings sind alle Zimmer dunkel und ich habe ja nicht vor, irgendwas in diesem Kampf zu zerstören. Es soll ja bloß ein Übungskampf sein. Ich hebe die Arme, bereit für seinen Angriff. Als wir das erste mal aufeinander zu gehen, teilen wir nur gewöhnliche Schläge aus. Jeder testet die Kraft und die Geschwindigkeit des anderen, und ich muss zugeben, seine Stärke ist außergewöhnlich. Er ist wirklich gut. Langsam erhöht sich die Geschwindigkeit, immer schneller werden die Angriffe und auch die Kraft die wir einsetzen erhöht sich. Oh, er ist wirklich gut. Langsam habe ich Mühe, seinen schnellen Bewegungen zu folgen. Doch auch er hat seine Grenzen erreicht. Deshalb steigern wir uns in ein neues Level. Ich aktiviere die Sharingan und er sagt leise: "Byakugan!" Seine Augen scheinen alles zu durchschauen. Diese Technik ist meiner sehr ähnlich und doch auch anders. Seine Einsicht geht tiefer, dafür kann er nicht wie ich die Bewegungen kopieren. Und trotzdem kann ich nicht die Oberhand gewinnen. Er ist gut! Unglaublich! Ich spüre neben Kampfgeist noch etwas anderes in mir. Erregung. Wut. Ich will gegen ihn gewinnen. Ich lande einen gezielten Tritt den er nicht blocken kann und er trifft ihn am Kopf. Ihm ist nichts passiert, aber sein Stirnband löst sich und fällt auf den Boden. Ich zögere kurz, als ich das Zeichen auf seiner Stirn sehe. Was zur Hölle ist das? Mein Zögern bringt mir einen Schlag in den Magen ein und jetzt bin ich wirklich wütend. Ich verliere fast die Beherrschung und erzeuge einen Energieball in meiner Hand. "Chidori!" Er wiederum beugt sich vor, bis seine linke Hand fast den linken Fuß berührt. Ich weiß nicht, was er vorhat, aber es muss eine ganz besondere Art der Verteidigung sein. Ich spüre, wie sich Chakra um ihn sammelt. Wird mein Chidori diese Verteidigung durchbrechen oder ist er stärker als ich? Ich hole aus und will auf ihn zu laufen. Aus heiterem Himmel rast ein stechender Schmerz durch meinen Körper und ich stoße einen überraschten Schrei aus. Der Energieball verpufft ungenutzt, während ich auf die Knie falle und eine Hand auf die Narbe an meiner Schulter presse, die plötzlich brennend schmerzt. Das Siegel... habe ich es aufgebrochen? Ich hätte für einen einfachen Übungskampf nicht so viel Chakra einsetzen dürfen. Aber dieser Schmerz ist neu. Was ist da los? "Uchiha-kun!", sagt Neji und gibt seine Pose auf. "Was ist los?" Er weiß genau, dass er mich nicht verletzt hat. Seine Byakugan müssen das ungewöhnliche Muster an meiner Schulter erkennen, auch durch meine Kleidung hindurch. Tatsächlich murmelt er: "Was zur Hölle ist das?" Er kniet bei mir nieder, hilflos. Das Siegel bricht und ich krümme mich vor Schmerzen. Irgendwas läuft falsch. Aber was? Ist dies Orochimarus Werk, weil ich mich ihm verweigert habe? Ich spüre, wie die schwarzen Male langsam meine Haut überziehen. Neji sieht es ebenfalls. "Ich hole Hilfe!", ruft er und will aufstehen. Mein Arm schnellt vor und ich packe ihn am Handgelenk. "Nein!", keuche ich mit äußerster Willenskraft. "Der Fluch... bricht vielleicht aus... aah... Du musst hier bleiben und mich aufhalten, wenn es tatsächlich passiert..." Ich spüre, dass ich den Fluch nicht kontrollieren kann. So wie beim ersten Mal, als er ausbrach, droht der Hass mich zu übernehmen. Dann wäre nichts und niemand vor mir sicher. Neji ist stark genug, um mich aufzuhalten. Er muss mich vor Dummheiten bewahren, wenn ich die Kontrolle verliere. Er versteht nicht, worum es geht, trotzdem nickt er. Gut. Ich konzentriere mich jetzt darauf, den Fluch unter Kontrolle zu bekommen. Ich halte noch immer sein Handgelenk gepackt und in meinem verzweifelten Kampf, die Kontrolle über mich zu behalten, drücke ich mit aller Kraft zu. Er weicht ein wenig zurück und starrt mich aus geweiteten Augen an, sagt aber keinen Ton. Mir erscheint es wie eine Ewigkeit, in der ich drohe, die Kontrolle zu verlieren. Doch dann bekomme ich einen klaren Gedanken zu fassen. Ich erinnere mich daran, wie mich Sakura zurückholte. Ich brauche einen anderen Menschen. Am besten einen guten Freund, aber weder Sakura noch Naruto sind in der Nähe. Also halte ich mich an das nächste. Neji. Ich starre ihm in die entsetzten Augen und versuche, mich an diesem Bild festzuhalten. Es gelingt. Ich dränge den Fluch zurück und die schwarzen Male verschwinden. Erschöpft falle ich nach vorne. "Uchiha-kun?", fragt er und ich erinnere mich daran, dass noch jemand anwesend ist. Ich hebe den Kopf, als ich meine Fassung zurück gewonnen habe. Meine Hand ist immer noch um sein Handgelenk verkrampft. Sofort lasse ich ihn los und rote Flecken zeugen von der Kraft, mit der ich zugedrückt habe. Ich setzte mich erleichtert hin und sage nur: "Danke..." Er sieht verunsichert oder vielleicht verwirrt aus. "Was war das?", fragt er schlicht. "Der Fluch.", antworte ich. "Orochimaru hat mir sein Zeichen eingebrannt." Ich ziehe mein Hemd am Kragen so zur Seite, dass er die Narbe sehen kann. "Wenn ich wütend werde oder mein Körper geschwächt ist, bricht es auf und ich verliere die Kontrolle." Sein Gesichtsaudruck ändert sich, und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er schaut mich freundlich an. "Wir sind uns tatsächlich ähnlich." Auf meinen erstaunten Blick hin fügt er hinzu: "Hinata-sama hat das mal gesagt. Allerdings glaube ich nicht, dass sie von deinem Fluch wusste." Er berührt flüchtig das Mal auf seiner Stirn. "Dieses Zeichen wurde mir eingebrannt um mich unter Kontrolle zu halten. Damit bin ich den Hyugas ausgeliefert." Ich verstehe jetzt, was er meint. Uns beiden wurde gegen unseren Willen ein Zeichen eingebrannt. Und obwohl meines meine Kräfte verstärkt und seines die seinen bändigen soll, sind doch beide dazu bestimmt, uns die Kontrolle über uns selbst zu entreißen und uns in gewisser Weise einzusperren. "Wie ein Vogel im Käfig...", sage ich laut und spreche damit nur einen flüchtigen Gedanken aus. Er allerdings schaut mich fast fassungslos an. "Was hast du gesagt?" Es muss wohl die Erschöpfung sein und vielleicht auch die Einsamkeit, die mir die Zunge lockert und mich diesen Unsinn sagen lässt: "Selbst wenn jemand die Käfigtür öffnet, können wir nicht davonfliegen. Ich halte an meiner Rache fest, selbst wenn ich mich dabei selbst zerstöre." "Und ich an meinem Hass auf das Haupthaus." Er fasst sich an die Stirn und wirkt auf einmal verletzlich. "Ich hätte Hinata-sama beinah getötet." Obwohl jeder den Schmerz des anderen verstehen kann, sind wir doch nur mit uns selbst beschäftigt. Ich finde keinen Trost darin, dass ich jemanden gefunden habe, dem es ebenso geht wie mir. Er ist wie ein Spiegel meiner Selbst. "Vielleicht sollten wir endlich aus unserem Käfig fliegen.", sagt er bedrückt. "Und die Vergangenheit loslassen." Aber keiner von uns kann es. Ich spüre seine Verzweiflung genauso wie meine. Dabei war ich nie ein einfühlsamer Mensch. Was interessieren mich schon die Gefühle von anderen? Die Einsamkeit muss mir den Verstand geraubt haben. Ich gehe auf die Knie um an ihn ranzukommen, der noch immer mit gesenktem Kopf in Gedanken versunken dasitzt, und küsse ihn auf den Mund. Gott weiß, ich denke nicht darüber nach, was ich da tue. Er war so schön, wie er so dasaß, so wie ich und doch anders. Ich habe es einfach getan. Anstatt mich wegzustoßen küsst er mich ebenfalls. Es ist seltsam irreal, als wir uns im Mondlicht berühren, wie neugierige Kinder. Ich habe noch nie jemanden geküsst, und ich wollte es auch nie. Und plötzlich bin ich versunken in einem Kuss, ausgerechnet mit Hyuga Neji, mit dem durchdringenden Blick und der unnahbaren Aura. Wir, beide, vergessen alles um uns herum. Wo wir sind, wer uns beobachten könnte, selbst unseren Stolz oder unseren Ruf als unnahbare, coole Kämpfer. Ich fühle mich auf seltsame Weise von ihm angezogen. Er streift mir das Hemd über den Kopf und küsst die Narbe, die Orochimaru auf meinem Körper hinterlassen hat. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Ich löse den Verband an seinem Kopf, der sein Haar zurückhält, und öffne sein Haarband. Die schwarzen Haarsträhnen fallen jetzt offen in sein Gesicht, lassen ihn irgendwie verwundbar aussehen. Ich streiche eine Strähne aus seinem Gesicht und berühre dabei das Mal auf seiner Stirn. Es muss wehgetan haben, als sie es in seine blasse Haut brannten. Keiner von uns sagt ein Wort. Er zieht sich sein Trainingshemd über den Kopf. Ich spüre, dass die seltsame Stimmung, die uns beide erfasst hat, erlöschen würde, wenn einer von uns ein Wort sagt. Meine Hände streichen über seine muskulöse Brust und eine Welle der Erregung spült über mich hinweg. Zum ersten Mal begreife ich, worauf das hier unweigerlich hinauslaufen wird. Aber mein Kopf ist vernebelt, ich bin geblendet von Einsamkeit und nun auch von Lust. Ihm geht es wohl ähnlich, seine Atmung beschleunigt sich, hektisch hebt und senkt sich sein Brustkorb unter meiner Handfläche. Er zerrt mich näher zu sich heran und unsere Hüften pressen sich aneinander. Zwischen innigen Küssen, sachten Berührungen und leisen Lauten der Erregung zerren wir uns den Rest unserer Kleidung vom Leib. Er drückt mich nach hinten ins Gras und beugt sich über mich. Zum ersten Mal seit dem ersten Kuss sehen wir uns direkt in die Augen. Seine weißen Augen schauen direkt in meine tiefschwarzen. Seine rechte, bandagierte Hand liegt auf meiner Wange. Was tu ich hier? Heißer Atem streift meinen Hals. Finger, die fest über blasse Haut streichen. Schwarzes Haar, das mich kitzelt. Seine leise Stimme, unterdrückte Laute der Erregung. Unsere Hände greifen ineinander, wir halten einander so fest als ginge es um unser Leben. Wir beide wollen wenigstens für diese wenigen Augenblicke der Einsamkeit entkommen. Die Welt verschwimmt in einem Meer von Sinneseindrücken und dieser seltsamen Mischung aus Lust und Einsamkeit und ich verliere vollkommen den Verstand und die Beherrschung. Irgendwann finde ich mich mit dem Gesicht nach unten wieder und seine Hände krallen sich in mein dichtes, schwarzes Haar. Schweißperlen glitzern auf meiner Haut. Als er in mich eindringt und ein leiser Schmerzensschrei über meine Lippen kommt, küsst er meine Schulter und flüstert leise etwas in mein Ohr, Worte ohne Bedeutung, die uns beiden Trost spenden sollen. Immer näher kommen wir dem Punkt der Erleichterung und ich höre sein kaum noch verhaltenes Keuchen. Seine rechte Hand stützt sich neben mir im Gras ab, die andere streicht von meinem Rücken über meine Brust, runter zu meinem Bauch, weiter runter, und ich werfe den Kopf zurück, schreie meine Erregung hinaus in die Welt, höre weit entfernt sein Keuchen als er gleichzeitig mit mir kommt und die Welt verschwimmt und mein Körper zittert und alles wird unscharf und gleichzeitig unglaublich klar. In diesem einen, perfekten Augenblick fühle ich mich wie ein Vogel, der seinem Käfig entkommen und in die Freiheit fliegen konnte. Dann fallen wir gemeinsam vornüber ins kühle Gras, ringen nach Atem, suchen Abkühlung und Ruhe für unsere im Einklang schlagenden Herzen. Er rollt sich von mir runter auf den Rücken und starrt in den schwarzen Himmel. Ich liege auf der Seite, den Blick zu ihm, und wehre mich dagegen, wieder zu Verstand zu kommen. Ich weiß genau, wenn ich die Kontrolle über mich zurückgewinne, dann ist es vorbei, und ich bin wieder alleine. Als wir wieder Luft kriegen, greift er umständlich nach seiner Hose und schlüpft erschöpft hinein. Ich tue es ihm gleich und sinke gleich darauf wieder ins Gras und genieße das Nachbeben dessen, was wir gerade getan haben. Seine Augen wirken trübe von der Erschöpfung, jetzt weicht er meinem Blick wieder aus. Ich fühle mich unendlich müde, aber auf eine wunderschöne Weise. Mir fallen die Augen zu und eine kleine Weile döse ich so dahin. Als ich mich ein wenig ausgeruht habe und mich halb aufsetze, schläft Neji neben mir. Er liegt auf dem Rücken, den Kopf ein wenig in meine Richtung geneigt, und sein offenes Haar vermischt sich mit dem Gras. Selbst jetzt, wo sich mein Kopf langsam klärt, finde ich ihn noch schön. Vorsichtig um ihn nicht zu wecken küsse ich das Mal auf seiner Stirn, so wie er vor einigen Minuten die Narbe an meiner Schulter geküsst hat. Ich schaue ihn lange an. Wie er so schläft, wirkt er verletzlich, ja fast zerbrechlich. Für mich ist er wie ein Vogel, der sich die Flügel gebrochen hat. Und doch fühlte ich mich in seinen Armen nicht mehr allein. Ich fühle diese unstillbare Sehnsucht nach Nähe, die ich bisher immer verleugnet habe. Wenn es ginge, würde ich meinen Stolz und mein cooles Image über Bord werfen, und hier bei ihm bleiben. Morgen früh neben Hyuga Neji aufwachen, ihm einen Guten-Morgen-Kuss geben und ihn in meine Arme schließen. Aber was auch immer mit uns heute Nacht passiert ist, es ist jetzt vorbei. Jeder geht morgen wieder seiner Wege, eingesperrt in seinen Käfig, verfolgt von den Geistern der Vergangenheit. Ich kann meinen Weg der Rache mit niemandem teilen, auch wenn ich meinen Schmerz eine Nacht lang mit ihm teilte. So leise wie möglich hebe ich meine Sachen auf und mache mich auf den Weg zurück nach Hause. Oben am Himmel steht noch immer derselbe Mond wie noch vor ein paar Stunden. Meine Wohnung ist immer noch dieselbe, still und dunkel und leer. Und ich bin immer noch derselbe. Ich bin Sasuke Uchiha. Für immer gefangen wie ein Vogel im Käfig. Ich schaue durch das Fenster nach draußen. Ich möchte lernen zu fliegen. OWARI Kapitel 3: Noch nicht --------------------- Diese Kurzgeschichte spielt nach Kapitel 188... nehmen wir mal an, Sasuke hat es geschafft, zu Orochimaru zu gelangen und ist sein Schüler geworden... Warnung: Andeutungsweise Shounen-Ai OrochimaruxSasuke Noch nicht Lautlos krieche ich aus den Schatten empor in das düstere Zimmer meines Schützlings. Er steht am Fenster und schaut nach draußen, starrt mit leerem Blick hoch zum Mond. Ich brauche mich nicht bemerkbar zu machen, ich weiß, dass er meine Anwesenheit spürt. Ich mache ihn längst nicht mehr nervös. Es sind bereits einige Monate vergangen, seit meine vier Sound-nin ihn zu mir gebracht haben. Er ist wieder ein Stück gewachsen. Jetzt erst fällt es mir auf. Er ist noch ein Kind aber er wächst schnell, obwohl sein körperliches Wachstum mit dem seiner Fähigkeiten nicht Schritt halten kann. Es ist sehr lange her, seit ich einen Schüler habe aufwachsen sehen. Es gibt sehr viele, die in meinem Dorf aufgewachsen sind, aber seit Anko gab es niemand mehr, um den ich mich persönlich gekümmert habe. Sasuke-kun war von Anfang an etwas Besonderes. Die Kraft, alles zu erreichen, die ich bei ihm spüre, versetzt mich jedes Mal wieder in Erstaunen. Manchmal frage ich mich, ob es Sandaime mit mir damals genauso ging. Er dreht sich mit stoischem Gesicht zu mir um und seine schwarzen Augen sehen mich durchdringend an. Er redet nicht viel, aber wir haben uns auch nichts zu sagen. Er ist mein Schüler und die Anweisungen, die ich ihm während des Trainings gebe, reichen aus um uns zu verständigen. Außerdem kann ich in seinen Augen lesen wie in einem offenen Buch. Mit Anko damals war es anders. Sasuke ist mir ähnlich, ich war genauso in seinem Alter. Das einzige, was uns unterscheidet, ist unser Antrieb. Ich suche nach der ultimativen Kraft, er sucht nach einer Waffe, die stark genug ist, seinen Bruder zu bezwingen. Aber er ist ja noch jung. Ich bin mir sicher, dass ihn die Macht noch verführen wird. Eine unausgesprochene Frage steht im Raum. Ich brauche sie nicht zu stellen, denn warum wäre ich wohl hier, außer um ihn zu fragen warum er heute nicht zum Training erschienen ist. Nach ein paar Minuten der Stille sagt er: "Ich weiß nicht mehr, was richtig ist. Tue ich das richtige? Ich fühle mich, als hätte ich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen..." Ich kann ein heiseres Lachen nicht unterdrücken. "Du schmeichelst mir, Sasuke-kun." Ich gehe auf ihn zu und stelle mich neben ihn ans Fenster. Er dreht sich um und schaut wieder nach draußen. "Freundschaft ist vergänglich, Sasuke-kun. Aber Macht währt ewig. Du hast gesagt, du würdest alles tun, um dich rächen zu können. Dann sei ein aufmerksamer Schüler. Mit den Kinjutsu die ich dir zeige, wirst du sogar Itachi besiegen." "Und dann? Du hast mich nicht aus reiner Selbstlosigkeit hergeholt." "Da hast du recht. Du bist wie ein Erbe für mich, die Verkörperung meiner Wiedergeburt. Ich war mal wie du. Und du wirst schon bald so sein wie ich." Ich habe Sasuke beobachtet, schon lange bevor ich mich ihm zum ersten Mal gezeigt habe. Ich sah das hasserfüllte Kind, das aus ihm wurde, nach dem Tod seiner Eltern. Aber auch den Erben der Uchiha Familie, in den die Dorfbewohner so viel Hoffnungen setzten. "Ich weiß genau, was es heißt, ein Genie zu sein. In einer Gruppe mit gleich zwei Klötzen am Bein zu arbeiten und stillschweigend der Obrigkeit folgen müssen, obwohl man seine Lehrer längst überflügelt hat. Ich habe es gehasst. Aber ich bin jetzt frei Sasuke. Und diese Freiheit wünsche ich mir auch für dich." Als ich ihn das erste Mal sah, war er vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Er saß allein im Wald unter einem großen Baum und schaute ins Nichts. Seine Eltern waren gerade gestorben, aber er weinte nicht. Ich spürte seinen Hass. Schon da wusste ich, dass er mir gehören würde. Ich musste ihn haben. "Hab keine Angst, Sasuke-kun. Für den Moment will ich nur ein Lehrer für dich sein, denn in dir steckt so viel Potential. Ich sehe mich selbst in dir und ich will dir helfen, dich von den Fesseln der Shinobi Regeln zu befreien." Es ist wirklich anders als mit Anko. Dieses Kind, das schon so viel erlebt hat in seinem kurzen Leben, bedeutet mir tatsächlich etwas. Ich werde nicht zulassen, dass ihm etwas geschieht. Ich will, dass er meinem Weg folgt, ohne die selben Fehler zu machen. Er ist so viel mehr als eine Marionette für mich, obwohl ich natürlich egoistische Ziele verfolge. Er schaut mich an und seine Augen funkeln. "Wenn wir uns so ähnlich sind, hast du dann keine Angst, dass ich mich eines Tages gegen dich stelle und versuche, dich zu töten, so wie du versucht hast, Sandaime-san zu töten?" Er ist wirklich scharfsinnig. "Wenn du stark genug wirst, um mich zu stürzen, dann versuch ruhig dein Glück. Aber ich würde es nur ungern sehen, wenn sich unsere Wege trennen." Seine Augen glitzern gefährlich und ich erkenne, dass er mich vielleicht wirklich eines Tages verraten wird, genauso wie ich meine Lehrer damals verraten habe. Er hat das Potential dazu. Er hat das Potential, die legendären Sannin zu übertreffen. Aber das liegt noch in ferner Zukunft und ich werde es ihm nicht leicht machen. Kalter Wind von draußen zerzaust sein schwarzes Haar und er hebt einen Arm um sich die langen Stirnfransen aus dem Gesicht zu halten. Seine alabasterne Haut wirkt im Mondlicht sogar noch blasser. Er wird nie ein gutaussehender Mann werden, dazu ist sein Gesicht zu ebenmäßig, zu... schön. Man möchte ihn fast für eine Frau halten. Ich umfasse mit einer Hand sein Handgelenk und er schaut mich ausdruckslos an. "Du bist wunderschön heute.", sage ich. Sein Porzellanpuppengesicht zeigt immer noch keine Regung. War in meinem Gesicht auch so schwer zu lesen? Ich begehre ihn. Er ist so anders als Anko, als alle, die mir auf meiner Reise begegnet sind. Ich will ihn mit jeder Faser meines Körpers, er soll sich mir hingeben und alles an ihm soll mir gehören. Seit er bei der Prüfung gegen mich angetreten ist, geht er mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich verzehre mich nach ihm. Ich neige den Kopf und nähere mich ihm. Sein Gesicht bleibt ausdruckslos, nur seine Augen öffnen sich ein Bisschen weiter aus zuvor. Kurz bevor unsere Lippen sich berühren, halte ich inne. Ein Grinsen umspielt meinen Mund und ich flüstere: "Schlaf gut, Sasuke-kun." Wie ein Geist ziehe ich mich zurück und diesmal wirkt er - für seine Verhältnisse - fast erschüttert. Damit hat er nicht gerechnet. Aber er weiß nicht, wie viel Überwindung es mich gekostet hat, das zu tun. Ich war so kurz davor, ihn zu küssen, über ihn herzufallen und ihn mir zu nehmen, ganz gleich ob er es auch will oder nicht.... Ich verschmelze wieder mit den Schatten und gestatte es mir, ihm noch einen Blick zuzuwerfen. Er atmet leise aus und senkt den Kopf. Ich will ihn für mich allein haben. Aber ich kann warten. Er ist noch jung, seine Blütezeit kommt erst noch. Nicht heute Nacht. Ich werde warten. Ich will ihn nicht zerstören. Jedenfalls noch nicht heute Nacht. Kapitel 4: Ich habe dir geglaubt -------------------------------- Manche Fehler kann man nicht wieder gutmachen... Sasuke kehrt zurück und muss begreifen, dass man die Zeit nicht einfach zurückdrehen kann. Ich habe dir geglaubt Mit geröteten Wangen stand Sakura vor dem Spiegel. Ihre beiden besten Freundinnen Ino und Hinata saßen auf dem Bett und schauten ihr amüsiert zu. "Bist du es nicht langsam leid ständig in den Spiegel zu schauen?", fragte Ino spöttisch. Sakura strich über ihr langes Hochzeitskleid und erwiderte fröhlich: "Du bist doch nur eifersüchtig weil ich als erste von uns heirate." "Aber die Zeremonie ist erst heute Mittag. Du hast noch zwei Stunden Zeit. Musst du wirklich schon in voller Montur rumlaufen?", fragte Ino. Selbstbewusst nickte Sakura. "Dieses Kleid kann ich nur heute tragen, da will ich es schon wenigstens den GANZEN Tag anhaben! Von meinen Brautjungfern erwarte ich etwas mehr Unterstützung, ja? Ich will es noch mal hören!" Die zwei seufzten und sagten dann einträchtig: "Du bist die schönste Braut die wir je gesehen haben, Sakura." Sie grinste breit und setzte zu einer zuckersüßen Antwort an, als es an der Tür klopfte. Erstaunt hielt sie inne und sagte laut: "Ja? Wer ist da?" "Ich bin es.", sagte eine dunkle Stimme und die Tür ging auf. Ihr Bräutigam betrat mit ernstem Gesichtsausdruck das Zimmer. "Neji!", kreischte Sakura und griff nach ihrem Mantel. "Du darfst mich doch vor der Hochzeit nicht sehen! Das bringt Unglück!" Er machte eine wegwerfende Geste. "Es ist wichtig, Sakura. Ich muss dir was sagen." Sein ernstes Gesicht machte ihr Sorgen. Er wollte die Hochzeit doch nicht absagen?! "Was ist los, Neji?" Er holte tief Luft und sagte: "Er ist zurück." "W-Was?", stotterte sie, auf einmal selbst todernst. Bestätigend nickte er. "Sasuke ist zurück. Sie haben ihn gestern Abend vor dem Dorfeingang gefunden." Es wurde sehr still im Raum. Alle Anwesenden wurden schlagartig ernst. Sasuke hatte das Dorf vor über vier Jahren verlassen und seitdem hatte man nichts mehr von ihm gehört. Sakura schluckte. "Er ist wieder da? G-Geht es ihm gut?" Neji nickte. "Er hat ein paar Blessuren aber im Großen und Ganzen ist er in Ordnung." Hastig zog sie sich ihren Mantel über und stellte sich vor ihren Zukünftigen. "Neji-kun.", sagte sie leise und legte ihre Hand auf seine Wange. "Ich muss ihn sehen. Jetzt. Zur Hochzeit bin ich wieder da, bitte warte auf mich." Ein trauriger Ausdruck flackerte über sein Gesicht, doch er hielt sich zurück und nickte. "Er ist in der Klinik." Sie lächelte unecht. "Danke dir, Neji-kun." Rasch schob sie sich an ihm vorbei und eilte aus dem Zimmer. Neji schaute ihr nach. "Warum hast du das getan?", rief Ino, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. "Spinnst du, ihr das vor der Hochzeit zu sagen?!" "Sie hat das Recht, es zu erfahren." Ungläubig schüttelte Ino den Kopf. "Willst du sie verlieren, Neji-san? Sie war so lange verliebt in Sasuke... du warst der erste, für den sie wieder Gefühle zugelassen hat. Wenn sie ihn jetzt wiedersieht..." "...kommt sie vielleicht nicht zurück.", ergänzte Neji. "Ich weiß." "Warum hast du das dann getan?" "Weil ich nicht will, dass sie mich nur heiratet, weil er nicht da war. Wenn sie sich für ihn entscheidet, dann werde ich damit leben." Verständnislos schüttelte Ino den Kopf, aber Hinata stand auf und umarmte ihren Cousin. "Sie wird das richtige tun, Neji-niisan. Sie kommt zurück, ganz bestimmt." Unschlüssig schob Sakura die Tür auf und warf einen Blick in das Zimmer. "Hallo?", fragte sie schüchtern. "Ist jemand hier?" "Komm rein.", sagte eine freudlose Stimme. Sie betrat das Zimmer und ließ die Tür zufallen. Am Fenster stand er, und als er sich zu ihr umdrehte, wurde sie von alten Gefühlen geradezu überwältigt. Er hatte ein paar Narben, auch im Gesicht, aber er sah immer noch gut aus. Sasuke war kein Kind mehr sondern ein erwachsener Mann. "Sasuke-kun.", flüsterte sie. "Du lebst..." Ohne nachzudenken stürmte sie auf ihn zu und umarmte ihn. Und erst als sie ihn berührte, wurde ihr wirklich bewusst, dass er wieder da war. Dass er lebte. "Sakura...", murmelte er und zu ihrer Überraschung drückte er sie an sich. "Schön dich zu sehen." Sie ließen einander wieder los und sie schaute ihn an. "Wie geht es dir, Sasuke-kun? Was ist passiert?" Erst traute sie ihren Augen nicht, als sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht schlich. "Ich habe es geschafft. Itachi ist tot. Ich habe meinen Traum erfüllt und endlich Frieden gefunden." Sie schenkte ihm ein Lächeln. "Ich bin sehr froh, dass du dich endlich freuen kannst, Sasuke-kun." Sasuke schaute ihr in die Augen und auf einmal fühlte sie sich unwohl. Er legte seine Hand auf ihre Wange und sagte: "Ich bin zurückgekommen, wegen dir. Verzeih mir, dass ich dich so abweisend behandelt habe. Jetzt können wir von vorne anfangen, denn..." Erschrocken machte sie einen Schritt nach hinten. Nie hätte sie gedacht, solche Worte aus seinem Mund zu hören. Er runzelte die Stirn. "Was hast du?" Sie knöpfte ihren Mantel auf und zeigte ihm ihr weißes Kleid. "Sasuke-kun... ich werde heute heiraten." Sein Mund öffnete sich, aber er brachte keinen Ton hervor. Er wich zurück und sein Gesicht verdüsterte sich. Jetzt sah er wirklich beinah genauso aus wie damals. Er hatte wieder diesen Ausdruck von Verrat und Misstrauen im Gesicht. "Du... du heiratest? W-wen?!" "Hyuga Neji." Sakura konnte es sich nicht erklären, aber Sasuke wirkte verletzt. Er runzelte die Stirn und fragte heiser: "Liebst du ihn?" Ohne zu zögern nickte sie. "Ja." Er rang sichtlich nach Worten. "S-Sakura... ich habe die ganze Zeit über an dich gedacht. Ich kann das nicht zulassen..." Überraschend packte er sie bei den Schultern und im nächsten Augenblick lagen seine Lippen auf ihren. Sie spürte ein leichtes Kribbeln in ihrem Bauch, so wie damals, wenn er sie so durchdringend angesehen hatte. Ein Teil von ihr wollte alle Vorsicht über Bord werfen und sich in diesem Kuss verlieren. Aber dann tauchte ein Bild vor ihrem inneren Auge auf. Silberne Augen, die sie voller Zuneigung ansahen, Nejis fordernde Küsse und seine zärtlichen Berührungen, und da begriff sie, dass nur er ihr Herz höher schlagen ließ. Das hier war der Traum ihrer Jugend, ein Traum, den sie längst aufgegeben hatte. Es tat weh. Sasuke ließ sie wieder los und schaute ihr tief in die Augen. "Sakura... bitte... bist du sicher, dass du ihn heiraten willst? Möchtest du... möchtest du nicht lieber meine Frau werden? Ich... ich liebe dich." "Oh, Sasuke...", flüsterte sie und eine Träne rollte schwer über ihre Wange. Und dann antwortete sie: "Nein. Ich liebe Neji mehr als dich." Er sah sie mit so viel Schmerz in den Augen an. "Du hast zu mir gesagt, du würdest mich immer lieben, egal was passiert. Und ich habe dir geglaubt. Nur für dich habe ich überlebt und bin zurückgekommen." Traurig wischte sie die Träne weg und antwortete: "An dem Abend bevor du einfach gegangen bist, hast du zu mir gesagt, du würdest meine Gefühle nie erwidern, ganz egal was ich tue. Du hast gesagt, es ist besser für mich, dich aufzugeben. Und ich habe dir geglaubt." Sie nahm seine Hand und drückte sie fest. "Ich bin sehr froh, dass es dir gut geht. Aber ich kann Neji nicht aufgeben. Lebwohl." Sie ließ seine Hand los und verließ bedrückt das Zimmer. Als sie das Krankenhaus verließ, stand zu ihrer Überraschung Neji vor der Tür und wartete. Er sah sie einfach an und wartete darauf, dass sie ihm das Herz brach. Statt dessen rannte sie zu ihm, schlang die Arme um seinen Nacken und küsste ihn. "Neji.", flüsterte sie und drückte sich ganz fest an ihn. "Ich liebe dich." Er atmete erleichtert aus. "Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist." "Komm.", sagte sie und nahm ihn bei der Hand. "Wir sollten zu unserer eigenen Hochzeit besser nicht zu spät kommen." Er folgte ihr und sie warf einen letzten Blick zurück. Oben am Fenster stand Sasuke. Ohne Bedauern wandte sie den Blick ab. Er war ein Teil ihrer Vergangenheit. Neji war die Zukunft. ENDE Kapitel 5: Feuer ---------------- Schneeball meinte, ich sollte das Kapitel posten, war mir erst ziemlich unsicher ob es gut genug ist. Die Story spielt einige Jahre nachdme Sasuke aufgebrochen ist um zu Orochimaru zu gehen. Er, Naruto und Sakura haben alle verschiedene Wege eingeschlagen und sich seit Jahren nicht mehr gesehen... *** Feuer Das Dorf Konoha brannte lichterloh. Meterhohe Flammen züngelten über die höchsten Dächer hinweg und der Rauch der von ihnen aufstieg, färbte das Monument der Hokages schwarz. Obwohl es tiefste Nacht war, tauchte das Feuer die Umgebung in unheimliches, rötliches Licht. Auch die blasse Haut des jungen Mannes der wenige Meter vor den Toren des Dorfes stand und wartete, schimmerte rötlich. Er schaute mit seinen roten Augen zu, wie sein Heimatdorf von den Flammen verschlungen wurde. Innerhalb dieser Mauern starben Menschen, er konnte ihre Schreie hören und ihre Chakren fühlen, wie sie schwächer wurden. Es waren Menschen, die er einmal gekannt hatte, die er unter anderen Umständen sogar Freunde genannt hätte. Keiner von ihnen erreichte den Ausgang des Dorfes. Orochimaru und seine Männer wüteten gnadenlos in dem kleinen Dorf mit dem einen Ziel, keinen der Bewohner lebend entkommen zu lassen. Sasuke hatte Gefühle wie Bedauern oder Mitleid längst hinter sich gelassen, aber als er jetzt zu dem Inferno blickte, bahnte sich eine einsame Träne ihren Weg über seine Wange. Konoha war seine Heimat gewesen und nun wohnte er dem Ende des kleinen Dorfes bei. Entsetzt beschleunigte sie ihr Tempo, als sie am Horizont Rauch aufsteigen sah. Sie nahm nicht länger Rücksicht darauf, dass sie dem Weg folgte und sich damit angreifbar machte. Denn sie wusste bereits, was sie erwartete. Und vielleicht würde sie ihn heute endlich aufspüren. Sie rannte noch schneller, und dann teilten sich die Bäume und gaben den Blick auf ein entsetzliches Bild preis. Sakura schlug eine Hand vor den Mund. Konoha stand in Flammen. Sie hielt an und näherte sich dem Eingang mit langsamen Schritten, den Blick starr auf das brennende Dorf gerichtet. Was war hier geschehen? Hatte Orochimaru das getan? Die junge Frau war so geschockt, dass sie die Person die unweit vom Eingang stand erst gar nicht bemerkte. Erst als er sich zu ihr umdrehte, riss sie sich von dem grausamen Bild los und sah ihn an. Sie wurde blass. Er war es. Er, den sie so lange gesucht hatte. Wütend zerrte sie ihren Kunai hervor und schrie: "Endlich habe ich dich gefunden, Uchiha Sasuke!" Er hatte den Rauch gesehen, und sich noch darüber gewundert. Trotzdem traf es ihn völlig unvorbereitet, als er am Horizont die ersten Flammen sah. Er stutzte. War das Konoha, das da brannte? Er mochte es gar nicht glauben. Naruto hatte die letzten drei Tage allein in den Bergen verbracht, und dort trainiert. Er beschleunigte seine Schritte und nach der letzten Biegung sah er, dass seine schlimmsten Befürchtungen eingetroffen waren. Das Dorf brannte. Es war nicht einfach nur ein Brand, sondern die Flammen waren verheerend, sie loderten meterhoch in den Himmel und hatten bereits das gesamte Dorf erfasst und breiteten sich nun auch auf die umliegenden Bäume aus. Er ließ seinen Rucksack achtlos fallen, als er begriff, dass das Dorf verloren war. Seine Freunde! Sie waren alle noch da drin! Kakashi, Shikamaru, Iruka, Tsunade... sie alle! Er stürmte mit einem Schrei los, wild entschlossen, sie zu retten. Er nahm die beiden Personen die vor dem Eingang standen kaum wahr. Verzweifelt stürmte er an ihnen vorbei, doch eine von ihnen packte ihn und hielt ihn zurück. "Geh da nicht rein!", schrie sie und er registrierte am Rande seines Bewusstseins dass er ihre Stimme kannte. Er versuchte, sich loszureißen, aber sie schlang die Arme um ihn und hielt ihn eisern fest. "Naruto, bleib hier! Wenn du da reingehst, wirst du getötet!" "Aber ich muss sie doch retten!", schrie er und die ersten Tränen rollten über seine Wangen. "Iruka und Kakashi und Shikamaru und Neji und..." Seine Stimme überschlug sich. "Sie sind alle noch da drin! Meine Freunde..." "Du kannst sie nicht mehr retten!", schrie sie. "Wenn du da reingehst, ist das dein Todesurteil! Das hätte keiner deiner Freunde gewollt." Der Satz half ihm endlich, sich zu beruhigen. Er sank auf die Knie und schluchzte. Warum war er nicht früher zurückgekommen? Was war hier nur passiert? Er hörte wieder ihre Stimme: "Es tut mir so leid, Naruto." Langsam hob er den Kopf und begriff endlich, wen er vor sich hatte. "Sakura.", sagte er leise. "Was.... tust du hier?" Sie galt seit Jahren als verschollen. Sie reichte ihm die Hand und half ihm auf die Beine. "Ich bin nur zufällig hier. Ich war auf der Suche nach ihm." Sie deutete in die Richtung der zweiten Person und Naruto riss ungläubig die Augen auf, als er ihn erkannte. "Sasuke...", murmelte er geschockt. Das letzte Mal hatte er Sasuke gesehen, nachdem er von seinem Team getrennt worden war. Er hatte den Sarg gesprengt, in den sie Sasuke gesteckt hatten, und ihn mitnehmen wollen. Aber Sasuke hatte ihn zurückgestoßen, ihn verraten und ihn in einem unachtsamen Moment bewusstlos geschlagen. "Warum bist du hier?" Sasuke setzte sich in Bewegung und kam auf sie beide zu. Aber statt ihm sagte Sakura bitter: "Er ist hier, um sicherzugehen dass keiner der Dorfbewohner überlebt. Falls es jemand schafft, zu fliehen, soll Sasuke ihn töten. Habe ich nicht recht?" Langsam nickte Sasuke. Und Naruto begriff. "Dann hat Orochimaru das Dorf in Brand gesteckt..." "So ist es.", sagte Sakura. "Und Sasuke ist sein kleiner Handlanger, der die Drecksarbeit macht." Stumm erwiderte Sasuke ihren Blick, aber während sie ihn wütend anfunkelte, sprach keinerlei Emotion aus seinen Augen. Naruto wischte sich über das Gesicht. "Dass wir drei uns ausgerechnet jetzt, ausgerechnet hier wiedertreffen..." Die beiden anderen konnten die Ironie dieser unerwarteten Begegnung nicht leugnen. Sakura ergriff nach einer kurzen Pause das Wort: "Aber wir stehen nicht mehr auf der selben Seite. Ich bin keine Shinobi aus diesem Dorf mehr. Mein einziges Ziel war es, Sasuke zu finden. Also erwarte keine Hilfe von mir, Naruto." "Warum?" Die Frage kam überraschend. Es war das erste, was Sasuke gesagt hatte. Er schaute sie an und fragte: "Warum wolltest du mich finden?" Sie ließ ihre Waffe sinken. "Weil ich dich hasse.", antwortete sie. "Du hast mich verlassen, du hast uns alle verraten. Ich wollte dich töten." "Warum greifst du mich dann nicht an?" Einen Augenblick lang zögerte sie, dann schlossen sich ihre Finger fest um den Griff ihres Kunai und mit einem Schrei rannte sie auf Sasuke zu. Stumm stand er da und machte keine Anstalten, sich zu verteidigen. In seinen Augen spiegelte sich Müdigkeit. Vielleicht hieß er den Tod willkommen. Als sie noch vielleicht fünf Schritte von ihm entfernt war, da kam ihr ein Schluchzen über die Lippen. Der Kunai flog in hohem Bogen durch die Luft und ein lautes Klatschen übertönte das Knistern des Feuers. Mit gesenktem Kopf stand Sakura vor Sasuke, der langsam seinen Kopf wieder in ihre Richtung drehte. Ein Handabdruck zeichnete sich auf seiner linken Wange ab wo sie ihn geohrfeigt hatte. Stumm bedachte er sie mit einem ausdruckslosen Blick und auch Naruto beobachtete teilnahmslos das Geschehen. "Warum?", kam es leise von Sakura. "Warum kann ich dich nicht töten?" Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und dann schrie sie: "Warum?! ICH HASSE DICH!" Sie trommelte mit den Fäusten auf seinen Brustkorb ein, aber sie hatte schon zu viel Kraft verbraucht um ihm wirklich Schaden zuzufügen. Sasuke ließ es widerstandslos geschehen. "Warum, Sasuke?", schluchzte sie als ihre Schläge schwächer wurden und sich ihre Hände schließlich in sein Hemd krallten. "Warum hast du mich verlassen?" Sie vergrub das Gesicht an seiner Brust und weinte. "Ich kann nicht.", schluchzte sie. "Ich kann dich nicht töten, selbst nach allem was du getan hast. Du und Naruto ihr seid das einzige, was von meinem Leben noch übrig ist." Bedrücktes Schweigen kehrte ein während Sakura sich langsam wieder beruhigte und Sasuke schließlich losließ und sich energisch die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Sie alle standen vor den Trümmern ihrer Vergangenheit und das letzte, was davon übrig war, waren die beiden anderen Shinobi. "Geht.", sagte Sasuke schließlich. Die beiden anderen schauten ihn an. "Ich werde euch nicht töten. Geht, bevor Orochimaru euch entdeckt." "Nein.", sagte Sakura ohne zu zögern. "Ich habe drei Jahre damit zugebracht, nach dir zu suchen. Ich werde nicht gehen." Langsam ging sie in die Knie und setzte sich ins Gras. Man konnte ihr ansehen dass es ihr Ernst war mit dem was sie gesagt hatte. Naruto warf Sasuke einen traurigen Blick zu. "Ich kann nirgends mehr hin. Meine Freunde sind tot und mein Dorf steht in Flammen. Wo sollte ich hin? Ihr seid jetzt alles, was ich noch habe." Er setzte sich neben Sakura auf den Boden. "Wir können keine Freunde mehr sein.", sagte Sasuke. "Wir haben alle einen anderen Weg eingeschlagen." Als keiner der beiden anderen sich bewegte, kniete er sich ebenfalls hin. Für sehr lange Zeit war nichts zu hören als das beängstigende Knistern des Feuers und das Rauschen der Bäume, als der Wind sich drehte. Die Flammen griffen nun langsam auf die Bäume vor dem Dorfeingang über. Die drei Shinobi, die einst Freunde gewesen waren, saßen im Kreis und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Suchten nach einem Ausweg. Einem Neuanfang. Es dauerte Minuten, bis Sakura das Schweigen brach. "Bereust du es?" Sasuke hob den Kopf und schaute sie an. Sie wiederholte: "Bereust du, dass du diesen Weg eingeschlagen hast?" Unter anderen Umständen hätte sie niemals eine ehrliche Antwort auf diese Frage bekommen. Doch dies war nicht der Zeitpunkt für stolze Lügen. Nicht hier, wo sie alle dem Ende ihrer Zukunft beiwohnten. Sasuke antwortete: "Ja. Wenn ich alles noch einmal machen könnte, dann... dann hätte ich euch nicht verlassen." Er schaute rüber zu den Flammen und dann verblasste das Rot seiner Augen und seine Augen färbten sich schwarz. "Ich habe Itachi getötet, aber die Rache hat mich nicht glücklich gemacht. Sie konnte die Leere in meinem Inneren nicht ausfüllen." "Warum bist du dann nicht zurückgekommen?" "Ich habe meine Seele verkauft. Ich bin nicht mehr der, der ich mal war. Ich gehöre längst Orochimaru, und wenn er es für richtig hält, wird er meinen Körper benutzen um darin weiterzuleben. Er kann den Fluch beliebig kontrollieren. Ich wäre eine Gefahr für das Dorf gewesen." "Also habe ich all die Jahre nach dir gesucht, nur um das zu erfahren?", fragte sie bitter. "Dass es keine Hoffnung gibt? Dass du dich aufgegeben hast und ich dich nicht retten kann?" Darauf hatte er keine Antwort. Stattdessen unterbrach Naruto die Stille. "Und du, Sakura? Bereust du, dass du ihm gefolgt bist? Wir hätten dich hier gebraucht. Aber du bist auch einfach gegangen, genau wie er. Auf der Suche nach jemand, der längst nicht mehr existiert." Sakura schenkte ihm ein trauriges Lächeln. "Nein, ich bereue es nicht. Ich habe Sasuke so sehr geliebt. Ich musste einfach gehen. Ich musste wissen, ob es ihm gut geht. Auch wenn ich mich selbst davon überzeugen wollte, dass ich ihn hasse. Ich wollte bei ihm sein, um jeden Preis." "Aber ich bereue es!", rief Naruto aufgebracht. "Ich bereue, dass ich dich nicht aufhalten konnte, Sasuke. Und dich auch nicht, Sakura. Ihr wart meine besten Freunde, und ich konnte euch nicht helfen. Wenn ihr es mir gesagt hättet... ich hätte euch geholfen, eure Träume zu erfüllen." "Du hattest deinen eigenen Traum.", sagte Sasuke. "Es war kein Platz, für keinen für euch, auf meinem Weg." "Ja, mein Traum...", sagte Naruto bitter. "Er wird sich jetzt nie mehr erfüllen. Das Dorf steht in Flammen und alle sind tot... Konoha gibt es nicht mehr. Ich werde nie der Hokage sein. Ich habe es auch nicht verdient, denn ich konnte sie nicht beschützen." Inzwischen standen die Baumkronen über ihren Köpfen in Flammen. Schon bald würde der gesamte Wald brennen. "Wie wird es jetzt weitergehen?", fragte Sakura bedrückt. "Wir müssen unsere Pflicht tun, jeder von uns.", antwortete Sasuke. "Nein. Ich will das nicht mehr.", murmelte Naruto. "Das Dorf gibt es nicht mehr und selbst wenn ich dich hassen müsste, ich kann und will es nicht. Ich habe alles verloren. Ich will euch nicht auch noch verlieren." "Ja... Naruto hat recht.", pflichtete Sakura ihm bei. "Ich werde bei dir bleiben, Naruto." Sie rückte näher an ihn heran und umarmte ihn. "Ich werde nicht mehr weggehen." Zuerst war Sasuke still, dann hörte man seine heisere Stimme: "Ich werde auch nicht gehen." Tränen liefen scheinbar grundlos über Sakuras Gesicht, als er näher an sie beide heranrückte und sie ihn fest umarmte. "Sasuke-kun.", sagte sie leise. "Ich liebe dich. Ich habe dich immer geliebt." Er drückte sie an sich und antwortete tonlos: "Ich weiß." Er streichelte ihr Haar und sagte: "Verzeih mir." Sie ließen einander los und sie nickte, um ihm zu zeigen dass sie ihm vergeben hatte. Brennende Blätter regneten nun auf den Boden herab. Das Feuer breitete sich immer weiter aus. Bald würde es die drei eingeschlossen haben und dann wären auch sie rettungslos verloren. Sie wählten ihr Schicksal selbst, und sie entschieden sich, zusammenzubleiben. Hier. Fast schüchtern ergriff Naruto zuerst Sakuras Hand, und mit der anderen dann Sasukes Hand. "Wir werden für immer Freunde sein, oder?", fragte er. Sakura lächelte unter Tränen und ergriff mit der freien Hand Sasukes Hand. "Ja, das werden wir." Sasuke drückte Narutos Hand um ihm zu zeigen, dass auch er so dachte. Die drei saßen im Kreis und hielten einander an der Hand, um Kraft zu schöpfen, während sich hinter ihnen der Ring aus Feuer schloss. Erste Stellen im Gras fingen Feuer. Sie rückten näher zusammen, als die Flammen immer näher kamen. Der Rauch wurde dichter und sie mussten die Augen schließen. Sakura erzitterte, als ein brennendes Blatt ihren Arm streifte und die Haut versengte. "Hab keine Angst.", hörte sie Sasuke sagen. "Wir sind bei dir.", sagte Naruto. "Ich hab keine Angst. Jetzt nicht mehr.", antwortete sie. Die letzte Erinnerung die sie mitnahm war der Druck ihrer Hände, bevor sie alle in den Flammen versanken. ****** Kapitel 6: Für dich ------------------- Das fiel mir gestern einfach so ein... ich geb dem Alkohol die Schuld! *g* Naja die Itachi gegen Sasuke Sache is ja nicht neu, ich mache mir immer wieder Gedanken darüber wie dieser Kampf wohl aussehen wird. Hier mal eine ganz neue Variante... *** Für dich Blut tropfte von seinem Kinn auf sein schmutziges, zerrissenes Hemd. Wild hing ihm sein schwarzes Haar ins Gesicht. Rote Augen leuchteten darunter und wie Feuer brannten die Male auf seiner Haut, die sich langsam wieder zurückzogen und schließlich nur das Siegel auf seiner Schulter zurückließen. Sein Atem ging rasselnd und schwer, ihm war schwindlig. Aber neben den Schmerzen, die seine zahllosen Wunden und Orochimarus Siegel in ihm verursachten, fühlte er einen gewaltigen Triumph. Er hatte gesiegt. Als er den Blick auf seinen Bruder richtete, der einige Meter weg von ihm am Boden kniete, kurz vor einem totalen Zusammenbruch, raste eine Welle absoluter Euphorie über ihn hinweg. Er hatte es geschafft. Nach all den Jahren, endlich, hatte er Itachi besiegt. Er sah hoch zum Himmel, wo die Sonne sich bereits dem Horizont näherte und blutrot färbte. Sie mussten stundenlang gekämpft haben. Er wusste, dass er es nicht allein seiner Stärke oder dem Fluch zu verdanken hatte, dass er letzten Endes diesen Kampf gewonnen hatte. Itachi benutzte im Kampf zu viel Chakra und die Dauer des Gefechts hatte ihn schließlich den Sieg gekostet. Er hatte zu viel Chakra verbraucht um sich noch zu verteidigen. Er war absolut hilflos. Sasuke wusste, dass er es zu Ende bringen musste. Erst dann würde er seine wohlverdiente Ruhe finden und das Kapitel Itachi für immer hinter sich lassen. Er musste es tun, solange diese Euphorie ihn noch erfüllte, denn er ahnte bereits, dass die Freude über seinen Sieg nicht lange anhalten würde. Langsam setzte er sich in Bewegung und kam zu seiner Begleiterin, die zitternd am Boden kniete, ebenfalls übersät mit Wunden. Sie hatte dem Tempo des Kampfes nicht lange standgehalten, aber am Anfang war sie ihm tatsächlich eine Hilfe gewesen. Er war ihr dankbar für ihre Unterstützung und war erleichtert, dass er sie mitgenommen hatte, als sie ihn darum gebeten hatte. Er stellte sich vor sie und sie schaute ihn ausdruckslos an. Er streckte die Hand aus und sagte: "Sakura. Leih mir dein Schwert." Ihre Augen weiteten sich. "Was hast du damit vor?" "Ihn töten.", sagte er ernst. "Ich werde beenden, was ich angefangen habe." "Nein!", rief sie entsetzt. "Das darfst du nicht! Du hast ihn doch besiegt, du hattest deine Rache! Sieh ihn dir an, du hast dafür gesorgt dass er nie mehr kämpfen kann. Warum musst du ihn töten?" Seine Augenbrauen furchten sich missbilligend. Verstand sie nicht, dass er das tun musste? Es ging um seinen Seelenfrieden, er musste es tun um endlich Ruhe zu finden! Aber er sagte kein Wort. Sollte sie ihr Schwert doch behalten. Dann würde er es eben ohne zu Ende bringen. Er hob den Arm und formte einen Feuerball darin. Für das Chidori hatte er keine Kraft mehr, aber in Itachis Zustand würde ihn auch der Feuerball töten. Er drehte sich von ihr weg und ging seinem reglosen Bruder langsam entgegen. Dessen Sharingan beobachtete ihn furchtlos. Selbst jetzt, da er dem Tod ins Auge sah, zeigte Itachi keine Emotionen. Was ging in ihm wohl vor? Sasuke wollte gar nicht darüber nachdenken. Er wollte diesen Mann nur töten und damit das letzte Hindernis auf seiner Suche nach Frieden beseitigen. Auf einmal schlangen sich blutige Arme um seine Taille und Sakura drückte sich von hinten an ihn. "Sasuke, tu das nicht!", rief sie verzweifelt. "Ich bitte dich, werde nicht auch noch zum Mörder!" "Du verstehst das nicht!", fauchte er. "Er hat meine Eltern getötet! Ich lasse mich von dir nicht aufhalten!" "Ich bitte dich, Sasuke. Du darfst deine Seele nicht wegen ihm beschmutzen. Bitte." Sie schluchzte. "Siehst du nicht, dass du damit alles nur noch schlimmer machst? Es wird dir keinen Frieden bringen. Lass ihn gehen und komm mit mir zurück nach Hause." Nein, er konnte Itachi nicht verzeihen. Mit einer Drehung stieß er sich grob von sich und sie prallte auf den Boden. Der Wald rauschte als ein Windstoß über ihre Köpfe hinweg rauschte. "Sasuke! Willst du so werden wie er?", schrie Sakura. "Ich werde das nicht zulassen! Ich möchte dich und deine Seele retten." "Das kannst du nicht.", sagte er düster. Der Feuerball in seiner Handfläche wurde größer und er sah Itachi in die Augen. Langsam richtete Itachi sich auf und kam taumelnd auf die Füße, um den Tod aufrecht zu empfangen. "Fahr zur Hölle, Bruder.", sagte Sasuke finster. Und dann rannte er los. Etwas zischte rechts an ihm vorbei aber er schenkte dem keine Beachtung. Er sah nur noch Itachi und sein Ziel Ruhe zu finden zum Greifen nahe. Er holte mit einem Schrei aus. Nur noch wenige Meter. Und dann ging ein Ruck durch Itachis Körper. Er riss die Augen weit auf und warf den Kopf in den Nacken. Erschrocken bremste Sasuke seinen Angriff und als er zum Stehen kam, sah er die Schwertspitze, die aus Itachis Brustkorb ragte. Entsetzt sah Sasuke, wie die Augen seines Bruders endlich, nach all den Jahren, wieder schwarz wurden, und dann kippte er vornüber. Hinter ihm stand Sakura. Sie hatte das Schwert durch seinen Körper getrieben. Fassungslos schaute Sasuke sie an. Sie schaute runter auf Itachis toten Körper und in ihren Augen schwammen Tränen, als sie den Kopf wieder hob und Sasuke direkt ansah. "Ich habe deine Seele gerettet. Für dich...", stammelte sie. "...bin ich sogar bereit, zur Mörderin zu werden." Der Feuerball in Sasukes Hand erlosch und er fiel auf die Knie. Es war vorbei. Itachi war tot, aber nicht er hatte ihn umgebracht. Sie hatte es getan, ausgerechnet sie. Er wusste nicht, was er fühlen sollte. Die Euphorie wich einer gewaltigen Enttäuschung. Er vergrub verzweifelt das Gesicht in den Händen. Sie kam näher und versuchte, ihn zu berühren, aber er schlug ihre Hand zornig beiseite. "Du!", schrie er. "Du hast mich um meine Rache gebracht!! Komm mir nie wieder unter die Augen!" "Sasuke..." "VERSCHWINDE!!!", schrie er aus vollem Hals. Traurig schaute sie zu ihm runter. Und dann drehte sie sich wortlos um und ging mit schleppenden Schritten davon. Weit kam sie nicht. Sie taumelte und stützte sich an einem Baum ab. Ihre Schultern bebten. Dann hörte er ihr Schluchzen. So also sollte es enden. Sasuke war, als hätte man ihm das Herz bei lebendigem Leibe herausgerissen. Die Rachegelüste waren fort und alles, was übrig war, war eine große Leere. Er hatte Sakura gestattet, ihn zu begleiten, weil er sich erhofft hatte, sie eines Tages, wenn der Alptraum vorbei war, zu heiraten und mit ihr den Clan wieder aufzubauen. Und nun war sie es gewesen, die ihm seine Rache genommen hatte. Um seine Seele zu retten. Er begriff, dass sie Recht gehabt hatte. Er wäre genau wie Itachi geworden, wenn er seinen Bruder getötet hätte. Oder er wäre daran zerbrochen. Aber ihr würde er nie wieder ins Gesicht sehen können. Er schaute rüber zu der Leiche seines Bruders, neben der er saß. Begriff, dass seine Rache ihm letzten Endes weder Frieden noch Glück, sondern nur Verzweiflung gebracht hatte. In einer einzigen Sekunde hatte er alle Hoffnung verloren. Er fühlte sich wie ein alter Mann. Sein Kopf senkte sich und dann drang ein Schluchzen aus seiner Kehle. Tränen tropften auf den Boden und vermischten sich mit Itachi's Blut. Nur weniger Meter weiter weinte auch Sakura. Sie war für ihn zur Mörderin geworden und das würde er ihr nie verzeihen. Sie konnten einander keinen Trost spenden. Nie mehr. Sie beide waren an Sasukes Rache verzweifelt. OWARI Kapitel 7: Endlos ----------------- Endlos Eigentlich könnte heute so ein schöner Tag sein. Ich fühle mich so erleichtert wie schon lange nicht mehr und auch Sakura ist wieder fröhlich. Wir haben eben eine weitere langweilige Mission mit Kakashi hinter uns gebracht und sind zu zweit auf dem Heimweg. Sie war die letzte Zeit ziemlich still, aber heute redet sie wieder wie ein Wasserfall und auch wenn ich gar nicht alles mitkriege was sie so erzählt, freue ich mich darüber, dass sie wieder fröhlich sein kann. Das hebt auch meine Laune. Bis zu dem Moment, wo Sakura abrupt verstummt. Ich folge ihrem Blick und entdecke, wer sie so überrascht hat. Vor uns passiert Sasuke den Dorfeingang. Seit zwei Tagen ist er wieder in Konoha, aber man sieht ihm immer noch deutlich die Spuren der Gefangenschaft an. Er wirkt dünn und ausgemergelt und mit den vielen Verbänden und den Kratzern im Gesicht sieht er fast bemitleidenswert aus. Aber ich weiß, dass das noch gar nichts ist. Denn ich war dabei, als wir ihn fanden. Eingesperrt in einem Keller irgendwo im Sand-Reich. "Sasuke-kun!", ruft Sakura besorgt und läuft auf ihn zu. "Du solltest doch noch im Krankenhaus bleiben! Du bist noch zu schwach um..." "Lass mich.", zischt Sasuke, noch bevor sie sich ihm auf drei Schritte genähert hat. Er hat nichts von seiner Kaltblütigkeit verloren. Auch zwei Wochen Gefangenschaft haben ihn nicht verändert. Er macht mich rasend, wie er so selbstgerecht dasteht als gäbe es niemand auf der Welt der ihm etwas vorschreiben kann. Als wir ihn fanden war er nichts als ein Häufchen Elend, an die Kellerwand gekettet, blutig am ganzen Körper und kaum noch bei Bewusstsein. Der Himmel weiß, was sie mit ihm gemacht haben, denn er wollte es ja niemand erzählen. "Du solltest zur Abwechslung mal auf Sakura hören.", höre ich mich sagen. "Geh zurück ins Krankenhaus bis du wenigstens halbwegs fit bist." "Spar dir deine Belehrungen.", gibt er giftig zurück. Dann sieht er mich herausfordernd an. "Wenn du denkst, ich wäre dir irgendwas schuldig, nur weil du mich ,gerettet' hast, dann hast du dich geschnitten, Dobe! Deine Visage macht mich krank, weißt du das?" "Sasuke!", keucht Sakura überrascht. Auch ich bin ziemlich erstaunt über seine Worte. Er hat mich oft geärgert, aber er war noch nie so offen feindselig und grausam zu mir. Er schiebt sich an uns vorbei und schlurft in Richtung Wald. Seltsamerweise ist er barfuss unterwegs. Wahrscheinlich ist er wirklich direkt aus dem Krankenhaus gekommen, dieser unvernünftige Sturkopf. "Dann mach doch was du willst, du Blödmann!", rufe ich trotzig hinter ihm her. Ich erwarte gar keine Dankbarkeit von ihm. Aber vielleicht einen Beweis, dass er froh ist, dass jemand ihn befreit hat. Zwei Wochen sind eine lange Zeit. Er war zwei Wochen spurlos verschwunden und die Dorfbewohner wollten schon aufgeben ihn zu suchen. Durch einen puren Zufall haben wir ihn doch noch gefunden, die Leute aus dem Sandreich hatten ihn auf einer Mission enttarnt und gefangen genommen. Ich frage mich, ob er wohl geschrieen hat, als sie ihm die Finger brachen. Oder als sie ihm die Schulter ausgerenkt haben. Ob er wenigstens Gefühle zeigt, wenn man ihn foltert. Im nächsten Moment möchte ich mich für diesen abscheulichen Gedanken ohrfeigen. Auch wenn ich Sasuke nicht leiden kann, ich habe ihm nie etwas Böses gewünscht. Im Gegenteil, als er verschwunden war, hatte ich keine ruhige Minute. Er hat es allein mir zu verdanken, dass er nicht immer noch in diesem Gefängnis sitzt. "Komm, Sakura-chan.", sage ich missmutig. Sasuke hat meine gute Laune ruiniert. Er schafft es jedes Mal wieder. Aber Sakura bleibt stehen. "Naruto... ich mache mir Sorgen um ihn.", sagt sie und ich ahne schon, worauf das hinausläuft. "Er sollte noch nicht alleine im Wald rumlaufen. Er war schwer verletzt, als ihr ihn ins Dorf gebracht habt. Bitte, kannst... kannst du nicht nach ihm sehen?" "Was? Warum denn ich?! Du hast doch gehört, was er zu mir gesagt hat!" "Ich weiß. Aber mich lässt er noch weniger an sich heran." Ich möchte widersprechen, aber sie hat nicht ganz Unrecht. Sie saß an seinem Bett, als er aufwachte. Er hat regelrecht getobt und sie aus dem Zimmer geworfen. Langsam nicke ich. "In Ordnung. Aber ich sehe nur kurz nach ob er in Ordnung ist, ich werde nicht mit ihm reden." "Danke, Naruto." Ich verfluche meine Gutmütigkeit tausend mal, als ich mich umdrehe und Sasuke rasch folge. Ich habe ihn aus den Augen verloren, während ich mit Sakura geredet habe, aber weit kann er mit seinen Verletzungen nicht gekommen sein. Ich erreiche den kleinen Wald und schleiche den kleinen Waldweg entlang. Irgendwo hier muss er sein. Warum zum Teufel kann ich ihn nicht finden? Wieso muss eigentlich immer alles so kompliziert sein im Leben? Als ich einen besonders tiefhängenden Ast beiseite schiebe, sticht mir sein schwarzes Haar ins Auge. Da ist er. Er steht mitten auf einer kleinen Lichtung und starrt trübe ins Nichts. Sakura kann sagen was sie will, er ist nicht ganz normal. Was macht er da? Wahrscheinlich fängt er gleich an zu trainieren. Ich zucke die Schultern. Soll er doch. Ich habe nachgesehen ob es ihm gut geht, damit habe ich meine Aufgabe erfüllt. Ich habe keine Lust auf noch mehr Streit mit ihm. Er bringt mich zur Weißglut. Ein Glück dass er mich nicht bemerkt hat. Gerade will ich wieder gehen, da bewegt er sich. Seine Hand, die, die nicht gebrochen ist, fährt unsicher durch sein schwarzes Haar und krallt sich darin fest. Bilde ich mir das ein oder zittert er? Eine Träne rollt über seine Wange und ich erstarre. Weint er etwa? Sasuke weint? Ich glaube schon, mich geirrt zu haben, da läuft noch eine Träne über sein Gesicht und dann fängt er an zu schluchzen. Ich traue meinen Augen nicht. Da steht mehr größer Rivale mitten im Wald, ganz allein, und weint. Ich weiß nicht mal, wieso. Sasuke ist nicht der Typ, der vor Schmerzen weint. Ich hätte überhaupt nicht gedacht, dass er zu so was fähig ist. Er fällt auf den Boden und wischt sich immer wieder über das Gesicht, aber die Tränen wollen einfach nicht aufhören. Großer Gott, was soll ich jetzt bloß tun? Er wird mich hassen, wenn er merkt, dass ich hier bin. Langsam will ich mich umdrehen, aber genau im falschen Moment trete ich auf einen Zweig und das Knacken verrät mich. Sasukes Kopf schießt in die Höhe und so schnell er kann wischt er grob die Tränen weg und setzt ein trotziges Gesicht auf. Er weiß, dass ich da bin, es hat keinen Sinn mehr, sich zu verstecken. Ich komme auf ihn zu und er steht auf, jetzt wieder mit dem ewig gleichen Gesichtsausdruck. Aber seine geröteten Augen sind der Beweis, dass ich mir das nicht nur eingebildet habe. "Dobe. Was willst du?" "Warum hast du geweint?" "Wie kommst du darauf ich hätte geweint?" Er macht mich schon wieder wütend. "Jetzt spiel hier nicht den Eisblock, Sasuke! Ich hab dich heulen sehen also tu jetzt bloß nicht so überheblich!" Jetzt begreift er, dass es keinen Sinn macht, es zu leugnen. Er weicht meinem Blick aus und fragt tonlos: "Was ist? Willst du dich nicht über mich lustig machen? Oder wartest du damit bis morgen, damit es alle hören können?" Es ist ziemlich verletzend, dass er mich für so gemein hält. "Ich hatte nicht die Absicht, dich lächerlich zu machen. Du musst ziemlich verzweifelt sein, wenn du so die Kontrolle verlierst." "Ich brauche dein Mitleid nicht. Lass mich allein." "Du... du benimmst dich wie ein bockiges Kind!", knurre ich ihn an. Er tut es schon wieder. Er macht mich wütend. "Dann sitz doch hier und flenn, das interessiert mich einen feuchten Dreck!" Ich drehe mich um und stapfe wütend davon. Bis ich hinter mir einen leisen Aufschrei höre. Ich sehe noch, wie Sasuke nach vorne stürzt und hart auf dem Boden aufkommt. Er wollte hinter mir her laufen und hat dabei übersehen, dass er verletzt ist. "Sasuke!", rufe ich automatisch und renne zu ihm. Ich will ihm helfen, wieder aufzustehen, aber auf einmal krallen sich seine Finger in mein Hemd und dann laufen ihm die Tränen über das Gesicht. Ich bin wie gelähmt. Er sagt kein Wort sondern vergräbt sein Gesicht in meinem Hemd während er von Schluchzern geschüttelt wird. Ich überlege lange, wie ich reagieren soll. Schließlich lege ich einfach irgendwie die Arme um ihn und warte ab. Ich würde ihn gerne fragen, was geschehen ist. Warum er so weint. Aber er wird es mir nie verraten, das weiß ich. Ich streichle über seinen Kopf und entschuldige mich wortlos dafür, dass ich ihn nicht früher gefunden habe. Ich wünschte, ich könnte ihm sagen, dass alles wieder gut wird. Aber ich weiß es nicht. Ich weiß ja nicht mal, was sie ihm angetan haben, um ihn so weit zu bringen. "H-Hey...", sage ich unsicher. "Sasuke..." Ich wünschte, Sakura wäre jetzt hier. Sie würde wissen, wie man jemanden tröstet. Ich bin dafür ungeeignet... ich hatte nie Eltern, die mich in den Arm genommen und getröstet hätten. Woher soll ich wissen, wie das geht? Ich kann nichts tun als abwarten. Etwas anderes fällt mir nicht ein. Und es dauert lange, bis er sich wieder beruhigt. Ich spüre seinen Schmerz als wäre es mein eigener und ich mag mir nicht vorstellen, was sie ihm angetan haben. Er schnieft und sieht zu mir hoch. Der Anblick treibt mir fast selber die Tränen in die Augen. Er wirkt plötzlich so hilflos. Er hat auch keine Eltern, zu denen er gehen könnte. Er hat niemanden, genau wie ich. Er tut mir so leid. Ich mache mir solche Vorwürfe. Hätte ich ihn doch nur früher gefunden. Wäre ich doch nur bei ihm gewesen, als er in Gefangenschaft geriet. Hätte ich doch... Mit einem Arm zieht er mich am Hemd nach unten und ich begreife nicht, was er vorhat. Bis er den Kopf in die Höhe reckt und mich dann ganz vorsichtig auf den Mund küsst. Ich weiß nicht, wie mir geschieht und ich begreife nicht, was in ihm vorgeht. Der Kuss ist so schnell vorüber, dass ich einen Moment lang an meinem Verstand zweifle. Ich lecke mir unwillkürlich über die Lippen, schmecke seine salzigen Tränen. Sasuke wischt sich über das Gesicht, immer wieder, bis die verräterischen Spuren der Tränen von seinem Gesicht verschwunden sind. Trotzdem sieht man ihm sofort an, dass er geweint hat. Ich weiß mir nicht anders zu helfen, unsicher frage ich ihn: "Wollen wir nach Hause gehen?" Er nickt stumm und legt seinen Arm um meinen Nacken, damit ich ihn in die Höhe ziehen kann. Schweigend bringen wir den plötzlich endlosen Weg zurück ins Dorf hinter uns. Als wir den Eingang endlich vor uns sehen, wartet dort schon Sakura auf uns. Sasuke senkt beschämt den Kopf, aber sie sieht trotzdem, was mit ihm los ist. Ich warte schon darauf, dass sie mich packt und mich drohend fragt, was ich Sasuke bloß getan habe, aber statt dessen lächelt sie traurig. Als wir bei ihr sind, sagt sie leise: "Sasuke-kun... Naruto und ich, wir haben dich sehr lieb. Egal was passiert, wir sind für dich da." Erstaunt blickt er sie an, aber kein Wort kommt über seine Lippen. Nach einer kurzen Pause setzt er sich wieder in Bewegung und wir machen uns auf den Weg nach Hause. Während wir durch das Dorf gehen, quälend langsam, spüre ich die Blicke der Dorfbewohner die misstrauisch auf uns ruhen. Ich versuche, sie zu ignorieren. Mir gehen andere Dinge im Kopf herum. Dieser seltsame Kuss zum Beispiel. Warum hat er das getan? War er so verzweifelt? Ich verstehe ihn einfach nicht. Wir kommen zu seiner Wohnung und ich stelle erstaunt fest, dass nicht abgeschlossen ist. Wir kommen ins Wohnzimmer und überall liegen Blumen und Pralinen herum. Unwillkürlich greife ich nach einer Pralinenschachtel auf dem Tisch und lese die Karte, die darauf festgeklebt ist. Zwischen roten Herzchen steht: "Werde bald wieder gesund, Sasuke-kun! Alles Liebe, Mai-chan." Ich verstehe. Lauter Genesungswünsche von verliebten Mädchen, die in seinem Zustand eine Möglichkeit sehen, ihm näherzukommen. Sasuke verzieht das Gesicht, nimmt mir die Schachtel ab und lässt sie achtlos in den Papierkorb fallen. Irgendwie kann ich ihn sogar verstehen. Diese Mädchen kennen ihn doch gar nicht. Sie bewundern seine Stärke und seine Coolness. Sie wissen nicht, dass auch er manchmal heimlich weint. Bis vor ein paar Minuten wusste ich es auch noch nicht. Aber seltsamerweise finde ich ihn deswegen nicht weniger stark. Es ist bewundernswert, wie er das alles erträgt. Ich bringe ihn ins Schlafzimmer und setze ihn auf sein Bett. Ich denke gar nicht erst über die richtigen Worte nach. Ich spreche einfach aus, was mir im Kopf herumgeht. "Sasuke... wenn du jemand brauchst, der dir zuhört... ich bin für dich da, okay?" Er nickt bloß. Unsicher gehe ich zur Tür. Ich habe bereits beschlossen, den Kuss von vorhin zu vergessen oder ihn einfach Sasukes verwirrtem Gemütszustand zuzuschieben, da bringt er ihm selbst auf einmal zur Sprache. "Naruto... das eben... der Kuss, das war..." "Schon gut, du warst durcheinander, ich versteh das!", sage ich mit einem Schulterzucken. "Nein ich..." Er steht wieder auf und stolpert auf mich zu. Bevor er hinfallen kann, fange ich ihn auf und er hält sich an mir fest. "Ich wusste, du würdest kommen und mich retten...", flüstert er, so leise, dass ich ihn kaum verstehe. "Zwei Wochen... endlos... habe ich immer nur an dich gedacht..." "Sasuke..." "Naruto? Bleibst du noch ein bisschen hier?", fragt er fast schüchtern. Ohne darüber nachzudenken nicke ich und wir gehen wieder rüber zu seinem Bett. Sasuke legt sich hin und erst jetzt fällt mir auf, wie müde er aussieht. Wer weiß, wann er das letzte Mal geschlafen hat. Ich weiß nur zu gut wie das ist, wenn man von Alpträumen geplagt wird. Ich lege mich zu ihm, bis wir einander gegenüber liegen, sodass wir uns in die Augen sehen können. Es dauert nicht lange, bis Sasuke eingeschlafen ist. Seine Augen sind geschlossen und sein Atem geht jetzt ruhig und gleichmäßig. Ich sehe ihn lange an und denke über alles nach, was heute passiert ist. Ich weiß nicht, was ich von dem Kuss oder seinen Worten halten soll. Aber ich muss mir eingestehen, dass ich mich geirrt habe. Es ist gar nicht so, dass ich ihn nicht mag. Er ist ein wichtiger Mensch für mich geworden. Er und Sakura sind meine Familie. Vielleicht ist er sogar noch mehr für mich. Aber dieser Gedanke macht mir noch Angst. Ich werde es sicher bald herausfinden, wenn Sasuke mir die Chance dazu gibt. Für heute reicht es mir, hier bei ihm zu sein und dieses angenehme, fremde Kribbeln im Bauch zu spüren, wenn ich ihn ansehe. Ich bin so froh, dass er wieder da ist. Bevor auch ich einschlafe, schwöre ich mir, ihn von jetzt an zu beschützen. Er soll nie wieder allein weinen müssen. Kapitel 8: Nachts (sasu/saku) ----------------------------- Also, zuerst mal: in dieser FF sind die Charas alle um die 18. Das heißt, es is ne Menge passiert. Sasuke ist ein klein wenig gesprächiger geworden, Sakura ein klein wenig erwachsener. Ich wollte eigentlich nur rüberbringen, wie gefühllos Männer manchmal sein können, ohne dass sies überhaupt wollen oder mitkriegen. Und wie dumm wir Frauen manchmal sind wenn wir uns in jemand verliebt haben... *** Nachts Musik erfüllte den Raum und die Luft roch schwer nach Alkohol. Es war weit nach Mitternacht und die Jugendlichen des Dorfes hatten sich in Inos Wohnung versammelt, um ihren achtzehnten Geburtstag zu feiern. Es gab reichlich zu trinken und irgendwann vor Mitternacht hatte es auch noch Torte gegeben, die Naruto und Choji aber fast im Alleingang verdrückt hatten. Inzwischen war es etwas ruhiger geworden, nach den üblichen Ständchen und Geburtstagswünschen und der Schlacht um den Kuchen waren die ersten gegangen, der Rest saß irgendwo in der Wohnung. Naruto hatte die Wirkung des Alkohols wie immer unterschätzt und hing seit neuestem an Hinata, die seitdem nur noch ein seliges Grinsen im Gesicht hatte. Ino befasste sich im wahrsten Sinne des Wortes mit Shikamaru, der darüber nicht wirklich unglücklich aussah. Lee plauderte mit Tenten auf dem Sofa, und wann immer er ganz unauffällig ein Stück näher an sie heran rückte, rückte sie ein Stück weg. In der Küche saßen Kiba und Shino und diskutierten heftig über irgendwelche Strategien, aber während Shino immer nur kühl Argumente vorbrachte, tat Kiba seine schrägen Ideen lautstark kund, offensichtlich hatte auch er schon ein bißchen zu viel getrunken. Und dann waren da noch Sakura und Sasuke. Alle waren recht überrascht gewesen, dass er tatsächlich gekommen war. Er war zufällig im Dorf gewesen und auch wenn es keiner so recht wusste, waren alle fest davon überzeugt, dass Ino den erst kürzlich zum Jounin ernannten Sasuke irgendwie bestochen (erpresst?) hatte, zu ihrer Feier zu kommen. Irgendwie waren Sasuke und Sakura übrig geblieben, sozusagen. Zuerst waren sie noch mit Naruto und den anderen am Tisch gesessen aber nach und nach hatten sich alle woanders hin verzogen und hatten die zwei allein zurückgelassen. Zuerst hatte Sakura sich über diese Gelegenheit gefreut, zumal Sasuke sich hatte überreden lassen, ein Glas Wein mit ihr zu trinken. Aber dann war ihr schnell klar geworden, dass sie eigentlich kaum gemeinsame Gesprächsthemen hatten. Sasuke dachte nur an sein Training und seine Missionen und Sakura hatte nach dem dritten Glas keine Lust mehr darauf. Deswegen hatte sie versucht, das Gespräch in irgendeine andere Richtung zu lenken und erst als sie spaßeshalber auf Naruto und Hinata gedeutet und gesagt hatte, "Ich bin ja mal sehr gespannt, wie Naruto darüber denkt, wenn er wieder nüchtern ist" war irgendwann das Thema Liebe aufgekommen. Sakura erhoffte sich, Sasuke endlich irgendwas persönliches entlocken zu können. Aber da hatte sie sich wohl geirrt. "Ich habe einfach keine Zeit für diesen Unsinn.", meinte Sasuke sachlich und deutete dabei auf Naruto und Hinata, die sich gerade - oder schon wieder - küssten. "Ich habe andere Dinge im Kopf als mir darum Sorgen zu machen wie es irgendeinem Mädchen geht. Das interessiert mich zur Zeit nicht." "Zur Zeit?", wiederholte Sakura tapfer. "Irgendwann muss ich natürlich den Clan weiterführen. Aber noch nicht jetzt.", murmelte er. Auch wenn ihr die Antworten nicht gefielen, er war wenigstens gesprächiger als sonst. Zwar hatte er sich in den letzten Jahren geändert und sich seinen Freunden gegenüber etwas geöffnet, aber so ehrliche Worte kannte sie von ihm nur selten. "Aber mit jemand zusammen zu sein heißt doch nicht, dass du gleich von deinen Missionen abgelenkt wirst!", führte sie an und hoffte damit tatsächlich, ihn umstimmen zu können. "Außerdem, hast du gar nie das Bedürfnis nach Nähe?" Er zuckte die Schultern. "Schon. Dann schlafe ich mit einem hübschen Mädchen und am nächsten Tag brauche ich mir keine Gedanken mehr zu machen." "Ach, und das reicht dir? Das finde ich ziemlich gefühllos." Der Alkohol half ihr, das laut auszusprechen, denn sonst hätte sie viel zu viel Angst gehabt, ihn damit vielleicht zu beleidigen. Aber Sasuke nahm es gelassen. "Das ist mir ganz egal. Gefühle machen alles nur kompliziert. Ich kann es nicht gebrauchen, dass ich mir um jemand anderes Sorgen mache, wenn ich irgendwo auf einer Mission mein Leben aufs Spiel setze." Langsam nickte sie. Das hatte sie eigentlich auch gar nicht anders erwartet. Trotzdem war es irgendwie ernüchternd. Das war es jedes Mal wieder. Zu ihrer Überraschung sagte er leise: "Hör zu, ich weiß was du für mich empfindest." Sie starrte ihn entsetzt an. Es war natürlich kein Geheimnis, dass sie ihm lange nachgelaufen war, aber in der letzten Zeit hatte sie damit aufgehört und die Gefühle für ihn tief in sich vergraben. Sie war in diesem Moment froh, dass kein anderer mehr in ihrer Nähe saß, denn auf einmal nahm das Gespräch eine ganz andere Richtung als sie das erwartet hätte. "Aber ich kann dir das was du dir wünscht nicht geben. Ich mag dich, du bist eine gute Freundin, aber wie gesagt, ich will weder Liebe noch eine Beziehung." "Ja.", erwiderte sie bitter und nahm einen großen Schluck Wein. "Dir reicht ja Sex schon aus. Aber nicht mal dazu hat es mit mir gereicht." Sie wusste nicht, was in sie gefahren war, so etwas zu ihm zu sagen. Es musste ziemlich erbärmlich wirken. "Ich dachte nicht, dass es das ist, was du willst." Ist es auch nicht, dachte sie wütend. Jedenfalls nicht NUR. "Hn.", schnaubte sie und trank einen großen Schluck. "Wenn ich jetzt sage, ich möchte Sex haben, was dann?" "Okay." Sakura blinzelte und ließ das Glas sinken. Mit großen Augen starrte sie ihn an und fragte heiser: "Bitte?" Er zuckte die Schultern und schüttete sich noch etwas Wein ein. "Ich sagte, okay." "Du... du würdest mit mir schlafen, wenn ich dich darum bitte?" "Warum nicht? Ich bin auch nur ein Mann, vergiss das nicht." Fassungslos schüttelte sie den Kopf. "Aber du... du magst mich doch gar nicht..." Ohne dass sie es wollte, keimte neue Hoffnung in ihr auf. "Ich mag dich. Und ich finde dich hübsch. Ich liebe dich bloß nicht. Solang du damit klarkommst, sehe ich nicht, warum wir nicht miteinander schlafen sollten." Er nahm einen großen Schluck Wein und starrte an ihr vorbei. "Ich kann dir nur eben nicht mehr als das geben..." Damit hatte sie nicht gerechnet. Fassungslos starrte sie auf ihr Glas und versuchte, das richtig zu begreifen. Lange saßen sie schweigend nebeneinander, bis Naruto sich irgendwann von Hinata löste und zu ihnen rüber getorkelt kam. "Was sitzt ihr denn so mies gelaunt rum? Trinkt doch noch was!" "Damit ich wie du ende, Dobe?", spottete Sasuke und stellte sein Glas demonstrativ weg. Naruto verzog das Gesicht und murmelte irgendwas wie "Spielverderber", bevor er sich wieder in seine Ecke mit Hinata zurückzog. "So ein Idiot.", maulte Sakura. "Der wird morgen so einen Kater haben... wahrscheinlich weiß er dann gar nicht mehr, was mit Hinata so alles passiert ist." Sie kicherte. Sogar Sasuke musste grinsen. "Das ist mal wieder typisch für ihn. Er muss es immer übertreiben." Langsam kam das Gespräch wieder in Gang und Sakura war Naruto für die kleine Unterbrechung sogar ziemlich dankbar. Für den Rest des Abends vermied sie es, das Thema auf Sex zu lenken, aber in ihrem Kopf arbeitete es. Der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Irgendwann, als es auf drei Uhr zu ging, verabschiedeten die Gäste sich nach und nach. Sasuke unterbrach das Gespräch und sah auf. "Vielleicht sollten wir langsam mal gehen." Erstaunt sah Sakura sich um. Es war fast niemand mehr da. Hinata und Naruto saßen noch immer in der Ecke, allerdings schlief Naruto tief und fest. Ino lehnte müde an einem schnarchenden Shikamaru und sah langsam wirklich frustriert aus. "Ich glaub du hast recht.", sagte Sakura und stand auf. "Ino, wir gehen nach Hause, ja?" "Mmh..", machte Ino müde und achtete nicht darauf, dass Sakura und Sasuke ihre Wohnung gemeinsam verließen. Schweigend liefen sie nebeneinander her durch die kühle Nachtluft. Sie hatten denselben Weg bis zu Sasukes Wohnung und als sie vor seinem Haus standen, schob er die Hände in die Hosentaschen und murmelte: "Also dann, gute Nacht. War ein netter Abend." "Gute Nacht..." Er drehte sich um und legte die Hand auf den Türknauf. "Sasuke-kun, warte!", rief Sakura. Sie wusste selbst nicht, was in sie gefahren war, als sie zu ihm kam und nervös auf den Boden starrte. "Worüber wir eben gesprochen haben... ich... ich meine..." Geduldig wartete er, während sie nach Worten rang. Sie war sich sicher, hätte sie nicht schon so einiges getrunken, wären ihr die nächsten Worte nie über die Lippen gekommen. "Sasuke-kun, ich möchte mit dir schlafen!" Am liebsten wäre sie noch im selben Moment im Erdboden versunken, vor allem weil er ihr erstmal einen verwunderten Blick zuwarf. Sakura starb tausend Tode in dem einen Augenblick den er brauchte, um ihr zu antworten. Sie war sich plötzlich sicher, dass er nur einen Scherz gemacht hatte. Gott, was musste er jetzt von ihr denken? Dann legte er den Kopf schief und sagte: "Bist du dir da auch ganz sicher?" "Ja." Eigentlich war sie sich ganz und gar nicht sicher. Aber sie hatte das untrügliche Gefühl, dass sie es bereuen würde, diese Gelegenheit nicht wahrzunehmen. Sasuke streckte ihr einladend die Hand hin. "Dann komm mit." Seine Hand fühlte sich warm an und irgendwie gab ihr die Berührung etwas mehr Vertrauen in ihre Entscheidung. Sasuke brachte sie nach oben in seine Wohnung. Sakura war mit einem Schlag furchtbar nervös aber er schien genau zu wissen, was er tat. Er brachte sie ins Schlafzimmer und fragte sie noch mal: "Du weißt, worauf du dich einlässt, oder?" "Klar. Keine Gefühle.", murmelte sie und schwankte ein wenig, weil der Alkohol ihr langsam wirklich zu Kopf stieg. Sasuke packte sie bei den Schulter und drückte sie gegen die Tür. Er küsste sie einmal ganz vorsichtig, so als wollte er ihre Reaktion abwarten, dann ein zweites mal und diesmal schob er seine Zunge in ihren Mund. Er schmeckte nach Alkohol. Ihre Knie wurden weich bei seinem dritten Kuss und sie warf endgültig die letzten Zweifel über Bord. Als sie früh morgens in seinem Bett erwachte und die Erinnerungen an den Vortrag nach und nach zurückkamen, seufzte Sakura einmal tief. Sie hatte ja geahnt, dass sie es bereuen würde. Aber sie bereute es auf eine andere Weise, als sie geglaubt hatte. Sasuke war... wundervoll gewesen. Einfühlsam und vorsichtig und leidenschaftlich und einfach traumhaft. Allein deswegen würde sie ihre Entscheidung nie rückgängig machen wollen. Und er war noch da. Als sie den Kopf zur Seite drehte, lag er neben ihr, mit verwuschelten Haaren und einem Knutschfleck von ihr gleich über dem Schlüsselbein. Vorsichtig strich sie ihm eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie hätte alles dafür gegeben, wenn dieser Morgen kein Ende sondern ein Anfang für sie beide hätte sein können. Vielleicht hatte sie in dieser Nacht überhaupt erst begriffen, wie viel er ihr noch bedeutete. Geweckt durch die Berührung öffnete Sasuke langsam die Augen und sie fürchtete sich ein wenig vor seiner Reaktion. Aber er blinzelte nur, sah sie verschlafen an und gähnte. Sie freute sich irgendwie darüber. Sie hatte Sasuke vorher nie gähnen sehen, sie hatte heute Nacht überhaupt so viel Neues über ihn erfahren. Stumm schaute sie zu, wie Sasuke sich aufsetzte und sich verschlafen durch die Haare fuhr. Dann drehte er sich halb zu ihr um und sah sie an. "Und? Bereust du es?" Sofort schüttelte sie den Kopf. "Nein." "Gut." Er streckte sich und atmete tief ein. Irgendwie wirkte er heute morgen viel gelöster und entspannter als sonst. "Es ist schön, so mit dir aufzuwachen.", sagte sie. "Wir können das ja irgendwann mal wiederholen." "Ja...", hauchte sie, obwohl sie im Moment nicht wusste, ob sie wirklich auf dieses Angebot zurückkommen würde. Es war schön gewesen, unvergesslich schön, und sie wollte diese intimen Erinnerungen an Sasuke nicht missen. Aber was sie sich wirklich gewünscht hätte, wäre ein Guten-Morgen-Kuss gewesen, ein gemeinsames Frühstück, und alles andere auch. Händchen halten, heimliche Küsse, eine gemeinsame Wohnung, gemeinsam einschlafen und aufwachen... Sie schob den Gedanken beiseite. "Es war ein schöner Abend." "Finde ich auch.", gab er zurück und sie wusste, dass er es ehrlich meinte. Sakura stemmte sich hoch, zupfte ihm eine verirrte Haarsträhne zurecht und lachte leise. "Was ist?", fragte er neugierig. Sie schlang sich die Decke um den Oberkörper und setzte sich auf, zog die Knie an und legte das Kinn darauf. "Ich dachte immer, du wärst so unnahbar.", sagte sie fröhlich. "Wenn ich gewusst hätte, dass ich nur zu fragen brauche..." Ein seltenes Lächeln war die Antwort, dann schlug er die Bettdecke beiseite und stand auf. Sie bewunderte still seinen nackten, perfekten Körper als er ins Bad schlurfte. Als sie das Wasser im Bad rauschen hörte, verschwand das Lächeln wie von selbst. Sie seufzte tief und legte den Kopf erschöpft auf die Knie. Irgendwie war das alles sehr traurig. Als die erste Träne über ihre Wange rollte, wischte sie sich energisch über das Gesicht und schalt sich in Gedanken einen Dummkopf. Sie hatte es immerhin vorher gewusst. Langsam stand sie auf und suchte ihre Sachen zusammen, die überall im Zimmer verstreut lagen. Ohne Eile zog sie sich an und warf dann noch mal einen Blick auf das Bett. Mit einem bedauernden Seufzen nahm sie ihre Jacke und verließ den Raum. Als Sasuke vom Duschen zurückkam, war sie längst gegangen. Sasuke seufzte ebenfalls und schlurfte in die Küche. Er wäre gern noch ein bißchen länger mit ihr im Bett gelegen oder hätte mit ihr zusammen geduscht. Ihre Gesellschaft war angenehm, fand er. Zumindest meistens. Als er den ersten Schluck Kaffee nahm und seine Lebensgeister langsam zurückkehrten, drehten sich seine Gedanken bereits nur noch um die anstehende Mission. Kapitel 9: Solange du mich nicht ernstnimmst... ----------------------------------------------- Die heisere Stimme des Prüfers hallte durch die Arena: "Damit ist der zweite Abschnitt der Chuunin Prüfung beendet." Neugierig schaute Sakura sich in der Arena um und zählte stumm die übriggebliebenen Kämpfer ab. Fünfzehn, ihr eigenes Team eingeschlossen. Also hatten diesmal nur fünf Teams die Prüfung von Anko bestanden. Weit weniger als im letzten Jahr. Aber sie hatte gleich gewusst, dass es diesmal anders sein würde. Es gab bei weitem nicht mehr so viele unerwartet starke Gegner wie beim letzten Mal. Gaara und seine Geschwister waren diesmal nicht zur Prüfung erschienen und auch Orochimaru hatte sich dieses Mal nicht eingemischt. Kakashis Team hatte es diesmal sehr schnell durch den Todeswald geschafft. Sie waren auf keine nennenswerte Hindernisse gestoßen und hatten gleich dem ersten Team, dem sie begegnet waren, eine Schriftrolle abgenommen und waren dann zum Turm gegangen. Sakura, Naruto und Sasuke wirkten deshalb im Gegensatz zu den anderen Prüfungskandidaten die mit ihnen in der Arena standen und auf die nächste Prüfung warteten noch relativ ausgeruht. Sakuras prüfender Blick wanderte noch einmal über die vielen Gesichter. Sie wusste ja, dass jetzt die Zweikämpfe folgen würden. Sie sah sich um nach potentiellen Gegnern und analysierte, wer für sie ein Problem darstellen könnte. Ihr Blick blieb an Neji Hyuga hängen. Er war definitiv ein Problem. Sollte sie gegen ihn antreten müssen, würde sie es wahrscheinlich nicht schaffen. Und das zweite Problem war Ino, die auch wieder an der Prüfung teilnahm. Sakura hoffte inständig, noch einmal gegen ihre größte Rivalin kämpfen zu dürfen. Diesmal würde sie siegen, dessen war sie sich sicher. Seit der letzten Prüfung war über ein Jahr vergangen und sie hatte sich viel Zeit genommen um zu trainieren. Seit dem letzten Examen war sehr viel geschehen und eigentlich hatten sie drei nicht mehr sehr viel als Team unternommen. Sasuke hatte sich eine zeitlang allein durchgeschlagen und wo auch immer er gewesen war, er hatte zweifellos einiges gelernt. Naruto hatte sich von Jiraiya trainieren lassen und Sakura selbst hatte zuerst von Kakashi gelernt was er ihr beibringen konnte und sich danach an die stärkste Person gewandt, die sie kannte. Tsunade. Die Hokage hatte sich lange bitten lassen aber schließlich doch in den letzten Wochen mit Sakura trainiert. Anders als beim letzten Mal war Sakura diesmal zuversichtlich, diese Prüfung durchstehen zu können. Sie hatte viel gelernt, sich aber auch innerlich verändert. Als sie beim letzten Mal für Sasuke und Naruto gekämpft hatte, da hatte sie gemerkt, dass auch in ihr eine Kämpfernatur steckte. Sie hatte sich geschworen, nie mehr hinter den anderen beiden zurückzustehen. Heute würde sie beweisen, dass auch sie es wert war, in den Rang eines Chuunin aufzusteigen. Aber es sollte etwas geschehen, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Gespannt drehten die Prüflinge ihre Köpfe, als auf der großen Tafel die Buchstaben tanzten und per Zufallsverfahren zwei Shinobi für den ersten Kampf bestimmt wurden. Die Tafel blinkte, und dann standen dort zwei Namen. Ein Murmeln ging durch die Chuunin-Anwärter und das erste, was Sakura dachte, war: Das kann nicht wahr sein. Dort auf der Tafel stand ihr Name. Gleich den ersten Kampf musste sie ausfechten. Sakura blinzelte, als wäre das alles nur ein böser Traum und sie könnte den zweiten Namen, der dort auf der Tafel prangte damit verschwinden lassen. Aber als sie noch mal hinsah, war er noch da. Zaghaft drehte sie den Kopf und blickte ihrem Gegner in die Augen. Verwunderung spiegelte sich in den schwarzen Augen und ein Anflug von Unsicherheit. Dann hörte sie den Ausbilder sagen: "Ich bitte die anderen Kandidaten sich auf die Galerie zu begeben. Das erste Match findet jetzt statt. Haruno Sakura gegen Uchiha Sasuke!" Viel zu schnell hatten die Kandidaten sich oben eingefunden und nur drei Personen in der Arena zurückgelassen. Sakura, Sasuke und den Kampfrichter. Stumm standen sich die beiden gegenüber und nur langsam begriff Sakura, was hier passierte. Sie musste gegen Sasuke antreten. Ausgerechnet! Ihr Gesicht nahm einen ersten Zug an. Na schön! Wenn es sein musste, dann würde sie auch gegen Sasuke antreten um sich in dieser Prüfung zu behaupten. Vielleicht war es sogar gut so. Sie nahm sich vor, alle Gefühle außen vor zu lassen und zu kämpfen, als ginge es um ihr Leben. Sie streckte ihm die Hand entgegen und sagte: "Sieht so aus, als könnte nur einer von uns beiden zum Chuunin aufsteigen, Sasuke-kun." Er nahm ihre Hand mit einem selbstsicheren Grinsen und erwiderte: "Ich werde dich nicht verschonen, bloß weil du eine Kunoichi oder ein Mitglied meines Teams bist. Ich will weiterkommen und gegen die besten antreten." Seine Worte versetzten ihr einen Stich. Gegen die besten. Für ihn war sie kein Gegner. Ihre Stirn legte sich in Falten. Nun, sie würde ihn eines besseren belehren. Der Kampfrichter trat einen Schritt zurück. "Der Kampf... beginnt!" Und dann ging es nur noch um sie beide. Sakura lächelte. "Na dann, auf geht's!", rief sie. Sie kannte Sasuke. Er würde erstmal abwarten. Sie zerrte zwei Wurfsterne aus der Tasche und schleuderte sie ihm entgegen. Dann setzte sie sich in Bewegung und rannte auf ihn zu. Sasuke hatte unvermittelt seinen Kunai in der Hand und wehrte die Wurfsterne ohne Probleme ab. Sakura versuchte, diesen Moment zu nutzen um ihn direkt anzugreifen. Sehr zu ihrem Erstaunen blieb er ganz ruhig stehen, als sie auf ihn zu rannte. Was hatte er vor? Er als sie ganz nah bei ihm war, ging er in die Knie und stieß sich ab. Sakuras Angriff ging ins Leere und sie fuhr sofort herum, bereit, eine Attacke abzuwehren. Aber Sasuke stand bloß hinter ihr. Erstaunt sah sie ihn an. War das eine Falle? Mißtrauisch sah sie sich nach allen Seiten um aber sie konnte beim besten Willen nichts entdecken. Verunsichert versuchte sie es ein zweites Mal aber auch diesmal trat er bloß zur Seite anstatt sich zu verteidigen. Ernüchtert blieb sie stehen und starrte ihn an. "Was soll das? Warum kämpfst du nicht?" Er zuckte bloß die Schultern. "Das ist doch sinnlos. Du kannst nicht gewinnen, und das weißt du auch." Schockiert starrte sie ihn an. So wenig hielt er von ihr? Sie schüttelte den Gedanken ab und wandelte die Fassungslosigkeit in Wut um. Wie konnte er es wagen, sie so zu behanden? Noch einmal griff sie ihn an, aber diesmal war sie auf seine Ausweichmanöver vorbereitet. Als er zur Seite trat, fuhr sie herum und setzte einen Tritt nach. Er duckte sich darunter hinweg und sie faltete die Hände ineinander und zielte auf sein Genick. Wieder war er schneller und machte einen Schritt nach hinten. Sie wurde immer wütender. Er hätte schon tausend Möglichkeiten gehabt, einen Gegenangriff zu starten. Dieser Bastard! Mit einem weiteren Tritt brachte sie ihn dazu, zurückzuweichen und dabei stolperte er. Das wäre ihm in einem ernsthaften Kampf nie passiert, aber für Sakura war es eine erste Gelegenheit, seine Schnelligkeit zu überwinden. Sie holte aus und sah, dass er nicht schnell genug war, um den Angriff abzuwehren. Sie schaute in sein schönes Gesicht und auf einmal passierte irgendwas mit ihr. Ein Klatschen hallte durch die Arena und auf einmal war es totenstill. Entsetzt starrte Sakura auf ihre Hand. Sasuke blinzelte und drehte den Kopf zu ihr, legte eine Hand auf seine brennende Wange. Im letzten Moment hatte sie ihren Angriff gebremst und anstatt ihn zu schlagen hatte sie ihn geohrfeigt. Sasuke war vielleicht überrascht, aber sie selbst war schockiert. Brachte sie es wirklich nicht fertig, ihn zu verletzen? War sie doch noch so kindisch und so schwach? "Siehst du, was ich meine?", fragte Sasuke und nahm die Hand runter. "Du hast gar nicht den Mut, mich anzugreifen." Sakura biss sich auf die Unterlippe. "DU BLÖDMANN!", schrie sie wutentbrannt und ballte die Hand zur Faust. Diesmal würde sie keinen Rückzieher mehr machen. Sie zielte auf sein Gesicht und schlug mit voller Wucht zu, aber Sasuke war diesmal darauf vorbereitet. Der Angriff ging ins Leere. Anstatt den Moment zu nutzen und sie anzugreifen, packte er sie beim Handgelenk und zerrte sie mit einem heftigen Ruck zu sich heran. Im letzten Moment machte er einen Schritt zur Seite und sie stolperte überrascht an ihm vorbei. Er ließ sie los und verschwand plötzlich vor ihren Augen. Am Boden sah sie eine rasche Bewegung, als er sich um sich selbst drehte und ihr mit einem Fuß die Beine unter dem Körper wegzog. Mit dem Gesicht voran stürzte sie auf den Boden. Sie wartete auf einen weiteren Angriff, aber es kam nichts. Langsam stand Sakura wieder auf. Sie wollte es nicht, aber in ihren Augen standen Tränen. Sie war unsäglich wütend. Warum nur nahm er sie nicht ernst? War sie noch immer so schwach wie letztes Jahr? War all das Training doch umsonst gewesen? Sie drehte sich zu ihm um und er stand noch immer da und wartete. Wäre sie wirklich ein Gegner für ihn gewesen, hätte er ihre Unachtsamkeit genutzt und sie angegriffen. "Das ist hier kein Kindergarten, Sakura.", sagte Sasuke, als er ihre Tränen sah. "Gib auf und erspar uns beiden diese Farce. Wir beide wissen, dass du keine Chance hast." Sie schloss fest die Augen. Er hatte ja recht. Es war ein Kampf wie David gegen Goliath. Er war ihr so weit überlegen, dass es ihr Angst machte. Warum sollte sie sich länger quälen? Das Ergebnis stand längst fest. Und er nahm sie nicht einmal ernst genug um sie wirklich ernsthaft anzugreifen. Zitternd hob sie die Hand, zutiefst von sich selbst enttäuscht. "Willst du aufgeben?", fragte der Kampfrichter, als sie nichts sagte. Sie öffnete den Mund und warf Sasuke noch einen Blick zu. Er drehte sich um und schob die Hände in die Hosentaschen. Schon wieder sah sie nur seinen Rücken. Er war stark und sie war schwach. Das war es. So wie früher, so wie immer. Kein Wunder, dass er sie nie ernst nahm. Bei den kleinsten Schwierigkeiten aufzugeben, das war einfach nur feige. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich gefühlt hatte, als sie letztes Jahr gegen die Sound-nin gekämpft hatte. Zum ersten Mal war sie wirklich stolz auf sich gewesen. Sie wollte wieder stolz auf sich sein. Sie wollte diesen Kampf ehrenhaft zu Ende bringen. Nicht für Sasuke, sondern für sich. "Zum Teufel, NEIN!", schrie sie und riss die Hand runter. Erstaunt blieb Sasuke stehen und drehte den Kopf. Wütend wischte Sakura sich die Tränen weg. "Wer gewinnt wissen wir erst, wenn es vorbei ist, Sasuke! Und ich werde nicht aufgeben, hast du das verstanden? Wenn du dieses Match gewinnen willst, dann musst du mich bewusstlos schlagen! Auch wenn du dich zurückhältst, ich werde von jetzt an mein bestes geben!!!" Sie formte ein paar Fingerzeichen und erzeugte einen Schattendoppelgänger von sich selbst. Zu zweit rannten sie und ihr Doppelgänger auf Sasuke zu. Der erste schlug nach ihm und er wich automatisch zurück, aber bevor er ihn treffen konnte verpuffte die Illusion und Sakura stieß vor. Mit einem Schrei rammte sie Sasuke mit voller Wucht die Faust ins Gesicht und der war von ihrer plötzlichen Entschlossenheit so überrascht, dass er den Schlag nicht mehr blocken konnte und rücklings auf den Boden knallte. "So!", sagte Sakura und rief sich unauffällig die schmerzende Hand. "Damit du kapierst, dass ich es ernst meine! Ab jetzt halte ich mich nicht mehr zurück, Sasuke-kun!" Sie stutzte die Hände in die Hüften. Langsam setzte Sasuke sich auf, mit einem Ausdruck totaler Überraschung im Gesicht. Er wischte sich unwillkürlich mit dem Handrücken über das Kinn und staunte nicht schlecht, als er sah, dass er blutete. Sakura drängte jedes Bedauern zurück, als sie das sah, und sagte statt dessen: "Steh endlich auf und lass uns richtig kämpfen! Wenn du mich weiter so unterschätzt, wirst du wohl verlieren!" "Hn.", machte Sasuke und stand mühelos wieder auf. "Du überschätzt dich, Sakura." Also wollte er noch immer nicht mit voller Kraft gegen sie kämpfen. Sakura schluckte ihren Ärger runter. Sie würde jedenfalls ehrenhaft kämpfen, sollte er doch machen was er wollte. "Ich habe dich gewarnt!", schrie sie. "Jetzt wirst du erleben, was ich alles gelernt habe! Kage Bunshin no Jutsu!!" In einer gigantischen Rauchwolke füllte sich die gesamte Arena mit Doppelgängern. Mäßig beeindruckt schaute Sasuke sich um und ein Chor von hunderten von Stimmen fragte: "Na, welche von uns ist die Echte?" Sie wusste, er konnte es nicht sagen. Beim Kage Bunshin verteilte sich die Energie gleichmäßig auf die Doppelgänger. Selbst jemand wie er vermochte nicht zu sagen, welche Sakura nun die echte war. Trotzdem schnaubte er verächtlich. "Kage Bunshin? Das ist ja lächerlich." Mit einem schrillen Kampfschrei stürzten sich die Doppelgänger auf ihn. Sakura's wahres Selbst beobachtete das ganze aus der Ferne. Sie wusste, die Doppelgänger würden ihn nicht lange aufhalten. Aber darum ging es auch gar nicht. Schon schallte es durch die Arena: "Katon! Gokakyuu no Jutsu!" Sasuke spie Feuer in alle Richtungen und dutzendweise verpufften die Doppelgänger wieder, bis nur noch eine Handvoll übrig war. Sasuke grinste. "Ich wusste, du würdest mich nicht selbst angreifen.", sagte er höhnisch. Seine Überheblichkeit würde ihm noch zum Verhängnis werden. Der Plan schien aufzugehen. Sie tauchte hinter ihm wieder auf, gerade als er sagte: "Du gehst nie zu hohe Risiken ein." "Stimmt!", rief sie und er fuhr überrascht herum. "Aber gerade gehe ich ein sehr hohes Risiko ein!" Wurfsterne sirrten durch die Luft und nur wenn man genau hinsah, entdeckte man die hauchdünnen Fäden, die daran hingen und zu Sakuras Fingern führten. "Das hier habe ich von dir gelernt!", schrie sie, bevor sie die Arme nach hinten riss und damit die Wurfsterne lenkte. Normalerweise hätte Sasuke ihre Absichten rechtzeitig erkannt und sich eine Gegenwehr einfallen lassen. Aber durch seine Überheblichkeit begriff er zu spät, was sie vorhatte. Die Fäden schlangen sich um seinen Körper und die Wurfsterne bohrten sich in die Wand. Blitzschnell zog Sakura noch einmal an und genau wie sie es berechnet hatte, zogen sich die Fäden fester um ihn. Er hatte nicht mal mehr die Zeit gehabt, seine Arme zu heben, die jetzt eng an seinen Körper gezurrt waren. Sasuke versuchte, sich zu befreien, dabei schnitten die Fäden in seine Haut und an einigen Stellen lief etwas Blut über seine Arme und Beine. Zufrieden sah Sakura das Erstaunen in seinen dunklen Augen aber sie nahm sich nicht die Zeit, diesen Anblick (und den eines gefesselten Sasuke) zu genießen. Einen Wurfstern oder einen Kunai zu werfen, wäre zu gefährlich gewesen, denn auch wenn Sasuke durch die starken Fäden im Moment sehr in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, hätte sie ihm damit vielleicht die Möglichkeit geboten, sich zu befreien. Deswegen versuchte sie es lieber direkt. Sie stieß sich ab und kam direkt vor ihm auf. Ohne zu zögern schlug sie ihm die Faust in den Magen und er krümmte sich, soweit sein Zustand es zuließ. Sofort riss sie ihr Knie hoch und stieß es ihm erbarmungslos ins Gesicht. Sein Stirnband löste sich und fiel irgendwo auf den Boden. Sakura beachtete es gar nicht. Ein kleiner Teil von ihr hatte tatsächlich immer noch Angst, sein schönes Gesicht dauerhaft zu entstellen, aber ein Gedanke an seine arroganten Worte reichte schon aus, um sie wieder in Wut zu versetzen. Ehe er sich von dem harten Schlag erholen konnte, verpasste sie ihm einen Tritt vor die Brust, der so präzise und technisch perfekt ausgeführt war, dass er direkt aus dem Lehrbuch hätte stammen können. Die Kraft darin reichte aus, um die Fäden zerreißen zu lassen, genau wie sie es beabsichtigt hatte. Sasuke flog durch den Raum und als er am Boden aufkam, schlitterte er weiter bis er gegen die Mauer prallte, wo er sich noch mal den Hinterkopf anstieß. Sakura verzerrte das Gesicht. Das musste ziemlich wehgetan haben. Aber er hatte es nicht besser verdient. Sofort verdrängte sie den Gedanken und nahm die Arme hoch für eine Verteidigungsposition. Sasuke erhob sich sehr langsam und presste eine Hand vor seine blutige Nase. Die zerrissenen Fäden hatten sich gelöst und er war jetzt wieder gefährlich. Sie musste aufpassen. Sasuke starrte sie an und er wirkte auf einmal wirklich zornig. Er ließ die Hand sinken und wischte sie sich achtlos an seiner Hose ab. "Willst du mich wirklich herausfordern? Überleg dir das gut!", sagte er finster. Das reichte schon, um ihre Wut von neuem zu entfachen. Sie zog ihren Kunai und setzte zu einem Sprung ab. Im selben Moment preschte Sasuke vor und Sakura erschrak zutiefst, als er in Sekundenbruchteilen vor ihr stand. Sie hatte keine Zeit mehr, sich zu verteidigen, und hätte er sie ernsthaft verletzen wollen, hätte er das ohne Probleme tun können. Stattdessen sauste sein Arm nach vorne und er stieß ihr mit der flachen Hand so heftig vor die Brust, dass sie in hohem Bogen durch die Arena segelte. Großer Gott! Er ist schnell! Ich habe es nicht einmal kommen sehen!! Sie kämpfte den Schock über Sasukes unglaubliche Schnelligkeit nieder. Noch im Fallen drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Dabei sah sie, wie er sich umdrehte, in dem festen Glauben, sie mit diesem laschen Schubs außer Gefecht gesetzt zu haben. Die Wand kam rasch näher und Sakura konzentrierte Chakra in ihren Fußsohlen. Mit den Füßen kam sie an der Wand auf und durch das gesammelte Chakra vermied sie einen Sturz nach unten, aber der Aufprall war doch heftiger als erwartet und sie spürte einen stechenden Schmerz in ihrem linken Fuß. Hartnäckig biss sie die Zähne zusammen. Noch war es nicht vorbei. Wenn er noch immer glaubte, sie wäre kein Gegner für ihn, dann hatte sie auch noch eine Chance. Sie ging in die Knie und stieß sich wieder ab. Sie raste auf ihn zu und im letzten Moment drehte er sich um. "Was zum...?!", schrie er und riss reflexartig den Arm hoch. Der Kunai, mit dem sie eigentlich auf seine Brust gezielt hatte, bohrte sich in seinen Arm und dann riss sie ihn mit sich zu Boden. Die Finger ihrer freien Hand krallten sich in sein Hemd und als sie ihn aufstöhnen hörte, begriff sie, dass ihre Fingernägel sich durch das Hemd in seine Haut gebohrt hatten. Umso besser. Seine Hand schloss sich instinktiv um ihr Handgelenk, aber sie hatte sich so festgekrallt, dass er sie nicht von sich lösen konnte. Grinsend sagte sie: "Ich leihe mir jetzt etwas Chakra aus. Denn meins reicht für den nächsten Angriff nicht aus." Blaues Licht umgab ihre Hand, die, die sich an Sasuke festgekrallt hatte, und dann spürte sie, wie sein mächtiges Chakra durch ihren Arm in ihren Körper floss. Es war ein richtiger Kick. Kaum vorstellbar, wie viel Chakra er besaß. Fassungslos starrte er sie an. "Duu..." Er begriff, was sie da machte. Mit jeder Minute wurde SIE stärker, während er schwächer wurde. Jetzt brauchte sie nur noch etwas Zeit. Sasuke drückte seinen Arm mit aller Kraft in die Höhe, obwohl der Kunai sich dadurch nur noch tiefer in die Wunde bohrte. Sie musste mit aller Kraft dagegen halten, weil er sie sonst einfach von sich runter gestoßen hätte. Aber lange würde sie das nicht durchhalten. Er hatte nun mal mehr Kraft in den Armen, über kurz oder lang würde er sie in diesem kleinen Zweikampf besiegen. Ihr Vorteil war nur, dass sie auf ihm lag und damit ihr ganzes Gewicht einsetzen konnte. Sie stemmte sich hoch, soweit das ging, und drückte seinen Arm ein wenig zur Seite. Triumphierend grinste sie ihn an. Nur noch ein bißchen, das würde schon reichen... Nur noch etwas Chakra... Wo auch immer er noch Kraftreserven hatte, er mobilisierte sie und drückte seinen verwundeten Arm gegen den Kunai. Entsetzt stellte sie fest, dass sie ihn nicht daran hindern konnte. Er hatte seinen Kopf angehoben und knurrte angestrengt: "Das schaffst du nicht!" "Ach nein?!", brüllte sie. Sie war so wütend auf ihn, dass ihr alles andere jetzt egal war. Sie wollte nur noch gewinnen. Ganz egal, wie. Sie wollte sich und der Welt beweisen, dass sie nicht mehr die schwache Sakura von damals war. "Ich gebe nicht auf!", schrie sie. Seine Augen weiteten sich. Und dann ließ sie ihren Kopf nach vorne sausen und knallte mit der Stirn gegen seine. Rasender Schmerz breitete sich in ihrem Kopf aus, aber mit großer Zufriedenheit hörte sie auch seinen Schmerzensschrei. Als sie den Kopf wieder hob, sah sie, dass seine Stirn blutete. Vielleicht war es auch ihr eigenes Blut, denn etwas Rotes lief über ihre Stirn zum Augenwinkel hinab und tropfte dann auf sein Hemd. Sie spürte, wie sein Arm nachgab und drückte zu so fest sie konnte. "GENUG!", schrie Sasuke plötzlich. Schlagartig blickte sie direkt in seine Sharingan Augen. Und noch bevor er seinen nächsten Zug machte, wusste sie, dass es vorbei war. Als erstes ließ er ihren Arm los, den, mit dem sie sich an ihm festgekrallt hatte. Sofort ließ auch sie los, bereit, einen eventuellen Angriff abzuwehren. Gleichzeitig gab er aber mit seinem anderen Arm nach und sie fiel ihm überrascht entgegen. Seine freie Hand sauste vor und mit dem Handballen stieß er ihr vor die Nase, gerade so fest, dass er ihr die Nase nicht brach. Sakura schrie auf vor Schmerz und ruckte nach hinten. Das sollte den Ausgang des Kampfes entscheiden. Sasuke packte jetzt den Griff des Kunai, den sie vor Schmerz losgelassen hatte, und mit einer Bewegung zerrte er die Waffe aus der Wunde und schlug Sakura die Faust ins Gesicht. Der Schmerz war so heftig, dass sie glaubte, das Bewusstsein zu verlieren. Als sie wieder einigermaßen bei Sinnen war, fand sie sich auf dem Boden der Arena wieder. Ihr war schwindlig und sie konnte sich nicht bewegen, ohne dass noch mehr Schmerz in ihrem Kopf explodierte. Trotzdem stemmte sie sich mit den Armen hoch. Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund und spuckte unwillkürlich aus. Es war Blut. Mühsam kämpfte sie sich auf die Füße und suchte den Raum nach ihrem Gegner ab. Sasuke stand einige Meter von ihr entfernt, die Arme angehoben, bereit zur Verteidigung. Seine Augen waren noch immer Sharingan. Sakura lächelte tapfer. Das machte sie irgendwie stolz. Endlich kämpfte er ernsthaft gegen sie und unterschätzte sie nicht länger. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und torkelte dabei. Ihr Fuß schmerzte, und sie wäre beinahe gestürzt. Allein durch pure Willenskraft hielt sie sich noch aufrecht. Der Kampf war vorbei. Sie sah Sasuke lange an. Er hatte überall Blut. Auf der Stirn, im Gesicht, es lief an seinen Armen und Beinen hinab. Aber das alles waren nur oberflächliche Wunden und auch die Stichwunde an seinem Arm war kein großes Hindernis für ihn. Ja, es war wirklich vorbei. Aber jetzt nahm er sie ernst und beobachtete ihre Bewegungen mit dem gebührenden Respekt. Sie hatte ihm auch zugesetzt und darauf war sie stolz. Ich bin nicht mehr die kleine, schwache Sakura von damals. Eine letzte Trumpfkarte hatte sie noch. Das Chakra das sie ihm gestohlen hatte, reichte völlig aus. "Noch bin ich nicht am Ende!", rief sie mühsam und streckte die Hand aus. Sasukes Augen wurden groß, als blaues Licht sich darin bildete. Mit seinem eigenen Chakra erzeugte sie in ihrer Hand ihre stärkste Waffe, die vor langer Zeit auch mal seine gewesen war. Chidori. Sie genoss den überraschten Ausdruck in seinen Augen. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie hatte Kakashi so lange traktiert, bis er es ihr beigebracht hatte. Sie hatte schnell gemerkt, dass ihr Chakra für so einen gewaltigen Angriff einfach nicht ausreichte. Deswegen konnte sie es im Kampf nur einsetzen, wenn sie den Gegner vorher berührt hatte. Grinsend blickte sie Sasuke an. Ein letztes Mal biss sie die Zähne zusammen. Ohne auf ihren schmerzenden Fuß oder das Schwindelgefühl zu achten, rannte sie los. Sie holte aus und als sie nah genug war, schlug sie zu. Sasuke schrie auf und drehte im letzten Moment den Kopf zur Seite, sodass ihr Angriff ins Leere ging. "NEIN!", schrie sie wütend und riss ihren Arm zur Seite. Sasuke duckte sich darunter hinweg und das war der Moment, der den Kampf entschied. Nur für einen Moment war sie vollkommen ungeschützt. Diesmal nutzte er ihre Schwäche aus. Seine Faust schoss mit voller Kraft vor und Sakura fand weder die Zeit noch die Kraft, die Arme hochzunehmen um sich zu schützen. Er versetzte ihr einen Schlag in den Magen und sie krümmte sich. Das blaue Feuer des Chidori erlosch und sie wusste, dass sie für ein zweites Mal nicht mehr die Kraft hatte. Sie hob mühsam den Kopf und sah, wie Sasuke ein zweites Mal ausholte. Sie versuchte, die Arme zu heben um sich wenigstens einigermaßen zu schützen, aber ihr Körper versagte ihr den Dienst. Seine Faust raste direkt auf sie zu und sie schrie auf. Im letzten Moment bremste Sasuke sich, als er merkte, dass sie sich nicht mehr verteidigen konnte. Seine Faust hielt nur Millimeter vor ihrem Gesicht an. Ein Raunen ging durch die Menge der Zuschauer. Sakura schaute ihrem Gegner in die Augen und die Sekunden wurden zu Stunden. Sasuke lächelte. Und dann verschwand er ein weiteres Mal aus ihrem Blickfeld. Sie merkte, wie er hinter ihr wieder auftauchte und hörte ein dumpfes Geräusch. Sie spürte keinen Schmerz, aber plötzlich gaben ihre Beine nach und sie kippte nach vorn. Noch bevor sie auf dem Boden aufkam, verlor sie das Bewusstsein. Verwundert beobachteten die Zuschauer, wie Sakura in sich zusammensank. Noch bevor sie den Boden berührte, fingen Sasukes starke Arme sie auf. Sie war nicht mehr bei Bewusstsein. Sasuke hob sie auf seine Arme und der Kampfrichter erklärte das Duell für beendet. Sasuke hatte gesiegt. Es dauerte einen Moment, bis die Zuschauer ihre Sprache wiederfanden. Auch wenn der Kampf langsam gestartet war, am Ende hatten diese beiden ein außergewöhnliches Duell geliefert. "W-Wahnsinn...", murmelte Ino. "Ich kann nicht glauben, was sie da getan hat. Ich weiß nicht, ob ich das fertiggebracht hätte." Neji verschränkte die Hände vor der Brust. "Sie ist nur eine Kunoichi. Am Ende hat er sie doch geschont." Jemand sagte verstimmt: "Also haben sie doch nicht ernsthaft gegeneinander gekämpft... Er hätte sie mit einem Angriff erledigen können, statt dessen ist er noch mal ein Risiko eingegangen. Wie langweilig." Kakashi und Naruto, die das gehört hatten, sahen zu Sasuke runter. "Nein, er hat am Ende ernsthaft gegen sie gekämpft. Und sie auch.", sagte Kakashi. "Aber dass er sie zuletzt doch schonen würde, hätte ich nicht erwartet. Sasuke steckt doch immer wieder voller Überraschungen. Er hätte ihr alle Knochen mit dem letzten Schlag brechen können." Sasuke kam er mit schleppenden Schritten die Treppe hoch und gesellte sich zu seinen Freunden. Naruto musterte ihn und sagte: "Ich weiß nicht recht, ob ich dir gratulieren soll oder nicht." "Lass es einfach, ja?", murmelte Sasuke und setzte Sakura vorsichtig ab. Ein Sanitäter kam an und erkundigte sich, ob sie oder Sasuke Hilfe bräuchten. Sasuke verlangte ein paar Verbände und schickte ihn dann wieder weg. Neben Sakura ließ auch er sich auf den Boden sinken und fing an, sich seinen Arm zu verbinden. Neugierig fragte Naruto: "Warum hast du nicht gleich ernsthaft gegen sie gekämpft? Ich dachte immer, jemand wie du nimmt jeden Kampf ernst." Sasuke hielt inne und warf der bewusstlosen Sakura einen Blick zu. Er überlegte kurz und sagte dann nachdenklich: "Ich denke... ich denke, ich wollte sie nicht verletzen." Sasuke sah stumm zu, wie Naruto Sakuras Stirn mit einem Taschentuch abtupfte. "Sie war großartig... es gab einen Moment, da dachte ich, sie würde dich wirklich besiegen." "Ja. Sie hat mich... wirklich beeindruckt. Sie hat sich irgendwie verändert." Naruto fing den Blick auf, den Sasuke seiner bewusstlosen Kameradin zuwarf und grinste. "Sie hat dir ganz schön zugesetzt.", feixte er. Sasuke warf ihm nur einen verwunderten Blick zu. Naruto stand wortlos auf und gesellte sich dann wieder rüber zu Kakashi. Gedankenversunken rieb Sasuke sich die brennende Stirn. Sakura öffnete mühsam die Augen. Sie sah sich um und erkannte, dass sie auf der Galerie saß. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. "Ich habe... verloren?" Bitter enttäuscht senkte sie den Kopf. Schon wieder hatte es nicht gereicht. Sie hatte sich selbst etwas beweisen wollen und nun saß sie schon wieder hier. Ein paar bandagierte Beine tauchten in ihrem Blickfeld auf und sie hob vorsichtig den Kopf. Noch immer bereitete ihr jede Bewegung Schmerzen. Vor ihr stand Sasuke und ging auch gleich in die Knie. "Hier.", sagte er knapp und hielt ihr ein weißes Tuch hin. Fragend blickte sie ihn an und nahm das Tuch. Es war kühl und feucht. "Halt es dir an die Stirn.", sagte er schlicht. Ohne darüber nachzudenken tat sie es. Zuerst brannte die Wunde auf ihrer Stirn, aber dann tat die Kälte ihre Wirkung und sie fühlte sich gleich etwas besser. "Danke.", murmelte sie. "Zeig mir deinen Fuß." "Was?" "Dein Fuß.", wiederholte Sasuke ungeduldig. "Du hast dir doch den Fuß verletzt, oder irre ich mich?" "N-Nein...", stammelte sie und zog ihr Knie an, um sich den Schuh auszuziehen. Es tat ziemlich weh und sie biss die Zähne zusammen, als sie aus dem Schuh schlüpfte. Erstaunt sah sie zu, wie Sasuke ihren Knöchel abtastete. Ein paar mal zuckte sie zusammen, aber er beachtete es gar nicht. Schließlich sah er kurz auf und murmelte: "Ist nur verstaucht." Sie nickte bloß, zu überrascht um etwas sagen zu können. Warum machte er das? Hatte er etwa ein schlechtes Gewissen? Er hatte auf einmal einen Verband in den Händen und begann, ihn mit geübten Handgriffen um ihr Fußgelenk zu legen. "Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben.", sagte sie leise. "Ich wollte ja, dass du ernsthaft kämpfst." "Ich habe kein schlechtes Gewissen.", gab er zurück ohne aufzusehen. "Immerhin hast du mir auch ordentlich zugesetzt." Sie lächelte schief. "Ja. Aber gereicht hat es trotzdem nicht." Wieder kamen ihr die Tränen. "Ich habe schon wieder verloren. Ich bin immer noch schwach." "Nein.", sagte er ruhig. Als er ihr ins Gesicht sah und die Tränen entdeckte, fügte er hinzu: "Du hast keinen Grund zu weinen. Du hast mich sehr beeindruckt. Ich werde dich nie wieder unterschätzen." Sie spürte, wie sie rot wurde. Sasuke hatte noch nie auch nur andeutungsweise so etwas zu ihr gesagt. Er hatte ihre Fähigkeiten anerkannt und auch ihre Fortschritte. Genau das hatte sie sich gewünscht. "Danke..", flüsterte sie. "Es war ein guter Kampf." "Ja... finde ich auch." OWARI! Kapitel 10: Teufelskreis ------------------------ Ein Windstoß erfasste den jungen Mann, als er sich dem Haus näherte, und riss ihm die Kapuze vom Kopf. Der Wind spielte mit seinem dunklen, langen Haar und wehte ihm Schneeflocken ins Gesicht. Er beachtete es gar nicht und stapfte mit gleichmäßigen Schritten auf das Haus zu. Er spürte die Anwesenheit seines Bruders deutlich, und auch dieser hatte ihn längst bemerkt, denn als er sich bis auf zehn Meter genähert hatte, wurde die Tür geöffnet. Schwarze Augen blickten in unnachgiebige Sharingan und für einen Moment standen beide einander stumm gegenüber. Bis Itachi aus der Tür trat und leise sagte: "Ich habe schon auf dich gewartet, Sasuke." Der Jüngere der beiden fuhr sich gelassen durch das Haar, um es sich aus dem Gesicht zu halten. Furchtlos blickte er seinem Bruder in die Augen und wartete. Nach einem langen, prüfenden Blick sagte Itachi: "Ich weiß, warum du gekommen bist, und du wirst deinen Kampf bekommen. Aber nicht hier." "Warum sollten wir es noch länger aufschieben?", fragte Sasuke. In dem Moment polterte es im Inneren des Hauses und dann kam ein Kind aus der Tür gestürmt. Es öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber als es Sasuke entdeckte, blieb er erschrocken stehen. Der kleine Junge warf dem Fremden einen misstrauischen Blick zu und entschied schließlich, dass er ihm nicht vertraute. Er stellte sich dicht an Itachi und klammerte sich mit seinen kleinen Fingerchen an den Stoff von Itachis Hose. Neugierig musterte Sasuke das Kind. Der Junge hatte schwarzes Haar und dunkle Augen. Er schien unverletzt zu sein und Itachi ganz und gar zu vertrauen, sonst hätte er nicht bei ihm Schutz gesucht. Neugier und Trotz spiegelten sich in den Augen des Kindes. Itachi legte seine Hand auf den Kopf des Jungen und der fragte mit großen Augen: "Papa, wer ist das?" Es war keine Überraschung, dass das Kind Itachi Papa genannt hatte. Zu ähnlich sahen sie sich, es war offensichtlich, dass sie blutsverwandt waren. Trotzdem hatte Sasuke nicht erwartet, auf seiner Suche ausgerechnet auf dieses Kind zu stoßen. Auf Itachis Sohn. Auf seinen Neffen. Ein unechtes Lächeln erschien auf Itachis Lippen. "Das ist dein Onkel Sasuke." "Mein Onkel?" Die Augen des Kindes wurden noch größer und er starrte Sasuke unverwandt an. Ein wenig steif blickte Sasuke das Kind an und sagte: "Schön dich kennen zu lernen, mein Junge. Wie heißt du denn?" Der Junge überlegte einen Moment, ob er darauf antworten sollte, dann murmelte er: "Uchiha Shisui." Bevor Sasuke diesen Namen kommentieren konnte, sagte Itachi zu seinem Sohn: "Dein Onkel wird zum Abendessen bleiben. Warum gehst du nicht schon mal ins Esszimmer und deckst den Tisch?" Sasuke staunte darüber, wie unwirklich solch normale Worte ausgerechnet aus Itachis Mund klangen. Shisui verzog das Gesicht, schlurfte aber folgsam zurück ins Haus. "Komm doch rein, Sasuke.", sagte Itachi freundlich. Sasuke überlegte kurz, dann nickte er. Er kam zur Tür und blieb stehen, weil er wusste, dass Itachi etwas zu sagen hatte. "Wie gesagt, du bekommst deinen Kampf. Aber ich will nicht, dass er etwas davon mitbekommt." Flüchtig nickte Sasuke und betrat das Haus. Die Einrichtung erinnerte ihn schwach an Itachis Zimmer, damals, als sie noch unter einem Dach gelebt hatten. Spartanisch, praktisch und doch irgendwie... genau wie Itachi. Dieses Haus stank förmlich nach seinem Bruder und Sasuke musste sich beherrschen, um sich seine Abscheu nicht anmerken zu lassen. Im Esszimmer roch es nach Suppe, aber das einzige was Sasuke wirklich auffiel war der Gestank von Normalität, der Itachi auf einmal anzuhaften schien und der hier besonders gegenwärtig war. Sasuke zog sich ruhig seinen Mantel aus und legte ihn über eine Stuhllehne. Er fing den überraschten Blick von Shisui auf und musste einen Moment überlegen, bis ihm der Waffengurt einfiel, der um seine Brust geschnürt war. Man hätte meinen sollen, gerade Itachi's Sohn wäre an den Anblick eines bis an die Zähne bewaffneten Anbu gewöhnt. "Setz dich.", sagte Itachi knapp und Sasuke nahm seinem Bruder gegenüber Platz. In der Mitte des Tisches stand ein großer Topf mit dampfender Suppe und Sasuke war einen Moment lang überzeugt, dass noch jemand im Haus sein musste, denn er konnte sich beim besten Willen nicht seinen Bruder vor dem Herd vorstellen. Er schüttelte den Gedanken ab und sah stumm zu, wie Itachi und sein Sohn sich ihre Schüsseln auffüllten. Ein wenig unsicher nahm er seine Schüssel, die Shisui ihm kommentarlos hingestellt hatte, und füllte sie zur Hälfte auf. Während er den Löffel nahm, warf er einen Blick auf Vater und Sohn, die stumm ihre Suppe löffelten. Das alles hier war seltsam surreal. Itachi schien ein ganz anderer Mensch zu sein, und diese Entwicklung gefiel Sasuke nicht. Noch weniger gefiel ihm dieses Kind, das allzu sehr nach einem Uchiha aussah. Er probierte einen Schluck der Suppe und stellte nur fest, dass sie nicht vergiftet war. Gleich darauf schalt er sich in Gedanken einen Idioten. Auch wenn ein gerissener Mann wie Itachi durchaus in der Lage gewesen wäre, unentdeckt die Schüssel aus der sein Bruder aß zu vergiften, war so ein Vorgehen doch weit unter Itachi's Niveau. Die ersten Minuten verbrachten sie schweigend, bis Shisui seine Neugierde nicht mehr unter Kontrolle hatte. Er ließ seinen Löffel sinken und fragte: "Bist du auch ein Uchiha?" Sasuke überlegte sich seine Antwort gut. "Ja, bin ich. Ich bin der Bruder deines Vaters." "Warum kommst du uns besuchen?" Er fing Itachis Blick auf. "Ich wollte meinen Neffen kennenlernen. Und etwas mit deinem Vater besprechen." Shisui starrte ihm ganz intensiv ins Gesicht und schien zu überlegen, bis ihm schließlich etwas einfiel und er aufgeregt rief: "Sharingan!" Er schaute seinen Papa an und deutete auf Sasuke. "Er hat Sharingan! Richtig? Richtig?" Itachi nickte mit einem Lächeln im Gesicht, bei dem Sasuke glaubte, ihm würde sich gleich der Magen umdrehen. Begeistert sprang Shisui auf und rannte zu Sasuke. Sein Misstrauen von vorher schien er vergessen zu haben und starrte Sasuke jetzt offen in die Augen. Lange. Minutenlang starrte das Kind seinen Onkel an und Sasuke starrte zurück. Er fand mit jeder Minute mehr Ähnlichkeiten zwischen diesem Kind und seinem Bruder. Irgendwann blinzelte Shisui und sagte enttäuscht: "Sie gehen ja gar nicht weg. Hast du keine normalen Augen?" Unter normalen Umständen hätte ihn diese Bemerkung fast amüsiert. Aber etwas daran störte ihn. Warum waren Itachis Augen schwarz? Warum kannte dieser Junge die Sharingan fast nicht? "Shisui." Die scharfe Stimme Itachis riss beide aus ihren Gedanken. "Du solltest schlafen gehen. Es ist schon spät." "Aber Papa, ich will noch..." Das Kind erntete einen finsteren Blick und verstummte. Trotzig nickte Shisui und stapfte offensichtlich ziemlich frustriert aus dem Zimmer. Schlagartig änderte sich die Stimmung im Raum. Die erzwungene Normalität war verschwunden und stattdessen kehrte eine eigentümliche Ruhe ein. Sasuke lehnte sich zurück. "Danke für das Essen. Es war... bizarr, aber trotzdem..." Itachi kommentierte den spöttischen Ton seines Bruders mit einer knappen Handbewegung. Sie hatten die Zeit, in der sich zwei Feinde friedlich gegenüberstehen konnten, weit überschritten. Langsam wurde es Zeit, ernst zu werden. Aber eines musste Sasuke vorher noch wissen. "Du hast einen Sohn? Erstaunlich." Itachi nickte und stand langsam auf. Auch Sasuke erhob sich und nahm seinen Mantel. "Wer ist seine Mutter?" "Sie ist lange tot." "Hast du sie getötet?" "Nein. Aber sie war bedeutungslos für mich." Gelassen sah Sasuke zu, wie Itachi sein Katana an sich nahm, das an zwei Nägeln befestigt an der Wand im Wohnzimmer hing. Mit einem Blick zur Treppe meinte er: "Aber der Junge ist es nicht, oder?" "Nein.", gab Itachi unumwunden zu. Gemeinsam verließen sie das Haus und Itachi schloss sorgfältig die Tür. Draußen war es noch kälter geworden. Fast friedlich gingen die Brüder nebeneinander her, trotzdem war es Itachi der den Weg bestimmte. Er kannte sich hier besser aus als Sasuke, sicher kannte er einen guten Ort, um den lange herbeigesehnten Kampf auszutragen. Nach einigen Minuten der Stille kam es von Itachi: "Ich weiß es jetzt." Erstaunt sah Sasuke auf. "Ich habe verstanden, was ich dir damals angetan habe. Ich weiß jetzt, wie es sich anfühlt, Menschen zu haben die einem wichtig sind." Stumm hörte Sasuke zu. Die Erinnerungen an das Massaker schmerzten, aber längst nicht mehr so sehr wie damals. Itachi spielte gedankenverloren mit dem Griff seines Schwertes. "Ich wusste es damals nicht besser. Für mich waren sie alle nur Hindernisse. Keiner von ihnen hat mir etwas bedeutet. Also habe ich sie aus dem Weg geräumt." "Und nun hast du selbst jemand, der dir etwas bedeutet. Du liebst dieses Kind, oder?" Sasuke spürte eine beunruhigende Kälte in sich aufsteigen. "Es wundert mich, dass du das so offen zugibst. Hast du keine Angst, das ich in dieses Haus gehe und diesen Jungen vor deinen Augen töte, so wie du sie damals getötet hast?" "Ich würde Shisui mit meinem Leben beschützen. Außerdem ist das nicht dein Stil. Du könntest kein Kind töten, erst recht nicht deinen Neffen." "Vielleicht irrst du dich da. Es hat sich einiges verändert." Sasuke sah hoch zum Himmel, wo sich am Abendhimmel finstere Wolken bildeten. Einen Augenblick lang zog er die Möglichkeit in Betracht, seine Rache so zu üben, aber dann verwarf er den Gedanken. "Aber das ist jetzt ja auch egal." Itachi nickte. Nach einer kleinen Pause war wieder er es, der etwas sagte. "Ich habe begriffen, was ich dir angetan habe, und deshalb gebe ich dir die Möglichkeit, dich zu rächen. Wenn du stärker geworden bist als ich, dann töte mich. Ich habe es verdient. Aber ich bitte dich um eines... sorge dafür, dass sich jemand um Shisui kümmert, wenn ich sterbe." "Du hast nicht das Recht, mich um irgendetwas zu bitten.", gab Sasuke finster zurück. "Ich weiß. Aber ich bitte dich trotzdem. Er hat niemand außer mir. Du bist sein einziger noch lebender Blutsverwandter, wenn ich sterbe." Verstimmt entgegnete Sasuke: "Deinem Sohn wird nichts passieren." Abrupt blieb Itachi stehen und sein Bruder tat es ihm gleich. Bis zu den Knöcheln standen sie im Schnee. Es gab nicht viel, das sich einem Showdown in den Weg gestellt hätte. Vereinzelt ragten kahle Bäume aus der Schneedecke. Das Haus war nicht mehr zu sehen, was wohl der einzige Grund war, warum Itachi ihn hierher geführt hatte. Sasuke knöpfte seinen Mantel auf und ließ ihn achtlos in den Schnee fallen. Er überlegte einen Moment, bis er schließlich eine Handvoll Nadellanzetten und einen Kunai aus seinem Waffengurt zog. Sein Bruder zog sein Schwert und ließ die Hülle achtlos in den Schnee fallen. Itachi schien bis auf sein Katana unbewaffnet zu sein, aber im Grunde waren Schwerter, Kunais oder Shuriken sowieso nur Spielereien für sie beide, um sich aufzuwärmen. Einen Augenblick lang standen die ungleichen Brüder einander gegenüber. Itachi senkte den Kopf und sagte leise: "Verzeih mir." Sasuke schloss die Augen und flüsterte: "Du mir auch." Blut hatte den weißen Schnee rot gefärbt, und das noch nicht einmal zehn Minuten, nachdem der erbitterte Kampf begonnen hatte. Diesmal war es anders. Sasuke war nicht mehr bloß ein Kind, er hatte viel gelernt und die Jahre genutzt, um auf sein einziges Ziel hinzuarbeiten. Jetzt, viele Jahre nach seinem Verschwinden, bewahrheiteten sich Orochimarus Worte. Ich sehe Potential in dir, das das von Itachi noch bei weitem übertrifft. Die Uchiha Brüder waren einander endlich ebenbürtig. Nur hatte Sasuke seine Trumpfkarte noch nicht ausgespielt. Als er jünger gewesen war, hatte er sich diesen Kampf oft ausgemalt. Hatte sich vorgestellt, wie er Itachi quälen und sich an dessen Leid erfreuen würde. Von diesem Wunsch war nichts mehr übrig. Seinen Bruder zu töten erschien ihm mehr wie eine lästige Pflicht, der er nun endlich nachkommen wollte, um dann endlich einen Schlussstrich unter diese ganze Sache ziehen zu können. Er wollte es beenden, je schneller desto besser. Flammende Male, die wie Feuer schmerzten, überzogen seine Haut und verfielfachten seine Energiereserven. Er sah den verzweifelten Blick seines Bruders, als der Fluch sich ausbreitete und beschloss, es jetzt sofort zu beenden. Mit nur einer Handbewegung schlug er seinem Bruder das Schwert aus der Hand. Ein paar Augenblicke hielt Itachi sich noch gegen ihn, dann durchbrach Sasuke seine Deckung und brach ihm mit einem gezielten Fußtritt den rechten Arm. Der Schrei seines Bruders fand ein Echo in seinem Herzen, wo der Fluch sich ausgebreitet hatte, und mit einem Lächeln setzte er zum Finale an. Barfuss rannte Shisui durch den Schnee, so schnell ihn seine Füße tragen konnten. Er hatte seinen Vater nirgends im Haus finden können, und auch nicht den Fremden, seinen Onkel. Irgendwas stimmte nicht, das wusste er. Er musste seinen Vater finden und sich vergewissern, dass alles in Ordnung war. Weit entfernt sah er Bäume und hörte im selben Moment den markerschütternden Schrei seines Vaters. Entsetzt rannte er noch mal um einiges schneller, bis er zwischen den Bäumen zwei Gestalten sah. Eine davon war sein Vater. Shisui wollte zu ihm rennen, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Er spürte etwas Unheimliches, Drohendes, das von der zweiten Gestalt ausging, die mit dem Rücken zu ihm stand. War es überhaupt ein Mensch, dieses... Ding? Es hatte so etwas wie Flügel auf dem Rücken und weißes, langes Haar. Ein Monster. Seine Hände und Füße zitterten und anstatt zu seinem Vater zu gehen, kauerte er sich zitternd hinter einen Baumstumpf. Der rechte Arm seines Vaters hing leblos herab. Er hatte überall Blut und seine Augen leuchteten rot. Shisui hatte die Sharingan erst wenige Male in seinem Leben gesehen und er wusste, dass sie bedeuteten, dass sein Vater ernsthaft kämpfte. Das Monster holte aus und schlug den gesunden Arm seines Vaters beiseite. Shisui riss die Augen weit auf, und noch bevor es tatsächlich passierte, begriff er, dass sein Vater sterben würde. Die andere Hand des Angreifers schnellte vor und Shisui sah das Metall des Kunai aufblitzen, bevor es über die Kehle seines Vaters fuhr und sie mit einem sauberen Schnitt durchtrennte. Shisui war gelähmt vor Entsetzen. Blut spritzte und dann fiel sein Vater mit weit aufgerissenen Augen in den Schnee. Shisui wagte es nicht, zu schreien. Voller Entsetzen starrte er auf das Bild, das sich ihm bot, und er wusste, er würde es nie mehr in seinem Leben vergessen. Die Leiche seines Vaters im Schnee, der sich langsam rot färbte, und vor ihm das Monster, das heiser lachte, den blutigen Kunai noch immer in der Faust. Es war nur ein Wimmern, das Shisui schließlich nicht mehr unterdrücken konnte, aber es reichte, um die Aufmerksamkeit des Unbekannten auf sich zu ziehen. Es drehte sich langsam um und Shisui starrte in diese Augen, die er nie mehr vergessen würde. Blutunterlaufene Augen voller Hass und Mordlust. Es war kein Monster, es war ein Mensch. Die Haut des Mannes war unnatürlich schwarz und ein irres Grinsen lag auf seinem Gesicht. Shisui war zu sehr in Panik um die Ähnlichkeit zwischen diesem Mann und seinem Onkel zu erkennen, und er war zu klein um den Zusammenhang zu begreifen. Er sah nur dieses entstellte Gesicht, diese Fratze unangebrachter Befriedigung über den Tod seines Vaters. In der Tiefe seiner Seele, unter all der Trauer und Verzweiflung, entstand noch etwas anderes. In diesem Moment wurden Hass und Mordlust in seinem Herzen geboren und auch wenn es noch kein bewusster Gedanke war, schwor Shisui bittere Rache für seinen Vater. Er sah noch einmal in diese grausamen Augen. Mit einem leisen Schrei sprang er auf, fuhr herum und rannte los, so schnell ihn seine Füße tragen konnten. Als Sasuke erwachte, stand er im Schnee. Zu seinen Füßen lag die Leiche seines Bruders, in einem Meer aus Blut. Er blinzelte und hob die Hand, starrte auf den blutigen Kunai, den er noch immer krampfhaft festhielt. Er zwang sich, die Waffe loszulassen und der Kunai fiel in den Schnee. Er kniete neben seinem Bruder nieder und sah ihn lange an. Die gebrochenen Augen waren weit aufgerissen. "Tut mir leid.", murmelte er und schloss vorsichtig die Augen des Toten. "Aber du hattest es verdient." Bedächtig stand er auf und sammelte sein Waffenarsenal wieder ein. Zum Schluss fand er auch Itachis Schwert, bei dem die Spitze abgebrochen war, und steckte es über dem Kopf seines Bruders in den Schnee. Eingehend betrachtete er den tiefen Schnitt an Itachis Hals, der wohl letztlich sein Todesurteil gewesen war. Am Rande seines Bewusstseins fragte Sasuke sich, was wohl passiert war, aber ein dumpfer Schmerz an seiner Schulter erinnerte ihn an das Symbol Orochimarus und daran, dass er vom Fluch Gebrauch gemacht hatte. Vom Himmel fielen jetzt dichte Schneeflocken und bedeckten den toten Körper. "Schade eigentlich.", murmelte Sasuke und nahm eine Handvoll Schnee auf, um sich damit das Blut von den Händen zu wischen. "Jetzt habe ich gar nicht gesehen, wie er gestorben ist." Mit langsamen Schritten näherte Sasuke sich dem Kind, das zusammengekauert im Schnee lag. Shisui wimmerte leise. Seine Augen waren weit aufgerissen. Stumm kniete Sasuke bei ihm nieder. "Shisui.", sagte er leise. Das Kind blinzelte und sah ihn an, schien einen Moment lang zu überlegen, ob es ihm vertrauen sollte oder nicht. Schließlich setzte der Junge sich auf. Er zitterte am ganzen Körper. Sasuke zog sich seinen Mantel aus und wickelte das Kind darin ein. "M-Mein Papa...", wimmerte Shisui verzweifelt. "Es tut mir leid.", sagte Sasuke tonlos. "Dein Vater wurde getötet." Shisui nickte und nun kullerten ihm die Tränen über das Gesicht. Sasuke sah den Schmerz in den Augen dieses Kindes und dachte daran, wie er selbst gelitten hatte. Vorsichtig streckte er die Arme aus und Shisui warf sich an seine Brust, wo er ungehemmt zu schluchzen begann. Eine Weile lang wartete Sasuke ab und ließ den Jungen weinen. Irgendwann legte er seine Arme um den Jungen und stand mit ihm auf. Das zitternde Kind, das jetzt eine Waise war, genau wie er damals, drückte sich verschreckt an ihn, ohne zu wissen, dass er der Mörder seines Vaters war. Leise sagte Sasuke: "Hab keine Angst, Shisui. Ich werde von jetzt an dein Vater sein." ENDE *** Das war seltsam, oder? Ist mir bewusst. Ich wollte unbedingt mal sowas schreiben. Ich denke, wenn man so lange auf seine Rache gewartet hat wie Sasuke, kommt es auf ein paar Minuten mehr oder weniger nicht an. Ich wollte mal eine andere Begegnung der beiden Brüder schreiben, wo sie sich nicht einfach nur gegenseitig in Stücke reißen und aufeinander losgehen, sondern wo sie sich besonnen, fast friedlich miteinander unterhalten, obwohl sie genau wissen, dass sie in ein paar Minuten auf Leben und Tod miteinander kämpfen müssen. Ich kann mir Itachi als Papa nur sehr, sehr schwer vorstellen, vielleicht isses mir ja gelungen rüberzubringen wie absurd die Vorstellung von ihm als liebender Vater ist oder als jemand der sein Essen selbst kocht und ein "normales" Leben führt. Ein bißchen wahrscheinlicher oder zumindest spannender find ich die Vorstellung, dass es mit Sasukes Rache nicht zu Ende ist. Da gibt es jetzt jemand, der hat auch seine Eltern verloren und ebenfalls Rache geschworen. Und genau wie Itachi macht Sasuke den Fehler, diesen jemand nicht zu töten sondern er holt sich sein Verderben sozusagen selbst ins Haus. Und so wird aus dem ganzen ein nicht enden wollender Teufelskreis aus Hass. Shisui wird älter und muss irgendwann vielleicht feststellen, dass Sasuke der ist, der seinen Vater getötet hat, vielleicht hat er dann schon Geschwister, die nicht verstehen werden, warum ihr eigener Bruder den Vater tötet, und wieder gibt es potentielle Kandidaten für eine Racheaktion... immer so weiter und weiter... alles angezettelt von Itachi... oder vielleicht schon von irgendjemand vor ihm... Ok ich sollte nich so viel reden ^_^ In nächster Zeit wirds wohl viele ItaSasu kurzgeschichten geben, auch ma ohne dass wer getötet wird... füüürchtet euch, fürchtet euch fürchterlich! *gg* Kapitel 11: Happy Birthday, Sasuke ---------------------------------- Aufgeregt riss der siebenjährige Sasuke die Tür zum Zimmer seines Bruders auf und stürmte in dem Raum. Itachi war gerade erst von einer Mission zurückgekehrt und saß erschöpft auf seinem Bett und zog sich seine Uniform aus. Er hob den Kopf und blickte Sasuke müde an. "Was gibt es, Sasuke?", fragte er düster. Unbeeindruckt von der finsteren Laune seines Bruders sprang Sasuke auf das Bett. "Nii-san?", fragte er strahlend. "Weißt du, was morgen ist?" "Donnerstag?", fragte Itachi gelassen. Sofort verzog Sasuke das Gesicht. "Das find ich nicht lustig. Morgen ist doch mein Geburtstag!" Itachi sah seinen Bruder an und versuchte, ihm böse zu sein. Schließlich wuschelte er seinem Bruder über den Kopf und sagte nachgiebig: "Ich weiß doch, Sasuke." Sofort lächelte das Kind wieder, nein strahlte sogar, und stand im Bett auf. Während Itachi noch immer geschäftig tat und die zahllosen Waffen wegpackte, die er eben noch am Körper getragen hatte, kletterte Sasuke auf seinen Rücken und legte die Arme locker um seinen Hals. "Was schenkst du mir denn, Nii-san?" "Weiß nicht." Itachi wartete eine Minute, in der Sasuke garantiert wieder das Gesicht verzog, bevor er fragte: "Was wünscht du dir denn?" Sofort umarmte Sasuke ihn fester und sagte fröhlich: "Ich wünsche mir, dass du morgen zu Hause bist und mir ein paar Shuriken Jutsu beibringst." Er hielt kurz inne und fragte dann fast schüchtern: "Du... du bist doch morgen da, oder?" Langsam nickte Itachi. "Ich hab keine Mission." Sasuke machte ein erfreutes Geräusch. "Dann bist du morgen zu Hause? Versprichst du es?" "Jaja, versprochen.", murmelte Itachi. Er hatte drei Tage und Nächte nicht mehr geschlafen. Alles was er wollte war seine Ruhe, er wollte sich hinlegen und nur noch schlafen. "Sasuke, ich bin müde. Kannst du mich jetzt bitte schlafen lassen?" "Klar!", rief Sasuke und ließ ihn los. Er sprang vom Bett und an der Tür drehte er sich noch mal um. Grinsend rief er: "Bis morgen dann, Nii-san!" Dann knallte er die Tür wieder zu. Itachi schüttelte fast amüsiert den Kopf. Dieses Kind hatte zu viel Energie. Aber irgendwie schaffte er es immer wieder, Itachis Herz zu erweichen. Müde ließ er sich nach hinten fallen und war kaum fünf Minuten später eingeschlafen. Irgendein Geräusch im Haus weckte Sasuke. Er setzte sich im Bett auf und schaute auf die Uhr. Es war erst kurz vor sechs, aber heute war sein Geburtstag. Er konnte es kaum erwarten, all seine Geschenke zu bekommen. Das war der Vorteil daran, wenn man Mitglied einer so riesigen Familie war... zu Sasuke's Geburtstag bog sich der Tisch im Esszimmer immer unter einem Stapel von Geschenken. Hastig sprang er aus dem Bett und zog sich an. Er freute sich schon so auf diesen Tag. Itachi würde endlich mal Zeit mit ihm verbringen, wie er es versprochen hatte. Darauf vertraute Sasuke ganz fest. Er schlich aus seinem Zimmer und hörte Stimmen aus der Küche. Es war ungewöhnlich, dass seine Eltern schon so früh wach waren. Neugierig geworden kam er in die Küche, wo seine Eltern bereits frühstückten. Die ersten Geschenke standen schon auf dem Tisch mit Karten mit Namen von Familienmitgliedern, die Sasuke kaum zwei oder dreimal in seinem Leben getroffen hatte. Als seine Mutter ihn sah, lächelte sie. "Sasuke-chan! Alles Gute zum Geburtstag!!" Er wurde herzlich in den Arm genommen, gedrückt und geküsst, bis es ihm peinlich war. Zum Glück war außer seinen Eltern niemand hier. Auch sein Vater gratulierte ihm, wenn auch weit weniger überschwänglich. Sasuke griff nach dem ersten Geschenk, das von irgendeiner Tante war, an deren Gesicht er sich noch nichtmal erinnern konnte. Das Päckchen fühlte sich schwer an und als er es schüttelte, kam er zu der Erkenntnis dass es sich um irgendwas aus Glas oder Porzellan handeln musste. Während er aufgeregt die Schleife löste, fragte er beiläufig: "Wo ist Nii-san? Schläft er noch?" Zuerst waren seine Eltern beide still, bis Sasuke verwundert den Kopf hob. Als er seiner Mutter ins Gesicht sah, wusste er, dass Itachi nicht mehr schlief. Seine Mutter murmelte: "Es tut mir leid, Sasuke-chan. Ich weiß, dass er es dir versprochen hat, aber heute Nacht kam ein wichtiger Auftrag... er ist vor Sonnenaufgang weggegangen..." Fassungslos schüttelte Sasuke den Kopf. Das konnte nicht wahr sein. Das musste ein Scherz sein! Itachi hatte es ihm doch versprochen! Er fuhr herum und rannte zu Itachis Zimmer. Seine Hand griff nach der Türklinke und schob die Tür auf. Das Zimmer war leer. Auf dem Bett lag ein Zettel und als Sasuke näherkam, konnte er lesen, was draufstand. Vergib mir, Sasuke. Das kleine Päckchen, das er noch immer in den Händen hielt, schlüpfte ihm durch die Finger und krachte auf den Boden. Als er den Inhalt splittern hörte, erkannte er, dass er mit seiner Vermutung, dass es etwas Zerbrechliches sei, Recht gehabt hatte. Sasuke war sein zerstörtes Geschenk egal. Ihm waren überhaupt alle Geschenke egal, denn das, was er sich am meisten gewünscht hatte, würde wieder nicht in Erfüllung gehen. Itachi war nicht da, genau wie letztes Jahr, und dabei hatte er es diesmal versprochen! Achtlos ließ Sasuke das Geschenk liegen und rannte in sein Zimmer. Er wollte nicht weinen, aber die Tränen kamen trotzdem. Wie konnte Itachi so gemein sein? Er hatte es versprochen! Sasuke hatte ihm wirklich geglaubt. Die Tür ging auf und seine Mutter kam zu ihm ans Bett. Er wollte sie jetzt nicht sehen, er wollte niemanden sehen, aber sie blieb trotzdem und legte einen Arm um ihn. "Bitte, Sasuke-chan, nicht weinen... heute ist doch dein Geburtstag." Sie umarmte ihn, aber diesmal konnte es ihn nicht trösten. Ihm war, als hätte sein Bruder ihn verraten, und das an seinem Geburtstag. "Dein Bruder kann doch auch nichts dafür, die Nachricht kam überraschend. Er wird es wieder gut machen, ganz bestimmt." Trotzig schüttelte Sasuke den Kopf. "Aber HEUTE ist mein Geburtstag! Ich will doch nur, dass mein Bruder an meinem Geburtstag da ist!" Er wischte sich über das Gesicht, wütend auf seinen Bruder, wütend darüber, dass er deswegen weinen musste, wütend, weil Itachi ein Anbu sein musste. "Dieser Lügner! Er hat es mir versprochen!!" "Es geht nun mal nicht, Sasuke. In zwei Tagen ist Itachi zurück, dann können wir mit ihm gemeinsam nachfeiern." "Nein...", antwortete Sasuke. Trotz ließ die Tränen versiegen. "Ich will nicht nachfeiern. Ich will überhaupt nicht feiern." Er schob seine Mutter weg und stand auf. "Ich mache mich jetzt für die Schule fertig." Es war noch viel zu früh, um sich fertigzumachen für die Schule, aber seine Mutter begriff, dass er allein sein wollte und verließ das Zimmer. Wütend schleuderte Sasuke ein Kissen durch das Zimmer. Es war ja auch nur sein Geburtstag. Das war ja nicht so wichtig. Und wenn Itachi diesen Geburtstag und sein Versprechen nicht für wichtig genug hielt, dann war es für Sasuke auch nicht mehr wichtig. Er hatte plötzlich keine Lust mehr auf Geschenke, er wollte nur, dass dieser schreckliche Tag schnell vorbei wäre. Missmutig suchte er seine Sachen zusammen und zog sich um für die Schule, machte seine Tasche fertig. Es war noch viel zu früh, um zur Schule zu gehen, deswegen stellte er sich einen Moment lang ans Fenster und starrte nach draußen. Warum hatte Itachi ihm ein Versprechen gegeben, das er nicht halten konnte? Er sah ja irgendwie auch ein, dass Itachi nichts dafür konnte. Aber für Sasuke war sein großer Bruder fast der Wichtigste Mensch auf der Welt und er hätte gerne wenigstens ein paar Minuten an seinem Geburtstag mit seinem Bruder verbracht. Er ließ seine Stirn an das kühle Glas sinken. Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken. Itachi würde nicht vor übermorgen zurückkommen. Sasuke musste seinen Geburtstag ohne seinen großen Bruder verbringen. Er packte seine Tasche und verließ das Zimmer. Auch wenn es noch ein bisschen früh war, er wollte nicht länger hier rumsitzen und wütend auf alle sein. Er brauchte Ablenkung. Als er am Wohnzimmer vorbeikam, hörte er seine Eltern miteinander reden. Er wollte gerade Bescheid sagen, da fiel sein Name und er hielt inne. "Itachi hätte ihm so was nicht versprechen dürfen!", sagte seine Mutter. "Er weiß doch genau, dass er seine Versprechen nicht immer halten kann! Sasuke ist deswegen am Boden zerstört, er will nicht mal mehr feiern." "Itachi ist nun mal ein Anbu.", kam es von seinem Vater. "Er hat wichtigere Verpflichtungen als die einem siebenjährigen Kind gegenüber." "Sasuke ist sein Bruder!" "Sasuke ist mein Sohn und ein Uchiha! Er sollte verstehen, dass eine Mission wichtiger als so ein albernes Versprechen ist! Herrgottnochmal, es ist bloß ein Geburtstag, deswegen braucht er nicht so ein Theater machen. Du hast ihn verzogen!" Sasuke senkte betroffen den Kopf. Er hatte genug gehört. Enttäuscht schlich er sich aus dem Haus. Also dachte sein Vater genauso wie Itachi. So ein "albernes Versprechen" war sowieso nur dazu da, um gebrochen zu werden. Irgendwie schien der Tag kein Ende nehmen zu wollen. In der Schule hatten ihm plötzlich alle gratulieren wollen und seit Sasuke wieder zu Hause war, ließ seine Mutter nichts unversucht, um ihn doch noch irgendwie in Feierstimmung zu bekommen. Aber für Sasuke war der Tag ruiniert. Er packte keines der zahllosen Geschenke aus, aß nicht einen Bissen von seinem Kuchen und verbarrikadierte sich in seinem Zimmer. Inzwischen machte er das nicht mehr nur aus Trotz. Er hatte wirklich keine Lust mehr, irgendwas zu feiern. Die strengen Worte seines Vaters, die er am morgen belauscht hatte, hatten ihm den Rest gegeben. Ihm war einfach nicht nach Fröhlichsein, alles was er wollte, war das alles möglichst schnell zu vergessen. Normalerweise hasste Sasuke es, an Schultagen um acht Uhr ins Bett zu gehen, aber heute war er fast erleichtert darüber. Als er schon im Bett lag, kam seine Mutter noch mal zu ihm und fragte ihn, ob er nicht doch noch ein Stück Kuchen haben wollte oder eines der Geschenke, aber Sasuke schüttelte bloß den Kopf. Es tat ihm leid, dass er ihr damit auch Kummer bereitete, aber er konnte einfach nicht. Sie erklärte ihm noch mal, dass Itachi es sicher nicht so gemeint hatte, und Sasuke nickte bloß. Es dauerte lange, bis er endlich eingeschlafen war. Sasuke wurde wach mit der Gewissheit, dass jemand in seinem Zimmer war. Er schlug die Augen auf und sein Blick fiel auf die Anzeige des Weckers. Kurz nach zehn. Wer kam um diese Uhrzeit noch in sein Zimmer? Er setzte sich auf und sah noch, wie jemand die Tür wieder schließen wollte. Sasuke glaubte, die Person zu erkennen und seine Augen weiteten sich. "Nii-san?", fragte er und die Person an der Tür hielt inne. "Nii-san, bist du das?", fragte Sasuke erstaunt. Er griff nach dem Lichtschalter und musste einen Moment die Augen schließen, als das grelle Licht anging. Tatsächlich. An der Tür stand sein Bruder. Itachi kam zurück ins Zimmer und schloss die Tür von innen. "Ich wollte dich nicht wecken.", sagte er leise um die Eltern nicht zu wecken. Sasuke wusste erst nicht, was Itachi meinte, bis sein Blick auf ein kleines Päckchen fiel, das jetzt auf seinem Nachttisch lag. Überrumpelt starrte Sasuke seinen Bruder an. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, Itachi für sein gebrochenes Versprechen anzubrüllen, und der Freude darüber, dass Itachi es trotzdem noch vor Mitternacht geschafft hatte. Es dauerte einen Moment, bis er bemerkte, dass Itachi in ziemlich ramponiertem Zustand war. Seine Kleidung war an einigen Stellen zerrissen und er blutete darunter aus ein paar kleinen Wunden. Itachi bemerkte seinen Blick und sagte mit einem Lächeln: "Ich hatte es eilig. Ich wollte dir noch gratulieren bevor es zu spät ist." Das war alles, was Sasuke noch brauchte, um seinem Bruder aus ganzem Herzen zu vergeben. Er sprang aus dem Bett, rannte zu seinem Bruder und als der niederkniete, fiel er ihm um den Hals. "Alles Gute zum Geburtstag, Sasuke.", raunte sein Bruder und drückte ihn an sich. Sasuke hätte nicht glücklicher sein können. "Verzeih mir, dass ich mein Versprechen nicht halten konnte." Heftig schüttelte Sasuke den Kopf. "Nein! Ich wollte nur, dass du an meinem Geburtstag wenigstens ein paar Minuten Zeit mit mir verbringst. E-es ist noch nicht... Mitternacht..." Es war ihm entsetzlich peinlich, aber auf einmal überwältigten ihn seine Gefühle und eine Träne rollte über seine Wange. "Na, na, Sasuke...", murmelte Itachi. "Nicht weinen..." "Ich freu mich nur...", gab Sasuke zurück und wischte sich über das Gesicht. Itachi lächelte ihn aufmunternd an. "Ich hab eine Idee, Sasuke. Du hast noch zwei Stunden lang Geburtstag. Es ist kein Ersatz für mein Versprechen, aber wenn du möchtest, lass uns ein bisschen rausgehen und trainieren." Sasukes Gesicht hellte sich augenblicklich auf. "Wirklich?!" "Los, zieh dich an. Aber sei leise! Komm zur Haustür wenn du fertig bist." Itachi setzte ihn ab und verließ lautlos das Zimmer. Sasuke schwirrte der Kopf. Es war zu schön um wahr zu sein, jetzt ging sein Wunsch irgendwie doch noch in Erfüllung. So schnell er nur konnte zog er sich um. Sorgsam nahm er das Päckchen auf, dass Itachi ihm auf den Nachttisch gelegt hatte, und steckte es in seine Tasche. Als er zur Haustür kam, stand Itachi bereits dort. Gemeinsam schlichen sie sich aus dem Haus. Draußen war die Nachtluft angenehm kühl, gerade so, dass man im T-shirt nicht fror. Der Vollmond hing über dem Dorf und beleuchtete den Weg, den sie beschritten, und dessen Ziel Sasuke schnell erkannte. Itachi brachte ihn zum Trainingsgelände der Akademie. Dort hielt er doch noch sein Versprechen ein und brachte Sasuke im Mondlicht ein paar Shuriken Jutsu bei. Nach dem Training ließen sie sich rücklings in die Wiese fallen, nebeneinander, und Sasuke war zugleich glücklich und erschöpft. Itachi fragte: "Willst du mein Geschenk nicht aufmachen?" Sasuke brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern, dass er es noch in der Tasche hatte, die er beim Training achtlos hatte liegen lassen. Jetzt hielt er es vor Spannung fast nicht mehr aus, er riss das Papier auf und staunte, als er sein Geschenk erkannte. Es war ein Dolch, der schwer in seiner Hand lag. Bisher hatte Sasuke nur Shuriken und ab und zu einen Kunai in die Hände bekommen. Aber das hier war eine echte Waffe. Ihre Klinge blitzte silbern im Mondlicht und Sasuke entdeckte, dass auf dem Griff sein Name eingraviert war. Dieses Geschenk war nicht nur wahrscheinlich unglaublich teuer gewesen, sondern vor allem bewies es, dass Itachi Vertrauen in Sasukes Fähigkeiten hatte. Sein Vater hätte ihn wahrscheinlich für zu jung befunden, um so eine Waffe zu besitzen. Sprachlos fiel Sasuke seinem Bruder um den Hals und murmelte: "Nii-san... das ist der schönste Tag meines Lebens. Ich bin so froh, dass du noch gekommen bist..." "Ich hatte es doch versprochen...", antwortete Itachi und Sasuke musste beinahe wieder weinen. Aber diesmal hielt er sich zurück. Nebeneinander legten die Brüder sich auf die Decke und schauten hoch zum Himmel. "Wie spät ist es?", fragte Sasuke mit einem unterdrückten Gähnen. "Kurz vor Mitternacht." "Also hab ich immer noch Geburtstag." "Mm-hmmm..." "Darf ich mir was wünschen?" "Was denn?" Ihm fielen schon die Augen zu, trotzdem murmelte Sasuke: "Ich wünsche mir, dass du immer für mich da bist, Itachi." Es war lange still, bis Itachi leise seufzte und sanft antwortete: "Ich will dir nicht schon wieder etwas versprechen, das ich nicht halten kann. Vielleicht werden sich unsere Wege eines Tages trennen." Sasuke verzog das Gesicht, zu müde, um über diese Worte nachzudenken. Er nahm sie nicht wirklich ernst, für ihn stand fest, dass ihn nichts und niemand von seinem Bruder trennen konnte. Erst sehr viel später sollte er begreifen, wie viel versteckte Wahrheiten diese Worte enthalten hatten. Nach ein paar Minuten der Stille fragte Itachi: "Ist dir kalt, Sasuke?" "Nein..." Wieder gähnte er und diesmal kam er nicht dagegen an, als ihm die Augen zu fielen. Morgen würde er es bereuen, wenn er todmüde zur Schule gehen müsste, aber Sasuke fühlte sich so glücklich wie schon lange nicht mehr. Itachi hatte ihm das schönste aller Geschenke gemacht, er hatte sein Versprechen gehalten und war zu seinem Geburtstag gekommen. "Nii-san...", murmelte Sasuke müde. "Ich hab... dich.. lieb...." Das letzte Wort klang schon so schwach, dass er sich nicht mehr sicher war, ob er es überhaupt noch laut ausgesprochen hatte. Danach schlief Sasuke nun doch ein und als Itachi es merkte, nahm er seinen kleinen Bruder lächelnd auf den Arm und brachte ihn nach Hause. Sasuke bekam es kaum mit, wie Itachi ihm sein Hemd über den Kopf zog und ihn dann ins Bett brachte. Aber auch Jahre später sollte er sich noch in aller Deutlichkeit daran erinnern, wie Itachi ihm einen Kuss auf die Stirn gab und ihn leise bat: "Egal, was in Zukunft geschieht... versuche, mir zu vergeben." Auf den Tag genau sechs Jahre später stand Sasuke am Fenster seiner Wohnung und erinnerte sich wieder an seinen siebten Geburtstag und seine letzte Erinnerung, bevor er eingeschlafen war. Unwillkürlich legte er die Hand auf seine Stirn. Seltsam, dass er sich an den Kuss auf die Stirn so deutlich erinnern konnte. Und an Itachi's Worte. Versuche, mir zu vergeben. Aber nach allem, was seitdem geschehen war, konnten auch diese Worte seinen Zorn nicht besänftigen. Er würde Itachi niemals vergeben. Gleichzeitig aber ließ er sehnsüchtig die Stirn gegen das Fensterglas sinken und starrte nach draußen auf die Straße. Heute war wieder Vollmond, so wie schon einmal an seinem Geburtstag. Draußen war alles in das blasse Mondlicht getaucht, fast so wie damals. Es war Sasuke's dreizehnter Geburtstag. Wenn er jetzt an den letzten Geburtstag dachte, den er noch mit der Familie verbracht hatte, dann breitete sich unsäglicher Schmerz in seiner Brust aus. Er hatte seiner Mutter mit seinem Verhalten weh getan und war seinem Vater für die verächtlichen Worte böse gewesen. Wie dumm er gewesen war, sich ausgerechnet an die Liebe seines Bruders zu klammern, anstatt die kostbare Zeit mit seinen Eltern zu genießen. Jetzt waren sie fort, und dieses Mal war er an seinem Geburtstag wirklich ganz allein. Die Familie war tot und übrig war nur noch sein Bruder, dieses mordende, kaltherzige Wesen, zu dem er geworden war. Sasuke ertappte sich dabei, wie er sehnsüchtig auf die Straße starrte, ganz genau wie damals, fast als wartete er noch immer darauf, dass Itachi plötzlich auftauchen und irgendwie alles wieder gut machen würde. Tränen brannten in Sasuke's Augen, aber er weigerte sich, jetzt zu weinen. Diesmal würde nicht mehr alles irgendwie wieder gut werden. Seine Eltern waren tot, und weder das noch die Art, wie Itachi ihn behandelt hatte, ließen sich rückgängig machen. Er warf einen Blick auf den Dolch, den er auf die Fensterbank gelegt hatte. Er hatte ihn aufbewahrt, damals noch wie einen kostbaren Schatz, inzwischen als Mahnung, dass er nichts und niemand je vertrauen durfte. Dieses Geschenk, das Itachi ihm gemacht hatte, war für ihn nur noch eine böse Erinnerung an die unschuldigen Gefühle, die er seinem Bruder damals noch entgegengebracht hatte. Oh, mit welcher Hingabe er zu seinem Bruder aufgeschaut hatte! Itachi war sein Vorbild gewesen, sein Beschützer, sein geliebter großer Bruder. Und Itachi hatte Sasuke's Gefühle mit Füßen getreten. Er hatte darauf gespuckt, als wäre das alles nichts wert. Inzwischen waren sie es auch nicht mehr. Das alles war bedeutungslos. Sasuke nahm den Dolch auf, der ihm inzwischen längst nicht mehr so schwer vorkam wie damals, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. "Hätte ich dir doch damals damit den Bauch aufgeschlitzt, du verlogener Bastard!", knurrte er zornig. Verwirrt durch seine eigenen Gefühle, die an diesem Abend zwischen grenzenloser Wut und unerklärlicher Sehnsucht hin und her schwankten, legte er den Dolch weg und warf einen letzten Blick aus dem Fenster. Er lachte freudlos. Wie albern von ihm, noch immer darauf zu warten, dass Itachi kommen und ihn trösten würde, so wie damals. Er war allein und er hatte geglaubt, sich inzwischen daran gewöhnt zu haben. Er wandte sich vom Fenster ab und murmelte: "So was Dummes." Als in dem Moment die Klingel durch das Haus schrillte, erschrak Sasuke bis ins Mark. Er spürte, wie ihm sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich und ihm das Herz bis zum Hals schlug. Das konnte nicht sein...! Aber wer kam ihn um diese späte Uhrzeit noch besuchen? Mit schweren Schritten ging er zur Tür und der Weg dorthin kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Sein Herz klopfte, als wollte es seinen Brustkorb von innen heraus sprengen und in diesem Augenblick konnte er nicht sagen, ob er, sollte sein Bruder wirklich vor seiner Tür stehen, ihn angreifen oder ihm in die Arme fallen würde. Mit zitternden Fingern griff er nach der Türklinke. Wie bescheuert bist du eigentlich? Glaubst du, dein großer Bruder taucht an deinem dreizehnten Geburtstag hier auf und macht alles ungeschehen? Wie naiv bist du eigentlich, Sasuke? Aber trotz jedem guten Argument, das ihm einfiel, zitterten seine Hände, als er die Klinke runterdrückte und quälend langsam die Tür öffnete. "ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG!!!", schmetterte ihm jemand aus vollem Hals entgegen. Überrascht starrte Sasuke seinen Besuch an und mehrere Sekunden lang konnte er sich nicht bewegen. Seine erste Reaktion war es schließlich, aufzuatmen und dann langsam wieder mit dem Atmen zu beginnen. Sein Herzschlag beruhigte sich etwas und er sagte mit rauer Stimme: "Was zum Teufel macht ihr hier?" Naruto und Sakura drängten sich unaufgefordert in sein Zimmer und nachdem Sakura eine Flasche und einen Karton der verdächtig nach einer Torte aussah, abgestellt hatte, fiel sie ihm um den Hals und rief: "Herzlichen Glückwunsch, Sasuke-kun!!" Er war noch immer zu überrascht, um sie von sich zu schieben. Sein Blick fiel an ihr vorbei auf Naruto, der ihn breit angrinste und feixte: "Hast wohl gedacht, du kannst uns deinen Geburtstag verheimlichen? Tja, keine Chance!" Ziemlich perplex schob Sasuke die Tür zu und ehe er zu Wort kommen konnte, ließ Sakura ihn los, packte seine Hand und zog ihn ins Wohnzimmer, und dabei redete sie wie ein Wasserfall. "Tut mir leid, dass wir nicht früher kommen konnten! Wir mussten noch den Kuchen vorbereiten, weißt du, Naruto hat mir geholfen ihn zu backen, aber er schmeckt trotzdem, wir haben nämlich schon ein Stück probiert!" "Genau!", rief Naruto und zuckte dann zusammen. "HEY! Was heißt hier, er schmeckt trotzdem?!? Alles was ich backe ist ein Meisterwerk und der Kuchen ist KÖSTLICH!!!" "Sag ich doch!", fauchte Sakura. Sie schob Sasuke zur Couch, bis er sich mehr oder weniger freiwillig hinsetzte. "Setz dich, Sasuke!", sagte sie hinterher und verschwand dann in der Küche, während Naruto fröhlich ins Wohnzimmer geschlendert kam, die Kuchenschachtel und die Weinflasche auf den Tisch stellte und es sich ebenfalls neben Sasuke auf der Couch gemütlich machte. Sasuke setzte dazu an, etwas zu sagen, aber in dem Moment schallte es aus der Küche: "Wo hast du denn das Besteck, Sasuke-kuuun?" Er wollte ihr antworten, da rief sie noch mal: "AAahh, schon gut, hab's gefunden!" Es dauerte nicht lange, bis sie mit Tellern, Kuchengabeln und Gläsern bewaffnet zurück ins Wohnzimmer kam. Die Weingläser wurden aufgefüllt und die drei stießen auf Sasukes Geburtstag an, der noch immer nicht so recht wusste, was er von dem Überfall/Besuch halten sollte. Auf einmal war seine stille, einsame Wohnung mit Leben erfüllt und mit Lachen. Auch wenn er sich eher die Zunge abgebissen hätte, als es zuzugeben, er war so froh, dass seine Freunde heute bei ihm waren. Sakura schnitt ihm ein Stück von dem Kuchen ab, der zugegebenermaßen etwas unförmig aussah, und seine Freunde starrten ihn gespannt an, als er etwas davon auf die Gabel nahm und sich in den Mund steckte. Misstrauisch kaute Sasuke und fragte sich, ob Naruto vielleicht aus Versehen irgendwas Giftiges in den Kuchen gemischt hatte, aber er musste feststellen, dass es sogar ziemlich gut schmeckte. Betont langsam ließ er die Gabel sinken, während Sakura und Naruto immer nervöser wirkten, bis er schließlich mit fast so etwas wie einem Lächeln sagte: "Schmeckt gut." Begeisterte Rufe schallten durch die sonst so ruhige Wohnung und nun stürzten sich auch die anderen beiden auf den Kuchen. Sasuke saß zwischen seinen besten Freunden und hörte zu, was sie ihm so erzählten, warf sogar ab und zu selbst etwas ein. Er musste zugeben, dass er nicht erwartet hatte, seinen Geburtstag so zu verbringen. Es war sein schönster Geburtstag seit damals, aber schon der Gedanke an den Tag vor sechs Jahren trieb ihm fast die Tränen in die Augen. In dem Moment verschluckte Naruto sich, weil er seinen Kuchen zu schnell runtergeschlungen hatte, und etwas Wein lief ihm aus der Nase. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war zu komisch, und Sakura prustete ungeniert los. Vielleicht war es der Wein, vielleicht auch etwas ganz anderes, aber nach kurzem Zögern stimmte Sasuke in ihr Lachen mit ein, er lachte so laut und unbeschwert wie seit jenem finsteren Tag vor fast sechs Jahren nicht mehr. Naruto bekam irgendwann auch wieder Luft und brüllte: "Ihr lacht hier rum, während ich hier fast ersticke?! Schöne Freunde seid ihr!!!" Das amüsierte die beiden anderen noch mehr, Sasuke lachte, bis ihm die Tränen über das Gesicht liefen, und er wusste selbst nicht mehr, ob er wirklich nur vom Lachen weinte. "Sasuke!", rief Sakura, als sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatte und hakte sich bei ihm unter. "Ich hab dich noch nie so lachen sehen! D-das... macht dich sogar noch sexier!!!" Und Naruto deutete schelmisch auf Sasuke und feixte: "Weinst du etwa Sasuke?" "Blödsinn, Dobe!", regte Sasuke sich auf. "Dein Gesichtsausdruck war nur so zum lachen, da kommen mir sogar die Tränen!" Er wischte sich über das Gesicht und nahm sein Glas auf, bevor die trüben Gedanken wiederkommen konnten. "Es ist fast Mitternacht!", rief Sakura und hob ebenfalls ihr Glas. "Trinken wir noch ein letztes Mal auf Sasuke's dreizehnten Geburtstag!" Klirrend stießen die Gläser zusammen. Sasuke warf einen verstohlenen Blick rüber zur Fensterbank, wo der Dolch noch immer lag. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ich brauche dich nicht mehr, Nii-san. *** Die Story gefällt mir irgendwie :) Zuerst diese süßen Szenen mit Itachi und dann aber auch ein Hinweis darauf, dass Sasuke auch ohne seinen Bruder zurechtkommt... mal nicht so ganz deprimierend wie sonst... weiß auch nich... was meint ihr? Kapitel 12: Weihnachten mal anders... ------------------------------------- 24. Dezember, 18 Uhr. Dicke Schneeflocken rieselten auf das Dorf herab und seit die Sonne untergegangen war, wurde es mit jeder Minute kälter. Die meisten der Dorfbewohner waren längst im warmen zu Hause und schmückten den Weihnachtsbaum, sangen dämliche Weihnachtslieder, oder was man sonst auch immer an Weihnachten machte... wenn man eine Familie hatte. Der Einzige, der an diesem festlichen Tag mit einer wabernden Wolke düsterer Stimmung umgeben war, war Sasuke. Missmutig stapfte er durch den knietiefen Schnee bis zu seiner Haustür. Als er den Briefkasten öffnete, fiel ihm gleich ein halbes Dutzend Geschenke entgegen und er seufzte entnervt. Alles Geschenke und Liebesbriefe von seinen Fans. Woher hatten sie bloß seine neue Adresse? Er knallte die Briefkastentür zu, ließ die Geschenke achtlos liegen und schloss die Wohnungstür auf. Drinnen fing er sofort an, sich auszuziehen und hinterließ auf seinem Weg ins Schlafzimmer eine Spur nasser Sachen, bis er nackt vor seinem Schrank stand. Er zog schwarze Shorts raus und schlüpfte hinein, dann überlegte er, ob er irgendwas Warmes zum Anziehen hatte, das nicht im Wäschekorb lag. Er durchwühlte seinen Schrank, bis er zu dem Schluss kam, dass er nichts Sauberes mehr hatte. Auch gut. Sasuke schnappte sich eine Decke vom Bett und wickelte sich darin ein. Dabei fiel sein Blick auf den kläglichen, schiefen Weihnachtsbaum, der in der Ecke stand, und er verzog das Gesicht. Naruto und Sakura hatten ihm dieses Ding gestern vorbeigebracht, in einem jämmerlichen Versuch, ihn in Weihnachtsstimmung zu bringen. Sakura hatte ihm dazu noch einen Schal und selbstgebackene Plätzchen geschenkt, und Naruto hatte großzügigerweise eine dunkelrote Christbaumkugel an seinen schiefen Baum gehängt. Trotz ihrer Bemühungen war der Versuch, ihn aufzuheitern, allerdings kläglich gescheitert. Sasuke hatte dieser blöde Weihnachtsbaum höchstens noch mehr geärgert. Weihnachten war ein albernes, kitschiges Familienfest. Dazu musste man naiv sein, romantisch, und, wie Sasuke in Gedanken zynisch hinzufügte, vor allem musste man eine Familie haben. Da von seiner Familie nur sein geisteskranker Bruder übrig geblieben war, war Sasuke naturgemäß kein Fan von Weihnachten. Auf einmal verspürte er das dringende Bedürfnis, den Baum aus dem Fenster zu schmeißen und die einsame Christbaumkugel in der bloßen Hand zu zerquetschen. Aber er unterdrückte den Impuls und nahm stattdessen eines der Plätzchen die Sakura ihm geschenkt hatte und knabberte lustlos daran rum. Weil er nichts Besseres mit sich anzufangen wusste, stellte er sich ans Fenster und schaute nach draußen. Überall nur weiß. "Zum Kotzen", murmelte er missmutig. Sasuke hasste Schnee. Zu kalt um zu trainieren, und außerdem hatte Naruto Jahr für Jahr wieder die brillante Idee, eine Schneeballschlacht zu veranstalten. Unter Spaß stellte Sasuke sich etwas anderes vor. Was genau, wusste er nicht, aber definitiv was anderes. Als ihm das aus-dem-Fenster-starren zu langweilig wurde, beschloss er, sich irgendwas zu Essen zu machen. Und vorher würde er sich vielleicht doch was Warmes zum Anziehen suchen. Immerhin wäre es fatal, wenn eins der Fangirls zufällig auf den Baum vor seinem Fenster geklettert käme und das mit einer Kamera in der Hand. Und das war gar nicht so abwegig, in seiner letzten Wohnung war ihm das zwei mal passiert, und da hatte er nicht mal einen Baum vor dem Fenster gehabt. Sasuke warf die Decke zurück auf das Bett und ging rüber zum Schrank. Gerade als er nach dem Türgriff greifen wollte, lief es ihm kalt den Rücken runter und er hatte plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Automatisch schaute er rüber zum Fenster. Doch ein Fangirl...? Aber diesmal lag er falsch. Eine wohlbekannte Stimme hinter ihm sagte amüsiert: "So feierst du also Weihnachten, Sasuke?" Entsetzt fuhr er herum und starrte seinen Bruder fassungslos an. Itachi stand lässig in der Ecke neben dem jämmerlichen Weihnachtsbaum und musterte Sasuke ungeniert. "Itachi?", entfuhr es Sasuke. Sein Bruder nickte wortlos. Sofort übermannte ihn der Hass und er war so wütend, dass er sogar vergaß, sich zu fragen, wie Itachi hier reingekommen war. "Itachi!!", fauchte er. Diesmal verzichtete er auf eine lange Vorrede und stürmte einfach auf seinen verhassten Bruder zu. Itachi machte sich nicht die Mühe, sich groß zu wehren, sondern machte einfach einen Schritt zur Seite und Sasuke knallte gegen die Wand. Den Schmerz fühlte er kaum, sondern fuhr herum. Itachi stand neben seinem Bett und konnte sein amüsiertes Grinsen nicht ganz verbergen. Dieser Gesichtsausdruck sah an ihm geradezu grotesk aus, fand Sasuke. Und er würde alles tun, um diesem Kerl das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Mit einem Schrei ging er erneut auf seinen Bruder los. Zwei, dreimal wehrte Itachi seine Angriffe ab, dann packte er Sasuke schließlich beim Handgelenk und im nächsten Augenblick fand der sich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden wieder. Itachi saß auf ihm und sagte: "Du hast verloren, kleiner Bruder." "...Scheiße." "Tsk, tsk, fluchen ist eine schlechte Angewohnheit, Sasuke." "Ach halt die Klappe", maulte Sasuke. Er versuchte, sich irgendwie loszumachen, aber Itachi hatte seine Handgelenke gepackt und saß mit seinem ganzen Gewicht auf ihm. "Was ist das für eine Art, seinen großen Bruder zu begrüßen?", spottete Itachi. Das machte Sasuke nur noch wütender. Er fing an zu toben, sich zu winden und an Itachis stahlhartem Griff zu zerren. Geduldig wartete der ältere Uchiha ab, bis sein Bruder sich ausgepowert hatte, und als Sasuke gezwungenermaßen ruhiger wurde, beugte Itachi sich zu ihm runter und fragte: "Na? Hast du dich wieder beruhigt?" Sasuke schwieg verbissen, aber nach einer kurzen Pause stieg sein großer Bruder von ihm runter. Langsam setzte er sich auf und rieb seine schmerzenden Handgelenke. Itachi nahm sich einen Stuhl, stellte ihn neben seinen Bruder und setzte sich drauf. Sasuke warf ihm den finstersten Blick den er zustande brachte zu und fragte düster: "Wieso bist du überhaupt hier? Um mich zu demütigen?" "Nein. Eigentlich wollte ich dir nur dein Geschenk vorbeibringen", antwortete Itachi und im nächsten Moment warf er Sasuke etwas zu. Im letzten Moment fing der das Paket auf und starrte das Ding ungläubig an. Eine geschlagene Minute glotzte er auf das Geschenk, dann hob er den Kopf und starrte seinen Bruder eine weitere Minute lang an. Okay, irgendwas lief hier falsch. Vielleicht hatte er sich den Kopf angeschlagen, als er gegen die Wand geknallt war? Oder schon viel früher, vielleicht lag er ja grade irgendwo da draußen im Schnee und war im Begriff zu erfrieren und das war nur ein bizarrer Traum? Itachi verzog das Gesicht. "Starr mich nicht so entgeistert an. Mach es auf." Ein wenig hilflos nahm Sasuke das Geschenk in beide Hände und hob es ein Stück hoch. Dann starrte er es von allen Seiten an. Währenddessen überlegte er fieberhaft, was Itachi sich in seinem kranken Hirn da wohl wieder ausgedacht hatte. Sasuke legte den Kopf schief und starrte das Geschenk misstrauisch an. Eine Bombe vielleicht? "Jetzt mach schon auf, Sasuke", maulte Itachi ungeduldig. "Es wird nicht explodieren." Jetzt wusste Sasuke nicht mehr genau, was ihm mehr Angst machte... dass Itachi ihm dieses Geschenk gegeben hatte, oder dass das grade so geklungen hatte, als ob er seine Gedanken gelesen hatte. Noch immer sehr misstrauisch zog er an der Schleife und überlegte dabei wieder, was Itachi wohl vor hatte. Die rote Schleife öffnete sich, und - nichts passierte. Sasuke atmete erleichtert auf. Noch immer etwas unsicher riss er das Geschenkpapier auf und dann kamen seine "Geschenke" zum Vorschein. Ungläubig starrte er die Sachen an. Eine Kerze, ein schwarzer Seidenschal und... rosa Plüschhandschellen?! Sasuke starrte abwechselnd seine "Geschenke" und seinen Bruder an, und schließlich warf er Itachi einen verstörten Blick zu, hielt die rosa Handschellen hoch und fragte trocken: "Sag mal, hast du den Verstand verloren?" Der Ausdruck in Itachis Augen jagte ihm einen Schauer über den Rücken. "Ich wollte dich einfach zu Weihnachten... besuchen..." Itachi stand auf und streckte Sasuke die Hand hin. Jetzt war Sasuke endgültig davon überzeugt, dass sein Bruder nicht mehr ganz richtig im Kopf war. "Sag mal spinnst du?", fauchte er und stand auf. "Du... du tauchst hier nach fünf Jahren... oh, nein, ich vergaß unser kleines Treffen letztes Jahr, als du mich windelweich geprügelt hast!... du tauchst hier plötzlich einfach so auf, schenkst mir...", er hob die Handschellen auf und hielt sie Itachi hin, "...rosa Plüschhandschellen und erwartest von mir, dass ich mich freue? Oder was genau hattest du dir vorgestellt?! Was SOLL das?! Willst du mir damit irgendwas sagen? Wenn ja dann..." Itachi packte ihn plötzlich am Handgelenk, zog Sasuke zu sich heran und küsste ihn. Und der war zu perplex, um sich zu wehren. Bevor er doch noch auf die Idee kam, ließ Itachi ihn wieder los und nahm ihm dabei die Handschellen ab. "Und was," stammelte Sasuke hilflos, "sollte DAS?" Sein Bruder leckte sich die Lippen. "Das ist das Geschenk, das ich mir selber mache." Sasuke hörte irgendwas klicken, kurz bevor Itachi ihm die Hand in den Nacken legte für einen weiteren Kuss der Sasukes Knie weich werden ließ. Irgendwann gab Itachi ihm einen Schubs und er fiel auf das Bett. Jetzt merkte er auch, was für ein Klicken er eben gehört hatte, denn um sein rechtes Handgelenk baumelten jetzt die Plüschhandschellen. "I-Itachi?", murmelte er verwirrt, während sein Bruder sich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck auf das Bett setzte. Dann klickte es noch mal, nämlich als sein großer Bruder das andere Ende der Handschellen am Kopfgitter des Betts befestigte. Itachi beugte sich über ihn und fuhr mit den Fingerkuppen über die Innenseite seiner Schenkel. Sasuke sog scharf die Luft ein und Itachi lächelte begeistert. "Siehst du, Sasuke? Ich wusste, dir würde mein Geschenk gefallen..." "Wie selbstlos von dir...", murmelte Sasuke und konnte sich ein leises Seufzen nicht verkneifen, als Itachi ihm seine Shorts auszog... mit den Zähnen. Ein paar Minuten später verschwendete er an die Feiertage, die klirrende Kälte draußen und an den Schnee keinen einzigen Gedanken mehr. Ein paar Stunden später war es draußen bereits stockdunkel. Sasuke, der jegliches Zeitgefühl längst verloren hatte, lag splitternackt auf seinem Bett, den rechten Arm immer noch mit den Handschellen an eine Stange am Kopfende gefesselt. Der schwarze Schal, den sein Bruder ihm geschenkt hatte und mit dem ihm zeitweise die Augen verbunden worden waren, saß irgendwo schief auf seinem Kopf und ließ seine schwarzen Haare wild zu Berge stehen. Neben ihm lag Itachi, genauso nackt, hatte einen Arm besitzergreifend um ihn gelegt hatte, und schien zu schlafen. Hin und wieder gab er ein zufriedenes Seufzen von sich. Das Zimmer sah wüst aus. Auf dem Nachttisch stand eine brennende Kerze, die Sasuke nicht anzusehen wagte, weil er befürchtete, ihm würde sofort die Schamesröte ins Gesicht steigen. Der Boden war bedeckt mit Kleidungsstücken, Itachis Akatsuki Mantel hing sogar über dem Schrank und Sasuke konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wie der da hin gekommen war. Auf dem Tisch lagen das, was von Sakuras Plätzchen noch übrig war. Itachi hatte zwischendurch ein paar davon "zur Stärkung" gegessen. Auf dem mickrigen Weihnachtsbaum in der Ecke hing, direkt neben der nun nicht mehr ganz so einsamen roten Glaskugel Itachis Halskette, die Sasuke ihm im Eifer des Gefechts runtergerissen und blindlings in den Raum geworfen hatte. Bei dem Anblick konnte er nicht anders, er musste leise lachen. Dadurch wurde Itachi wach und öffnete halb die Augen. Mit einem Grinsen fing er an, mit Sasukes zerzausten Haaren zu spielen. "So hättest du dir dein Weihnachtsfest nicht vorgestellt, was?", schnurrte er. "Nii-san...", seufzte Sasuke und schloss erschöpft die Augen. "Du bist ECHT pervers..." *** Hach, irgendwie war mir danach, ne zynische, gestörte Weihnachts-FF zu schreiben. Ich kam so irgendwie auf die Frage, was Itachi Sasuke wohl zu Weihnachten schenken würde. Sama meinte, rosa Plüschhandschellen, und irgendwie fand ich die Idee lustig... *g* Kapitel 13: Freudentränen ------------------------- Sasuke war ein wenig verwundert, als die Wachen ihn ohne Protest passieren ließen. Er war darauf vorbereitet gewesen, sie ausschalten zu müssen, immerhin war es Tsunades eindeutiger Befehl gewesen, dass er den Gefangenen nicht sehen durfte. Und jeder im Dorf wusste, wie sein Verhältnis zu Itachi war. Aber vielleicht hatten sie ihn gerade deshalb passieren lassen. Weil sie insgeheim darauf hofften, dass er Itachi töten und damit das vollenden würde, was Tsunade nicht geschafft hatte. Auch nach all den Jahren hatten die Dorfbewohner nicht vergessen, was Itachi getan hatte. Sie hassten, verachteten und fürchteten ihn. Kein Wunder, dass niemand sich die Mühe machte, Sasuke aufzuhalten. Er kam zu der schweren Tür und blieb einen Moment lang stehen. Sasuke wusste nicht, was ihn erwartete. Als Tsunade gegen Itachi angetreten war, war er nicht dabei gewesen, und das nicht nur zufällig. Als Itachi im Dorf gesichtet worden war, hatte Tsunade Sasuke die Nachricht verschwiegen und ihn rasch auf eine zweitätige Außenmission geschickt. Bei seiner Rückkehr hatte er dann erfahren, was passiert war. Dass sein Bruder wieder im Dorf gewesen war, drei Jahre nachdem er es das erste Mal versucht hatte, war er zurückgekehrt, um Naruto diesmal wirklich zu entführen. Aber diesmal war sein Auftauchen anders ausgegangen, als er es sich ausgerechnet hatte. Die Hokage hatte Itachi besiegt und eingesperrt. Inzwischen hatte Sasuke seinen grenzenlosen Zorn darüber, dass er am Kampf nicht hatte teilnehmen können, einigermaßen überwunden. Er hatte sich damit abgefunden, dass nicht er es gewesen war, der Itachi in seine Schranken verwiesen hatte. Aber trotzdem musste er seinen Bruder sehen. Er musste einfach und er hätte sich über jedes Verbot hinweggesetzt, um Itachi in die Augen sehen zu können. Er entriegelte die Tür und atmete einmal tief ein, bevor er sie öffnete. Sein erstes Gefühl, als er einen Blick in den Raum warf, war zu seinem Erstaunen weder Zorn noch Hass, sondern Entsetzen. Die Zelle war klein, ohne Fenster und mehr als spärlich eingerichtet. Es gab ein Bett, einen Tisch, viel mehr auch nicht. Sein Bruder saß auf dem Bett, reglos, den Kopf gesenkt. Sasuke war schockiert, seltsamerweise widerstrebte es ihm, seinen Bruder so zu sehen. Der mächtige Itachi, das hochgelobte Wunderkind, der selbst die legendären Sannin in Angst versetzt hatte, gehörte nicht in diesen Raum. Sasuke machte einen Schritt in den Raum hinein. Zweifellos hatte Itachi ihn längst bemerkt, trotzdem hob er erst jetzt den Kopf. Im grellen Licht der Deckenlampe wirkte er ungewöhnlich blass. Er hatte einen großen blauen Fleck auf der linken Wange und ein Verband war um seinen Kopf geschlungen, dort, wo er früher das Stirnband mit dem höhnischen Riss über dem Symbol Konohas getragen hatte. Zum ersten Mal wirkte Itachi nicht wie ein unverwundbarer Halbgott, sondern wie ein ganz normaler Mensch und trotzdem strahlte er eine Aura von Stolz und Erhabenheit aus. Gegen seinen Willen kam Sasuke sich einen Moment lang klein und schwach vor. "Ich habe mir gedacht, dass du kommst", sagte Itachi. Seine Stimme klang nicht mehr so sicher wie früher, aber sie ließ den jüngeren Uchiha trotzdem erschaudern. Sasuke horchte in sich hinein. Er hatte geglaubt, er würde sofort auf seinen Bruder losgehen. Doch seltsamerweise war er nun, da er Itachi gegenüberstand, innerlich völlig ruhig. "Itachi...", fing er an. "Bist du gekommen, um mich zu töten?" "Ich weiß nicht", antwortete er ehrlich. "Ich wollte mich vielleicht nur davon überzeugen, dass der große Itachi tatsächlich gefangen genommen wurde." Sein Bruder zog die Mundwinkel spöttisch hoch. "Lass mich raten. Es ärgert dich, dass du nicht dabei warst." "Ja vielleicht", gab er unumwunden zu. Diesmal würde er sich nicht aus der Reserve locken lassen. "Aber die Hauptsache ist, dass sie dich endlich erwischt haben. Nach allem, was du getan hast, bist du viel zu lange frei herumgelaufen." "Frei?", fragte Itachi bitter. Unbewusst reckte Sasuke den Kopf ein Stück in die Höhe. Diesmal war er der Stärkere. Itachi konnte ihm nichts anhaben. Tsunade hatte dafür gesorgt, dass eine ganze Weile lang sein Chakra nicht mehr sammeln konnte. Sasuke legte so viel Verachtung wie er nur konnte in den Blick, mit dem er seinen Bruder bedachte. Aber Itachi gab sich unbeeindruckt. Gelassen erwiderte er den Blick und fragte kühl: "Genießt du es, mich so zu sehen?" "Ich werde es genießen, dich tot zu sehen, Itachi. Das hier," er sah sich demonstrativ um, "ist noch viel zu gut für dich." Gleichgültig zuckte Itachi die Schultern. "Worauf wartest du noch? Ich kann weder Genjutsu, noch Ninjutsu benutzen. Selbst du kannst mich in diesem Zustand töten." Automatisch ballten sich Sasukes Hände zu Fäusten. Die Arroganz seines Bruders machte ihn so wütend, aber er versuchte, sich zu beherrschen. Er hatte sich vorgenommen, abzuwarten, und daran würde er sich auch halten. "Ich mache mir an dir die Hände nicht schmutzig", sagte er so abfällig wie möglich. "Morgen beginnt deine Anhörung, auch wenn ich es für Zeitverschwendung halte, einem Mörder wie dir noch den Prozess zu machen. Aber egal. Sie werden dich nicht lebend aus dem Dorf lassen, so oder so." Wieder zeigte Itachi keinerlei Regung. Sasuke begriff, dass es sinnlos war. Warum war er überhaupt hergekommen? Verächtlich sagte er: "Ich verstehe nicht, warum ich dich all die Jahre gejagt habe. Wenn ich dich so sehe, finde ich dich nur noch bemitleidenswert." "Ah ja?" Auf einmal bewegte Itachi sich, langsam stand er auf und kam auf Sasuke zu. Der Jüngere der Brüder wich reflexartig einen Schritt zurück, bevor er sich zwang, stehenzubleiben und abzuwarten, was Itachi vorhatte. Sein Bruder kam auf ihn zu, bis sie nur noch einen Schritt auseinander waren, und sah mit seinen dunklen Augen auf Sasuke herab. Er war noch immer fast einen Kopf größer. "Wir beide wissen, dass du lügst." Fast trotzig knurrte Sasuke: "Überschätz dich nicht, Itachi." Der Ältere sagte düster: "Du hast mich bitter enttäuscht, Sasuke. Ich habe viel von dir erwartet, aber selbst nach all den Jahren bist du immer noch... nur ein Schwächling." "HALTS MAUL!" Mit einem wütenden Schrei schlug Sasuke seinem Bruder ins Gesicht. Itachi machte keine Anstalten sich zu verteidigen. Er taumelte nach hinten, fing sich aber wieder. Als er den Kopf hob, lief Blut über sein Kinn. Sasuke starrte auf seine Faust, entsetzt über seinen Ausbruch. Das hatte er nicht gewollt. Nicht dass es ihm leid tat, dass er Itachi geschlagen hatte, aber er hatte die Kontrolle verloren. Auch ohne Chakra hätte Itachi den Fausthieb leicht abwehren können. Das bedeutete, er hatte Sasuke mit Absicht dazu provoziert, ihn zu schlagen. Er war noch immer der Überlegene. Und diesen Gedanken ertrug Sasuke nicht. Voller Hass sagte er: "Ich werde bei deiner Hinrichtung in der ersten Reihe stehen, und ich laut lachen, wenn du stirbst!" Damit fuhr er herum und stürmte geradezu aus der Zelle. Der Prozess fand im Geheimen statt. Außer den Beteiligten wurde niemand darüber informiert, weil befürchtet wurde, dass dieses Ereignis zu viel Wirbel verursachen würde. Itachi hatte mit seiner Tat damals das Dorf zutiefst erschüttert, nachdem nur sieben Jahre vorher beim Angriff des Fuchsungeheuers bereits viele Menschen gestorben waren. Die Bewohner hatten sich gerade sicher gefühlt, da hatte jemand aus den eigenen Reihen, ein Anbu, dem jeder vertraut hatte, die zweitälteste und vielleicht stärkste Familie des Dorfes einfach ausgelöscht. Und niemand hatte ihn daran hindern oder dafür zur Rechenschaft ziehen können. Die Dorfbewohner hassten Itachi beinahe genauso sehr wie das Fuchsungeheuer. Man konnte nicht voraussagen, was der Prozess vielleicht ausgelöst hätte, deshalb hatte Tsunade einen geheimen Ort und einen geheimen Termin gewählt. Es gab nicht viele Zeugen, dementsprechend kurz war deren Anhörung. Zuerst sprachen zwei Anbu, die ein paar kleinere Missionen mit Itachi absolviert hatten. Als Zeugen waren sie allerdings unbrauchbar, denn sie sprachen voller Hass und Verachtung über ihn. Sie waren keineswegs objektiv und Tsunade, die zusammen mit zwei der Dorfältesten den Richter verkörperte, hatte Angst, überhaupt keine neutralen Zeugen zu finden. Dann sagte Kakashi aus. Auch er hatte mit Itachi zusammengearbeitet, allerdings öfter als die vorherigen Zeugen. Sehr zur Überraschung aller waren seine Aussagen neutral, ohne Wertung. Er erzählte von Itachi, dem Anbu, der jede Mission ernstgenommen und professionell ausgeführt hatte. Und dann von Itachi dem Menschen, dem Genie ohne Kindheit, der trotz seines Alters eiskalt getötet hatte, wenn es nötig gewesen war, und auf dessen Schultern die Hoffnung eines ganzen Clans gelastet hatte. Sasuke saß bei Kakashis Aussage stumm an seinem Platz und hörte zu. Tsunade hatte ihn nicht daran hindern können, am Prozess teilzunehmen, auch wenn sie es für keine gute Idee hielt, dass er dabei war. Sie hatte Naruto und Sakura gebeten, auch zu kommen und ihren Freund zu unterstützen. Erst als Kakashi von jener Nacht erzählte, als das Massaker geschehen war, senkte Sasuke den Kopf, damit niemand ihm seine Gefühle ansehen konnte. Kakashi berichtete davon, wie die Anbu die Getöteten erst Stunden nach dem Massaker gefunden hatten. Er ließ - vermutlich um Sasuke zu schonen - die Details weg, erzählte aber von der Kaltblütigkeit, mit der die Uchiha Familie umgebracht worden war. Er war es gewesen, der den bewusstlosen Sasuke damals auf der Straße vorgefunden hatte. "Wir waren alle entsetzt, als wir feststellten, dass Sasuke noch am Leben war", berichtete er. "Wir hatten die Hoffnung fast aufgegeben, noch Überlebende zu finden, und dann war da dieses Kind, bewusstlos zwischen all den Leichen... er war beinahe unverletzt, aber wir konnten ihn nicht aufwecken. Das hat unseren schrecklichen Verdacht bestätigt, dass es ein Mitglied der Familie gewesen sein musste, der die Morde begangen hat. Nur jemand mit Sharingan hätte Sasuke in so einen Zustand versetzen können." Die Dorfälteste fragte genauer nach: "Wann habt ihr gemerkt, wer es war?" "Zunächst gar nicht. Wir haben das Areal nach Überlebenden oder Zeugen abgesucht und nachdem einer von uns Sasuke zu einem Arzt gebracht hatte, achteten wir darauf, ob jemand fehlt. Wir kamen ins Haus des Oberhauptes, und auch Sasukes Eltern waren tot. Aber Itachi fehlte. Da waren wir uns ziemlich sicher, dass er es war. Es gab schon vorher Vermutungen, er hätte Uchiha Shisui umgebracht. Außerdem war Sasuke der einzige, der noch lebte. Einige von uns sind ihm gefolgt, aber wir hielten es für klüger, den Hokage zu verständigen." Tsunade fragte: "Das heißt, ihr wart euch anfangs nicht so sicher ob er es wirklich gewesen ist. Wie sieht es inzwischen aus?" Er räusperte sich. "Nun, wir sind uns inzwischen absolut sicher, dass nur er es getan haben kann. Da ist zum einen das, was Sasuke uns damals sagte, nachdem er erwacht ist. Außerdem ist es eine Tatsache, dass außer Sasuke und Itachi keiner der Familie das Massaker überlebt hat. Es gab erwiesenermaßen keine Eindringlinge in jener Nacht, außerdem hätte es nur jemand der die Sharingan hat mit der Familie aufnehmen können, zumindest so, dass niemand sonst alarmiert wird." Nach Kakashi war der wohl wichtigste Zeuge an der Reihe. Man hatte Sasukes Zeugenaussage auf den nächsten Tag verschoben, um ihm eine Pause zu gönnen. Außerdem ging Tsunade noch einmal persönlich zu Itachi um ihn zu fragen, ob er nicht dabei sein wollte. Zuerst sah es aus, als wollte er ablehnen, dann entschied er sich aber doch dazu, am zweiten Tag der Anhörung dabei zu sein. Als Sasuke dann seine Aussage machte, begann der wohl schwierigste Teil des Prozesses. Tsunade hätte es ihm gerne erspart, die Ereignisse jener Nacht noch einmal erleben zu müssen, aber die Ältesten hatten auf diesem Prozess bestanden und es war noch völlig unklar, was Itachi aussagen würde. Für den Fall, dass er seine Taten leugnen würde, brauchte man Sasukes Aussage. Itachi hätte es seinem Bruder leichter machen können, wenn er vorher etwas dazu gesagt hätte, aber er blieb weiterhin stumm. Zuerst erzählte Sasuke auf Anfrage kurz von der Zeit vor dem Massaker. Er berichtete von einem liebevollen, älteren Bruder der sich um ihn gekümmert hatte und den er augenscheinlich sehr geliebt hatte. Zunächst schien Sasuke sehr gefasst. Er würdigte Itachi, der regungslos an der Seite saß, umringt von Anbu, keines Blickes. Dann musste er von dem wohl schrecklichsten Tag seines Lebens erzählen und er wurde zusehends unruhiger. Stockend erzählte er davon, wie er vom Training nach Hause gekommen war und die Straßen mit Leichen gepflastert gewesen waren. Er berichtete, wie er ins Wohnzimmer gekommen war und die Leichen seiner Eltern gesehen hatte. Wie er davon gelaufen war und Itachi ihn abgefangen hatte. Er versuchte ruhig zu bleiben, aber als er die Worte seines Bruders zitierte, rollte ihm eine Träne über das Gesicht. "Mein dummer kleiner Bruder... wenn du mich töten willst, dann hasse mich, verabscheue mich, und überlebe irgendwie. Lauf, lauf weg, und klammere dich an dein Leben..." Tsunade fragte schweren Herzens: "Was glaubst du, warum er es getan hat? Warum er dich am Leben gelassen hat?" Zornig wischte Sasuke sich übers Gesicht. "Warum? Das habe ich mich neun lange Jahre gefragt. Ich habe nie eine Antwort bekommen. Ich habe mir gewünscht, er hätte mich auch getötet." Er sah sich im Saal um. "Keiner, keiner in diesem Raum kann sich das was ich durchgemacht habe vorstellen! Es ist mir egal, warum er es getan hat. Aber er muss endlich dafür bestraft werden! Er verdient den Tod!" Zum ersten Mal schaute er seinen Bruder direkt an. "Ich wünsche dir den Tod, hörst du?!", schrie er. Von Itachi kam keine Reaktion und Sasuke zuckte zusammen, als er die Worte ausgesprochen hatte. Er atmete tief ein um sich zu beruhigen und murmelte: "Darf ich mich jetzt wieder hinsetzen?" Tsunade nickte bloß und Sasuke setzte sich wieder auf seinen Platz. Nun war Itachi an der Reihe und vermutlich jeder im Raum hielt gespannt den Atem an. Gelassen stellte er sich vor Tsunade und die Dorfältesten und wartete auf ihre Fragen. Wütend darüber, wie ruhig er selbst angesichts der Verzweiflung seines Bruders geblieben war, kam Tsunade direkt zur Sache. "Du hast gehört, was man dir vorwirft. Hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?" Als Itachi nicht sofort antwortete, fragte sie ganz direkt: "Hast du die Familie getötet?" Er sah ihr furchtlos in die Augen und antwortete schlicht: "Ja." Sasuke, der zwischen Sakura und Naruto saß, sagte keinen Ton. "Warum hast du es getan?" "Sie waren mir im Weg." Sasuke hielt weiterhin den Kopf gesenkt. Niemand wusste, was in ihm wohl vorgehen mochte. Itachi beantwortete alle Fragen kurz und knapp, ohne wirklich Informationen zu liefern oder die Fragen zu beantworten, die sich Sasuke und die Dorfbewohner seit neun Jahren stellten. Es kam keine wirkliche Erklärung und auch kein Wort der Reue über seine Lippen. Auch wenn sie es sich sehr für Sasuke gewünscht hatte, Tsunade musste einsehen, dass sie keine zufrieden stellenden Antworten von Itachi bekommen würde. Deshalb gab sie es auf und sagte: "Du weißt, wenn du uns keine bessere Erklärung lieferst, müssen wir dich töten. Du bist eine Gefahr für das Dorf." "Es gibt keine bessere Erklärung." Tsunade warf den Dorfältesten einen kurzen Blick zu und auch die schüttelten nur den Kopf. Es gab keinen anderen Weg. Leise sagte sie: "Morgen wird das Urteil gefällt." Itachi nickte bloß und zwei Anbu stellten sich neben ihn um ihn zurück in seine Zelle zu bringen. Aber in dem Moment sprang Sasuke auf und schrie: "Warum tust du das?" Sakura und Naruto versuchten, ihn zurückzuhalten aber er brüllte: "Wir beide wissen, dass du selbst nur mit Taijutsu leicht fliehen könntest! Warum lässt du das alles geschehen? Willst du mich quälen?" Zur Überraschung aller sah Itachi seinen kleinen Bruder an und für einen Moment erschien ein erschöpftes Lächeln auf seinem Gesicht. "Nein. Ich habe nur das Warten satt. Ich habe neun lange Jahre darauf gewartet, dass du stark genug bist um mich herauszufordern. Aber du wirst mich wohl nie einholen. Es gibt keine Gegner mehr für mich. Und ohne Gegner kann ich nicht mehr stärker werden. Das Leben ist langweilig geworden." "Langweilig...", wiederholte Sasuke fassungslos und ließ sich auf seinen Stuhl zurück sinken. Widerstandslos ließ Itachi sich abführen. Schon allein um Sasuke zu schonen wurde das Urteil rasch gefällt und die Vollstreckung gleich für den nächsten Tag festgelegt. Tsunade hatte gesehen, wie sehr den jungen Uchiha dieses Verfahren mitgenommen hatte, deshalb hatte sie darauf bestanden, dass man diese Geschichte so rasch wie möglich beendete. Als sie Itachi in seiner Zelle besuchte und ihm von dem Urteil berichtete, wirkte er gelassen. Er hatte nichts anderes erwartet. Fast hatte sie gehofft, er würde sich befreien und so seiner gerechten Strafe entgehen. Denn auch wenn Sasuke immer und immer wieder verkündet hatte, wie sehr er seinem Bruder den Tod wünschte, war sie sich nicht sicher, wie der diese ganze Sache wirklich verkraften würde. Aber Itachi schien keinerlei Absichten zu haben, davor wegzulaufen. Er gab sich betont unbeteiligt, aber als sie den Raum verließ und sich noch mal umdrehte, da schaute er in die Ferne und für einen Moment wirkte er auf sie einfach nur erschöpft. Vielleicht hatte einfach keine Kraft mehr. Sie kannte das Gefühl nur zu gut. Als Shinobi, mit all dem Druck, der Macht, die einem so leicht zu Kopf steigen konnte und den vielen Toten, die man im Laufe der Jahre sehen musste, gab es Phasen, wo man sich uralt fühlte und sich einfach nur Ruhe wünschte. Aber für Sasukes Wohl hätte sie sich zumindest gewünscht, dass Itachi seine Taten erklärt hätte. Sie konnte nur hoffen, dass Sasuke trotz allem nun Ruhe finden würde. Die Hinrichtung war für zehn Uhr angesetzt. Auch diese fand statt, ohne dass die Dorfbewohner darüber unterrichtet waren. Allein die hochrangigen Shinobi des Dorfes waren informiert und hatten sich auch zum großen Teil im Keller des Hokage Gebäudes eingefunden. Das Gebäude war abgeriegelt, innen und außen waren die Anbu postiert, um einen möglichen Fluchtversuch zu vereiteln. Sasuke war ebenfalls unter den wenigen Zuschauern, auch wenn Tsunade ihm davon abgeraten hatte. Er hatte Sakura und Naruto mitgebracht, er brauchte sie einfach als Unterstützung. Denn er wusste nicht, was er erwarten sollte. Wusste weder, wie er reagieren würde, wenn Itachi fliehen sollte, noch wenn er tatsächlich sterben würde. Itachi kniete auf Befehl der Hokage in der Mitte des Raumes nieder. Er sollte der Tradition gemäß enthauptet werden. Der, der es tun würde, trug eine Anbu Maske, damit man ihn nicht erkennen konnte. Als er das Schwert zog, durch das Itachi den Tod finden sollte, schwankte Sasuke und musste sich auf Naruto stützen. Vielleicht würde Itachi wirklich sterben. Itachi schien seine Bewegung gesehen zu haben, denn er hob den Kopf und warf Sasuke einen seltsamen Blick zu. Verwirrt blinzelte Sasuke und dann war es auch schon wieder vorbei und sein Bruder senkte den Kopf. Dieser Blick... was hatte er zu bedeuten? "Hast du noch etwas zu sagen, Itachi?", fragte Tsunade. "Nein", sagte Itachi und wieder streifte er Sasuke mit einem Blick. Der Jüngere der Brüder fuhr sich unruhig durch das Haar. Itachi war noch nicht bereit zu sterben. Irgendetwas gab es da noch, das er zu sagen hatte. Itachi beugte sich vor und der Anbu hob das Schwert. Es wurde still im Raum. Sasuke wurde schwindlig. Da war etwas in Itachis Blick gewesen, das ihm keine Ruhe mehr ließ. "Er... er will mir noch etwas sagen...!", flüsterte er und die Erkenntnis kam in dem Moment, da er das sagte. Itachi durfte noch nicht sterben! Alle im Raum hielten den Atem an und in dem Moment, wo der Anbu sich in Bewegung setzte, stürzte Sasuke vor. Das Schwert sauste nach unten und dann gab es einen Tumult im Raum. Sasuke fing den Arm des Anbu ab und im selben Moment wurde er selbst gepackt von vielen Armen die ihn von Itachi wegzerren wollten. "HALT!", rief Tsunade dazwischen und alle hielten inne. Es waren Anbu, die Sasuke gepackt hatten, weil sie glaubten, er wollte seinem Bruder helfen. Sie machten keine Anstalten mehr, Sasuke wegzuziehen, ließen ihn aber auch nicht los. Langsam hob Itachi den Kopf. Sasuke sah ihm direkt in die Augen und fragte leise: "Warum hast du mich am Leben gelassen?" Er betete inständig, dass es die richtige Frage war, die, die Itachi zu beantworten bereit war. "Ich wollte sehen, was aus dir wird", erwiderte Itachi. "Vater meinte immer, du hättest das Potential in dir, mich zu übertreffen. Ich hätte es zu gerne erlebt, wie du mich überflügelst." Sein Gesicht veränderte sich und Sasuke brauchte einen Moment um zu begreifen, dass Itachi lächelte. "Vielleicht bist du mir auch einfach nur ans Herz gewachsen, kleiner Bruder. Tu mir den Gefallen und mach nicht dieselben Fehler wie ich." Ein Gefühl von Sehnsucht überfiel Sasuke, er sehnte sich nach der Zeit zurück, in der Momente wie dieser zwischen ihnen selbstverständlich gewesen waren. Er spürte zum ersten Mal seit langem die alte Verbundenheit zwischen ihnen, ein Geheimnis unter Brüdern, knappe Worte, die nur für sie beide Sinn machten. Mach nicht dieselben Fehler wie ich... werde nicht so wie ich, hör auf, mir nachzujagen... mach etwas Besseres mit deinem Leben. Sasuke verstand, was Itachi ihm sagen wollte. Er nickte. "Ich verstehe." Dann zerrten die Anbu ihn von Itachi weg. "Lebwohl, Aniki", flüsterte er. Er stieß die Männer weg, blieb aber ruhig stehen, deshalb griffen sie ihn nicht erneut an. Stumm kehrte zurück zu seinem Platz zwischen Naruto und Sakura. Die Anbu zogen sich zurück und er fing einen fragenden Blick von Tsunade auf. Wie betäubt nickte er. Er wollte nicht, dass Itachi starb. Sein Bruder senkte wieder den Kopf und der Anbu postierte sich erneut neben ihm. Sasuke schloss die Augen. ~~ "Aniki?", fragte er in die Dunkelheit hinein. Er hörte, wie Itachi sich im Bett aufsetzte. "Was ist denn, Sasuke?" "Ich hab schlecht geträumt. Darf ich bei dir schlafen?" Zuerst war es still, aber dann seufzte Itachi und sagte: "In Ordnung. Komm her." Erleichtert rannte Sasuke zum Bett seines Bruders und krabbelte auf dessen Bett. Itachi hob die Bettdecke an und Sasuke kuschelte sich an seinen Bruder, der den Arm um ihn legte und ihn zudeckte. Der böse Traum war vergessen, jetzt wo er sicher in den Armen seines Bruders war. Er spürte den gleichmäßigen Atem seines Bruders auf seiner Haut und ihm fielen die Augen zu. Seine kleinen Finger spielten mit einer Haarsträhne seines großen Bruders und dessen stetiger Herzschlag begleitete ihn bis in seine Träume. ~~ "Ist alles in Ordnung, Sasuke?", flüsterte Sakura. Er nickte und antwortete gleichzeitig: "Nein." Er nahm ihre Hand und drückte sie. ~~ Als Sasuke das Zimmer betrat und seinen Bruder entdeckte, riss er die Augen auf. "Aniki!", schrie er begeistert. Eigentlich hätte Itachi noch unterwegs sein müssen, die Mission war für mehrere Tage angesetzt gewesen. "ANIKI!", brüllte Sasuke und stürmte los. Er schlang seine Arme um die Hüfte seines Bruders und rief begeistert: "Du bist wieder zu Hause!" Itachi schaute auf seinen Bruder runter, der über das ganze Gesicht strahlte. Sasuke rief: "Ich dachte, du kommst heute nicht mehr! Ich freu mich, dass du da bist!" "Ah ja?", fragte Itachi. "Wieso das?" Sasuke ließ sich nicht verunsichern. "Das weißt du doch! Heute ist mein Geburtstag!" Itachi gab ein leises Lachen von sich. "Was du nicht sagst." "Sasuke, lass deinen Bruder los, ja?", kam die Stimme seiner Mutter aus der Mitte des Raumes. "Itachi ist grade erst zurückgekommen, er muss sich etwas ausruhen." Widerwillig ließ Sasuke seinen Bruder los. Der machte einen Schritt zur Seite, aber bevor er den Raum verließ, legte er seine Hand auf den Kopf des Kindes und sagte: "Alles Gute zum Geburtstag, Sasuke." ~~ Es war totenstill im Raum. Für den Bruchteil einer Sekunde zog Sasuke es in Erwägung, einfach loszustürmen, diese Hinrichtung aufzuhalten und seinem Bruder das Leben zu retten. Aber was hätte das für einen Unterschied gemacht? Der Bruder den er sich wünschte, den er mal geliebt hatte, den gab es nicht mehr. Er konnte nicht hinsehen. Als Itachi enthauptet wurde, hatte Sasuke seine Augen geschlossen. Seine Freunde hielten ihn fest, versuchten ihm beizustehen. Erst, als Stimmen im Raum laut wurden und ihm begreiflich machten, dass es vorbei war, öffnete er die Augen und sah das Blut. Und Sasuke weinte. Er starrte Itachis Überreste an und auf einmal drehte sich alles. Sasuke brach zusammen und wurde von seinen Freunden im letzten Augenblick aufgefangen. Ihm wurde schwarz vor Augen und einen Moment lang glaubte er, die spöttische Stimme seines Bruders zu hören. Du weinst ja, Sasuke. Ich dachte, du würdest vor Freude lachen, wenn ich sterbe. ~Vielleicht sind es ja Freudentränen, Aniki...~ Du warst noch nie ein guter Lügner, kleiner Bruder. Kapitel 14: Nemesis ------------------- Der Rauch verflüchtigt sich und vorsichtig nähere ich mich der Stelle, an der Itachi eben noch stand. Eigentlich kann ich nicht glauben, dass ich ihn getroffen habe, obwohl ich seinen Schrei gehört habe. Wahrscheinlich steht er längst hinter mir und wird jedem Moment sein Schwert durch meinen Körper treiben. Aber ich spüre nichts, keine andere Person in meiner Nähe. Und als ich zu der Stelle komme, wo er stand, sehe ich die blutigen Überreste seines Mantels, nicht mehr als ein paar schwarz-rote Stofffetzen, die durch das Blut in das sie getränkt sind, zu schwer sind um von Wind davongetragen zu werden. Ich bin wirklich erstaunt. Sind das wirklich Itachis sterbliche Überreste? Ein paar Fetzen und etwas Asche? Habe ich meinen Bruder tatsächlich vernichtet? Ich warte einfach ab. Wenn er noch lebt, wird er mich angreifen oder sich zumindest bemerkbar machen. Aber es passiert nichts. Ich fühle mich einfach nur seltsam. Das war viel zu einfach. Wo auch immer Itachi ist, es scheint als würde er keinen weiteren Angriff starten wollen. Ich drehe mich um und mache ein paar Schritte. Jetzt macht sich mein verstauchter Knöchel bemerkbar und mir wird bewusst, dass ich am Ende meiner Kräfte bin. Aber etwas hält mich aufrecht. Ein paar Meter von mir weg steckt etwas im Boden. Es ist Itachi's Schwert. "Oh." Zugegeben, es ist eine seltsame Reaktion in Anbetracht der Tatsache, dass ich mein großes Ziel tatsächlich erreicht habe. Itachi hätte sein Schwert nicht losgelassen, wenn ich ihn nicht voll erwischt hätte. Also ist es tatsächlich wahr. Itachi ist tot. Achtlos gehe ich an dem blutigen Schwert vorbei rüber zum Ufer des Sees. Dort geben meine Beine nach und ich falle auf die Knie. Bedächtig tauche ich meine Hände in das kalte Wasser und wasche das Blut ab. Das Wasser schwappt gegen meine Knie und durchnässt meine Schuhe, meine Hose, die Bandagen um meine Knöchel. Mit beiden Händen schöpfe ich etwas Wasser und wasche mir damit das Gesicht. Als ich die Hände sinken lasse, sehe ich mein Spiegelbild im Wasser und ich kann nicht anders, als mich erstaunt anzustarren. Obwohl sich der Fluch bereits größtenteils wieder zurückgezogen hat, ist meine linke Gesichtshälfte noch immer von den schwarzen Malen entstellt. Mein rechtes Auge ist noch immer das Sharingan, das linke allerdings ist grün und starrt mich aus dem Wasser heraus bedrohlich an. Ungläubig streiche ich mit den Fingerkuppen über meine linke Wange. Bin das wirklich ich? Es fühlt sich an, als wäre dieses entstellte Ding, das mich da anstarrt, nicht ich sondern jemand anders. Orochimaru. Das ist sein Werk. Bisher war das Siegel für mich wie ein Segen, denn es gab mir Macht und das Gefühl, meinen Bruder besiegen zu können. Jetzt aber begreife ich, dass es tatsächlich mehr wie ein Fluch ist. Ich bin verflucht. Verunreinigt. Ich habe meine Seele beschmutzt und jetzt, wo Itachi tot ist, muss ich den Preis bezahlen. Wenn ich zu Orochimaru zurückkehre, wird er meinen Körper einfordern. Er wird ihn übernehmen und dann werde ich nichts weiter als eine leere Hülle sein, eine Marionette. Ich frage mich, ob meine Eltern sich das für den letzten Überlebenden des Uchiha Clans gewünscht hätten. Orochimaru kann ich nicht entkommen. Er wird mich überall finden und es gibt keinen Ort, wo ich Schutz suchen könnte. Ein Seufzen kommt mir über die Lippen. Der Gedanke, dass der Uchiha Clan so endet, ist traurig, aber ich fühle mich nicht traurig. Ich fühle gar nichts. Ich bin völlig leer. Ich wollte einen neuen Clan gründen. Nach Itachis Tod wollte ich eine Frau finden, heiraten und Kinder zeugen, den Clan neu aufleben lassen. Aber ich habe vergessen, dass ich das Dorf verraten habe, und dass mir von nun an Orochimaru im Nacken sitzen wird. Noch immer fixiert auf mein Spiegelbild ziehe ich meinen Kunai aus der Tasche. Vielleicht könnte ich versuchen, vor Orochimaru wegzulaufen, vielleicht würde mir Konoha sogar Asyl gewähren, trotz allem. Aber ich bin müde. Langsam wird mir bewusst, dass Itachi mein Lebensinhalt war. Er ist jetzt tot, also wozu existiere ich noch? Ich bin der Letzte meines Clans, irgendwie gehöre ich nicht mehr hierher. Ich setze die Klinge an mein linkes Handgelenk. Als der Kunai in mein Fleisch schneidet und frisches Blut aus der Wunde quillt, begreife ich, dass ich eigentlich nie vorhatte, Itachi zu überleben. Eigentlich dachte ich, ich würde mit ihm sterben. In dem Moment, als ich Konoha verlassen habe, habe ich aufgehört, die Zeit nach Itachis Tod zu planen. Ich ziehe die Klinge rasch über den Arm und sehe fasziniert zu, wie das Blut ins Wasser tropft. Orochimaru wird mich nicht bekommen. Lieber sterbe ich. Langsam nehme ich das Messer in die linke Hand. Als ich den Griff umfasste, spritzt Blut aus der Wunde und der Arm beginnt zu zittern. Ich kann den Kunai kaum halten. Meine Stirn legt sich in Falten, als ich meine Kraft sammle, und dann einen wesentlich unsaubereren Schnitt an meinem rechten Handgelenk mache. Dann fällt mir der Kunai aus der Hand. Aus der zweiten Wunde quillt wesentlich weniger Blut. Warum fühle ich keine Schmerzen? Ich knie immer noch, aber mein Knöchel tut nicht weh. Meine Hände fühlen sich taub an, der Schnitt in meinem linken Arm klafft weit auseinander, trotzdem fühle ich nur ein leichtes Kribbeln. Merkwürdig. Ich sitze da und starre auf meine Arme. Und warte. Es dauert so lange. Die Sekunden ziehen sich hin wie Stunden und ich beginne mich zu fragen, ob die Schnitte nicht tief genug sind. Bis ich den Kopf hebe um in den Himmel zu schauen, und ich merke, dass mir schwindlig ist. Die Wolken bewegen sich und ich merke etwas spät, dass ich zur Seite kippe. Ich lande im seichten Wasser. Auf einmal fühle ich mich müde. Das kühle Wasser schwappt mir ins Gesicht und wäscht das Blut von meinem linken Arm. Ich stelle fest, dass ich mich nicht mehr aufsetzen kann. Ich kann kaum noch den Arm heben. Müde... Das Plätschern des Wassers wirkt so beruhigend auf mich. Ohne dass ich es will, denke ich an meine Kindheit. An die glücklichen Tage, als ich noch eine Familie hatte. Als ich noch Träume hatte. Ich habe all meine Träume verloren, als Itachi sie tötete und mich allein zurückließ. Jetzt werde ich nie mehr erfahren, warum er es getan hat. Auch egal. In ein paar Minuten wird mich das alles nicht mehr interessieren. Wie von weit her dringen Geräusche an mein Ohr, die nicht in die sanfte Stille dieses Ortes passen. Schritte. Jemand läuft am Ufer entlang. Und dann ist er bei mir, fällt auf die Knie und schreit mich an. Ich kann nicht alles verstehen, was er sagt. Ich werde in die Höhe gerissen, aus dem Wasser, in seine Arme. "Sasuke! Bist du verrückt? Was hast du getan?!" Mein Gott! Ich habe mich geirrt. Itachi ist noch am Leben. Mein Kopf ruht kraftlos an seiner Brust und ich sehe, dass die linke Seite seines Mantels zerrissen ist. Darunter ist die Haut blutig. Daher kamen also die Stofffetzen. Er hat überlebt. Und nun wird er der letzte Überlebende des Uchiha Clans sein. Seltsamerweise ist es mir fast egal. Ich habe nicht mehr die Kraft, mehr als einen bedauernden Gedanken daran zu verschwenden. Mir ist schwindlig, ich bin so müde. Er schüttelt mich, schreit mich an. Dann wird mir schlecht, als er aufsteht, mich auf seine Arme nimmt. Mein Kopf fällt nach hinten und ich sehe sein Gesicht. So viel Schmerz in seinen Augen... ich habe noch nie eine Gefühlsregung in seinem Gesicht gesehen und nun sieht er mich voller Verzweiflung an. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Ich fühle... Genugtuung. Ich habe es geschafft, ihm wehzutun. Ich hätte nie gedacht, dass ich es auf diese Weise schaffen würde, doch mir reicht der Gedanke, dass ich ihm am Ende wenigstens eine Wunde zufügen konnte. Der Schmerz in seinen Augen erfreut mich. Das ist meine Rache und es fühlt sich gut an. Mein Körper gehorcht mir nicht und ich kann nicht anders. Mein Kopf fällt zur Seite und ich schließe die Augen. Ich höre, wie Itachi verzweifelt meinen Namen ruft. Am Ende habe ich doch noch gesiegt. Kapitel 15: Hass ---------------- Die Erde bebte, als das schwarze Feuer des Amaterasu auf den gewaltigen Feuerball traf. Funken stoben in alle Richtungen und kleine Flammen setzten sich am Boden fest und schwelten vor sich hin. Die Urheber dieser unfassbaren Kräfte standen sich nur wenige Meter voneinander entfernt gegenüber. Ihre Augen waren blutrot, es waren die Augen der letzten beiden wahren Sharginan Erben. Der Kampf der beiden ungleichen Brüder dauerte noch nicht lange. Sie wussten beide, dass es sich bald entscheiden würde, wer diesen Kampf gewinnen würde. Sie beide geboten über derart gewaltige Kräfte, dass ein Kampf nicht lange dauern konnte. Aber bereits jetzt hatten sie das halbe Haus zerstört. Ironischerweise war dies der Ort, an dem alles angefangen hatte. Hier waren sie beide geboren worden und hier war der unbändige Hass entstanden, mit dem der Jüngere von beiden seinen Bruder anstarrte. Die Flammen von Sasuke’s Feuerball hatten die Vorhänge erfasst und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich auch auf das trockene Holz ringsum ausbreiten würden. Die schwarzen Flammen des Amaterasu breiteten sich wesentlich langsamer aus, dafür gab es keinen Weg, sie zu löschen. Die Uchiha Residenz, in der sie einst beide zusammen gelebt hatten, war bereits verloren. Sasuke warf einen eisigen Blick auf die schwarzen Flammen und fragte kühl: „Ist das alles, was du hast?“ Von seinem Bruder bekam er keine Antwort, aber die brauchte er auch nicht. Fünf Jahre waren seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen. Sasuke war jetzt siebzehn Jahre alt und in diesen fünf Jahren hatte er all das gelernt, was er brauchte, um seinen Bruder endlich besiegen zu können. Die schwarzen Flecken des Fluchs bedeckten die linke Seite seines Gesichts. Aus dem Fluch schöpfte er die Kraft, die er für seine stärkste Technik brauchte. Stumm schaute Itachi zu, wie er Fingerzeichen formte. Sasuke senkte den Kopf und starrte auf seine Finger, konzentrierte sich auf die unzähligen Zeichen. Er wusste, dass er von Itachi nichts zu befürchten hatte. Sein Bruder würde erstmal abwarten, was für eine Technik er gelernt hatte, und dann darauf reagieren. Das war sein Schwachpunkt, der ihn heute den Sieg kosten würde. Er spürte, wie sich Energie sammelte, zuerst nur um seine Hände, dann auch am Boden rings um ihn herum und wie jedes Mal riss er seine Augen weit auf, als er die unfassbaren Kräfte spürte, über die er jetzt gebot. Die Male des Fluches brannten wie Feuer, als sie sich über seine Haut zogen, weiter über sein Gesicht. Das war der Preis, den er für diese Technik zahlen musste. Aber das war nicht länger wichtig. Selbst wenn der Fluch ihn danach komplett beherrschen sollte, war ihm das egal, solange er nur vorher Itachi töten konnte. Ein Schild aus purer Energie umgab ihn, sichtbar in Form schimmernden Lichts, und als er den Kopf hob, sah er den überraschten Ausdruck in den Augen seines Bruders. Ja! Sieh genau hin, Itachi! Ich werde dich das fürchten lehren! Sasuke streckte eine Hand aus und Itachi schien zu begreifen, in welcher Gefahr er sich befand. Noch einmal riss er seine Augen weit aus und über die Sharingan befehligte er das schwarze Feuer des Amaterasu, schleuderte es seinem jüngeren Bruder entgegen. Diesmal brauchte Sasuke keinen Feuerball, um dem entgegen zu wirken. Das Schild beschützte ihn und das Feuer des Amaterasu prallte einfach daran ab. Er lachte leise. „Das ist das Ende, Itachi.“ Fast leichtfertig hob er den Arm und deutete auf seinen Bruder. Und dann raste es durch die Luft, ein Strahl aus purer Energie, der sich kurz bevor er auf Itachi traf teilte, um den überraschten Uchiha dann von allen Seiten zu treffen. Mit einem triumphierenden Lächeln sah Sasuke zu, wie Itachi getroffen wurde und er stellte erfreut fest, dass sein Bruder keinen Weg gefunden hatte, sich dagegen zu verteidigen. Er schloss die Augen und lauschte voller Freude dem Schmerzensschrei seines Bruders. Ja, schrei für mich, Itachi! Du sollst leiden, genau wie ich gelitten habe! Einen Moment lang erlaubte er es sich, dem wundervollen Schrei zu lauschen, dann erinnerte er sich daran, dass es noch nicht vorbei war. Er öffnete die Augen und stürmte los, auf seinen Bruder zu. Für einen Moment war der Raum blau erleuchtet, als er das Chidori aktivierte und, begleitet vom Schrei der tausend Vögel seinem Bruder entgegen stürmte. Itachi hatte keine Chance, sich zu wehren. Erbarmungslos schlug Sasuke ihm mit voller Wucht die Faust in den Magen. Mit dem Rücken prallte Itachi gegen die Wand und spuckte Blut auf Sasukes Unterarm. Fast ungläubig sah Sasuke zu, wie sein Bruder in sich zusammensackte. Das war fast zu einfach gewesen. Er machte einen Schritt nach hinten, nur für den Fall, dass Itachi noch ein As im Ärmel haben sollte. Sein Bruder hob mühsam den Kopf und sah ihn eindringlich an. „Ich bin stolz auf dich, Sasuke.“, murmelte er und wischte sich das Blut vom Kinn. Und dann legte sich ein Arm von hinten um Sasuke und die Stimme seines Bruders flüsterte ihm ins Ohr: „Du hast wirklich dazugelernt.“ Sasuke war starr vor Schreck. Er bewegte sich nicht, als Itachi sich von hinten an ihn schmiegte und der Doppelgänger, der vor ihm auf dem Boden saß, sich in Rauch auflöste. „Nein...“, flüsterte er entsetzt. „Wie hast du...?“ Das Flüstern an seinem Ohr übertönte das Prasseln der Flammen. „Aber noch reicht es nicht aus. Du hast mich unterschätzt, kleiner Bruder.“ Mit einem Mal war Sasukes Selbstsicherheit verflogen. Vielleicht hätte er noch die Chance gehabt, sich zu wehren. Aber Itachi hatte ihm sehr eindrucksvoll bewiesen, dass noch immer so ein riesen Unterschied zwischen ihnen bestand. Es machte keinen Sinn, zu kämpfen. Ohne es wirklich wahrzunehmen, sah er, wie die Flammen am Fensterrahmen leckten und immer wieder kleine Feuernester zu Boden fielen. Der Fluch zog sich zurück und die Gefühle kehrten zurück, allen voran Enttäuschung. „Du bist jetzt siebzehn, nicht wahr?“, fragte Itachi. „Langsam solltest du in der Lage sein, deinen Gegner besser einzuschätzen.“ Itachis Hand legte sich um Sasukes Kinn und zog seinen Kopf zur Seite. Etwas Feuchtes berührte Sasukes Hals und leckte über die empfindliche Stelle unter seinem Ohr. „Vielleicht sollte dir endlich jemand beibringen, dass so ein kopfloses Verhalten Konsequenzen hat.“ Heiser sagte er: „Lass mich los.“ Seine Stimme klang erbärmlich schwach. Sein Bruder ignorierte ihn völlig. Seine rechte Hand fand Sasukes Tasche und zog den Kunai raus. „Du kannst dich glücklich schätzen. Wenn ich nicht dein Bruder sondern irgendein feindlicher Shinobi wäre, hätte ich dir längst die Kehle aufgeschlitzt.“ Quälend langsam führte er die Klinge des Kunai unter Sasukes Hemd. Der zwang sich dazu, stillzuhalten. Die Klinge glitt nach oben und schnitt das Hemd der Länge nach auf, bevor Itachi das Messer einfach fallenließ. Sasuke spürte den heißen Atem seines Bruders an seinem Hals, und dessen rechte Hand, die über seine nackte Brust streichelte. „Hör auf...“, protestierte er heiser. „Du hast verloren, Sasuke. Lerne deine Lektion, und danach kannst du stärker werden.“ „Nein...“, flüsterte er entsetzt. Itachi nahm ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich um. Er schaute in die blutroten Sharingan und er wusste nicht, was er tun sollte. Itachis Hände auf seinen Schultern übten sanften Druck aus, bis seine Beine wie von selbst nachgaben und er auf die Knie sank. „Itachi... nicht...“, sagte er verzweifelt. „Ich helfe dir, Sasuke. Wenn ich mit dir fertig bin, wird dein Hass groß genug sein.“ Die Haare fielen Itachi ins Gesicht, als er den Kopf senkte, um seinen Bruder anzusehen. Hinter ihm schwelte das Feuer und ließ ihn wie den Teufel persönlich aussehen. „Du weißt, was du zu tun hast.“ Verzweifelt schüttelte Sasuke den Kopf. „Zwing mich nicht dazu, Itachi...“ „Du hast die Wahl, Otouto. Entweder du tust es freiwillig, oder ich breche dir ein paar Knochen, bis du es tust.“ Während Sasuke über seine Optionen nachdachte, sah Itachi sich demonstrativ um und fügte hinzu: „Allerdings wird es schon bald sehr ungemütlich werden. Du solltest dich beeilen.“ Sasuke konnte sich sehr gut an die endlosen Tage im Krankenhaus erinnern, nachdem Itachi ihn verprügelt hatte. Auch wenn er sich für den Gedanken schämte, er wollte so etwas nicht noch einmal erleben. Das Schlimme waren nicht die Verletzungen gewesen, sondern das, was die Mangekyou Sharingan in ihm angerichtet hatten. Er wollte Itachi nicht die Gelegenheit geben, ihm das noch einmal anzutun. Lieber würde er sich hier und jetzt demütigen. Er schluckte seinen Stolz runter und griff mit zitternden Fingern nach Itachis Hose. Alles was danach geschah, nahm er wie in einem bösen Traum wahr. Das entsetzlich vertraute Gefühl von Itachis makelloser Haut unter seinen Fingern, der Geschmack und Geruch seines Bruders, dessen Hände, die sich in sein Haar gruben und seinen Namen seufzen, und rings um sie herum das Feuer, das sich weiter ausbreitete. Wie ein Dämon sah Itachi aus, als er sich im Schein des Feuers runterbeugte und Sasuke befahl, sich auszuziehen. Sasuke versuchte es, aber seine Hände zitterten und ihm war so übel. Ungeduldig zerrte Itachi ihm die Kleider vom Leib und drückte ihn auf den Boden. Sasuke schloss die Augen und als ein furchtbarer Schmerz durch seinen Körper raste, biss er sich auf die Unterlippe, bis er blutete, um nicht zu schreien. Am Fenster vereinigten sich die schwarzen Flammen des Amaterasu mit seinem Feuer und hin und wieder regneten glühende Splitter auf sie beide herab und sengten seine Haut an. Doch in einem hatte Itachi Recht gehabt. Mit grimmiger Entschlossenheit dachte Sasuke, dass er jetzt in der Tat genug Hass in sich hatte. Beim nächsten Mal würde er Itachi demütigen. Der flammende Hass in ihm loderte heller auf als die Flammen, er schien ihn von innen heraus zu zerfressen, er war stärker als der Schmerz, den Itachi ihm zufügte, stärker als die Demütigung. Er fraß seine Seele auf und ließ nur ein schwarzes Nichts zurück. Und dann verlor Sasuke das Bewusstsein. Etwas bewegte sich und holte Sasuke zumindest teilweise in die Wirklichkeit zurück. Ihm war schlecht. Der Rauch brannte in seinen Lungen und etwas heißes berührte seinen Handrücken und verbrannte seine Haut. Ein lautes Geräusch drang zu ihm vor und dann wehte ihm kühle Nachtluft ins Gesicht. Er hustete, fühlte sich aber zu schwach um die Augen zu öffnen. Das Schwanken hörte auf und dann spürte er etwas Kühles, Weiches unter sich. Eine Hand berührte sein Gesicht und er hörte die Stimme seines Bruders. „Du hast es immer noch nicht begriffen, Sasuke. Meine größte Schwäche... das bist du.“ Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, öffnete Sasuke die Augen. Er war allein, lag auf einer Wiese. Nicht weit entfernt sah er das brennende Haus, das rotes Licht auf ihn warf. Er versuchte, seinen geschundenen Körper zu bewegen, aber es gelang ihm nicht. Aber bei dem Unterfangen merkte er, dass ein schwerer Mantel über seinem nackten Körper ausgebreitet worden war. Deshalb hatte er den Geruch seines Bruders noch in der Nase. Erschöpft ließ er seinen Kopf wieder ins Gras sinken. *** Die FF is schon etwas älter... irgendwie unspektakulär aber ich mag sie weil sie ziemlich finster is. Ich fand, ich musste nach so langer Zeit mal wieder ne Kurzgeschichte posten. Kapitel 16: Die große Krise --------------------------- Alles fing eigentlich so harmlos an. Sasuke lag gerade auf seinem Bett in seinem Zimmer irgendwo in Orochimarus finsterer Behausung und las ein Buch ("The Art of Killing Your Brother"), als es an der Tür klopfte. Er überlegte, ob er sein Schwert in Reichweite hatte, bevor ihm einfiel, dass Orochimaru gerade seine Lieblingssendung im Fernsehen anschaute. Also bat er den Besuch nichtsahnend herein. Quietschend öffnete sich die Tür und als erstes sah Sasuke nur Sharingan im Halbdunkel leuchten. "Bist du das, Itachi?", fragte er gelangweilt. "Was willst du denn schon wieder hier?" "Darf ich dich denn nicht einfach mal besuchen kommen?" "Nein? Was auch immer du jetzt für ein Problem hast, geh weg bevor Orochimaru dich hier erwischt. Du weißt, wie scharf er auf dich ist." Als hätte er das gar nicht gehört, ließ sein Bruder sich neben Sasuke auf das Bett sinken. "Ich glaube, ich habe eine Identitätskrise", gestand Itachi niedergeschlagen. "Wie das? Gefällst du dir in der Rolle des Serienmörders nicht mehr?", erkundigte Sasuke sich beiläufig. "Es ist nicht nur das", antwortete Itachi ernsthaft. "Ich weiß ja, die Sache mit dem coolen, distanzierten großen Bruder mit den nebulösen Motiven hat was, aber irgendwie möchte ich mich auch mal verändern." Er packte jetzt Sasukes Hand und der hätte beinah sein Buch fallengelassen. "Ich möchte Menschen helfen! Ich habe es satt, immer der Böse zu sein!" "Ah ja?" "Erst habe ich mir überlegt, mir einfach einen neuen Haarschnitt zuzulegen, aber dann", Itachi stand zögernd auf und nestelte an seinem Kragen, "habe ich mir überlegt, wie ich gerne sein möchte. Sasuke, ich…", er öffnete den Mantel und streifte ihn sich von den Schultern, "…ich möchte ein Superheld werden." Man konnte praktisch hören, wie Sasukes Kinnlade auf den Boden fiel. Wie ein Schaf starrte er seinen großen Bruder an, der ein hautenges, knallgelbes Latexkostüm trug. Auf der Brust prangten zwei verzierte Buchstaben: "SW". Komplettiert wurde der Aufzug von wie Plastik anmutenden Stiefeln und Handschuhen in, wie konnte es auch anders sein, einem ätzenden Neongrün. Das Outfit wirkte, als wäre es eingelaufen, denn die Beinlänge war wohl etwas zu kurz und zwischen dem Latex und den Stiefeln blitzten zwei dicht behaarte Waden hervor. "Himmel", stieß Sasuke schließlich hervor und war einigermaßen stolz auf sich, dass er angesichts dieses grauenerregenden Anblicks überhaupt noch der deutschen Sprache mächtig war. "Gott, du siehst aus wie die fleischgewordene Geschmacksverirrung." "Danke!", strahlte Itachi. "…das war kein Kompliment." Verstört schüttelte Sasuke den Kopf und wie schon so oft wünschte er sich, er wäre adoptiert worden und mit diesem gestörten Menschen nicht blutsverwandt. "Sollte ich fragen, wofür die Buchstaben auf deiner Brust stehen?" "Super-Weasel natürlich! Der aufgehende Stern am Superheldenhimmel!" "Sind Superhelden nicht für gewöhnlich gut?" "Ich kann auch gut sein! Neulich hab ich so ner Omma über die Straße geholfen!", erklärte Itachi eifrig. "Sollte ein Superheld nicht fliegen können oder so?" "Kisame kann mich werfen." "…" Itachi drehte sich strahlend einmal um die eigene Achse. Sasuke war kurz davor, sein Mittagessen auf dem Bett zu verteilen. "Und? Was meinst du dazu?", fragte er erwartungsvoll. "Ich meine, du solltest ein etwas weniger eng anliegendes Outfit wählen. Dieses hautenge Ding überlässt bedauerlicherweise fast nichts der Phantasie. Wie ich sehe, bist du Rechtsträger." Sasuke schauderte. Das war wesentlich mehr, als er je über Itachi hatte wissen wollen. "Ach komm, sei ernst. Sag mir, wie dir meine neue Identität gefällt." Sasuke zwang sich zu einem Grinsen. "Echt… super!", sagte er und hielt beide Daumen hoch. "Weißt du was, die Idee ist richtig gut! Und weißt du noch was? Du solltest gleich anfangen, Gutes zu tun. Ich kenne einen ganz fiesen Bösewicht, dem du das Handwerk legen kannst!" "Echt?" Itachi strahlte über das ganze Gesicht. Sasuke wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. "Ja! Und du kennst ihn auch! Es ist… Orochimaru! Das ist ein ganz… öh… schlimmer Finger! Mach ihn platt, dann wird dir ein Platz in der Hall of Fame der Witzfiguren… ich meine, Superhelden… sicher sein!" Kichernd schlang Itachi die Arme um seinen Bruder, drückte ihn an sich und hüpfte dann davon. Seelenruhig nahm Sasuke sein Buch wieder auf und las weiter. Da die Tür offenstand, konnte man durch die zahlreichen Gänge eine tiefe Stimme vernehmen: "Ich bin Super-Weasel! Und ich werde dich für deine Schandtaten büßen lassen!" Lächelnd blätterte Sasuke die Seite um und sagte leise zu sich selbst: "Manchmal finde ich mich selber ganz schön gemein." Aus den tiefen von Orochimarus Behausung drang jetzt ein heller Schrei. "HÄNDE WEG, SCHLANGENMANN! IIIIIIIIIIIIIEEHHH!!!!" "…aber nur manchmal." *** Ich konnte mich nicht beherrschen... ich dachte mir, nach den ganzen traurigen oder finsteren Fanfics musste mal wieder was Lustiges her... tööötet mich nicht... *weghüpf* Kapitel 17: Fahrvergnügen ------------------------- Tausend Gedanken schwirrten Naruto durch den Kopf, als er so dastand und den jungen Mann anstarrte, den er nun seit fast drei Jahren nicht gesehen hatte. Nicht jeder Gedanke machte auch Sinn und einiges hätte er sowieso vehement bestritten je gedacht zu haben. Sasuke, dieser elende Bastard, hatte sich wirklich zu seinem Vorteil entwickelt. Die schwarzen Haare, die tiefdunklen Augen und die blasse Haut waren geblieben. Aber sein Gesicht war jetzt nicht mehr so kindlich wie damals, es hatte einen erwachsenen, gereiften Ausdruck angenommen, der Naruto vor Neid fast platzen ließ. Er war auch gewachsen, sein Körper war größer, muskulöser und imposanter geworden. Irgendwie erinnerte Sasuke ihn an eine große Katze. Und der coole Eindruck wurde noch verstärkt durch die extrem coole Kleidung. Sasuke trug ein sehr loses Hemd, das seine nackte Brust kaum bedeckte, und das gab ihm noch einen wilden Touch, zu allem Überfluss. "Es ist lange her… Naruto." Sasuke brach als erster die Stille. Natürlich. Er musste ja immer erster sein, dachte Naruto wütend. "Willst du mich noch lange so dämlich anstarren, Dobe? Du hast dich wirklich kaum verändert." Dieser arrogante, miese… Naruto ballte die Hände zu Fäusten und versuchte, sich daran zu erinnern, warum er gekommen war. Er wollte Sasuke, diesen verfluchten Verräter und Überläufer, notfalls mit Gewalt zurück ins Dorf schleppen. "Ich bin hier um dich zu holen. Diesmal werde ich nicht gegen dich verlieren." "Komm her, wenn du dich traust, Dobe." Erbittert starrten die ehemaligen Freunde einander in die Augen. Der Wind pfiff ihnen dramatisch um die Ohren und ließ ihre Haare extrem stylish fliegen. Die Zeit der Abrechnung war jetzt gekommen. Mit zitternden Fingern griff Naruto ganz langsam nach dem Griff seines Kunai. In genau demselben Tempo ergriff Sasuke die Waffe, die er auf dem Rücken trug. Das Herz schlug Naruto bis zum Hals. Obwohl er auf diesen Augenblick hingearbeitet hatte, bekam er jetzt doch Angst. Sasuke war zweifellos stärker geworden. Er hatte ihn schon einmal besiegt. Naruto schluckte, atmete einmal tief ein und ging in die Knie, um sich vom Boden abzustoßen. Ein schriller, kaum noch menschlicher Schrei zerriss die Stille. Etwas Pinkes tauchte neben Sasuke auf und warf sich auf ihn. Sein Schwert ließ er vor Schreck fallen, als Sakura sich ihm an den Hals warf. "SASUKE-KUUUUUUUN!!!!", hörte man sie brüllen, und dann nur noch sehr merkwürdige Geräusche. Erschüttert stieß Naruto sich ab und begab sich ebenfalls auf die Kuppe, um genauer sehen zu können, was da vor sich ging. Der eben noch so erhabene Sasuke lag im Dreck, und auf ihm kroch Sakura, die irgendwie nicht mehr sie selbst zu sein schien, und schlabberte ihm die nackte Brust ab. "Sasuke", keuchte sie mit unmenschlicher Stimme. "Du. Bist. Ein. Sexgott." "Sakura…", fing Sasuke etwas überfordert an. "Deine Stimme!", schrie sie so plötzlich, dass er erschrocken zusammenzuckte. "So ein wunderbar schnurrender, tiefer Bass… oh mein Gott! Sprrrrrich zu mir!!!" "Äh…", kurz suchte Sasuke nach den passenden Worten und stammelte schließlich: "Fahrvergnügen?" Ein Schwall von Blut ergoss sich auf Sasukes blütenweißes Hemd, Sakura kippte nach hinten und dann… Stille. So elegant wie möglich stand Sasuke auf und fuhr sich würdevoll durch das Haar. "Naruto", sagte er, immer noch kreidebleich im Gesicht. "Bist du bereit für unseren…", auffällig unauffällig wischte er sich Spucke von der Brust, "…Zweikampf?" "Äh… klar. Ja. Eh." Während Sasuke also sein Schwert suchen ging, zog Naruto mal seinen Kunai und stellte zwischendurch sicher, dass die bewusstlose Sakura nicht verblutete. Ein paar Meter weiter bückte sich Sasuke gerade nach seinem Schwert, da- "UAAAAH!!!!!" Eine fahle Hand lag auf Sasukes Hintern und im nächsten Moment fuhr der schreiend hoch und wirbelte mit gezücktem Schwert herum. Ein kalkweißes Etwas mit schwarzen, langen, ins Gesicht hängenden Haaren, das aussah, als wäre es eben aus einem Brunnen geklettert, stand vor ihm. Zwischen den Haaren schälte sich ein schleimiges, rotes Etwas, das entfernt an eine XXL-Zunge erinnerte, hervor. Sasukes donnernder Wutschrei war sicher noch kilometerweit entfernt zu hören. "GOTT VERDAMMT!!! Orochimaru, wie oft habe ich dir eigentlich gesagt, dass du mir nicht an den Arsch grapschen sollst?!" "Aber Sasuke-kun…" "VERPISS DICH!!! Ich befinde mich hier grade kurz vor einem Zweikampf auf Leben und Tod, falls du's nicht gemerkt haben solltest!" "Aber…" Wutschnaubend deutete Sasuke auf eine Person, die noch immer unten stand und entgeistert zu ihnen allen hoch starrte. "Nimm den schwulen Typ der bauchfrei trägt, wenn du was zum begrabbeln brauchst aber PACK MICH NICH AN!!!" "Na fein!", ächzte Orochimaru und schüttelte sich sein Haar aus dem Gesicht. "Aber morgen bist du wieder da, ja?" Der Sannin verschwand scheinbar spurlos, und Sekunden später hörte man den feigen Schrei eines dünnlippigen bauchfrei-Trägers. Schon ziemlich angepisst fuhr Sasuke sich durch die Haare und fauchte: "Überall nur Verrückte! Was ist denn heute bloß los?" "Vielleicht solltest du deine offenherzige Kleidung mal überdenken?", merkte Naruto an. "Wen interessiert, was ich ANHABE? Lass uns das jetzt endlich zu Ende bringen, ich hab heut auch noch was anderes vor." Sagte es und nahm sein Schwert hoch. "Ich dachte schon, wir würden gar nicht mehr anfangen", sagte Naruto grinsend. Sasuke machte einen Schritt auf ihn zu. Irgendwas passierte. Auf einmal war da ein Schwarm von schwarzen Vögeln, die wie aufgescheucht in die Luft flatterten. Und als sie aus seinem Sichtfeld verschwunden waren, war Sasuke nicht mehr allein. Jemand stand hinter ihm, die Arme um ihn geschlungen, eine Handfläche war unter dem bisschen Stoff der Jacke verschwunden. Rote Sharingan Augen verengten sich genüsslich. Sasuke stand stocksteif und kreidebleich da. "Sasuke", schnurrte eine tiefe Stimme. "Du siehst wirklich unwiderstehlich aus in dem Teil." "Itachi?!", krächzte Sasuke, offensichtlich der Panik nah. Das Wiesel drückte sich enger an seinen Bruder und der stieß einen entsetzten, angeekelten Schrei aus, bevor er sich empört losriss. "SAG MAL, SPINNST DU?!", brüllte Sasuke. "Ich hoffe für dich, was ich da gespürt habe, war bloß eine Gurke in deiner Hosentasche, und nicht das, was ich befürchte das es war!!" Itachi lächelte bloß verklärt. Seine Augen glitzerten. "Mein lieber, kleiner Sasuke… du bist so groß geworden…" Er schlich einmal um seinen kleinen Bruder herum, dann schmiegte er sich wieder an ihn. Sasuke schien starr vor Entsetzen zu sein. Eine von Itachis Händen verschwand wieder unter dem Hemd… und wanderte dann weiter nach unten… Itachi grinste breit und schnurrte: "SEHR groß…" Die Ereignisse in den darauffolgenden Sekunden überschlugen sich geradezu. Man hörte erst einen Wutschrei, dann ein Klatschen. Es folgte ein Schwall unflätiger Beleidigungen und ein paar Mal das Klirren aufeinander prallender Schwertklingen. Jemand murmelte irgendwas von "…orokanaru otouto yo…", worauf ein zorniges Brüllen ertönte. Als der Staub sich legte, sah Naruto nur noch, wie Itachi lachend davonhüpfte. "Ich komme wieder!", hörte man ihn rufen. Sasuke wirkte… verstört. Erschüttert. Auf jeden Fall nicht mehr in der Lage, einen Kampf auszufechten. Naruto seufzte. "Junge… demnächst komm ich mal wieder hier vorbei. Wenn du Wert auf ein Duell legst, dann tu was an deiner Kleidung, ja?" Verstört blickte Sasuke an sich runter. "Ja", murmelte er. "Ja… gute Idee…" Wortlos drehte Naruto sich um und ging. Als Sasuke an diesem Abend zurück nach Hause kam, tönte ein heiserer Schrei durch Otogakure. Besorgte Sound-Nin, allen voran Kabuto, kümmerten sich um einen ohnmächtigen Sannin. An ihnen vorbei schlurfte Sasuke in Richtung seines Schlafzimmers. Er trug einen knöchellangen, bis oben hin zugeknöpften Mantel und hatte Orochimaru soeben erklärt, dass er nie mehr oberkörperfrei herumlaufen würde. ENDE! *** Okay... ich weiß nicht, wie ich das erklären soll... das hab ich eigentlich kurz nach den Kapiteln geschrieben, in denen Sasuke wieder aufgetaucht ist. Sein Outfit finde ich einfach nur genial ohne Ende... Kapitel 18: Der finale Zweikampf -------------------------------- Blasses Mondlicht schien auf das friedliche Dorf hinab. Unheilvoll pfiff der Wind durch die verlassenen Gassen. Zu dieser späten Stunde war das Dorf wie ausgestorben. Aber auf der Hauptstraße standen sich zwei Erzfeinde gegenüber und schauten sich bedrohlich in die Augen. Der ältere von ihnen trug den langen Mantel der Akatsuki, seine Augen leuchteten blutrot. Der andere trug einen pechschwarzen Mantel, in seiner Rechten hielt er einen Kunai, um dessen Griff sich seine Finger so fest geschlossen hatten, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Eine steile Zornesfalte hatte sich auf seiner Stirn gebildet, mit seinen dreifachen Sharingan starrte er seinen Gegner hasserfüllt an. "Itachi!", sagte er düster. "Endlich ist es soweit!" "Diesmal wird es keine Gnade geben", sagte Itachi. "Nur einer von uns wird dieses Dorf aufrecht verlassen!", entgegnete der Jüngere verbissen. "Diesmal werden wir unser Duell bis zum Ende ausfechten!" Der Wind zerrte am schwarzen Haar der ungleichen Brüder. Die Stimmung war angespannt, als sie sich einander mit festen Schritten näherten. Erst als sie kaum einen Meter voneinander entfernt waren, blieben sie beide stehen. "Los!", zischte Sasuke ungeduldig. "Tragen wir es aus!" "Bereit, wenn du es bist!" "Wo sollen wir unseren Zweikampf ausfechten?" Itachi hob den Arm und deutete in eine Richtung schräg links hinter Sasuke. Der nickte grimmig. Ohne sich auch nur einen Moment aus den Augen zu verlieren, setzten sie beide sich in Bewegung. Fünf Minuten später. Klirrend stießen zwei randvoll mit Wodka gefüllte Gläser aneinander. "WETTSAUFEN!!!", brüllten die Brüder gleichzeitig. Sie saßen einander gegenüber, in einer kleinen Bar. "Wer zuerst umkippt, sich übergibt oder aufgibt, hat verloren!", zischte Sasuke. "Du hast keine Chance, Bruder." "ABWARTEN!" Gleichzeitig kippten sie ihr erstes Glas runter, ohne dabei auch nur für einen Moment den verbissenen Blickkontakt zu verlieren. Eine Stunde nach Beginn des finalen Zweikampfs. Eisern stierten die Brüder einander an. Der Wirt hatte gerade wieder zwei Gläser Wodka gebracht. Sasuke hielt sein Glas verkrampft in seiner Hand, seine Augen loderten voller Hass. Itachi saß stocksteif da, das Kreuz durchgedrückt, und erwiderte den Blick scheinbar ungerührt. "Du wirkst blass, Otouto", sagte er kühl. "Warum beenden wir diesen ungleichen Kampf nicht sofort. Gib auf, solange du noch ein wenig Würde übrig hast." "Dir wird deine Überheblichkeit noch im Hals stecken bleiben", fauchte Sasuke. "Wir wissen beide, dass ich trinkfester bin als du. Ich gebe dir noch eine halbe Stunde, dann wirst du den Fußboden küssen!" Verbissen leerten sie ihre Gläser, knallten sie auf den Tisch und Sasuke rief: "Wirt! Nochmal dasselbe!" Zwei Stunden nach Beginn des finalen Zweikampfs. Unglücklich starrte Sasuke auf das Glas mit klarer Flüssigkeit in seiner Hand. Der beißende Geruch des Alkohols hatte sich an ihm festgesetzt und er musste durch den Mund atmen. Sein Gegenüber saß weit weniger würdevoll an seinem Platz, sein Blick huschte unruhig zwischen den beiden Gläsern hin und her. Vor etwa einer Viertelstunde hatten sie das stumme Duell der Blicke gleichzeitig aufgegeben und konzentrierten sich seither nur noch darauf, den Wodka irgendwie runterzuschütten und dabei so würdevoll wie möglich auszusehen. "Du hast keine Ahnung, wie oft ich dieses Spielchen schon mit Kisame gemacht habe", sagte Itachi düster. "Er hat jedes mal verloren." "Dann endet deine Glückssträhne hier und heute. Was denkst du, wie ich die Zeit bei Orochimaru überstanden habe? Nüchtern war ich nur morgens beim Aufstehen." "Säufer." "Perverser." Mit Todesverachtung schütteten die Brüder sich den Wodka in den Mund, schluckten mühsam und stellten das Glas zurück auf den Tisch. Es dauerte etwa fünf Minuten, dann krächzte Itachi: "Nochmal dasselbe!" Drei Stunden nach Beginn des finalen Zweikampfs. "…und dann hat Kisame sich doch tatsächlich die Kleider vom Leib gerissen und ist in den Pool gesprungen!", erzählte Itachi, der nun schon merklich auf seinem Stuhl hin und her schwankte. Sasuke prustete in sein Glas. "Ich wusste es. Ihr Akatsuki Leute seid alle nicht ganz dicht!" "ICH hatte meine Gründe, warum ich beigetreten bin! Und wenigstens muss ich mich nicht von Orochimaru befummeln lassen, für ein bisschen mehr Macht." "Erstens mal hat Orochimaru mich nie befummelt, klar? Als er es versucht hat, hätte ich ihm fast die Hand abgetrennt! Zweitens möchte ich gar nicht wissen, wer dich so alles befummeln durfte, damit du bei diesen Freaks Mitglied werden kannst!" Sasuke stieß mit seinem Arm aus Versehen gegen eines der leeren Gläser und fegte es vom Tisch. Es zerbrach klirrend und der Wirt notierte sich die Summe für das zerbrochene Glas mit betrübter Miene. "Es war doch schon nicht geheuer, wie schnell du ein Anbu geworden bist. Gibs doch einfach zu, du warst einfach ein bisschen… nett… zum Hokage." "Das ist eine infame Unterstellung!", lallte Itachi und schwenkte sein halbvolles Glas, wobei er die Hälfte verschüttete. "Ich war NIE nett und das weißt du!" Gemeinsam kippten sie ihren Wodka runter und bestellten eine weitere Runde. Vier Stunden nach Beginn des finalen Zweikampfs. Erschöpft hing Itachi über dem Tisch und starrte sein Glas Wodka an. "Mama und Papa hatten mich nie so lieb wie dich", jammerte er. "Ich durfte bloß immer nur kämpfen und Karriere machen, aber hat Mama mir auch nur ein einziges Mal einen Gutenachtkuss gegeben? Nein!" "Denkst du, für mich war es leicht, so einen Bruder wie dich zu haben?", motzte Sasuke, der mit dem Gesicht auf dem Tisch lag. "Alle haben mir immer nur gesagt, ich solle doch mehr wie du sein!" "Na und? Du konntest ja jederzeit flennend zu Mama rennen und ihr dein Leid klagen!" "Willsu…. Willst… du mir damit sagen, du hast sie umgebracht, weil du keinen Gutenachtkuss bekommen hast?" Itachi verzog das Gesicht. "Ich mochte sie nicht leiden, alle beide! Der ganze… der ganze Clan war scheiße! Prost!" Erst beim zweiten Anlauf gelang es ihnen, die Gläser aneinanderstoßen zu lassen, bevor sie sie mühsam leerten. "Gott mir is so schlecht", murmelte Sasuke. Fünf Stunden nach Beginn des finalen Zweikampfs. Stille war in die inzwischen fast leere Bar eingekehrt. Nur an einem Tisch hockten noch die zwei Brüder, schweigend, und leerten hin und wieder ein Glas Wodka. Sasuke musste sich am Tisch festklammern, Itachi lag mit dem gesamten Oberkörper auf der Tischplatte und kämpfte gegen den Brechreiz. "Willst du nicht endlich aufgeben?", hauchte Sasuke erschöpft. "Gib du doch auf." "Niemals." Mühsam richtete Sasuke sich auf und schüttete sich den Wodka in den Mund, wobei ihm die Hälfte wieder aus dem Mundwinkel lief. Itachi hielt sich die Nase zu und schlurfte mühsam an seinem Glas. "Jungs…", fragte der Wirt vorsichtig. "Habt ihr nicht langsam genug?" "Klappe!", giftete Itachi. "Noch ne Runde!! In spätestens zehn Minuten habe ich dieses Muttersöhnchen unter den Tisch gesoffen!" "Das hättest du wohl gern, du Geisteskranker!" "GEISTESKRANK?", fauchte Itachi. "Du bist Orochimarus Hure!" "Du treibst es mit Tierfetischisten! Orochimaru hätte dich auch gehabt, wenn er nicht vorher ausgestiegen wäre!" "BOAH! Das REICHT!" "Mir reichts schon lange!!" Gleichzeitig sprangen sie von ihren Stühlen auf und funkelten einander böse an. Es dauerte etwa zwanzig Sekunden, dann färbte Itachis Gesicht sich grün, während Sasuke kreidebleich wurde. Es krachte, als zwei schwere Männerkörper gegen den Tisch prallten, dann hörte man das Splittern von Glas, als Dutzende von leeren Gläsern auf den Boden fielen und zerplatzten. In einem glitzernden Regen von Splittern segelten Itachi und Sasuke wie in Zeitlupe dem Boden entgegen. Es gab einen dumpfen Aufprall, als sie gleichzeitig aufkamen, und dann – Stille. Fünf Stunden, dreizehn Minuten und elf Sekunden nach Beginn des finalen Zweikampfs. "F… F… Fuck!", keuchte Itachi, der auf dem Rücken lag, inmitten von Millionen von Splittern. Neben ihm lag Sasuke, auf der Seite, und gab ein zustimmendes Grunzen von sich. Eine zitternde Hand wurde in die Höhe gestreckt und als der Wirt sich näherte, krächzte Itachi: "Wer… ist… zuerst… auf den Boden… ge… gefallen?" "Um ehrlich zu sein… seid ihr beide gleichzeitig hingefallen." Sasuke stöhnte verzweifelt. Wieder wurde es still, während der Wirt sich verzog, um auszurechnen, wie viel die kaputten Gläser und der zerstörte Tisch ausmachte. Schließlich räusperte Sasuke sich. "Itachi… ich hasse dich." "Ich dich auch." "Das nächste Mal… gewinne ich…" "Passt dir Donnerstag?" *** Der nächste oneshot wird wieder ernst... ich... versprechs.... *ächz* Kapitel 19: Regen ----------------- Frustriert warf Sakura ihr Buch durch das Zimmer. Ein Blick auf die Uhr bewies ihr, dass es erst drei Uhr Nachmittags war. Wie sollte sie diesen endlos langweiligen Tag bloß jemals überstehen? Missmutig hob sie ihre Tasche auf das Bett und packte die Badesachen wieder aus. Langsam musste sie wohl doch einsehen, dass aus dem geplanten Sommernachmittag am See nichts werden würde. Seit sie und das Team wieder mit Kakashi trainierten, hatte sie ohnehin so wenig Freizeit und nun hatte sie ausgerechnet heute freibekommen. Sie warf einen Blick nach draußen, wo es in Strömen regnete. Nein, bei dem Wetter irgendwelche langweiligen Trainingseinheiten zu absolvieren wäre wahrscheinlich auch nicht sehr erfreulich gewesen. Sakura räumte ihre Badesachen weg und stellte dann fest, dass es immer noch kurz nach drei war. Ihre Eltern waren mal wieder nicht zu Hause und bei dem Sauwetter zog es keinen nach draußen. Naruto hatte sich wahrscheinlich gemütlich in seiner Lieblings-Ramen-Bar eingenistet und irgendeinen armen Teufel dazu überredet, ihn einzuladen. Sai zog sich an freien Tagen in seine Wohnung zurück und Sasuke... Sasuke ließ sich in seiner Freizeit nie blicken. Und selbst wenn hätte sie mit ihm nichts unternehmen können, sie wusste ja nur zu gut, dass er ihr aus dem Weg ging. Seit seiner Rückkehr ins Dorf war er noch verschlossener geworden. Er tauchte nur zum Training auf, aber das war auch kein Wunder. Die Dorfbewohner waren nicht gut auf ihn zu sprechen, selbst die Nachricht, dass er Orochimaru getötet hatte, hatte an dem Misstrauen das sie ihm entgegenbrachten nichts mehr ändern können. Er hatte mit zwölf das Dorf verlassen und sie damit alle verraten. Jetzt, fünf Jahre später, war die Ablehnung der Dorfbewohner immer noch deutlich spürbar, was vielleicht auch mit Itachi zusammenhing. Hinter vorgehaltener Hand verglich man Sasuke mit seinem Bruder und spottete, dass die Mitglieder der Uchiha Familie wohl eine Affinität zum Bösen hätten. Sasuke war seit beinahe einem halben Jahr wieder im Dorf aber außerhalb des Trainings und der Missionen hatte er so gut wie kein Wort mit ihr gewechselt. Kopfschüttelnd vertrieb sie den Gedanken. Sie durfte nicht darüber nachdenken, Liebeskummer war das einzige, das noch schlimmer war als diese Langeweile. Mit einem leisen Seufzen öffnete sie das Fenster und atmete die warme Sommerluft ein, die in den Raum strömte. Gegen Mittag als der Regen eingesetzt hatte, war es noch brütend heiß gewesen, und selbst der Regenschauer hatte die Luft kaum abkühlen können. Sie streckte den Arm aus dem Fenster. Der Regen war warm. Der Himmel sah düster aus und zeigte keine Aussichten auf Besserung. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde es bald ein Gewitter geben. Missmutig setzte Sakura sich ans Fenster und stützte ihren Kopf mit einer Hand ab. "Ich hasse Regen", maulte sie und spielte unbewusst mit einer Haarsträhne, während sie nach draußen starrte und auf eine Abwechslung hoffte. Die Abwechslung kam schneller als gedacht. Zufällig fiel ihr Blick unten auf die Straße, wo ihr etwas Dunkles ins Auge gestochen war. Erstaunt stand sie auf, als sie erkannte, dass es das Schwarz von Sasukes Hemd war. Sasuke stand auf dem Platz vor ihrem Fenster, ohne Schirm und – was sie vielleicht sogar noch mehr verwunderte – unbewaffnet. Bisher hatte sie angenommen, dass er an freien Nachmittagen irgendwo allein trainierte. Neugierig geworden beobachtete sie ihn und zwang sich, nicht ins Schwärmen zu geraten. Er sah schon sehr gut aus, selbst jetzt, wo der Regen sein Haar nass und schwer an seiner Stirn kleben ließ. Siebzehn zu sein stand ihm gut zu Gesicht, in den Jahren seiner Abwesenheit war er von einem hübschen Kind zu einem so gutaussehenden jungen Mann geworden, dass ihr immer noch die Knie weich wurden. Sie schaute zu, wie er bis in die Mitte des Platzes ging und dort kurz innehielt. Was hatte er vor? Warum stand er bei dem Wetter ganz allein da draußen auf der Straße? Sasuke schloss die Augen und hob den Kopf dann hoch zum Himmel. Verwirrt runzelte Sakura die Stirn. Es sah fast so aus, als würde er... dieses Wetter genießen? Sie hatte gewusst, dass Sasuke anders war, aber das war schon etwas merkwürdig, wie er da mutterseelenallein und klatschnass im Regen stand. Sie beobachtete ihn noch ein paar Momente lang, dann hielt sie es nicht mehr aus. Das hier war eine Gelegenheit, Sasuke allein zu treffen, ohne die neugierigen Blicke von Sai oder den lauten Naruto. Sie schnappte sich einen Schirm und verließ das Haus. Als erstes fegte ihr ein Windstoß ins Gesicht und ihr wurde klar, dass der Schirm ihr nicht viel nützen würde. Achtlos warf sie ihn vor die Tür und stapfte durch den Regen auf Sasuke zu. Sie war bereits klatschnass, bevor sie bei ihm ankam. Bevor sie seinen Namen sagen und sich so bemerkbar machen konnte, öffnete er die Augen und sah sie an. Er sah irgendwie befremdlich aus mit seinen nassen Haaren und den Wassertropfen, die über sein blasses Gesicht liefen. Auf einmal wusste sie nicht mehr, was sie sagen wollte. Weil er sie erwartungsvoll anstarrte, murmelte sie verlegen: "Ich hab dich vom Fenster aus gesehen, Sasuke-kun... was tust du hier?" Er warf ihr einen verwunderten Blick zu und sie begriff, dass er nicht gewusst hatte, dass sie hier wohnte. So viel zu ihrer heimlichen Hoffnung, er würde eines Tages vor ihrem Fenster stehen und ihr seine Liebe gestehen. Sakura schüttelte den Gedanken ab. Das war nicht der richtige Ort für ihre kindischen Träumereien. Sasuke schaute in den Himmel. "Ich wollte mich nur abkühlen. In Konoha regnet es so selten." "Zum Glück!", platzte es aus Sakura heraus und als sie merkte, dass sie wieder mal das falsche gesagt hatte, war es zu spät, um es noch zurückzunehmen. Unsicher fügte sie hinzu: "Ich mag es nicht, wenn es regnet. Es ist so ungemütlich und man kann nichts unternehmen." Sasuke antwortete nicht aber man sah ihm an, dass er anderer Meinung war. Ein Windstoß erfasste sie und Sakura schauderte. Langsam wurde es doch etwas kühl. "Sasuke-kun? Möchtest du nicht mit reinkommen?" Als er ihr einen undeutbaren Blick zu warf, spürte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss und sie fügte schnell hinzu: "Nicht so, wie du denkst. I-Ich finde nur es wird kalt und ich möchte nicht, dass du dich erkältest." Er schaute sie durchdringend an und sie war sich sicher, dass er ablehnen würde. Stattdessen sagte er tonlos: "In Ordnung." Sie blinzelte und starrte ihn ungläubig an. Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie sich diese Antwort doch nur eingebildet hatte. Aber er schaute so erwartungsvoll und unsicher setzte sie sich in Bewegung. "Komm... es ist gleich hier." Sie wusste nicht, ob sie sich freuen oder einfach nur nervös sein sollte, als er ihr ins Haus folgte. Sie zog sich die Schuhe aus und huschte dann triefend ins Badezimmer. Sasuke folgte ihr zögernd. Sie holte sich ein Handtuch aus dem Schrank und gab Sasuke auch eins. Dann hielt sie inne und begriff, dass sie ihre Einladung wohl nicht so wirklich überdacht hatte. Sasuke war klatschnass und so konnte er ja nicht weiter rumlaufen. Sie überlegte angestrengt und murmelte schließlich: "Du solltest die nassen Sachen ausziehen. Ich könnte dir... eine Hose von meinem Vater raussuchen, wenn du möchtest." Sasuke nickte und antwortete: "Okay." Erleichtert verließ Sakura das Bad um im Schlafzimmer ihrer Eltern nach etwas passendem zu suchen. Sie hatte sich oft ausgemalt, wie es wohl wäre, Sasuke bei sich im Haus zu haben, aber jetzt, wo es soweit war, fühlte sie sich einfach nur unsicher. Er war so anders als sonst. Gut, seit seiner Rückkehr hatte er sowieso kaum mit ihr geredet, aber es hatte schon nicht zu ihm gepasst, ihre Einladung anzunehmen. Sie wühlte im Kleiderschrank und fand schließlich eine Trainingshose, die wohl noch aus früheren Tagen stammen musste, denn erstens hatte sie ihren Vater noch nie darin gesehen und zweitens bezweifelte sie, dass diese Hose ihm noch passte. Während sie wieder zurück ins Bad ging, hörte sie, wie es draußen grollte. Das erwartete Gewitter kündigte sich an. Sie brachte Sasuke die Hose und murmelte: "Ich zieh mich in meinem Zimmer um. Keine Sorge, es ist sonst niemand im Haus." Bevor er antworten konnte, floh sie regelrecht in ihr Zimmer, wo sie sich aus den nassen Sachen schälte und sich gründlich abtrocknete. Dann warf sie einen Blick in den Kleiderschrank und überlegte lange, was sie anziehen sollte. In Sasukes Gegenwart zog sie sich immer figurbetont an, aber heute fühlte sie sich auf einmal so unsicher. Sie hatte sowieso nicht die beste Figur und im Gegensatz zu Ino fühlte sie sich unterentwickelt. Auf einmal kam es ihr ziemlich albern vor, sich für Sasuke in Schale zu werfen, deshalb entschied sie sich für ein T-shirt und eine bequeme Hose. Nachdem sie sicherheitshalber noch ein paar Minuten gewartet hatte, wagte sie sich wieder ins Bad. "Sasuke-kun? Bist du fertig?", fragte sie durch die geschlossene Tür. Die Tür ging auf und der Anblick von Sasuke nur in der viel zu weiten und viel zu langen Trainingshose raubte ihr einen Moment lang den Atem. Darauf war sie nicht gefasst gewesen. Nur um irgendwas zu sagen und ihn nicht länger blöde anzustarren murmelte sie: "Die Hose ist wohl doch etwas groß, was?" Er senkte den Blick auf seine nackten Zehen, die nur ein bisschen unter der langen Hose hervorlugten, und meinte schlicht: "Ja." Ihr Vater war doch noch ein Stück größer als er und auf jeden Fall… breiter. Wasser tropfte auf den Boden und Sakura stellte fest, dass er seine Haare noch nicht abgetrocknet hatte. Sofort kam ihre fürsorgliche Seite durch und sie sagte mit einem Lächeln: "Deine Haare sind ja noch ganz nass." "Oh, ich..." Ganz selbstverständlich holte sie noch ein Handtuch und sagte: "Setz dich mal kurz hin." Widerstandslos setzte er sich auf den Wannenrand und sie warf ihm das Handtuch über den Kopf. Er stützte die Hände auf die Knie und machte keinen Mucks als sie ihm die Haare trocken rubbelte. Nachdem sie fertig war und das Handtuch von seinem Kopf zog, konnte sie einen verzückten Laut nicht unterdrücken. Mit diesen ungekämmten, strubbeligen Haaren sah er richtig süß aus. Er quittierte ihre Verzückung mit einem finsteren Blick und sie fuhr ihm liebevoll durch sein schwarzes, feuchtes Haar. "Entschuldige. Das sah einfach zu niedlich aus." Sie hatte eigentlich mit einem weiteren, finsteren Blick gerechnet, aber stattdessen blickten seine dunklen Augen sie erstaunt an. Sakura merkte, wie sie wieder rot wurde und wandte sich rasch ab. Was war bloß in sie gefahren? Ein angehender Anbu ließ sich sicher nicht so gerne ‚niedlich’ nennen. "Ähm... sehen wir mal nach wie es draußen aussieht, ja?", murmelte sie verlegen. Er folgte ihr in ihr Zimmer und gemeinsam warfen sie einen Blick nach draußen. Der Himmel hatte sich noch mehr verdüstert und in der Ferne sah man schon die ersten Blitze durch die Wolkendecke brechen. Mit einem schüchternen Blick drehte Sakura sich zu Sasuke um. "Setz dich doch", bot sie ihm an und er setzte sich auf ihre Bettkante. "Möchtest du etwas trinken? Tee vielleicht?" "Nein, danke", antwortete er höflich. Beide verfielen in Schweigen. Unsicher ließ Sakura sich auf ihren Schreibtischstuhl sinken. Sasuke ließ sich nicht anmerken, was er dachte. Genau das machte Sakura von Minute zu Minute unsicherer. Wahrscheinlich langweilte er sich zu Tode. Oder er fühlte sich unwohl und überlegte grade, wie er am schnellsten aus diesem Haus raus kam. Fieberhaft versuchte sie, ein Gesprächsthema zu finden, aber sie begriff sehr schnell, dass sie fast nichts über Sasuke wusste. Die einzigen Gemeinsamkeiten waren das Training und Naruto, und Sakura wollte weder über das eine noch das andere reden. Ihr war zum heulen zumute, als ihr bewusst wurde, dass es nichts gab, über das sie sprechen konnten und Sasuke offenbar auch kein Interesse an einer Konversation hatte. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Wie oft hatte sie genau hiervon geträumt, davon, dass Sasuke hier in ihrem Zimmer bei ihr saß, und nun hatten sie nicht einmal etwas, worüber sie reden konnten. Die ganze Situation war einfach nur unangenehm. Und zu wissen, dass sie so eine Gelegenheit wahrscheinlich nie wieder haben würde, machte es auch nicht unbedingt einfacher. Jetzt streng dich endlich an!!!, keifte die innere Sakura, Rede mit ihm! Das ist deine Chance! Sag etwas, IRGENDWAS! "Was.... was hast du da draußen eigentlich gemacht?", murmelte sie, weil ihr nichts Besseres einfiel. Er zuckte die Schultern. "Ich mag es, wenn es regnet." "Tatsächlich?" Er schaute durch das Fenster. "Ja." Wieder drohte die Stille sich auszubreiten und Sakura begriff mit einem Anflug von Panik, dass sie niemals genug Gesprächsstoff für die Dauer dieses Gewitters finden würde. Unsicher sagte sie: "Es wird ein Gewitter geben. Das hasse ich am Sommer. Wenn es so laut donnert draußen, macht es mir Angst." Ganz so war es nicht. Sie war kein kleines Kind mehr, das sich vor einem harmlosen Gewitter fürchtete. Sie mochte bloß den Donner nicht, weil sie ohne es zu wollen erschrak, wenn es draußen knallte. "Zumindest wenn ich allein bin", fügte sie zögernd hinzu. "Ich kann ja hierbleiben, bis das Gewitter vorbei ist." Zum zweiten Mal heute starrte sie ihn sprachlos an. "Das wäre... das... würde mich sehr freuen, Sasuke-kun." Draußen wurde das noch weit entfernte Donnern am Himmel etwas lauter. Ihr fiel nichts mehr ein, was sie hätte sagen können, deshalb fragte sie: "Wollen wir ein bisschen fernsehen?" "Okay." Keine zwei Minuten später saßen sie im Wohnzimmer auf der Couch und Sakura durchstöberte ungeduldig das Fernsehprogramm. Sasuke saß direkt neben ihr, gerade so, dass sie einander nicht berührten. Zum tausendsten Mal fragte sie sich, warum sie sich ausgerechnet jemand wie ihn hatte aussuchen müssen. Jemand, der still und in sich gekehrt war, der nie seine Gefühle durchblicken ließ und kaum mehr Unterhaltung als eine Hauswand bot. Wäre Naruto an seiner Stelle hier gewesen, wäre alles so viel einfacher gewesen. Naruto hatte immer irgendwas zu sagen. Irgendwann gab Sakura es auf und ließ irgendeine Komödie laufen. Sie beide starrten auf den Fernseher und lachten nicht ein einziges Mal. Nach ein paar Minuten holte Sakura sich eine Decke, weil es doch merklich kühler wurde. Sie merkte, wie sie langsam müde wurde und auch wenn sie dagegen ankämpfte, fielen ihr nach einer Weile die Augen zu. Als ihr Kopf schon schwer auf der Rückenlehne lag und sie die Augen geschlossen hatte, hörte sie Sasuke leise fragen: "Bin ich so langweilig?" Sie blinzelte und hob den Kopf. "Was?" "Bin ich wirklich so langweilig, Sakura?" Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ihr fehlten die Worte. Hatte sie ihn verletzt? Das war doch gar nicht so gemeint gewesen. Bevor sie sich eine Antwort überlegen konnte, sagte er: "Ich verstehe nicht, warum du immer mit mir ausgehen willst. Wir haben uns nichts zu sagen. In meiner Gesellschaft schläfst du höchstens ein, wie man sieht." "Nein, so ist das nicht, Sasuke-kun", rief Sakura verzweifelt. "Ich fühle mich sehr wohl in deiner Nähe, sonst würde ich nicht einschlafen können. Es stimmt, dass wir... nicht sehr viel Gesprächsstoff haben, aber das kommt nur daher, dass wir noch nicht sehr viel übereinander wissen." "Über mich gibt es nichts zu wissen. Wenn du denkst, dass es bei mir noch irgendwas zu entdecken gibst, dann irrst du dich. Ich bin wie ich bin. Ich lebe nur noch für meine Rache." Ohne auf ihre Unsicherheit zu hören, rückte Sakura ein Stück näher an ihn heran und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Es war fast ein Wunder, dass er es zuließ. "Das stimmt doch nicht. Es gibt vieles an dir was Besonders ist. Alles, was du tust, tust du aus vollem Herzen. Du kämpfst nur mit deinem ganzen Herzen, und du hasst Itachi aus ganzem Herzen. Deswegen denke ich, dass es etwas ganz Besonderes sein muss, wenn du jemanden gern hast. Weil du ganz sicher auch nur aus vollem Herzen liebst." Sie schloss die Augen. Ihm so nah zu sein war wunderschön. Die Unsicherheit war auf einmal verflogen und sie entspannte sich. "Es wäre sehr schön gewesen, wenn ich diejenige hätte sein können... diejenige, die du aus ganzem Herzen liebst... Sasuke-kun..." Sasuke sagte nichts mehr. Warum musste es so kompliziert sein? So hatte sie es sich nicht vorgestellt. So sollte das nicht laufen. Sasuke war hier bei ihr, draußen regnete es, alles hätte so wunderbar romantisch sein können. Und es war bloß verkrampft und die Stille war unerträglich laut. Er hatte es selbst gesagt, er lebte bloß für seine Rache. Sie hatte in seinem Herzen doch gar keinen Platz, jedenfalls nicht, solange Itachi noch lebte. In diesem Moment fand sie es fast peinlich, dass sie mit ihren siebzehn Jahren es immer noch nicht geschafft hatte, diese dämliche Schwärmerei für ihn aufzugeben. Vielleicht war das hier genau richtig um endlich loslassen zu können. Sie brauchte vielleicht diese Erkenntnis, dass sie einander nichts zu sagen hatten. Sakura schloss die Augen und sein stetiges ein- und ausatmen entspannte sie etwas. Sie fühlte sich wohl bei ihm, so wohl, dass sie doch noch einnickte. Sie wurde von einem lauten Donnerschlag wieder geweckt und als sie die Augen öffnete, lag sie mit dem Kopf in Sasukes Schoß. Seine Finger spielten abwesend mit ihrem Haar und sie fragte sich, ob das bloß ein schöner Traum war. Aber es war zu real für einen Traum. Sie drehte sich auf den Rücken um Sasuke ansehen zu können und flüsterte: "Entschuldige, dass ich doch eingeschlafen bin." "Schon gut." Sie setzte sich widerwillig auf. "Wie lang habe ich geschlafen?" "Nur ein paar Minuten." Sie hörte es draußen stürmen und stand auf. "Wie sieht es draußen aus?" In ihre Decke gehüllt ging sie rüber zum Fenster und schaute nach draußen, wo die Bäume von Konoha sich im Sturmwind bogen. In dem Moment zuckte ein gewaltiger Blitz über den Himmel und im nächsten Moment krachte es laut. Erschrocken wich Sakura vom Fenster zurück und prallte gegen Sasuke, von dem sie gar nicht gemerkt hatte, dass er hinter ihr gestanden war. Die Decke fiel ihr von den Schultern und sie wäre wahrscheinlich gleich mit auf den Boden gefallen, wenn Sasuke sie nicht bei den Oberarmen gepackt und festgehalten hätte. Es wurde still im Raum, bis Sakura mit gesenktem Kopf murmelte: "Tut mir leid, ich hab mich erschrocken." Zuerst sagte er gar nichts und sie drehte sich langsam wieder um, um nach draußen sehen zu können. Zu ihrer Überraschung fragte er: "Warum magst du kein Gewitter?" Im Brustton der Überzeugung erwiderte sie: "Es ist laut und kalt und ungemütlich. Ich hatte schon als Kind Angst." Sie wusste nicht genau warum, aber gerade jetzt kamen Erinnerungen an ihre Kindheit hoch. "Ich bin damals immer zu meinen Eltern ins Bett gekrochen und habe mich trösten lassen." Sie erschauderte, weil ihr ohne die Decke zu kalt war. Sie wollte sich bücken und sie aufheben, aber als hätte Sasuke ihre Gedanken erraten, hob er die Decke auf und legte sie ihr um die Schultern. Dabei legte er seine Arme um sie und als sie begriff, dass er sie nicht mehr loslassen würde, lag sein Kinn schwer auf ihrer Schulter. Sakura öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie hatte Angst, diesen Moment zu zerstören. Nie zuvor war sie ihm so nah gewesen. Und er hatte ihre Nähe aus eigenem Antrieb gesucht. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie wollte auch gar nicht darüber nachdenken. Ihre Gesichter berührten sich ganz leicht und sein schwarzes Haar kitzelte sie. Er duftete so gut, und als er sprach, spürte sie das Vibrieren seines Brustkorbs im Rücken. "Ich hatte auch Angst. Als ich noch ganz klein war. Ich bin immer in meinem Zimmer geblieben, aber ich wusste, wenn ich in Gefahr wäre, würde mein Vater kommen und mich schützen." Er machte eine kurze Pause und sah angestrengt nach draußen. "Irgendwann konnte er mich nicht mehr beschützen. Er konnte ja nicht einmal sich selbst retten." Ohne es zu wollen legte Sakura ihre Hand auf seinen Arm und hielt sich an ihm fest. Sie kannte die tragische Geschichte seiner Familie, aber er hatte noch nie zuvor darüber gesprochen. Sie hätte so gerne etwas Tröstliches gesagt, aber sie fand keine Worte. Der Gedanke, die Eltern auf so eine Art zu verlieren, schnürte ihr die Kehle zu. Itachi hatte Sasuke ganz allein zurückgelassen, ohne Verwandte oder irgendwen, der ihn hätte trösten können. Sie wollte es nicht, aber ihr kamen die Tränen. Traurig sagte sie: "Wäre... wäre ich an deiner Stelle gewesen, ich hätte es nicht überlebt. Du musst so einsam gewesen sein..." Eigentlich erwartete sie, dass er sie zornig darauf hinweisen würde, dass er ihr Mitleid nicht brauchte. Aber wieder überraschte er sie. Seine Arme drückten sie enger an ihn und er antwortete: "Ich habe nur noch meine Rache. Alles andere hat er mir schon genommen." Die ersten Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie sagte: "Das stimmt doch nicht. Du hast uns, Naruto und mich. Wir sind... wir sind jetzt deine Familie." Verzweifelt sagte er: "Ich wünschte... ich... wünschte, ich könnte..." Er drückte jetzt so fest zu, dass es fast schon wehtat. Aber kein Laut kam über ihre Lippen. Sie stellte erschrocken fest, dass er zitterte. "Ich bringe allen, die ich gern habe, nur Unglück. Ich hätte Naruto fast getötet und dich… dich auch." Er meinte die kurze Begegnung bei Orochimarus Versteck, als er kaltblütig auf sie losgegangen war. "Wir haben dir verziehen", antwortete sie. "Du bist wieder bei uns, mehr wollten wir nicht." "Ihr solltet mich hassen." "Das könnte ich nie." Sie wusste selbst nicht, warum sie plötzlich so traurig war. Eigentlich war es schön, dass er sich ihr so unerwartet öffnete. Es waren sehr ehrliche Worte, mit denen er endlich zeigte, dass Naruto und sie ihm nicht egal waren. Aber irgendwie klang er so verzweifelt, das alles fühlte sich so verdammt bedrückend an. "Wirst du das Dorf wieder verlassen? Wegen Itachi?", fragte sie. Sein Schweigen war auch eine Antwort. Sie schniefte. Es war fünf Jahre her, aber sie konnte sich noch sehr gut an den Schmerz erinnern, den sie an jenem Abend empfunden hatte, als er gegangen war. Und daran, wie sehr sie sich in seiner Abwesenheit um ihn gesorgt und ihn vermisst hatte. Schon bei seiner Rückkehr hatte sie gewusst, dass er wieder fortgehen würde. Er hatte es versucht, aber es war ihm nicht gelungen, Itachi zu töten. Er war im Grunde nicht wirklich heimgekehrt. Konoha war nur ein Zwischenstopp auf seinem Weg. Diese bittere Erkenntnis und die Erinnerung an das letzte Mal reichten, um sie endgültig in Tränen ausbrechen zu lassen. Sie weinte und schniefte und seine Umarmung wurde noch fester. "Entschuldige", flüsterte er. "Entschuldige." Sie hatte nicht gewusst, dass ihn sein Fortgehen ebenso quälte wie sie. Sie hatte es nicht einmal geahnt. Sie atmete tief ein, weil sie Angst hatte, ihre Stimme würde versagen. "Ich warte. Ist mir egal, wie lange es dauert. Ich warte, bis du zurückkommst und was immer du auch tust, ich werde dir verzeihen." "Danke…" Sakura schniefte und starrte aus dem Fenster, starrte einen Punkt an der gegenüberliegenden Hauswand an, ohne ihn wirklich zu sehen. "Ich habe gelogen. Es stimmt nicht, dass ich dich nie hassen könnte." Sie merkte, wie er die Luft anhielt. "Wenn du losziehst, um gegen Itachi anzutreten, und dabei umkommst, werde ich dir das nie verzeihen." "Ich komme zurück." "Versprich es." "Ich verspreche es." "Sasuke-kun!", schluchzte sie, drehte sich in seinen Armen zu ihm um und fiel ihm um den Hals. Er hielt sie ganz fest und sie merkte nicht mehr, wie draußen der Sturm tobte. So wie als Kind, als sie mit unerschütterlicher Sicherheit gewusst hatte, dass sie bei ihren Eltern sicher war, wusste sie in diesem Moment, dass sie keine Angst zu haben brauchte, wenn er bei ihr war. Die Luft hatte merklich abgekühlt, als Sakura und Sasuke das Haus verließen. Es regnete immer noch etwas, aber der Sturm war vorbeigezogen. Sie merkte erst, dass sie immer noch seine Hand hielt, als er einen Schritt von ihr weg machte und sie dabei losließ. Sein Gesicht war wieder ausdruckslos geworden, seine Augen so leer wie sonst auch. Morgen würde er sie wieder ignorieren, so wie immer. Und irgendwann würde er einfach nicht mehr zum Training kommen, weil er dann längst auf dem Weg zu Itachi sein würde. Er warf ihr einen Blick zu, der alles und nichts bedeuten konnte, dann schob er die Hände in die Hosentaschen, drehte sich wortlos um und ging. Sakura schaute ihm nach und wusste nicht einmal, wie sie sich in diesem Moment fühlte. Es war einfach zu viel auf einmal gewesen. Jemand kam näher, während sie zusah, wie Sasuke hinter einer Straßenecke verschwand. Ein blonder Haarschopf tauchte in ihrem Blickfeld auf und neugierig fragte Ino: "War das eben Sasuke?" Sakura nickte und Eifersucht blitzte in den blauen Augen auf. "War er bei dir zu Hause? Was wollte er?" Sakura hatte das Gefühl, schon wieder weinen zu müssen. Sie schaute in den Himmel, von wo unablässig die Regentropfen auf sie runter prasselten. "Er hat mir erzählt, dass er es mag, wenn es regnet." "Tatsächlich?" Ino klang etwas erstaunt. "Jetzt verstehe ich auch, warum." Sakura blickte ihre Freundin an. "Im Regen sieht es keiner, wenn du weinst." *** Keine Ahnung mehr, warum ich das geschrieben habe... es ist irgendwie ziemlich seltsam, aber ich fand die Vorstellung einfach schön, dass Sakura Sasuke in einem sentimentalen Moment erwischt... keine Ahnung. Kapitel 20: Frohe Weihnachten, großer Bruder -------------------------------------------- 24. Dezember, 18 Uhr Dicke Schneeflocken rieselten friedlich auf das Land herab. Einige setzten sich auf dem Haupt des jungen Mannes nieder, der einsam vor der Akatsuki Höhle stand und in die Ferne blickte. Der Wind streifte sein schwarzes Haar und er strich es sich mit einem Seufzen hinters Ohr. Es gab nicht viele Dinge, die jemanden wie Itachi Uchiha aus dem Konzept brachten. In seinem jungen Leben hatte er schon so einiges gesehen, er fühlte sich abgehärtet und eigentlich konnte nichts seine stoische Gleichgültigkeit zerstören. Er drehte sich um und betrachtete kopfschüttelnd den Plastikweihnachtsmann mit der blinkenden roten Nase, direkt neben dem Eingang zur Akatsuki Höhle. Diese Scheußlichkeit zählte definitiv zu den Dingen, die es konnten. Weihnachten. Es war ein Fest, um das Itachi sich einen Dreck scherte, so wie um alle Familienfeste. Jedes Jahr um diese Zeit gratulierte er sich eigentlich selbst, dass er seine Familie aus dem Weg geräumt und sich damit träge Familienzusammenkünfte erspart hatte. Allerdings, so musste er sich eingestehen, war er in dieser Hinsicht quasi vom Regen in die Traufe geraten. Deidara liebte Weihnachten, und zwar auf eine völlig irrsinnige, kitschige, erbärmlich fröhliche, hysterische, kreischende Art. Schon Wochen vorher, spätestens beim ersten Schnee, drehte das sonst eigentlich ehrwürdige blonde Akatsukimitglied völlig durch und fing an, die Akatsuki Höhle, die den Rest des Jahres über eigentlich ein Ort der Furcht und des Schreckens war, mit Weihnachtsdeko zu "schmücken". Jetzt, an Heiligabend, begegnete man drinnen bergeweise Lametta, Zuckerstangen, Weihnachtsmännern in allen Formen und Ausführungen und einem lächerlich riesigen Weihnachtsstern, der blinkte wie eine Diskokugel und den Deidara unter Einsatz seines Lebens an der Decke befestigt hatte. Itachi hatte inzwischen schon ein regelrechtes Weihnachtstrauma, die letzten paar Nächte hatte er von lachenden Weihnachtsmännern und sich erbrechenden Rentieren geträumt. Mit einem Schaudern dachte er daran, dass er die Wahl hatte zwischen dem Kältetod hier draußen und dem absoluten Weihnachtskitsch-Overkill drinnen, und er konnte plötzlich nicht mehr mit Sicherheit sagen, welche Alternative ihm lieber wäre. Es war ein lauthals gebrülltes "Jingle Bells", das von drinnen erschallte, welches Itachi letztendlich überzeugte, dass er sein Heil in der Flucht suchen würde. Er wusste, dass es charakterschwach war, einfach die Flucht zu ergreifen, mussten doch seine hochgeschätzten Kollegen drinnen Höllenqualen erleiden, aber er war der Einzige, dem Deidara ein Fernbleiben der Weihnachtsfeier notgedrungen verzeihen würde. Ohne Bedauern drehte Itachi sich von der Höhle weg und stapfte durch den Schnee gen Westen, wo er wusste, dass ein beschauliches kleines Dorf auf ihn wartete, mit einem gemütlichen kleinen Hotel in dem man ganz hervorragenden Reiswein servierte. Itachi wusste das, weil er sich jedes Jahr dorthin flüchtete. Einzige Ausnahme in dieser fatalen Reihe von feigen Rückzügen bildete ein Weihnachten vor drei Jahren, dessen Erinnerung Itachi auch heute noch ein seltenes Lächeln entlocken konnte. Aus einer Laune heraus hatte er seinen Bruder aufgesucht und ihm unterwegs ein paar lieb gemeinte Geschenke gekauft. Das war ein wirklich… erfreulicher Abend gewesen. Bedauerlicherweise war Sasuke im Jahr darauf nicht mehr in Konoha gewesen, hatte er sich doch inzwischen zu Orochimaru begeben, um von ihm zu lernen. Den Weg nach Otogakure hatte Itachi trotz gewisser Bedürfnisse nun doch nicht auf sich genommen, weil es ihm erstens zu weit gewesen war und er zweitens absolut keine Lust gehabt hatte, Orochimaru über den Weg zu laufen. Seitdem verbrachte er Weihnachten wieder allein mit einer Flasche Wein und den schadenfrohen Gedanken daran, dass die restlichen Akatsuki wahrscheinlich gerade Weihnachtslieder singen mussten unter der Leitung eines geisteskranken Weihnachtsfanatikers. Zufrieden mit sich und der Welt gönnte Itachi sich einen Schluck Reiswein und genoss, wie das heiße Getränk eine wohltuende Wärme in ihm erzeugte. Er hatte beinahe eine halbe Stunde bis hierher gebraucht und zwischenzeitlich wirklich geglaubt, quasi auf der Flucht zu erfrieren, aber am Ende hatte er den Fußmarsch doch noch überstanden und sich dabei nur nasse Füße geholt. Seine Schuhe standen jetzt vor dem Kamin, in dem ein gemütliches Feuer brannte und die Socken hingen darüber auf dem Kaminsims zum Trocknen. Den schweren und nassen Mantel hatte Itachi ebenfalls aufgehängt und jetzt, trocken und vor allem in Sicherheit vor Deidaras Einfällen, fühlte er sich mit der Welt wieder versöhnt. Er schlenderte rüber zum Fenster, schob den Vorhang beiseite und warf einen Blick auf das stille, verschneite Dorf. Überall brannte Licht und er stellte sich bedauernd vor, wie überall in diesen Häusern Kinder, wie er eines gewesen war, unter dem Grauen, das sich Weihnachten nannte, leiden mussten. Selbstlos wie er war, hätte er all die armen Seelen liebend gerne von dem emotionalen Ballast befreit, schließlich hatte er ja Übung im Familienmord, aber derzeit fühlte er sich einfach zu träge für ein Blutbad. Ein leises Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Es war das Geräusch der Tür, die ganz langsam aufgeschoben wurde, und Itachi erstarrte mitten in der Bewegung schier zu Eis. Seine Finger umklammerten den Becher, und ihm wurde klar, dass man ihn gefunden hatte. Wer außer Deidara würde es wagen, seine heilige Ruhe zu stören? Es gab kein Entrinnen, zum ersten Mal würde er mitfeiern müssen und er wusste, keiner seiner Kameraden würde ihn retten. Das Grauen hatte einen Namen und es hieß… "Oi, Nii-san. Störe ich?" Sasuke. Mit einem nicht allzu intelligenten Gesichtsausdruck drehte Itachi sich um und traute seinen Augen kaum. An der Tür stand sein kleiner Bruder, der bei näherem Hinsehen gar nicht mehr so klein war. In einen schwarzen Umhang gehüllt, mit Schneeflocken im Haar, stand der einzige Mensch, der dreist genug war, Itachi an Weihnachten zu stören und der damit ungestraft davonkommen würde. "Sasuke", brachte Itachi ungläubig hervor. Schwarze Augen musterten ihn und Sasuke antwortete langsam: "Rrrichtig." Itachi zwang sich, seine Stimme trotz des leichten Schrecks erhaben klingen zu lassen. Er straffte seine Haltung, blickte seinem Bruder direkt in die Augen und fragte: "Was machst du hier?" "Ich dachte mir, es ist Zeit, sich zu revanchieren." Gelassen schob Sasuke seinen Umhang zur Seite und Itachi traute seinen Augen kaum. Sein jüngerer Bruder trug ganz unverkennbar eines von Orochimarus Outfits, klar zu erkennen an der riesigen, lilafarbenen Schleife am Rücken. Aber beim letzten Schliff hatte der Sannin offenbar selbst Hand angelegt. Das weiße Oberteil zeigte mehr als es verhüllte, offenbar diente es mit dem wahrhaft riesigen Ausschnitt nur dem einen Zweck, möglichst schnell ausgezogen werden zu können. Ganz untypisch für ihn fehlten Itachi bei dem Anblick doch die Worte und dieses Mal war sein Schweigen nicht ein überhebliches, desinteressiertes, sondern eher eine Stille, wie sie nur jede Menge schmutzige Gedanken auslösen konnten. Nachdem er seinen Mantel über das Bett gelegt hatte, kam Sasuke auf Itachi zu und nahm ihm frech den Becher Sake aus der Hand. Er trank einen kräftigen Schluck, wischte sich roh mit dem Handrücken über den Mund und stellte den Becher beiseite. Itachi fand so langsam sein Sprachvermögen wieder und begann sich zu fragen, wie er auf diesen unerwarteten Besuch reagieren sollte. Immerhin wusste er nicht einmal, ob Sasuke hier war, um ihm einen freundschaftlichen Familienbesuch abzustatten (eher unwahrscheinlich), ob der Junge zufällig hier vorbeigekommen war (etwas plausibler) oder ob Sasuke hier war, um nun endlich seine Rachepläne in die Tat umzusetzen (sehr, sehr wahrscheinlich). Sasuke war inzwischen fast gleich groß wie Itachi selbst, er war von einem schmächtigen Jungen zu einem fast Erwachsenen geworden und sah noch schöner aus als früher. Allein sein Anblick ließ Itachi jede Vorsicht vergessen und an Dinge denken, die er niemals laut aussprechen würde. Oder zumindest nicht sofort. Um nicht länger wie ein Perverser zu glotzen, fragte der Ältere letzten Endes: "Solltest du nicht bei Orochimaru sein?" Sasuke leckte sich über die Lippen. "Mmh, nein. Das Thema Orochimaru hat sich erledigt." Seine Augen funkelten schadenfroh und Itachi konnte sich lebhaft vorstellen, wie Sasuke das "Thema Orochimaru" erledigt hatte. "Wie hast du mich hier gefunden?" Grinsend erwiderte der Junge: "Ich habe Nachforschungen angestellt. Offenbar kommst du jedes Jahr an Weihnachten hierher. Nur ein Jahr warst du nicht da…" "Und wieso bist du hier?" "Ich sagte doch… um mich zu revanchieren." Sasukes offenherziges Outfit ließ nun wirklich nicht viele Verstecke zu, aber irgendwoher nahm er ein recht schusselig eingepacktes - oder eher einfach nur mit Geschenkpapier umwickeltes und irgendwie zugeklebtes - Geschenk und drückte es Itachi unzeremoniell in die Hand. "Frohe Weihnachten, großer Bruder", sagte er und sein Tonfall ließ Itachi nichts Gutes ahnen. Verdattert starrte Itachi das Geschenk an und erinnerte sich an den Abend vor ein paar Jahren, wo Sasuke sein Geschenk in etwa so beäugt hatte, wie er jetzt. Unauffällig lauschte er, konnte aber beim besten Willen kein Ticken einer Zeitbombe ausmachen. Seine Hände zitterten zwar nicht – taten sie nie! – als er das Geschenk aufmachte, aber seine Bewegungen wirkten leicht fahrig. Unter dem lauernden Blick seines kleinen Bruders riss Itachi die Verpackung auf. Und starrte die lieb gemeinten Gaben erstmal verdutzt an. "Gefällt’s dir?", fragte Sasuke unnatürlich fröhlich. Er schenkte sich noch etwas Reiswein ein und trank ihn in einem Zug aus. Itachi hatte sich letztlich soweit wieder gefangen, dass er sich für einen ganzen Satz bereit fühlte. Mit spitzen Fingern fasste er ein schwarzes Objekt in seinem Schoß an und hielt es hoch. "Sasuke…", erschüttert betrachtete er die zusammengerollte Lederpeitsche, um anschließend seinem Bruder einen verstörten Blick zuzuwerfen, "was auch immer du heute noch vorhast, mich kannst du vergessen." Dafür erntete er nur ein belustigtes Grinsen und Itachi entschied sich, die Peitsche so schnell wie möglich unauffällig verschwinden zu lassen. Offenbar war Sasuke wild entschlossen, sich für den Abend vor drei Jahren adäquat zu revanchieren. Damals hatte Itachi in der Nacht guten Gebrauch von all seinen Geschenken an Sasuke gemacht… Schaudernd legte der Ältere die Peitsche weg und widmete sich dem zweiten Gegenstand. Die schwere Kette rasselte, als er sie hochhob, und Itachi war sich plötzlich nicht mehr so ganz sicher, ob es nicht doch besser gewesen wäre, Deidaras Kitschparade auszuhalten. Am Ende der Kette befestigt war etwas, das fast aussah, wie… Verstört zog Itachi eine Augenbraue hoch. "Ist das ein Halsband?", fragte er und warf seinem Bruder einen vielsagenden Blick zu. "Mein lieber Mann, hätte ich gewusst, dass du eine Schwäche für sowas hast…" Sasuke grinste schon wieder so hintergründig und abrupt ließ Itachi die Kette los. "Das sind ganz reizende Geschenke", sagte er und seine Kehle fühlte sich plötzlich staubtrocken an. Er zwang mit Mühe und Not ein etwas schiefes Grinsen auf sein Gesicht. "Entzückend." In diesem Moment hatte er einen Geistesblitz und hoffte, Sasuke damit lange genug ablenken zu können, um wenigstens die Peitsche vorerst verschwinden zu lassen. "Das ist aber unfair, Otouto. Ich hab dir drei Dinge geschenkt und du mir nur zwei", hauchte er, seine Stimme eine Nuance tiefer als vorher. Es ging ihm gleich besser, weil er sich jetzt im Vorteil wähnte. "Ah, das ist noch nicht alles. Das eigentliche Geschenk", mit einem verführerischen Augenaufschlag blickte Sasuke Itachi an, "bin ich." Er drehte sich um und zupfte herausfordernd an der Schleife auf seinem Rücken. Und hauchte: "Pack mich aus…" Höchst zufrieden ließ Itachi sich auf das Kissen sinken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und musste gegen den Drang ankämpfen, wohlig vor sich hin zu summen, denn das wäre schließlich äußerst uncool gewesen. Sein kleiner Bruder schmiegte sich an ihn und schnurrte dabei wie ein Kätzchen. Grinsend nahm Itachi einen Arm hinter seinem Kopf hervor, um Sasuke hinter dem Ohr zu kraulen. Das entlockte dem Jüngeren noch ein paar wohlige Laute und Itachi befand, dass Familienzusammenkünfte an Weihnachten doch gar nicht so schlecht waren, wenn man nur die Definition von "Zusammenkunft" ein ganz klein wenig abänderte. "Wir sollten das zur Tradition machen", schlug er selbstzufrieden vor. "Da bin ich ganz deiner Meinung", kam es von dem jungen Mann an seiner Seite. Itachi ließ seine Hand zu Sasukes Hals gleiten, um den ein Lederhalsband geschlungen war. Er ergriff die Kette daran und musste unwillkürlich grinsen. Es hatte selbstverständlich eine kleine Rangelei darum gegeben, wer es tragen würde, aber als der große Bruder hatte er natürlich am Ende gewonnen und seinen Willen durchgesetzt. Was sonst? Mit dem Halsband sah Sasuke aber auch zu sexy aus. Weil es ihm so gut gefiel, schlang Itachi die Kette einmal um seine Hand und zog spielerisch daran. Sasuke gab ein leises, sehnsüchtiges Geräusch von sich, das Itachi gleich wieder Lust auf mehr machte. Weil er sich gerade aber so verausgabt hatte, entschied er, das auf morgen früh zu verschieben. Da hatten sie dann auch Zeit, noch ein bißchen mit Sasukes Geschenken zu spielen. "Und?", fragte Sasuke mit einem unterdrückten Gähnen. "Gefallen dir meine Geschenke?" Es war das schmutzigste Grinsen, das jemals jemand dem Uchiha Wunderkind entlockt hatte, als der antwortete: "Allerdings." Um den Kleinen ein bißchen zu ärgern, zupfte Itachi an einer Haarsträhne und fragte müde: "Was ist eigentlich aus deinen Racheplänen geworden?" "Die sind derweil auf Eis gelegt. Es wäre sehr schade um Nächte wie diese." "Erwarte aber nicht, dass ich dir jedes Jahr was schenke. Mir gehen die Ideen aus." "Du könntest mich mal seme sein lassen." "Nur über meine Leiche." ENDE *** Weil ich so gar nicht in Weihnachtsstimmung bin, mal wieder was Gestörtes. War lange überfällig, dass Sasuke sich mal revanchiert ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)