Naruto Kurzgeschichten von Chi_desu (Sammlung meiner oneshots) ================================================================================ Kapitel 9: Solange du mich nicht ernstnimmst... ----------------------------------------------- Die heisere Stimme des Prüfers hallte durch die Arena: "Damit ist der zweite Abschnitt der Chuunin Prüfung beendet." Neugierig schaute Sakura sich in der Arena um und zählte stumm die übriggebliebenen Kämpfer ab. Fünfzehn, ihr eigenes Team eingeschlossen. Also hatten diesmal nur fünf Teams die Prüfung von Anko bestanden. Weit weniger als im letzten Jahr. Aber sie hatte gleich gewusst, dass es diesmal anders sein würde. Es gab bei weitem nicht mehr so viele unerwartet starke Gegner wie beim letzten Mal. Gaara und seine Geschwister waren diesmal nicht zur Prüfung erschienen und auch Orochimaru hatte sich dieses Mal nicht eingemischt. Kakashis Team hatte es diesmal sehr schnell durch den Todeswald geschafft. Sie waren auf keine nennenswerte Hindernisse gestoßen und hatten gleich dem ersten Team, dem sie begegnet waren, eine Schriftrolle abgenommen und waren dann zum Turm gegangen. Sakura, Naruto und Sasuke wirkten deshalb im Gegensatz zu den anderen Prüfungskandidaten die mit ihnen in der Arena standen und auf die nächste Prüfung warteten noch relativ ausgeruht. Sakuras prüfender Blick wanderte noch einmal über die vielen Gesichter. Sie wusste ja, dass jetzt die Zweikämpfe folgen würden. Sie sah sich um nach potentiellen Gegnern und analysierte, wer für sie ein Problem darstellen könnte. Ihr Blick blieb an Neji Hyuga hängen. Er war definitiv ein Problem. Sollte sie gegen ihn antreten müssen, würde sie es wahrscheinlich nicht schaffen. Und das zweite Problem war Ino, die auch wieder an der Prüfung teilnahm. Sakura hoffte inständig, noch einmal gegen ihre größte Rivalin kämpfen zu dürfen. Diesmal würde sie siegen, dessen war sie sich sicher. Seit der letzten Prüfung war über ein Jahr vergangen und sie hatte sich viel Zeit genommen um zu trainieren. Seit dem letzten Examen war sehr viel geschehen und eigentlich hatten sie drei nicht mehr sehr viel als Team unternommen. Sasuke hatte sich eine zeitlang allein durchgeschlagen und wo auch immer er gewesen war, er hatte zweifellos einiges gelernt. Naruto hatte sich von Jiraiya trainieren lassen und Sakura selbst hatte zuerst von Kakashi gelernt was er ihr beibringen konnte und sich danach an die stärkste Person gewandt, die sie kannte. Tsunade. Die Hokage hatte sich lange bitten lassen aber schließlich doch in den letzten Wochen mit Sakura trainiert. Anders als beim letzten Mal war Sakura diesmal zuversichtlich, diese Prüfung durchstehen zu können. Sie hatte viel gelernt, sich aber auch innerlich verändert. Als sie beim letzten Mal für Sasuke und Naruto gekämpft hatte, da hatte sie gemerkt, dass auch in ihr eine Kämpfernatur steckte. Sie hatte sich geschworen, nie mehr hinter den anderen beiden zurückzustehen. Heute würde sie beweisen, dass auch sie es wert war, in den Rang eines Chuunin aufzusteigen. Aber es sollte etwas geschehen, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Gespannt drehten die Prüflinge ihre Köpfe, als auf der großen Tafel die Buchstaben tanzten und per Zufallsverfahren zwei Shinobi für den ersten Kampf bestimmt wurden. Die Tafel blinkte, und dann standen dort zwei Namen. Ein Murmeln ging durch die Chuunin-Anwärter und das erste, was Sakura dachte, war: Das kann nicht wahr sein. Dort auf der Tafel stand ihr Name. Gleich den ersten Kampf musste sie ausfechten. Sakura blinzelte, als wäre das alles nur ein böser Traum und sie könnte den zweiten Namen, der dort auf der Tafel prangte damit verschwinden lassen. Aber als sie noch mal hinsah, war er noch da. Zaghaft drehte sie den Kopf und blickte ihrem Gegner in die Augen. Verwunderung spiegelte sich in den schwarzen Augen und ein Anflug von Unsicherheit. Dann hörte sie den Ausbilder sagen: "Ich bitte die anderen Kandidaten sich auf die Galerie zu begeben. Das erste Match findet jetzt statt. Haruno Sakura gegen Uchiha Sasuke!" Viel zu schnell hatten die Kandidaten sich oben eingefunden und nur drei Personen in der Arena zurückgelassen. Sakura, Sasuke und den Kampfrichter. Stumm standen sich die beiden gegenüber und nur langsam begriff Sakura, was hier passierte. Sie musste gegen Sasuke antreten. Ausgerechnet! Ihr Gesicht nahm einen ersten Zug an. Na schön! Wenn es sein musste, dann würde sie auch gegen Sasuke antreten um sich in dieser Prüfung zu behaupten. Vielleicht war es sogar gut so. Sie nahm sich vor, alle Gefühle außen vor zu lassen und zu kämpfen, als ginge es um ihr Leben. Sie streckte ihm die Hand entgegen und sagte: "Sieht so aus, als könnte nur einer von uns beiden zum Chuunin aufsteigen, Sasuke-kun." Er nahm ihre Hand mit einem selbstsicheren Grinsen und erwiderte: "Ich werde dich nicht verschonen, bloß weil du eine Kunoichi oder ein Mitglied meines Teams bist. Ich will weiterkommen und gegen die besten antreten." Seine Worte versetzten ihr einen Stich. Gegen die besten. Für ihn war sie kein Gegner. Ihre Stirn legte sich in Falten. Nun, sie würde ihn eines besseren belehren. Der Kampfrichter trat einen Schritt zurück. "Der Kampf... beginnt!" Und dann ging es nur noch um sie beide. Sakura lächelte. "Na dann, auf geht's!", rief sie. Sie kannte Sasuke. Er würde erstmal abwarten. Sie zerrte zwei Wurfsterne aus der Tasche und schleuderte sie ihm entgegen. Dann setzte sie sich in Bewegung und rannte auf ihn zu. Sasuke hatte unvermittelt seinen Kunai in der Hand und wehrte die Wurfsterne ohne Probleme ab. Sakura versuchte, diesen Moment zu nutzen um ihn direkt anzugreifen. Sehr zu ihrem Erstaunen blieb er ganz ruhig stehen, als sie auf ihn zu rannte. Was hatte er vor? Er als sie ganz nah bei ihm war, ging er in die Knie und stieß sich ab. Sakuras Angriff ging ins Leere und sie fuhr sofort herum, bereit, eine Attacke abzuwehren. Aber Sasuke stand bloß hinter ihr. Erstaunt sah sie ihn an. War das eine Falle? Mißtrauisch sah sie sich nach allen Seiten um aber sie konnte beim besten Willen nichts entdecken. Verunsichert versuchte sie es ein zweites Mal aber auch diesmal trat er bloß zur Seite anstatt sich zu verteidigen. Ernüchtert blieb sie stehen und starrte ihn an. "Was soll das? Warum kämpfst du nicht?" Er zuckte bloß die Schultern. "Das ist doch sinnlos. Du kannst nicht gewinnen, und das weißt du auch." Schockiert starrte sie ihn an. So wenig hielt er von ihr? Sie schüttelte den Gedanken ab und wandelte die Fassungslosigkeit in Wut um. Wie konnte er es wagen, sie so zu behanden? Noch einmal griff sie ihn an, aber diesmal war sie auf seine Ausweichmanöver vorbereitet. Als er zur Seite trat, fuhr sie herum und setzte einen Tritt nach. Er duckte sich darunter hinweg und sie faltete die Hände ineinander und zielte auf sein Genick. Wieder war er schneller und machte einen Schritt nach hinten. Sie wurde immer wütender. Er hätte schon tausend Möglichkeiten gehabt, einen Gegenangriff zu starten. Dieser Bastard! Mit einem weiteren Tritt brachte sie ihn dazu, zurückzuweichen und dabei stolperte er. Das wäre ihm in einem ernsthaften Kampf nie passiert, aber für Sakura war es eine erste Gelegenheit, seine Schnelligkeit zu überwinden. Sie holte aus und sah, dass er nicht schnell genug war, um den Angriff abzuwehren. Sie schaute in sein schönes Gesicht und auf einmal passierte irgendwas mit ihr. Ein Klatschen hallte durch die Arena und auf einmal war es totenstill. Entsetzt starrte Sakura auf ihre Hand. Sasuke blinzelte und drehte den Kopf zu ihr, legte eine Hand auf seine brennende Wange. Im letzten Moment hatte sie ihren Angriff gebremst und anstatt ihn zu schlagen hatte sie ihn geohrfeigt. Sasuke war vielleicht überrascht, aber sie selbst war schockiert. Brachte sie es wirklich nicht fertig, ihn zu verletzen? War sie doch noch so kindisch und so schwach? "Siehst du, was ich meine?", fragte Sasuke und nahm die Hand runter. "Du hast gar nicht den Mut, mich anzugreifen." Sakura biss sich auf die Unterlippe. "DU BLÖDMANN!", schrie sie wutentbrannt und ballte die Hand zur Faust. Diesmal würde sie keinen Rückzieher mehr machen. Sie zielte auf sein Gesicht und schlug mit voller Wucht zu, aber Sasuke war diesmal darauf vorbereitet. Der Angriff ging ins Leere. Anstatt den Moment zu nutzen und sie anzugreifen, packte er sie beim Handgelenk und zerrte sie mit einem heftigen Ruck zu sich heran. Im letzten Moment machte er einen Schritt zur Seite und sie stolperte überrascht an ihm vorbei. Er ließ sie los und verschwand plötzlich vor ihren Augen. Am Boden sah sie eine rasche Bewegung, als er sich um sich selbst drehte und ihr mit einem Fuß die Beine unter dem Körper wegzog. Mit dem Gesicht voran stürzte sie auf den Boden. Sie wartete auf einen weiteren Angriff, aber es kam nichts. Langsam stand Sakura wieder auf. Sie wollte es nicht, aber in ihren Augen standen Tränen. Sie war unsäglich wütend. Warum nur nahm er sie nicht ernst? War sie noch immer so schwach wie letztes Jahr? War all das Training doch umsonst gewesen? Sie drehte sich zu ihm um und er stand noch immer da und wartete. Wäre sie wirklich ein Gegner für ihn gewesen, hätte er ihre Unachtsamkeit genutzt und sie angegriffen. "Das ist hier kein Kindergarten, Sakura.", sagte Sasuke, als er ihre Tränen sah. "Gib auf und erspar uns beiden diese Farce. Wir beide wissen, dass du keine Chance hast." Sie schloss fest die Augen. Er hatte ja recht. Es war ein Kampf wie David gegen Goliath. Er war ihr so weit überlegen, dass es ihr Angst machte. Warum sollte sie sich länger quälen? Das Ergebnis stand längst fest. Und er nahm sie nicht einmal ernst genug um sie wirklich ernsthaft anzugreifen. Zitternd hob sie die Hand, zutiefst von sich selbst enttäuscht. "Willst du aufgeben?", fragte der Kampfrichter, als sie nichts sagte. Sie öffnete den Mund und warf Sasuke noch einen Blick zu. Er drehte sich um und schob die Hände in die Hosentaschen. Schon wieder sah sie nur seinen Rücken. Er war stark und sie war schwach. Das war es. So wie früher, so wie immer. Kein Wunder, dass er sie nie ernst nahm. Bei den kleinsten Schwierigkeiten aufzugeben, das war einfach nur feige. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich gefühlt hatte, als sie letztes Jahr gegen die Sound-nin gekämpft hatte. Zum ersten Mal war sie wirklich stolz auf sich gewesen. Sie wollte wieder stolz auf sich sein. Sie wollte diesen Kampf ehrenhaft zu Ende bringen. Nicht für Sasuke, sondern für sich. "Zum Teufel, NEIN!", schrie sie und riss die Hand runter. Erstaunt blieb Sasuke stehen und drehte den Kopf. Wütend wischte Sakura sich die Tränen weg. "Wer gewinnt wissen wir erst, wenn es vorbei ist, Sasuke! Und ich werde nicht aufgeben, hast du das verstanden? Wenn du dieses Match gewinnen willst, dann musst du mich bewusstlos schlagen! Auch wenn du dich zurückhältst, ich werde von jetzt an mein bestes geben!!!" Sie formte ein paar Fingerzeichen und erzeugte einen Schattendoppelgänger von sich selbst. Zu zweit rannten sie und ihr Doppelgänger auf Sasuke zu. Der erste schlug nach ihm und er wich automatisch zurück, aber bevor er ihn treffen konnte verpuffte die Illusion und Sakura stieß vor. Mit einem Schrei rammte sie Sasuke mit voller Wucht die Faust ins Gesicht und der war von ihrer plötzlichen Entschlossenheit so überrascht, dass er den Schlag nicht mehr blocken konnte und rücklings auf den Boden knallte. "So!", sagte Sakura und rief sich unauffällig die schmerzende Hand. "Damit du kapierst, dass ich es ernst meine! Ab jetzt halte ich mich nicht mehr zurück, Sasuke-kun!" Sie stutzte die Hände in die Hüften. Langsam setzte Sasuke sich auf, mit einem Ausdruck totaler Überraschung im Gesicht. Er wischte sich unwillkürlich mit dem Handrücken über das Kinn und staunte nicht schlecht, als er sah, dass er blutete. Sakura drängte jedes Bedauern zurück, als sie das sah, und sagte statt dessen: "Steh endlich auf und lass uns richtig kämpfen! Wenn du mich weiter so unterschätzt, wirst du wohl verlieren!" "Hn.", machte Sasuke und stand mühelos wieder auf. "Du überschätzt dich, Sakura." Also wollte er noch immer nicht mit voller Kraft gegen sie kämpfen. Sakura schluckte ihren Ärger runter. Sie würde jedenfalls ehrenhaft kämpfen, sollte er doch machen was er wollte. "Ich habe dich gewarnt!", schrie sie. "Jetzt wirst du erleben, was ich alles gelernt habe! Kage Bunshin no Jutsu!!" In einer gigantischen Rauchwolke füllte sich die gesamte Arena mit Doppelgängern. Mäßig beeindruckt schaute Sasuke sich um und ein Chor von hunderten von Stimmen fragte: "Na, welche von uns ist die Echte?" Sie wusste, er konnte es nicht sagen. Beim Kage Bunshin verteilte sich die Energie gleichmäßig auf die Doppelgänger. Selbst jemand wie er vermochte nicht zu sagen, welche Sakura nun die echte war. Trotzdem schnaubte er verächtlich. "Kage Bunshin? Das ist ja lächerlich." Mit einem schrillen Kampfschrei stürzten sich die Doppelgänger auf ihn. Sakura's wahres Selbst beobachtete das ganze aus der Ferne. Sie wusste, die Doppelgänger würden ihn nicht lange aufhalten. Aber darum ging es auch gar nicht. Schon schallte es durch die Arena: "Katon! Gokakyuu no Jutsu!" Sasuke spie Feuer in alle Richtungen und dutzendweise verpufften die Doppelgänger wieder, bis nur noch eine Handvoll übrig war. Sasuke grinste. "Ich wusste, du würdest mich nicht selbst angreifen.", sagte er höhnisch. Seine Überheblichkeit würde ihm noch zum Verhängnis werden. Der Plan schien aufzugehen. Sie tauchte hinter ihm wieder auf, gerade als er sagte: "Du gehst nie zu hohe Risiken ein." "Stimmt!", rief sie und er fuhr überrascht herum. "Aber gerade gehe ich ein sehr hohes Risiko ein!" Wurfsterne sirrten durch die Luft und nur wenn man genau hinsah, entdeckte man die hauchdünnen Fäden, die daran hingen und zu Sakuras Fingern führten. "Das hier habe ich von dir gelernt!", schrie sie, bevor sie die Arme nach hinten riss und damit die Wurfsterne lenkte. Normalerweise hätte Sasuke ihre Absichten rechtzeitig erkannt und sich eine Gegenwehr einfallen lassen. Aber durch seine Überheblichkeit begriff er zu spät, was sie vorhatte. Die Fäden schlangen sich um seinen Körper und die Wurfsterne bohrten sich in die Wand. Blitzschnell zog Sakura noch einmal an und genau wie sie es berechnet hatte, zogen sich die Fäden fester um ihn. Er hatte nicht mal mehr die Zeit gehabt, seine Arme zu heben, die jetzt eng an seinen Körper gezurrt waren. Sasuke versuchte, sich zu befreien, dabei schnitten die Fäden in seine Haut und an einigen Stellen lief etwas Blut über seine Arme und Beine. Zufrieden sah Sakura das Erstaunen in seinen dunklen Augen aber sie nahm sich nicht die Zeit, diesen Anblick (und den eines gefesselten Sasuke) zu genießen. Einen Wurfstern oder einen Kunai zu werfen, wäre zu gefährlich gewesen, denn auch wenn Sasuke durch die starken Fäden im Moment sehr in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, hätte sie ihm damit vielleicht die Möglichkeit geboten, sich zu befreien. Deswegen versuchte sie es lieber direkt. Sie stieß sich ab und kam direkt vor ihm auf. Ohne zu zögern schlug sie ihm die Faust in den Magen und er krümmte sich, soweit sein Zustand es zuließ. Sofort riss sie ihr Knie hoch und stieß es ihm erbarmungslos ins Gesicht. Sein Stirnband löste sich und fiel irgendwo auf den Boden. Sakura beachtete es gar nicht. Ein kleiner Teil von ihr hatte tatsächlich immer noch Angst, sein schönes Gesicht dauerhaft zu entstellen, aber ein Gedanke an seine arroganten Worte reichte schon aus, um sie wieder in Wut zu versetzen. Ehe er sich von dem harten Schlag erholen konnte, verpasste sie ihm einen Tritt vor die Brust, der so präzise und technisch perfekt ausgeführt war, dass er direkt aus dem Lehrbuch hätte stammen können. Die Kraft darin reichte aus, um die Fäden zerreißen zu lassen, genau wie sie es beabsichtigt hatte. Sasuke flog durch den Raum und als er am Boden aufkam, schlitterte er weiter bis er gegen die Mauer prallte, wo er sich noch mal den Hinterkopf anstieß. Sakura verzerrte das Gesicht. Das musste ziemlich wehgetan haben. Aber er hatte es nicht besser verdient. Sofort verdrängte sie den Gedanken und nahm die Arme hoch für eine Verteidigungsposition. Sasuke erhob sich sehr langsam und presste eine Hand vor seine blutige Nase. Die zerrissenen Fäden hatten sich gelöst und er war jetzt wieder gefährlich. Sie musste aufpassen. Sasuke starrte sie an und er wirkte auf einmal wirklich zornig. Er ließ die Hand sinken und wischte sie sich achtlos an seiner Hose ab. "Willst du mich wirklich herausfordern? Überleg dir das gut!", sagte er finster. Das reichte schon, um ihre Wut von neuem zu entfachen. Sie zog ihren Kunai und setzte zu einem Sprung ab. Im selben Moment preschte Sasuke vor und Sakura erschrak zutiefst, als er in Sekundenbruchteilen vor ihr stand. Sie hatte keine Zeit mehr, sich zu verteidigen, und hätte er sie ernsthaft verletzen wollen, hätte er das ohne Probleme tun können. Stattdessen sauste sein Arm nach vorne und er stieß ihr mit der flachen Hand so heftig vor die Brust, dass sie in hohem Bogen durch die Arena segelte. Großer Gott! Er ist schnell! Ich habe es nicht einmal kommen sehen!! Sie kämpfte den Schock über Sasukes unglaubliche Schnelligkeit nieder. Noch im Fallen drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Dabei sah sie, wie er sich umdrehte, in dem festen Glauben, sie mit diesem laschen Schubs außer Gefecht gesetzt zu haben. Die Wand kam rasch näher und Sakura konzentrierte Chakra in ihren Fußsohlen. Mit den Füßen kam sie an der Wand auf und durch das gesammelte Chakra vermied sie einen Sturz nach unten, aber der Aufprall war doch heftiger als erwartet und sie spürte einen stechenden Schmerz in ihrem linken Fuß. Hartnäckig biss sie die Zähne zusammen. Noch war es nicht vorbei. Wenn er noch immer glaubte, sie wäre kein Gegner für ihn, dann hatte sie auch noch eine Chance. Sie ging in die Knie und stieß sich wieder ab. Sie raste auf ihn zu und im letzten Moment drehte er sich um. "Was zum...?!", schrie er und riss reflexartig den Arm hoch. Der Kunai, mit dem sie eigentlich auf seine Brust gezielt hatte, bohrte sich in seinen Arm und dann riss sie ihn mit sich zu Boden. Die Finger ihrer freien Hand krallten sich in sein Hemd und als sie ihn aufstöhnen hörte, begriff sie, dass ihre Fingernägel sich durch das Hemd in seine Haut gebohrt hatten. Umso besser. Seine Hand schloss sich instinktiv um ihr Handgelenk, aber sie hatte sich so festgekrallt, dass er sie nicht von sich lösen konnte. Grinsend sagte sie: "Ich leihe mir jetzt etwas Chakra aus. Denn meins reicht für den nächsten Angriff nicht aus." Blaues Licht umgab ihre Hand, die, die sich an Sasuke festgekrallt hatte, und dann spürte sie, wie sein mächtiges Chakra durch ihren Arm in ihren Körper floss. Es war ein richtiger Kick. Kaum vorstellbar, wie viel Chakra er besaß. Fassungslos starrte er sie an. "Duu..." Er begriff, was sie da machte. Mit jeder Minute wurde SIE stärker, während er schwächer wurde. Jetzt brauchte sie nur noch etwas Zeit. Sasuke drückte seinen Arm mit aller Kraft in die Höhe, obwohl der Kunai sich dadurch nur noch tiefer in die Wunde bohrte. Sie musste mit aller Kraft dagegen halten, weil er sie sonst einfach von sich runter gestoßen hätte. Aber lange würde sie das nicht durchhalten. Er hatte nun mal mehr Kraft in den Armen, über kurz oder lang würde er sie in diesem kleinen Zweikampf besiegen. Ihr Vorteil war nur, dass sie auf ihm lag und damit ihr ganzes Gewicht einsetzen konnte. Sie stemmte sich hoch, soweit das ging, und drückte seinen Arm ein wenig zur Seite. Triumphierend grinste sie ihn an. Nur noch ein bißchen, das würde schon reichen... Nur noch etwas Chakra... Wo auch immer er noch Kraftreserven hatte, er mobilisierte sie und drückte seinen verwundeten Arm gegen den Kunai. Entsetzt stellte sie fest, dass sie ihn nicht daran hindern konnte. Er hatte seinen Kopf angehoben und knurrte angestrengt: "Das schaffst du nicht!" "Ach nein?!", brüllte sie. Sie war so wütend auf ihn, dass ihr alles andere jetzt egal war. Sie wollte nur noch gewinnen. Ganz egal, wie. Sie wollte sich und der Welt beweisen, dass sie nicht mehr die schwache Sakura von damals war. "Ich gebe nicht auf!", schrie sie. Seine Augen weiteten sich. Und dann ließ sie ihren Kopf nach vorne sausen und knallte mit der Stirn gegen seine. Rasender Schmerz breitete sich in ihrem Kopf aus, aber mit großer Zufriedenheit hörte sie auch seinen Schmerzensschrei. Als sie den Kopf wieder hob, sah sie, dass seine Stirn blutete. Vielleicht war es auch ihr eigenes Blut, denn etwas Rotes lief über ihre Stirn zum Augenwinkel hinab und tropfte dann auf sein Hemd. Sie spürte, wie sein Arm nachgab und drückte zu so fest sie konnte. "GENUG!", schrie Sasuke plötzlich. Schlagartig blickte sie direkt in seine Sharingan Augen. Und noch bevor er seinen nächsten Zug machte, wusste sie, dass es vorbei war. Als erstes ließ er ihren Arm los, den, mit dem sie sich an ihm festgekrallt hatte. Sofort ließ auch sie los, bereit, einen eventuellen Angriff abzuwehren. Gleichzeitig gab er aber mit seinem anderen Arm nach und sie fiel ihm überrascht entgegen. Seine freie Hand sauste vor und mit dem Handballen stieß er ihr vor die Nase, gerade so fest, dass er ihr die Nase nicht brach. Sakura schrie auf vor Schmerz und ruckte nach hinten. Das sollte den Ausgang des Kampfes entscheiden. Sasuke packte jetzt den Griff des Kunai, den sie vor Schmerz losgelassen hatte, und mit einer Bewegung zerrte er die Waffe aus der Wunde und schlug Sakura die Faust ins Gesicht. Der Schmerz war so heftig, dass sie glaubte, das Bewusstsein zu verlieren. Als sie wieder einigermaßen bei Sinnen war, fand sie sich auf dem Boden der Arena wieder. Ihr war schwindlig und sie konnte sich nicht bewegen, ohne dass noch mehr Schmerz in ihrem Kopf explodierte. Trotzdem stemmte sie sich mit den Armen hoch. Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund und spuckte unwillkürlich aus. Es war Blut. Mühsam kämpfte sie sich auf die Füße und suchte den Raum nach ihrem Gegner ab. Sasuke stand einige Meter von ihr entfernt, die Arme angehoben, bereit zur Verteidigung. Seine Augen waren noch immer Sharingan. Sakura lächelte tapfer. Das machte sie irgendwie stolz. Endlich kämpfte er ernsthaft gegen sie und unterschätzte sie nicht länger. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und torkelte dabei. Ihr Fuß schmerzte, und sie wäre beinahe gestürzt. Allein durch pure Willenskraft hielt sie sich noch aufrecht. Der Kampf war vorbei. Sie sah Sasuke lange an. Er hatte überall Blut. Auf der Stirn, im Gesicht, es lief an seinen Armen und Beinen hinab. Aber das alles waren nur oberflächliche Wunden und auch die Stichwunde an seinem Arm war kein großes Hindernis für ihn. Ja, es war wirklich vorbei. Aber jetzt nahm er sie ernst und beobachtete ihre Bewegungen mit dem gebührenden Respekt. Sie hatte ihm auch zugesetzt und darauf war sie stolz. Ich bin nicht mehr die kleine, schwache Sakura von damals. Eine letzte Trumpfkarte hatte sie noch. Das Chakra das sie ihm gestohlen hatte, reichte völlig aus. "Noch bin ich nicht am Ende!", rief sie mühsam und streckte die Hand aus. Sasukes Augen wurden groß, als blaues Licht sich darin bildete. Mit seinem eigenen Chakra erzeugte sie in ihrer Hand ihre stärkste Waffe, die vor langer Zeit auch mal seine gewesen war. Chidori. Sie genoss den überraschten Ausdruck in seinen Augen. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie hatte Kakashi so lange traktiert, bis er es ihr beigebracht hatte. Sie hatte schnell gemerkt, dass ihr Chakra für so einen gewaltigen Angriff einfach nicht ausreichte. Deswegen konnte sie es im Kampf nur einsetzen, wenn sie den Gegner vorher berührt hatte. Grinsend blickte sie Sasuke an. Ein letztes Mal biss sie die Zähne zusammen. Ohne auf ihren schmerzenden Fuß oder das Schwindelgefühl zu achten, rannte sie los. Sie holte aus und als sie nah genug war, schlug sie zu. Sasuke schrie auf und drehte im letzten Moment den Kopf zur Seite, sodass ihr Angriff ins Leere ging. "NEIN!", schrie sie wütend und riss ihren Arm zur Seite. Sasuke duckte sich darunter hinweg und das war der Moment, der den Kampf entschied. Nur für einen Moment war sie vollkommen ungeschützt. Diesmal nutzte er ihre Schwäche aus. Seine Faust schoss mit voller Kraft vor und Sakura fand weder die Zeit noch die Kraft, die Arme hochzunehmen um sich zu schützen. Er versetzte ihr einen Schlag in den Magen und sie krümmte sich. Das blaue Feuer des Chidori erlosch und sie wusste, dass sie für ein zweites Mal nicht mehr die Kraft hatte. Sie hob mühsam den Kopf und sah, wie Sasuke ein zweites Mal ausholte. Sie versuchte, die Arme zu heben um sich wenigstens einigermaßen zu schützen, aber ihr Körper versagte ihr den Dienst. Seine Faust raste direkt auf sie zu und sie schrie auf. Im letzten Moment bremste Sasuke sich, als er merkte, dass sie sich nicht mehr verteidigen konnte. Seine Faust hielt nur Millimeter vor ihrem Gesicht an. Ein Raunen ging durch die Menge der Zuschauer. Sakura schaute ihrem Gegner in die Augen und die Sekunden wurden zu Stunden. Sasuke lächelte. Und dann verschwand er ein weiteres Mal aus ihrem Blickfeld. Sie merkte, wie er hinter ihr wieder auftauchte und hörte ein dumpfes Geräusch. Sie spürte keinen Schmerz, aber plötzlich gaben ihre Beine nach und sie kippte nach vorn. Noch bevor sie auf dem Boden aufkam, verlor sie das Bewusstsein. Verwundert beobachteten die Zuschauer, wie Sakura in sich zusammensank. Noch bevor sie den Boden berührte, fingen Sasukes starke Arme sie auf. Sie war nicht mehr bei Bewusstsein. Sasuke hob sie auf seine Arme und der Kampfrichter erklärte das Duell für beendet. Sasuke hatte gesiegt. Es dauerte einen Moment, bis die Zuschauer ihre Sprache wiederfanden. Auch wenn der Kampf langsam gestartet war, am Ende hatten diese beiden ein außergewöhnliches Duell geliefert. "W-Wahnsinn...", murmelte Ino. "Ich kann nicht glauben, was sie da getan hat. Ich weiß nicht, ob ich das fertiggebracht hätte." Neji verschränkte die Hände vor der Brust. "Sie ist nur eine Kunoichi. Am Ende hat er sie doch geschont." Jemand sagte verstimmt: "Also haben sie doch nicht ernsthaft gegeneinander gekämpft... Er hätte sie mit einem Angriff erledigen können, statt dessen ist er noch mal ein Risiko eingegangen. Wie langweilig." Kakashi und Naruto, die das gehört hatten, sahen zu Sasuke runter. "Nein, er hat am Ende ernsthaft gegen sie gekämpft. Und sie auch.", sagte Kakashi. "Aber dass er sie zuletzt doch schonen würde, hätte ich nicht erwartet. Sasuke steckt doch immer wieder voller Überraschungen. Er hätte ihr alle Knochen mit dem letzten Schlag brechen können." Sasuke kam er mit schleppenden Schritten die Treppe hoch und gesellte sich zu seinen Freunden. Naruto musterte ihn und sagte: "Ich weiß nicht recht, ob ich dir gratulieren soll oder nicht." "Lass es einfach, ja?", murmelte Sasuke und setzte Sakura vorsichtig ab. Ein Sanitäter kam an und erkundigte sich, ob sie oder Sasuke Hilfe bräuchten. Sasuke verlangte ein paar Verbände und schickte ihn dann wieder weg. Neben Sakura ließ auch er sich auf den Boden sinken und fing an, sich seinen Arm zu verbinden. Neugierig fragte Naruto: "Warum hast du nicht gleich ernsthaft gegen sie gekämpft? Ich dachte immer, jemand wie du nimmt jeden Kampf ernst." Sasuke hielt inne und warf der bewusstlosen Sakura einen Blick zu. Er überlegte kurz und sagte dann nachdenklich: "Ich denke... ich denke, ich wollte sie nicht verletzen." Sasuke sah stumm zu, wie Naruto Sakuras Stirn mit einem Taschentuch abtupfte. "Sie war großartig... es gab einen Moment, da dachte ich, sie würde dich wirklich besiegen." "Ja. Sie hat mich... wirklich beeindruckt. Sie hat sich irgendwie verändert." Naruto fing den Blick auf, den Sasuke seiner bewusstlosen Kameradin zuwarf und grinste. "Sie hat dir ganz schön zugesetzt.", feixte er. Sasuke warf ihm nur einen verwunderten Blick zu. Naruto stand wortlos auf und gesellte sich dann wieder rüber zu Kakashi. Gedankenversunken rieb Sasuke sich die brennende Stirn. Sakura öffnete mühsam die Augen. Sie sah sich um und erkannte, dass sie auf der Galerie saß. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. "Ich habe... verloren?" Bitter enttäuscht senkte sie den Kopf. Schon wieder hatte es nicht gereicht. Sie hatte sich selbst etwas beweisen wollen und nun saß sie schon wieder hier. Ein paar bandagierte Beine tauchten in ihrem Blickfeld auf und sie hob vorsichtig den Kopf. Noch immer bereitete ihr jede Bewegung Schmerzen. Vor ihr stand Sasuke und ging auch gleich in die Knie. "Hier.", sagte er knapp und hielt ihr ein weißes Tuch hin. Fragend blickte sie ihn an und nahm das Tuch. Es war kühl und feucht. "Halt es dir an die Stirn.", sagte er schlicht. Ohne darüber nachzudenken tat sie es. Zuerst brannte die Wunde auf ihrer Stirn, aber dann tat die Kälte ihre Wirkung und sie fühlte sich gleich etwas besser. "Danke.", murmelte sie. "Zeig mir deinen Fuß." "Was?" "Dein Fuß.", wiederholte Sasuke ungeduldig. "Du hast dir doch den Fuß verletzt, oder irre ich mich?" "N-Nein...", stammelte sie und zog ihr Knie an, um sich den Schuh auszuziehen. Es tat ziemlich weh und sie biss die Zähne zusammen, als sie aus dem Schuh schlüpfte. Erstaunt sah sie zu, wie Sasuke ihren Knöchel abtastete. Ein paar mal zuckte sie zusammen, aber er beachtete es gar nicht. Schließlich sah er kurz auf und murmelte: "Ist nur verstaucht." Sie nickte bloß, zu überrascht um etwas sagen zu können. Warum machte er das? Hatte er etwa ein schlechtes Gewissen? Er hatte auf einmal einen Verband in den Händen und begann, ihn mit geübten Handgriffen um ihr Fußgelenk zu legen. "Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben.", sagte sie leise. "Ich wollte ja, dass du ernsthaft kämpfst." "Ich habe kein schlechtes Gewissen.", gab er zurück ohne aufzusehen. "Immerhin hast du mir auch ordentlich zugesetzt." Sie lächelte schief. "Ja. Aber gereicht hat es trotzdem nicht." Wieder kamen ihr die Tränen. "Ich habe schon wieder verloren. Ich bin immer noch schwach." "Nein.", sagte er ruhig. Als er ihr ins Gesicht sah und die Tränen entdeckte, fügte er hinzu: "Du hast keinen Grund zu weinen. Du hast mich sehr beeindruckt. Ich werde dich nie wieder unterschätzen." Sie spürte, wie sie rot wurde. Sasuke hatte noch nie auch nur andeutungsweise so etwas zu ihr gesagt. Er hatte ihre Fähigkeiten anerkannt und auch ihre Fortschritte. Genau das hatte sie sich gewünscht. "Danke..", flüsterte sie. "Es war ein guter Kampf." "Ja... finde ich auch." OWARI! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)