Caution: Night owls may regret their decisions von Felicity (Does apply to cats and crows as well) ================================================================================ Kapitel 1: Caution: Tests of courage may lead to unexpected damage (Bokuto) --------------------------------------------------------------------------- Alles in ihm kribbelte vor Vorfreude und es fiel ihm schwer überhaupt ruhig zu bleiben und nicht vorzustürmen. Gespannt lehnte sich Bokuto mit dem Rücken gegen die Wand und spähte vorsichtig um die Ecke zur Tür, die den Eingang in die Sporthalle darstellte. Es war dunkel, nur die kleine Taschenlampe in seiner Hand spendete etwas Licht und huschte nun über den Türgriff. Der Keil, den er heute Abend als er gegangen war, zwischen die Tür und den Rahmen geschoben hatte, steckte noch dort, also hatte der Hausmeister nicht nochmal alles kontrolliert und sie würden gleich hinein können. Er grinste zufrieden. „Luft ist rein“, flüsterte er und hörte neben ihm ein aufgeregtes Luft einziehen. „So spannend!“, wisperte Hinata und Bokuto konnte die Aufregung in seiner Stimme hören, die seine geradezu echote. „Worauf wartest du?“, fragte Kuroo mit gesenkter Stimme und Bokuto nickte, schlich sich auf Zehenspitzen zur Tür und ... „Es ist niemand hier, warum reden wir nicht normal?“ Bokuto murrte. „Akaashi! Das macht die ganze Stimmung kaputt, wenn du so normal hier rein marschierst!“, beschwerte er sich, was von seinem Gegenüber (nicht ganz unerwartet) so ziemlich gar keine Reaktion ergab. „Aber er hat doch recht“, murmelte Kenma mürrisch, „Kann ich jetzt ins Bett?“ Er wollte sich umdrehen, doch Kuroo griff ihn schnell. „Nichts da, so eine kleine Mutprobe tut dir auch mal ganz gut. Los, Bokuto, mach schon auf!“ Bokuto hörte noch das Gemurmelte „was ist denn an einer Turnhalle gruselig?“, aber er ignorierte es und mit gespannt klopfendem Herzen zog er die Tür zur Halle auf und leuchtete hinein. Sie wirkte so viel größer und unüberschaubarer in dem kleinen hellen Kegel und er zögerte fast schon ehrfürchtig kurz, ehe er langsam in den Raum hineintrat und sich ein wenig umsah. Er hatte die Turnhalle schon das eine oder andere Mal komplett leer gesehen (schon allein, weil er oft als letzter blieb), aber mitten in der Nacht war es doch nochmal ein ganz anderes Gefühl. Er bekam eine leichte Gänsehaut und stellte sich vor, wie etwas oben auf den Zuschauerreihen saß und sie mit in der Dunkelheit leuchteten Augen stumm beobachtete. Fast glaubte er wirklich, dass dort jemand oder etwas war und zuckte herum, den Blick nach oben. Doch dort war nichts als Dunkelheit. Das Kribbeln auf der Haut blieb aber, selbst nachdem die anderen fünf gefolgt waren. Hinata schien ein wenig eingeschüchtert und war automatisch einen Schritt näher an Kageyama getreten, der aussah, als versuchte er sich nichts anmerken zu lassen. Kuroo wirkte eher sehr zufrieden, Kenma ... sah aus, als wäre er eingeschlafen und Akaashi ... Bokuto schmunzelte. Sah natürlich aus wie immer. „Also ...“, begann er und sein Echo hallte in der leeren Halle wieder, als auf einmal mit einem lauten Krachen die Tür zufiel, durch die sie gekommen waren. Alle zuckten heftig zusammen und sofort leuchteten drei Taschenlampen dorthin. Bokuto meinte ein leises Kreischen zu hören, dann brach mit einem Mal alles ab.   Als er wieder zu sich kam, fand er sich auf dem etwas kühlen Hallenboden wieder. Bokuto öffnete langsam die Augen und blinzelte ins helle Licht der Morgensonne, der gestrige Abend sackte wieder ein und er fragte sich unwillkürlich, was passiert war, dass er offensichtlich die Nacht in der Turnhalle verbracht hatte. Er konnte sich nicht mehr erinnern, was passiert war, er hatte einen Filmriss nach dem seltsamen Kreischen, das irgendwie wie ein wildes Tier geklungen hatte und irgendwie so gar nicht. Er stöhnte leise - und offenbar war er etwas heiser, das Geräusch klang auch ungewohnt. Es war sicher keine gute Idee während eines Training Camps eine Nacht auf dem kalten Boden zu verbringen. Nicht, dass er noch nie sowas dämliches angestellt hätte, aber es gab in aller Regel Muskelkater, Rückenschmerzen und im besten Fall noch eine Erkältung obendrein. Oh, Mist, das könnte seine seltsam klingende Stimme erklären. Sein Körper fühlte sich auch nicht an, wie er sollte. Verdammt, das konnte er gerade wirklich nicht gebrauchen ... Er wollte sich aufrichten, aber irgendwie hatte er keine Kraft in den Armen und sackte sofort wieder auf den Bauch herunter. Er blinzelte und wollte sich umsehen, aber - und er zuckte wirklich zusammen - er konnte seine Augen nicht bewegen. Mit seiner Sicht war alles in Ordnung, aber was er auch versuchte sein Blick ging starr geradeaus. Bokuto schluckte schwer und drehte schließlich den Kopf, auch wenn es sich mehr als falsch anfühlte das zu tun. Akaashi lag neben ihm auf dem Boden und schien noch zu schlafen - zumindest hoffte er, dass es nur das war - dabei verdeckte er aber die Sicht auf den Rest der Halle. Bokuto atmete tief durch und wollte sich durch die Haare streichen. Das funktionierte allerdings nicht, denn zu seinem Entsetzen schien er keine Finger mehr zu haben. Er hätte die Augen aufgerissen, wenn sie das mitgemacht hätten, denn statt einer Hand kamen mehrere helle, weiße Federn in sein Blickfeld. Er schrie erschrocken auf und stieß sich unbewusst vom Boden ab, starrte auf das, was eigentlich sein Arm sein sollte, bewegte ihn und ... Flügel. Er hatte Flügel anstelle von Armen? Er drehte den Kopf nach unten (was viel besser ging, als es eigentlich sollte) und ... sein Bauch sah weich und flauschig aus. Er musste die Beine heben, um die typischen Vogelfüße zu sehen und schluckte nochmal. Das ... war ein seltsamer Traum? Er ... er war ein Vogel?! Noch ein erschrockener Schrei entwich ihm und wieder klang er seltsam und nicht wie seine eigene Stimme. Am Rand seines Gesichtsfelds bewegte sich etwas und er wollte dorthin sehen, fluchte aber erstmal nur leise. Wieso zum Teufel konnten Vögel ihre Augen nicht bewegen?! Er drehte also den Kopf und sah wie sich Akaashi mit einem leisen Stöhnen den Kopf rieb. „Alles okay bei dir?“, fragte er etwas besorgt und tapste und hopste mehr näher als dass er lief, da die Füße das nicht gerade gut mitmachten. Um besser sehen zu können beugte er sich ein wenig vor, als Akaashi ihn ansah und verwirrt blinzelte. Dann nochmal. Und schließlich zuckte er erschrocken ein Stück zurück und ... starrte? „Ah, ja, ich scheine irgendwie ein Vogel geworden zu sein?“, merkte Bokuto hüstelnd an, was aber absolut keine Reaktion von Akaashi hervorrief, außer, dass der den Kopf umwand und auf etwas hinter ihm sah. Bokuto gab ein unzufriedenes Geräusch von sich, hüpfte aber ein Stück um ihn herum, um zu sehen, was dort seine Aufmerksamkeit beanspruchte. Scheinbar waren sie nicht als einziges ungeplant in der Turnhalle geblieben, die beiden Setter der anderen Teams richteten sich gerade auch langsam auf und streckten verknackste Gelenke. Schlafen auf einem harten Boden war und blieb nun einmal keine gute Idee. „Was ist passiert?“, fragte Akaashi gerade, erntete aber nur zwei verwirrte Blicke und ein Schulterzucken. „Hat irgendwer Bokuto gesehen?“ „Ich bin doch hier!“, beschwerte er sich daraufhin und gestikulierte mit den ... Flügeln? Akaashi sah kurz zu ihm, stand dann allerdings auf und schien die Halle mit dem Blick abzusuchen. „Nein, aber Hinata ist auch weg“, kam es von Kageyama, „Und da fehlt noch jemand.“ Akaashi seufzte leise. „Wahrscheinlich wollen sie uns nur einen blöden Scherz spielen. Irgendwo muss hier ja eine Tür offen sein, sonst wären die Tiere hier nicht rein gekommen ...“ Bokuto murrte. „Ich bin hier! Ignorier mich nicht!“ Moment. Tiere? Wie in Mehrzahl? Er drehte den Kopf zur Seite (okay, irgendwie war das auch ganz cool, so ohne sich zu bewegen so weit zur Seite zu gucken ... aber das mit den starren Augen blieb immer noch seltsam!) und tatsächlich streckte sich da gähnend eine schwarze Katze ein paar Meter neben ihm auf dem Boden. Wie auf Kommando drehte sie den Kopf zu ihm und fast meine Bokuto, dass sie schmunzelte. Aber das war Unsinn, das konnten Katzen nicht ... oder? „Ich glaub, sie verstehen dich nicht“, kommentierte die Katze dann und es klang ein wenig seltsam. Es war eindeutig Kuroos Stimme, aber sie klang verspielt und niedlicher. Bokuto blinzelte und hopste etwas näher. „Kuroo?“ Der wiederum legte den Kopf schief. „Wer denn sonst?“ Dann tapste er ein paar unsichere Schritte, musste sich wohl auch noch an die andere Körperhaltung gewöhnen, ehe er fast ein wenig amüsiert meinte: „Ich glaube, wir müssen ihre Aufmerksamkeit erregen.“ Und damit schnurrte er um Kenmas Beine herum, der fast schon erheiternd erschrocken zurück zuckte und ungläubig auf die Katze herab sah. Kuroo war eine hübsche, rein schwarze und recht große Katze mit mittellangem, etwas verwuschelten Fell. Sicher nichts, was man jeden Tag zu sehen bekam. Bokuto legte den Kopf schief und sah ihm dabei zu. Ob er das auch versuchen sollte? Er sah zu Akaashi herüber, der gerade Richtung Umkleide und Durchgang lief und beschloss, dass er ihn aufhalten musste! Sollte er nicht eigentlich fliegen können? Er flatterte ein wenig mit den Flügeln, was nicht allzu viel brachte, bis er es etwas ruhiger machte. Dann kam er etwa drei Meter weit, ehe ... „Aaaaah!“ ...er direkt hinten in Akaashi knallte und versuchte sich einzureden es wäre aufgrund des plötzlichen Schreis gewesen und nicht weil er das absolut nicht unter Kontrolle hatte. Hust. Er sah sich schnell in der Halle um, woher der Schrei gekommen war und erkannte neben Kageyama einen kleinen, schwarzen Vogel, der aufgebracht hin und her hopste und irgendwie etwas ... verrückt wirkte. Mit einem Blick zu der schwarzen Katze, die noch immer um Kenmas Beine schlich, hatte Bokuto leider einen Verdacht, wer das war ... Aber erstmal musste er jetzt Akaashi erklären, wer er war. Er setzte sich also auf dem seine Beine und ... starrte ihn an. Komm schon, erkenn mich! Akaashi schien nicht so wirklich glücklich darüber, murrte etwas in seinen Bart, das Bokuto nicht verstand und wedelte mit der Hand, wie um ihn zu verscheuchen. Bokuto blieb aber unbeeindruckt sitzen und sah ihn weiter an. Schließlich stöhnte Akaashi und griff nach ihm, Bokuto nickte, hatte er ihn endlich erkannt? Aber Akaashi nahm ihn nur sehr vorsichtig hoch und ... setzte ihn auf dem Boden ab, damit er aufstehen konnte. „Komische Eule ...“, murmelte er, woraufhin Bokuto ein klein wenig enttäuscht in sich zusammen sackte und traurig zu ihm hochsah. Interessanterweise ließ das nun Akaashi kaum merklich die Stirn runzeln und in die Hocke gehen. „Das kann nicht sein, oder?“, flüsterte er fast schon, „Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist ...?“ Bokuto hätte geschmollt, wenn er Lippen gehabt hätte. „Das würde ich gerne ...?“ Akaashi schloss die Augen, strich sich über das Gesicht und sah langsam wieder zu ihm. „Bokuto?“ „Ja, verdammt nochmal!“ Wieder wollte er gestikulieren, flatterte aber am Ende nur mit den Flügeln. Akaashi sah nicht glücklich darüber aus und lehnte sich etwas nach hinten. „Ich verstehe dich nicht“, merkte er wie immer erstaunlich ruhig an, „Nicken oder Kopfschütteln.“ Bokuto hielt inne, flappte die Flügel etwas enttäuscht an den Körper und nickte. „Aber du kannst mich verstehen?“ Wieder ein Nicken. „Weißt du, wie das passiert ist?“ Kopfschütteln. Was andersherum ein Seufzen von Akaashi hervor rief. „Wunderbar, dann habe nicht nur ich einen Filmriss ...“ Er sah auf und zu den anderen herüber. Bokuto folgte seinem Blick und beobachtete fast schon amüsiert, wie Kuroo scheinbar Spaß hatte. Kenma schien die Katze nicht geheuer und er wich immer wieder ein Stück zurück, während Kuroo um seine Beine schnurrte. Hinata allerdings flatterte immer noch wild hier hin und dorthin, während Kageyama offensichtlich versuchte den Vogel zu verscheuchen, der als um ihn herum ... kreiste. Wenn man das denn so nennen konnte. „Ich glaube, du solltest mal was sagen?“, schlug Bokuto vor, was Akaashi natürlich wieder nicht verstand und erstmal nichts machte. Also hopste er zu Hinata herüber und fing die deutlich kleinere Krähe mit einem Flügel auf. „Beruhig dich.“ Er konnte regelrecht sein Team hören, wie sie sich darüber amüsierten, dass gerade er sowas sagte. Aber, hey, sie würden ihn gerade sowieso nicht verstehen ... Hinata flatterte etwas erschrocken, hielt dann aber nach einem Moment inne und sprach mit fast schon fiepsiger Stimme: „Ich bin ein Vogel!“ Bokuto lachte leise. „Ja, eine Krähe. Ich bin eine Eule - und Kuroo ist eine Katze.“ Endlich hielt Hinata Ruhe und als Bokuto zu Kuroo herübersah, der es inzwischen offenbar aufgegeben hatte und Kenma nur noch schief ansah, während der gerade irgendwas mit Akaashi besprach, das Bokuto nicht verstand (war sein Gehör schlechter geworden?), sah auch Hinata dorthin und blieb etwas braver auf dem Boden stehen, legte sogar die Flügel an. „Was ...?“ „Ja, das wüsste ich auch gern ...“, stimmte ihm Bokuto zu und zur offensichtlichen Verwirrung von Kageyama, der etwas versteinert dastand, gesellten sie sich nun lieber zu den beiden Menschen herüber. Hinata sah nochmal zurück und langsam folgte auch Kageyama. „ ... diese Katze ist Kuroo?“, fragte Kenma gerade und hob besagte Katze hinter den Vorderpfoten nach oben. Kuroo gab ein amüsiertes Geräusch von sich und Bokuto hätte darauf wetten können, dass er Kenma über die Nase geleckt hätte, wenn der den Fehler gemacht hätte ihn zu dicht ans Gesicht zu halten. Aber entweder dachte Kenma nicht daran oder er war schlau genug sowas zu erwarten, denn er tat es nicht, starrte nur die Katze vor ihm an, ehe er tief stöhnte. „Das darf doch nicht wahr sein ...“ Kenma ließ sich nach hinten auf eine der Bänke fallen, wodurch Kuroo unweigerlich auf seinem Schoß landete, was den aber nicht störte, er setzte sich dorthin und legte den Schwanz um sich. „Mmh, bequem.“ Bokuto schüttelte nur den Kopf - und ließ es gleich wieder. Davon wurde einem ja schwindlig, wenn die Augen sich nicht entgegen bewegen konnten ... er hüpfte stattdessen an Akaashis Bein, was der mit einem etwas grummeligen Geräusch kommentierte, ehe er sich neben Kenma setzte und Bokuto hochnahm. Hinata auf dem Boden flatterte etwas unruhig hin und her, ehe er scheinbar das Fliegen ansatzweise raus hatte und unsicher hin und her gleitete. „Ich ... ich kann fliegen!“ Sofort war Bokutos Blick auf ihm. Das sollte er doch auch können! Er öffnete die Flügel und ... wurde festgehalten. Murrend drehte er den Kopf zu Akaashi (warte, sah er gerade hinter sich? Hatte er den Kopf auf den Rücken gedreht?!), der nur den Kopf schüttelte. „Flieg nicht weg, bleib sitzen“, kommentierte der nur und wand sich dann zur Seite: „Du solltest Hinata vielleicht mal einfangen“, schlug er etwas tonlos vor. „Warum sollte ich, lass ihn doch rumsausen“, murrte Kageyama, aber offenbar eher aus Unsicherheit, denn er versuchte tatsächlich den kleinen Vogel aus der Luft zu fischen. Kapitel 2: Caution: Animals in the gym may cause havoc (Akaashi) ---------------------------------------------------------------- Als er spürte, dass Bokuto schon wieder losflattern wollte, griff er schnell (und möglichst nicht fester als irgendwie nötig) nach dessen Flügeln und hielt ihn wieder fest. Er würde so schnell keine Ruhe geben, wenn er einmal in Schwung war. (Schade, dass es normal nicht auch so einfach war ihn festzuhalten ...) Die ganze Situation wirkte einfach nur unheimlich skurril und so ganz konnte Akaashi noch nicht wirklich glauben, dass die schwarz-weiße Eule, die gerade unruhig auf seinem Schoß auf und ab federte wirklich sein Schulfreund war. Allerdings zeigte sie auf der anderen Seite viel zu viele Eigenschaften von ihm, als dass es wirklich nicht er sein sollte. Akaashi sah zur Seite, wo Kenma offensichtlich nicht so ganz sicher war, was er von der schwarzen Katze auf seinem Schoß halten sollte, die irgendwie dafür, dass sie eigentlich keine Katze war, erstaunlich gelassen wirkte und sich ein wenig eingekugelt hatte. Was die beiden aus Karasuno anging ... Akaashi sah auf und inzwischen hatte Kageyama den kleinen Vogel eingefangen, der wild zwitschernd und flatternd auf seinen Händen herum hüpfte. Er war sich allerdings nicht sicher, ob Hinata gerade am Durchdrehen war oder nicht, angesichts der Tatsache, dass der Junge ihn bisher viel zu sehr an Bokuto erinnerte und er ihn nicht einmal irgendwo still stehen oder sitzen gesehen hatte. Er atmete tief durch. Okay, ganz langsam und nochmal von vorne. „Kann sich irgendwer erinnern, was passiert ist?“ Allgemeines Kopfschütteln, selbst die Krähe blieb endlich still auf der ausgestreckten Handfläche sitzen, als Kageyama sich vor ihnen auf den Boden niederließ. So viel dazu ... „Aber ihr versteht uns alle normal?“ Bokuto drehte etwas gruselig den Kopf ganz nach hinten - woraufhin Akaashi ihn hochnahm und etwas umdrehte - und nickte, Kuroo streckte sich sehr zu Kenmas missfallen (und ignorierte die gemurrte Beschwerde) und nickte ebenfalls. Hinata ... zwitscherte. „Wir verstehen dich nicht, Idiot“, murmelte Kageyama und hob ihn etwas hoch, „Versteht ihr euch untereinander?“ Die Frage war tatsächlich nicht dumm, wurde überraschenderweise aber auch mit mehrfachem Nicken beantwortet. Immerhin etwas, schätzte Akaashi. „Gut, ihr könnt uns auch noch normal sehen und hören?“ Diesmal nickte nur Bokuto (was vermutlich fast die unverlässlichste Quelle war), während Hinata den Kopf hin und her wog und Kuroo ihn sogar schüttelte. Das verwirrte Akaashi nun doch leicht, aber ehe er eine Frage äußern konnte, war es überraschenderweise Kenma, der fragte: „Wahrscheinlich siehst du kein rot mehr, oder?“ Kuroos Kopf zuckte herum und er nickte langsam. Ah, angesichts von Kenmas rotem Oberteil würde ihm das natürlich auffallen, aber ...? „Katzen sind teilweise farbenblind“, murmelte Kenma recht leise, „Wahrscheinlich haben sie die gleichen Wahrnehmungen, wie die entsprechenden Tiere.“ Das ... machte wahrscheinlich Sinn. Allerdings musste Akaashi zugeben, dass er sich dafür nie sonderlich interessiert hatte und ziemlich keine Ahnung davon hatte, wie Eulen, Krähen oder Katzen sahen oder hörten. Da hatte er offensichtlich nachher eine Aufgabe ... Aber erst mal war die deutlich wichtigere Frage ... „Und was machen wir jetzt?“, sprach es Kenma aus, ehe er es selbst konnte. Er sah in ziemlich ratlose Gesichter und fuhr sich mit einem Seufzen durch die Haare. Gut, nochmal von vorne, irgendwas war offensichtlich heute Nacht hier passiert und es war nun weg. Das wahrscheinlich logischste wäre also die nächste Nacht nochmal zu kommen, nur, was erzählten sie bis dahin den anderen, wo ihre Mitspieler steckten? Und vor allem, wie sollte er Bokuto davon überzeugen einen Tag lang brav und ruhig in einem Versteck zu bleiben?   Gar nicht offensichtlicherweise. Die kleine Eule war beinah durchgedreht, als er ihm gesagt hatte, dass er sich im Abstellraum verstecken sollte, bis alle beim Frühstück waren und den Tag dann im Schlafraum verbringen sollte. Das einzige, was Akaashi der Fairness halber zugeben musste, er war nicht der einzige gewesen. Die anderen beiden Tiere hatten es auch absolut nicht gut gefunden und prinzipiell konnte er schon verstehen, dass es nicht spaßig klang, aber ... die Alternative war so viel umständlicher und vor allem unglaubwürdiger ... „Hey, Akaashi, da bist du ja!“, ertönte es, kaum, dass er die Cafeteria betrat, „Wir haben euch schon gesuch... ist Bokuto nicht bei dir? Und was ist das da auf deiner Schulter??“ Er unterdrückte ein leises Seufzen. Keine unerwarteten Fragen, er atmete tief durch. „Bokuto geht’s nicht so gut, wir waren heute früh joggen und dabei ist ihm schlecht geworden, er ist nicht vom Klo gekommen und hat sich etwas hingelegt, lasst ihn besser schlafen.“ Die Eule auf seiner Schulter gab ein unzufriedenes Geräusch von sich und plusterte sich ganz leicht auf. Mach jetzt bitte ja nichts Falsches, Bokuto ... Leicht unsichere Blicke trafen seinen. „Bist du sicher, dass wir nicht nach ihm sehen sollten?“, fragte Komi langsam, woraufhin Akaashi nun doch seufzte. „Ja, du kennst ihn doch, er schläft ein paar Stunden durch und alles ist wieder okay, mach dir keine Sorgen, wahrscheinlich hat er gestern einfach nur beim Abendessen wieder zu viel rein gehauen.“ Zustimmendes Gemurmel vom Tisch und eine etwas beleidigte Eule ... wundervoll. „Das erklärt allerdings nicht die Eule“, merkte eine Stimme hinter ihm auf einmal ruhig an und als sich Akaashi umdrehte, stand ihr Coach vor ihm. Jetzt kam der eindeutig schwierigere Teil und im Gegensatz zu den anderen war er ganz und gar nicht überzeugt davon, dass der Plan funktionieren würde. Er räusperte sich. „Das stimmt“, gab er zu, „Beim Joggen heute Morgen sind wir ein paar Leuten begegnet, die in der Nähe eine Aufpeppelstation für wilde Tiere betreiben.“ Er behielt das Gesicht des Trainers im Auge, aber der zeigte bisher keine Regung. „Sie hatten ein paar dabei und ... wie Sie sich vielleicht vorstellen können, war Bokuto von der zahmen Eule ziemlich angetan und wollte sie streicheln. Irgendwie ist das dann damit geendet, dass sie sie ihm den Tag über mitgegeben haben und jetzt liegt er im Bett und ... ja ...“ Akaashi hörte hinter sich nur halb unterdrücktes, amüsiertes Schnauben. Ja, traurigerweise war die Geschichte vielleicht unglaubwürdig, aber ... Bokuto zuzutrauen. Dem gefiel es offensichtlich nicht als Grund hingestellt zu werden, denn er zwickte ihn ganz leicht in die Schulter. Coach Yamiji runzelte leicht die Stirn und seufzte leise. „Sag mir bitte, dass das nicht dein Ernst ist?“ Akaashi zucke leicht die Schultern. „Tut mir leid. Aber sie ist ganz zahm und brav, nur etwas neugierig, ich verspreche, sie wird niemanden stören oder verletzen.“ Wow, das klang auch erstaunlicherweise gar nicht so falsch, wenn er bedachte, wen er da eigentlich auf der Schulter hatte ... Bokuto indes schuhute leise und legte den Kopf neugierig schief. Coach Yamiji beäugte die Eule einen Moment lang und nickte dann mit einem Seufzen. „Nun gut, aber sobald sie irgendwie den Betrieb stört, sperren wir sie ein. Rede am besten mit Shirofuku und Suzumeda, ob sie damit einverstanden sind, schließlich kann sie schlecht den ganzen Tag auf deiner Schulter verbringen.“ Bokuto flappte leicht mit den Flügeln und wirkte freudig, Akaashi griff schnell nach seinen Füßen und hielt ihn fest, ehe er noch auf die Idee kommen konnte sich auf die Schulter des Trainers zu setzen. Er deutete eine Verbeugung an. „Danke, Coach, das mache ich.“ Der nickte noch einmal und bedachte ihn mit einem eindeutig sehr zweifelnden Blick, ehe er sich umdrehte und zurück zu den anderen Lehrern und Trainern ging. Akaashi atmete langsam aus und flüsterte leise: „Benimm dich!“ Dann holte er sich auch einen Teller mit Frühstück und stutzte. „Was essen Eulen?“, fragte er verwirrt und sah sich die Auswahl an. Bokuto war normalerweise nicht wählerisch, er würde so ziemlich alles essen, was man ihm zum Frühstück hinstellte. Also griff Akaashi nach kurzer Überlegung (und als Bokuto selbst keine Anstalten machte, weil er offenbar damit beschäftigt war sich im Raum umzusehen) nach einer Schale Müsli. Das sollte hoffentlich auch so gehen. Dann setzte er sich zu den anderen und wartete, bis Bokuto brav von seiner Schulter den Arm herunter auf den Tisch tapste, sich neugierig umsah und nochmal schuhute. Ja, was auch immer er sagen wollte? „Hier“, er stellte Bokuto die Schale Müsli hin, die dieser beäugte, nach kurzem Zögern hinein pickte und schluckte. Er gab einen etwas unglücklichen Laut von sich und sah Akaashi mit großen Augen an. „Schmeckt es dir nicht?“ Bokuto legte den Kopf schief, sah auf das Müsli, dann wieder zu ihm. Ja, wunderbar, er hatte keine Ahnung, was er wollte. Vielleicht sollte er doch mal schnell nachlesen was Eulen normalerweise zu sich nahmen? Bokuto kam ein Stück näher und stupste Akaashis Glas mit Orangensaft an, dass es fast umkippte und Akaashi schnell danach greifen musste. „Du willst Saft?“, fragte er ungläubig, woraufhin Bokuto aber nur wieder zu dem Müsli sah. „Vielleicht ist ihm das Müsli zu trocken?“, meinte Konoha neben ihm ein wenig amüsiert, „Unser lieber Captain zum Beispiel beschwert sich doch auch immer, dass man sowas nicht ohne Milch zu sich nehmen kann, weil es den ganzen Körper regelrecht austrocknen würde?“ Leises Lachen folgte, bis Washio etwas ernster einwarf: „Aber denkst du denn, Eulen machen da einen Unterschied?“ Konoha zuckte nur mit den Schultern. „Versuchen wir es doch mal?“ Er griff ungefragt die Schale und ging zurück zum Buffet, kam kurz darauf wieder. Bokuto hüpfte neugierig ein wenig hin und her, als Konoha die Schale abstellte und flappte freudig mit den Flügeln, ehe er anfing zu essen. Ernsthaft? Milch? Als Eule? Akaashi beschloss lieber nicht drüber nachzudenken, als Bokuto reinhaute und beeilte sich lieber mit seinem eigenen Essen, sie waren ohnehin schon etwas spät dran. „Na bitte“, lachte Konoha und strich etwas zögerlich der Eule über den Kopf. Bokuto genoss das offenbar. „Wie heißt sie denn, Akaashi?“ Äh ... das war eine gute Frage? Die Wahrheit konnte er ihnen schlecht sagen ... „Ko hat der Tierarzt sie genannt.“ Bokuto warf ihm einen Blick zu, der halb beleidigt, halb amüsiert wirkte, woraufhin Akaashi kaum merklich die Schultern zuckte. „Sie ist aber wirklich brav, meinst du, wir können sie als Maskottchen behalten?“, schlug Komi erheitert vor, was wieder allgemeines, zustimmendes Gemurmel auslöste. Akaashi antwortete lieber nicht darauf. War Bokuto das nicht eigentlich irgendwie ohnehin schon ..?   Als sie eine Viertelstunde später in die Halle kamen, sah sich Akaashi schnell um. Nach kurzem Suchen entdeckte er Hinata auf Kageyamas Kopf und Kuroo ließ sich gerade in aller Ruhe von seinen Teamkollegen streicheln, also hatten offenbar beide das okay bekommen ebenfalls in der Hallo zu bleiben. Das war vermutlich schon mal gut. Er atmete langsam aus und nahm Bokuto vorsichtig von seiner Schulter herunter und in den Arm, als er sich dem Rand näherte, wo ihre beiden Manager saßen. Sie schienen ihn zu erwarten, also hatte sie wohl irgendwer schon vorgewarnt. „Das ist also die Eule, auf die wir aufpassen sollen?“, fragte Shirofuku ein wenig skeptisch und Akaashi konnte es ihr nicht verdenken. „Ja, seid bitte so gut.“ Er setzte Bokuto vor ihnen auf dem Boden ab und der hüpfte ein wenig näher und legte neugierig den Kopf schief. „Sie ist brav, wirklich“, meinte er mit etwas eindrücklichem Unterton, in der Hoffnung, dass der ausnahmsweise mal bei Bokuto ankam, „Nur scheinbar manchmal etwas neugierig. Wenn sie zu sehr rumflattern will, haltet sie einfach fest, ja? Sie wird euch nicht wehtun, das kann ich versprechen.“ Bokuto sah ihn etwas beleidigt an, drehte sich mit dem Kopf zur Wand und plusterte sich ein wenig auf. Akaashi seufzte nur leise. „Awww, wie süß bist du denn??“, hörte er es auf einmal und sah nach rechts. Offenbar war Kuroo auf die Idee gekommen seine Katzenform auszunutzen und hatte sich zu den Karasuno Managerinnen gesellt. Die waren einer Katze ganz offensichtlich nicht abgeneigt und bestimmt genoss er es auf dem Schoß der Kleinen zu sitzen und sich kraulen zu lassen. Akaashi unterdrückte ein Seufzen und wand sich lieber wieder dem gegebenen Problem zu, als er merkte, dass Bokuto sich ... noch seltsamer als normal verhielt. Er war neben Shirofuku gehüpft und stieß mit dem Kopf immer wieder gegen sie. Sie sah verwirrt zu Akaashi. „Was will sie?“, fragte sie leicht verunsichert. Akaashi seufzte nun doch. „Wahrscheinlich nur Aufmerksamkeit, streichel ihr mal über den Kopf?“, schlug er vor. Und tatsächlich, gab Bokuto darauf ein sehr zufriedenes Geräusch von sich und hüpfte frech auf ihren Schoß. Nach dem ersten Schock schienen die beiden Mädchen sich aber mit dem Gedanken anzufreunden. „Sie ist weich“, stellte Suzumeda fest, als sie etwas zögerlich auch über die Federn strich. Und Bokuto wurde ganz ruhig und brav. Wow, wenn das in echt auch so einfach funktionieren würde ... vielleicht sollte er auch mal versuchen ihm über den Kopf zu streicheln? Mit einem leichten Kopfschütteln strich sich Akaashi über das Gesicht und ließ Bokuto bei den beiden Mädchen zurück um sich aufzuwärmen. Kapitel 3: Caution: There may be a few surprises before midnight (Bokuto) ------------------------------------------------------------------------- Bokuto hatte sehr schnell festgestellt, warum die meisten Tiere, die er kennengelernt hatte, ruhig hielten, wenn sie gestreichelt wurden. Das war unheimlich angenehm und es hätte ihn nicht gestört, wenn er den Rest des Tages so auf Yukies Schoß verbracht hätte. Was sie wohl sagen würde, wenn sie wüsste, dass er es war? Er legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um sie zu sehen, aber sie beobachtete gerade etwas und hielt still. Leicht verwundert sah auch Bokuto wieder nach vorne und bemerkte, dass das erste Spiel des Tages angefangen hatte. Und mit einem Mal hatte er das Gefühl eine Abreißbirne hätte ihn getroffen. Es war wie ein fester Schlag ins Gesicht, als sein Team den ersten Aufschlag machte und er wollte zu ihnen. Jetzt. Vergessen waren die Streicheleinheiten und die Ruhe, er öffnete die Flügel und ... wurde festgehalten. „Ich will mitspielen!“, versuchte er Yukie klar zu machen, „Mein Team braucht mich!“ Aber sie strich ihm nur sacht über die Flügel. „Ganz ruhig, Kleiner, du musst jetzt brav sein, ja? Sie dürfen nicht gestört werden, es wird für sie schon seltsam genug sein, dass Bokuto fehlt ...“, gegen Ende hin wurde sie ein wenig leiser. Bokuto flappte unglücklich etwas mit den Flügeln und wollte weghüpfen, aber er hatte keine Chance gegen ihren vermutlich nicht mal allzu festen Griff. Also blieb er, wo er war und sackte leicht unglücklich in sich zusammen. Zum ersten Mal wurde ihm das größte Problem dieses Tierkörpers klar. Er konnte nicht zu ihnen, er konnte ihnen nicht helfen, er konnte nicht mitspielen ... er war dazu verdonnert hier zu sitzen und zuzusehen, wie sie sich gegen Ubugawa abmühten. „Hey, wie guckst du denn drein?“, fragte auf einmal Kuroo und als Bokuto heruntersah, hatte er sich vor ihnen auf den Boden gesetzt und leckte sich überraschend echt aussehend die Tatze, um sich damit über den Kopf zu streichen, offenbar im Versuch eine etwas hartnäckige Strähne unter Kontrolle zu bringen, was nicht wirklich gelang. Er gab ein unglückliches Geräusch von sich. „Eine Eule kann kein Volleyball spielen ...“ Kuroo lachte leise. „Sie werden es einen Tag ohne dich überleben. Und heute Nacht sehen wir zu, dass wir das aufheben, morgen kannst du wieder mitspielen.“ Bokuto blinzelte. Die Ruhe und Selbstverständlichkeit, mit der Kuroo das sagte, war verblüffend und er war nicht sicher, ob das ein Bluff war oder der andere das wirklich glaubte. Aber es wirkte zumindest ein wenig und er atmete langsam aus und nickte. Wahrscheinlich hatte er recht und so lange sollte er wohl nicht zu sehr versuchen daran zu denken und lieber herausfinden, was die Vorteile einer Eule waren. Akaashi hatte ihn immer noch nicht wirklich fliegen lassen ... „Bist du süß“, murmelte gerade Suzumeda und hielt Kuroo eine Hand hin. Brav wie eine echte Katze schnupperte er daran und rieb das Köpfchen sacht gegen sie, was dazu führte, dass das Mädchen vergnügt aufquietschte und ihn vorsichtig auf ihren Schoß hob. „Akaashi hatte recht, diese Tiere sind wirklich unheimlich brav“, merkte sie an, als Kuroo sich auf ihren Beinen sacht einrollte. „Sag mal, das macht dir Spaß, oder?“, merkte Bokuto doch ein wenig amüsiert an, woraufhin Kuroo leise lachte. „Darauf kannst du Gift nehmen, wer würde sich gegen so etwas wehren? Eigentlich schade, dass es die falsche Gelegenheit für Röcke ist ...“ Bokuto brauchte zwei Sekunden, dann lachte er auch. „Alter Spanner ...“   Die Zeit bis zum Mittagessen schien sich ewig zu ziehen und Bokuto hatte das Gefühl, sie wollte gar nicht vorbei gehen. Er war erleichtert, als Yukie ihn endlich wieder an Akaashi übergab und der ihn mit in die Cafeteria nahm, wo er sich mit einer zusätzlichen Schale des Currys und der Aussage, er würde schauen, ob ihr Ace wach genug war um etwas runter zu kriegen, verabschiedete. Tatsächlich lief Akaashi aber nicht zu ihrem Schlafraum, sondern hinter Halle drei auf die Wiese, wo er sich mit einem Seufzen neben Kageyama sinken ließ. Der war wohl auf eine ähnliche Idee gekommen, denn Hinata saß auf dem Tablett und piekte aus einer kleinen Schale einzelne Reiskörner. Es sah fast schon niedlich aus. Akaashi derweil hatte das Tablett hingestellt und sah seit eben auf sein Handy. „Also, offenbar ernähren sich Eulen hauptsächlich von kleinen Säugetieren und anderen Vögeln“, murmelte er, woraufhin Bokuto nur blinzelte. Wie bitte? „Da ich ehrlich gesagt keine sonderliche Lust habe dir jetzt eine Maus zu fangen und bezweifle, dass du selbst eine erwischst“ - „Hey!“ - „denke ich, wir versuchen es mal mit dem Fleisch aus dem Curry“, schlussfolgerte Akaashi, aber als Bokuto ans Essen wollte, stieß er ihn vorsichtig ein Stück weg. „Ich bin nicht sicher, ob du die Gewürze verträgst, lass es mich abwaschen.“ Das war jetzt nicht sein Ernst, oder?? „Das tun wir bestimmt nicht und ... Akaashi!“ Der hatte gerade wirklich ein Stück Fleisch aus dem Essen gefischt und es mit einer Trinkflasche schnell abgewaschen. Zu sagen, dass Bokuto nicht begeistert war, wäre eine hochgradige Untertreibung gewesen und er hielt den Schnabel fest geschlossen, als Akaashi ihm das Fleisch hinhielt. Er schüttelte den Kopf. Wer mochte denn bitte Fleisch, von dem die leckere Soße abgewaschen wurde? „Bokuto, du bist eine Eule, du solltest dich entsprechend ernähren“, oh je, hier kam wieder diese ganz spezielle Tonfall, in dem er mit ihm redete, wenn er ihn wirklich, wirklich von etwas überzeugen wollte. Bokuto murrte unglücklich, öffnete nur Akaashi zuliebe den Schnabel und schluckte das Fleisch herunter. Es schmeckte ... ziemlich genau so, wie man es sich eben vorstellte. Und in Bokutos Ansicht gehörten gebratenes Fleisch und Wasser nicht zusammen. Er hätte das Gesicht verzogen, wenn er gekonnt hätte. So schüttelte er aber nur sehr vehement den Kopf und ehe Akaashi noch was sagen konnte, schnappte sich lieber ein Stück mit Curry, was gleich eindeutig viel besser war. Akaashi seufzte. „Beschwer dich hinterher nicht bei mir, wenn du Bauchschmerzen bekommst ...“ Bokuto schnaubte darauf nur und aß weiter, ehe sein Gegenüber doch noch auf die Idee kam ihm den Teller wegzunehmen. Akaashi selbst nahm ab und an gedankenversunken auch einen Löffel Curry, während er weiter auf seinem Handy las. „Sag mal, ist das nicht irgendwie fad?“, wand sich Bokuto stattdessen an Hinata, der daraufhin den Kopf zu ihm drehte. „Nein, ist okay, ich esse oft nur Reis zum Frühstück.“ Diese Information speicherte Bokuto blinzelnd ab. „Du solltest trotzdem mal das Curry probieren, es schmeckt gut.“ Er deutete einladend mit dem Flügel auf seinen Teller, da auf Kageyamas Tablett offensichtlich keines stand. Da schien jemand kein Curry zu mögen - oder es übersehen zu haben, eins von beidem. Hinata zögerte ein wenig, hüpfte dann herüber, sah nochmal zu ihm und pikte zögerlich etwas auf. „Oh! Das ist wirklich gut!“ Bokuto lachte leise. „Sag ich doch. Iss ruhig mit, ich glaub, unsere Mägen haben keine Menschengröße, ich schaff das ohnehin nicht.“ Hinata blinzelte, bedankte sich dann aber und aß tatsächlich mit. Kurz herrschte Stille, ehe Akaashi auf einmal sprach. „Gut, also Eulen hören höhere Töne besser als Menschen, tiefe dafür schlechter, außerdem können sie wenig überraschend bei deutlich weniger Licht noch sehen. Allerdings sind sie offensichtlich weitsichtig.“ Bokuto schnaubte. „Ich bin nicht weitsichtig!“, beschwerte er sich, woraufhin Akaashi ihn einen Augenblick lang stumm ansah. „Du glaubst mir nicht, was? Dann lies das mal.“ Damit hielt er ihm das Handy vor den Schnabel. Bokuto gab ein unwilliges Geräusch von sich, ließ sich aber dazu herab und sah auf den Bildschirm und ... ja. Also, effektiv sah er eine einheitliche Fläche in der Farbe von Akaashis Hintergrund (falls er ihn nicht in den letzten zwölf Stunden geändert hatte, war es ein Foto der Wiesenanlage vor der Sporthalle, als es geschneit hatte und sie als Aufwärmübung Schneemänner gebaut hatten). Offensichtlich hatte er etwas zu lange darauf gestarrt, denn Akaashi gab ein sehr leises, triumphierendes Geräusch von sich und nahm das Handy wieder weg. Bokuto plusterte sich leicht beleidigt auf, drehte Akaashi den Rücken zu und aß weiter. „Welche Seite hast du zum Nachlesen genommen?“, hörte er hinter sich Kageyama fragen und als er ganz kurz den Kopf nach hinten drehte, saßen beide mit ihren Handys da und diskutierten über irgendeine Suchfunktion. Pah, sollten sie doch einfach fragen! „Sorry, wir sind etwas spät, Kenma hat nicht aufgepasst und dachte der Treffpunkt wäre die Turnhalle.“ Kuroo ließ sich neben ihnen im Gras nieder und strich sich zum wiederholten Mal über den Kopf, allerdings war die verwuschelte Haarstelle noch immer genauso wild wie heute Morgen. „Worüber reden die?“, fragte er dann etwas verwirrt und sah zu den inzwischen drei Menschen herüber, die inzwischen alle um Akaashis Handy herumsaßen. Bokuto schnaubte. „Ich glaube darüber, wie gut wir hören oder sehen können ... offensichtlich bin ich weitsichtig“, knurrte er leise, woraufhin Kuroo leise lachte. „Naja, dafür kannst du aber vermutlich noch normale Farben sehen, oder?“, er wurde auf einmal seltsam etwas ernster, „Es ist ein wenig komisch, wenn auf einmal alles Rot verschwunden ist.“ „Mmh“, ja, das klang zugegeben etwas komisch, „Kannst du eigentlich normal sehen, Hinata?“ Der legte langsam den Kopf schief. „Äh, ich glaube schon, aber ich kann die Augen nicht bewegen, was echt nervig ist, ich muss immer den Kopf drehen.“ Ein menschliches Gesicht hätte Bokuto jetzt ironisch verzogen, so aber begnügte er sich mit einem ironischen Schnauben. „Kann ich absolut nachvollziehen, geht mir genauso.“ „Mir tatsächlich auch“, merkte Kuroo überraschenderweise an, „Also, ich kann sie noch ein bisschen bewegen, aber bei weitem nicht so, wie normalerweise.“ Darauf wurde es einen Moment lang still. Fast zu still, denn mit einem Schlag waren auch die anderen drei verstummt und sahen nur zu ihnen. Bokuto gefiel diese seltsam düstere Stimmung nicht, wo auch immer sie auf einmal her kam, er wollte sie wieder los werden. „Nun, damit wäre dann die nächste gute Note in der Bio Klausur geritzt, oder?“   Die zweite Hälfte des Trainingstags verlief ziemlich genauso langweilig wie die erste. Akaashi parkte ihn mehr oder weniger wieder auf Yukies Schoß, aber immerhin schien die Gefallen daran zu finden ihm nebenbei immer mal wieder durch die Federn zu kraulen und das machte immerhin ein klein wenig der Warterei wett. Viel mehr passierte aber auch wirklich nicht, Bokuto war sich sogar ziemlich sicher, dass Kuroo irgendwann auf einer Jacke zusammengerollt am Rand einschlief, während Hinata sich auf die Stange des Netzes setzte. Warum durfte der eigentlich durch die Halle fliegen und er selbst durfte nur hier sitzen und zusehen? Er nahm sich vor sich bei Akaashi zu beschweren, sobald er einen Weg fand, ihm klar zu machen, was er sagen wollte. Eigentlich sollte man meinen, der andere könnte es sich denken, er sollte ihn gut genug kennen! Nachdem das offizielle Training endete, lief alles viel zu normal seinen Gang, der Großteil der Mannschaften verabschiedete sich unter die Dusche und zum Abendessen, wie immer  blieb ein Teil zurück und verteilte sich auf die Sporthallen. Bokuto bekam noch halb mit, wie Akaashi seinem Team sagte, sie sollten sich keine Sorgen um ihn machen. Aber er war zu weit weg und offenbar war sein Gehör wirklich etwas schlechter, denn er verstand nicht genau, was er ihnen sagte, wo er stecken sollte. Aber Bokuto wurde ein kleines bisschen warm ums Herz, als seine Teamkameraden offensichtlich unzufrieden auf die Aussage reagierten. Als sie an ihnen vorbei nach draußen gingen, schnappte er sogar ein „ohne Bokuto ist es irgendwie nicht dasselbe“ auf und fiepte unbewusst ein wenig traurig. Er wollte wirklich mitspielen ... Akaashi nahm ihn wieder in den Arm und streichelte ihm sanft über den Kopf, als er offenbar merkte, dass er etwas unglücklich war. „Noch ein paar Stunden“, flüsterte er leise, ehe er sich umsah und dann in der Turnhalle verschwand, die sie normalerweise selbst abends zum Training benutzten. Kenma saß bereits auf einer Bank an der Seite - ausnahmsweise sogar mal ohne seine Spielkonsole - und sah ihnen entgegen. „Haben wir eigentlich einen Plan für heute Nacht?“, fragte er und erst jetzt merkte Bokuto, dass hinter ihnen auch die beiden aus Karasuno eingetreten waren. Hinata hatte auf Kageyamas Schulter gesessen, flatterte aber nun los und setzte sich auf Kenmas Bein. Bokuto bewegte sich etwas, bis Akaashi ihn freiließ. Er wollte auch endlich fliegen und zwar richtig! Bisher hatte man ihn nicht gelassen, aber sobald sie den ernsten Teil durch hatten, würde er Hinata ihm das erklären lassen ... wenigstens konnte er sich so einreden, dass es noch sowas ähnliches wie Training war! „Nein, nicht wirklich“, antwortete Akaashi etwas verspätet und ließ sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder. „Aber wir gehen schon zurück in die Turnhalle, oder? Das ist unser einziger Anhaltspunkt“, kommentierte Kageyama leise, woraufhin die anderen nickten. Kenma sah auf sein Handy. „Um Mitternacht? Da haben wir noch fast fünf Stunden vor uns ...“ Was er dann sagte, brach ab, denn auf einmal wurde Bokuto unheimlich warm und es rauschte wild in seinen Ohren. Überrascht und erschrocken schlug er sich die Flügel instinktiv auf die Ohren und merkte, wie er das Gleichgewicht verlor und auf den Rücken fiel. Es tat nicht wirklich weh, aber alles war warm und kribbelte, als wäre sein gesamter Körper eingeschlafen. Und dann war es genauso schnell vorbei, wie es gekommen war. Er atmete etwas schwer ein und aus und versuchte sich zu beruhigen, strich sich über das Gesicht und ... er hatte wieder ein Gesicht! Und Finger! Blinzelnd sah er auf die Hand, die über seinem Gesicht schwebte und bewegte sie ein wenig. Sie gehorchte, aber ... etwas stimmte noch nicht komplett. Es brauchte ein, zwei Herzschläge, bis er verstand, was. Von seinem kleinen Finger ausgehend zog sich eine Linie von weiß-schwarz gemusterten Federn zu seinem Handgelenk, wo sie sich in zwei teilte und mit immer größer werdenden Federn seinen Arm hinaufzog. Er stöhnte leise und strich sich nochmal über das Gesicht. Das schien zumindest halbwegs normal, kein Schnabel mehr. Er sah sich um. Seine Augen waren wieder beweglich, auch wenn er das Gefühl hatte, dass sie nicht ganz so wie normal wollten. Langsam setzte er sich auf und sah in ein ziemlich ungläubiges Augenpaar. „Bokuto?“, fragte Akaashi zögerlich, woraufhin er nickte und sich über den Kopf rieb - oh, da schienen noch ein paar Federn in seinen Haaren zu stecken. Er wollte eine herausziehen, ließ es aber schnell wieder, als es weh tat. „Wer sonst? Verstehst du mich wieder?“ Akaashi nickte langsam und streckte ganz langsam und etwas fassungslos (so viel Mimik zeigte er wirklich selten) eine Hand nach ihm aus, berührte die Federn an seinen Armen. „Die sind angewachsen, bitte nicht ziehen“, murmelte Bokuto automatisch und sah zur Seite. Neben ihm war Hinata offenbar von der Bank gefallen, lag noch ausgestreckt auf dem Boden. Auch er hatte eine Reihe schwarzer Federn entlang der Arme. Ihm steckten allerdings keine in den Haaren, dafür wirkte die Haut auf seiner Stirn sehr dunkel, fast wie eine Musterung und als er die Augen aufschlug waren die Iriden komplett schwarz und die Pupillen nicht zu sehen, auch wenn sie sicher da waren. Moment, hieß das ... Bokuto sah in die andere Richtung und entdeckte ziemlich genau, was er erwartet hatte. Es ließ ihn ein klein wenig schmunzeln. Kuroos Arme waren normal, aber an seinen Händen war ein kurzer, schwarzer Flausch und Bokuto meinte Ansätze von Krallen zwischen den Knöcheln zu sehen. Das Fell zog sich bis auf den Unterarm und ging dort in normale Haut über. Auf Kuroos Kopf waren noch zwei schwarze Katzenohren anstelle seiner normalen zu sehen und seine Augen waren geschlitzt. Und war das da ein Katzenschwanz, der hinter seinem Rücken hervorlugte? Er konnte nicht anders, trotz allem war das einfach zu lustig. „Du siehst aus wie ein Catboy Cosplayer!“ Kapitel 4: Caution: Reversed roles may lead to confusion (Bokuto) ----------------------------------------------------------------- Einen Moment lang war es still, während sich Kuroo seine Hände ansah und dann über den Kopf und seine Ohren fuhr. Sie sahen überraschend weich und echt aus. Schließlich zuckte er aber nur die Schultern. „Hast du mal in den Spiegel gesehen?“, fragte er dann stattdessen grinsend, aber ehe Bokuto noch dazu kam zu antworten, unterbrach sie ein doppelter, verwirrter Aufschrei von der Seite. Von dem, was er nun sah, vermutete Bokuto, dass Kageyama Hinata hatte aufhelfen wollen, aber warum auch immer beide bei dem Versuch hingeknallt waren. Er lachte leise. „Alles okay bei euch beiden?“ Kageyama gab ein Murren von sich und setzte sich wieder auf. „Abgesehen von der Tatsache, dass hier jemand als Gijinka rumläuft meinst du?“, kam ein unüblich trockener Kommentar, der Bokuto schmunzeln und Hinata ungläubig aufsehen ließ. Letzterer setzte sich nun auch endlich auf und murrte laut „Pass doch auf, die sind angewachsen, das tut weh, wenn du dran ziehst!“ und betrachtete neugierig die Federn auf seinen Armen. „Ah!“, entwich es Bokuto auf einmal und er sah aus den Augenwinkeln, wie mindestens zwei Leute zuckten, „Ich wollte doch noch, dass du mir zeigst, wie man richtig fliegt! Verdammt, hätte das nicht noch ein paar Minuten warten können!“ Er raufte sich leicht die Haare und ignorierte das leise Stöhnen neben sich lieber. „Da habe ich schon mal Flügel und dann das ... wo wir beim Thema sind ... Akaashi! Wieso hast du mich nicht fliegen lassen?!“ Akaashi blieb (wie immer) ziemlich unberührt dabei und antwortete (viel zu) ruhig: „Weil du hundertprozentig übermütig geworden wärst und ständig in was rein geflogen wärst. Vogelskelette sind nicht sonderlich stabil, bei deinem Glück hättest du wahrscheinlich noch einen Ball abbekommen.“ Bokuto blinzelte einmal und verschränkte dann die Arme. „Akaashi! Trau mir doch auch mal was zu und überhaupt ...!“ Er kam nicht mehr dazu den Satz zu Ende zu bringen, denn mit einem Mal lief ein Ruck durch seinen Körper und für zwei Sekunden wurde ihm schwarz vor Augen. Er kippte allerdings nicht um und als er ein paar Mal blinzelte und auf seine Hände sah, waren die Federn verschwunden. Prüfend strich er über seine Haare und sie waren wieder nur das - Haare. Keine Federn mehr. Er schloss die Augen, atmete nochmal durch und öffnete sie wieder, sie bewegten sich normal. Bokuto atmete langsam auf und grinste dann breit. „Hey, ich bin endlich wieder ein Men ... Akaashi?! Was ist denn mit dir passiert?? Hab ich dich angesteckt?!“ Akaashi sah langsam an sich herab und seufzte. „Ich glaube irgendwie nicht, dass das ansteckend ist ...“, murmelte er kaum hörbar und strich vorsichtig über eine der Federn, die nun aus seinen Armen sprossen. Anders als Bokutos allerdings waren sie nicht schwarz-weiß gemustert, sondern in verschiedenen Brauntönen. Ihm schienen auch keine offensichtlichen Federn aus den Haaren zu wachsen, dafür hatte seine Haut auf der Stirn und den Schläfen eine bräunliche Färbung und seine Augen waren nicht ihr übliches Stahlblau, sondern braun und ... irgendwie sehr groß geworden. Nein, das stimmte nicht ganz, er hatte sie weiter geöffnet und die Iriden waren nur deutlich größer geworden. Bokuto hatte das dringende Bedürfnis ihm über die Federn zu streichen, aber er unterdrückte es gerade noch. „Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du das auch bekommst!“ Fast schon hektisch drehte er sich um und ... er war nicht der einzige Ansteckende gewesen! Während Kuroo wieder normal aussah, hatte nun Kenma eindeutig Katzenohren und Kageyama hatte schwarze Federn bekommen. Oh je ...! Akaashi atmete sehr langsam ein und aus und es klang gequält genug, dass Bokuto sich ernsthaft Sorgen machte, ob er Schmerzen hatte. „Och nö ...“, murmelte derweil Kenma neben ihm und legte murrend das Spiel zur Seite, „Also sind jetzt wir dran?“ „Warte, wie meinst du das mit dran? Wieso verwandeln jetzt wir uns in Tiere?“, fragte Kageyama, der es endlich geschafft hatte aufzustehen und nach kurzem Zögern Hinata nochmal die Hand hinhielt. Der griff zu, schien aber etwas zaghaft. Kageyama stöhnte. „Nicht mal richtig zugreifen kannst du, Vollpfosten?“ Hinata murrte. „Nein, ich wollte nur im Gegensatz zu dir aufpassen keine Federn zu erwischen. Die sind nämlich immer noch angewachsen und dran ziehen tut weh!“, gab er unwillig zurück und zupfte an einer der besagten Federn, was Kageyama zucken und ihn unwirsch anfahren ließ. „Du Depp! Warum machst du es, wenn es weh tut?!“ „Das nennt sich Demonstration!“ Kuroo räusperte sich vernehmlich. „Ich unterbreche die Show ja nur ungern, aber wir haben hier ein etwas dringlicheres Problem, über das wir vielleicht sprechen sollten, solange alle noch sprechen können?“ Daraufhin wurde es für einen Herzschlag lang totenstill in der Halle, ehe Kageyama fast schon in Zeitlupe Hinatas Shirt losließ und sich beide wie gehorsame Kinder umdrehten. Bokuto musste das Schmunzeln mit aller Gewalt unterdrücken, das ihm nun sicher wiederum eine ordentliche Schelte eingebracht hätte. „Wunderbar“, kommentierte Kuroo halb trocken, halb klang auch er etwas amüsiert, „Also, wir haben nach wie vor keine Ahnung, was hier vor sich geht, aber offenbar wechseln wir gerade die ... Tiergestalten.“ Bokuto verschränkte die Arme. „Aber das ändert im Wesentlichen nichts am Plan, oder? Ich meine, was immer das für ein komischer Fluch oder so ist, unser einziger Anhaltspunkt ist die Halle um Mitternacht?“ „Ist die Frage nicht“, warf Hinata plötzlich ein, „Warum wir wechseln? Und warum jetzt und eben nicht um Mitternacht?“ Wieder Schweigen, diesmal ein ziemlich bedrücktes. Bokuto strich sich durch die Haare. „Vielleicht haben wir das von Anfang an? Ich meine, wir waren um und ab Mitternacht bis heute Morgen bewusstlos?“, gab er leise zu bedenken, „Wir wissen nicht wann oder ob wer von uns verwandelt war.“ „Wow, ab und an lässt du ja mal was Intelligentes los“, kommentierte Kuroo, woraufhin Bokuto ihn in die Seite boxte und murrte. Aber er war froh, das schien die dicke Luft etwas zu lockern (und war vermutlich sogar Kuroos Absicht gewesen) und alle atmeten langsam aus. „Also ... im Endeffekt warten wir weiter ab?“, fragte Hinata leise. Bokuto nickte langsam und sah die anderen fragend an, niemand widersprach. „Bleibt uns wohl nichts anderes übrig ... und bis dahin will ich jetzt auch wenigstens noch ein bisschen üben, wir sind immerhin trotz allem in einem Trainingscamp! Kuroo? Knirps? Wie sieht’s aus?“ Als die beiden zögerlich nickten, klatschte Bokuto in die Hände. „Wunderbar, dann würde ich sagen, Akaashi, gib uns mal ein paar ... Akaashi??“ Vor seinen Augen begann der andere gerade zu schrumpfen und in sich zusammenzusinken. Die Szenerie war mehr als skurril und wenn er ehrlich mit sich selbst war, schockierte ihn der Anblick zutiefst. Eine kalte Gänsehaut lief über seinen Rücken und Bokuto war sich sicher, dass er davon Albträume kriegen würde. Wenigstens ging es schnell und nur wenige Sekunden später saß eine kleine, braune Eule vor ihm, drehte verwirrt den Kopf nach links und rechts, sah dann wieder nach vorne und gab ein mürrisch klingendes „Schuhuh“ von sich. Bokuto blinzelte und starrte auf die Eule, ging langsam und etwas unschlüssig in die Hocke, traute seinen Augen noch nicht so ganz. Langsam streckte er eine Hand aus und strich dem kleinen Tier über den Kopf. Akaashi wehrte sich nicht, reagierte so ziemlich gar nicht. Wow, das war ... so seltsam! Aber ... „Bist du niedlich!“, entwich es ihm, als er die Eule vorsichtig mit beiden Händen hochnahm und wieder aufstand. Sie war weich und überraschend warm und fühlte sich an wie ein Kuscheltier. Er konnte nicht anders als sie leicht zu kraulen. Der Gedanke, dass das Akaashi war, blieb einfach nur seltsam, aber so musste es ihm andersherum auch ergangen sein. Akaashi drehte derweil den Kopf um fast 180 Grad, was das ganze definitiv nicht besser machte. „Ah, ja ... du kannst deine Augen nicht bewegen“, fiel Bokuto etwas spät ein, „Ich hätte dich warnen sollen, was?“ Akaashi gab ein etwas unverständliches Geräusch von sich, das Bokuto nicht wirklich zu deuten wusste. Er sah zu Kuroo herüber, der sich zu einer auf dem Boden eingerollten Katze heruntergebeugt hatte und sie anstupste. „Hey, aufstehen, es ist noch keine Schlafenzeit!“ Die Katze miaute und drückte seinen Finger mit der Pfote etwas weg. „Nein, das ist keine Ausrede!“, murrte Kuroo, „Katzen sind auch nachtaktiv und spielen gerne, sie schlafen nicht nur!“ Bokuto blinzelte. „Du kannst ihn verstehen?!“, fragte er ungläubig und fühlte sich automatisch schlecht, dass er Akaashis ... Geräusche nicht verstand, aber Kuroo schnaubte nur. „Nein, ich kenne ihn nur gut genug. Katze zu sein ist keine Ausrede nur zu schlafen!“ Er schüttelte den Kopf, stemmte die Arme in die Hüften und sah zu ihm herüber. „Nanu, Akaashi ist aber eine andere Eule, als du?“ Bokuto sah herunter. „Ist er?“ Akaashi grummelte. Offenbar war ihm das auch schon aufgefallen. Bokuto zuckte die Schultern. „Kenma sieht auch anders aus, als du.“ Was stimmte, im Gegensatz zu Kuroo, war Kenma nicht rein schwarz, sondern ein brauner Tiger. Bokuto sah nach rechts, wo Hinata gerade mit riesigen Augen eine Krähe auf beiden Handflächen betrachtete, die sich etwas verwirrt umsah und leise krächzte. „Katzen haben verschiedene Musterungen, aber es sind Katzen ... und die Krähe sieht auch gleich aus, warum seid ihr andere Gattungen?“ Bokuto blinzelte. „Und das fragst du mich?“ Kuroo stutzte und grinste schief. „Ja, dumme Idee, sorry.“ Bokuto wollte gerade etwas erwidern, als von draußen Rufe ertönten und er sich entschied das lieber zu vertagen. Er atmete langsam durch und ließ Akaashi los, als dieser in seinen Armen zu flattern  begann. „Gut, wenigstens noch eine handvoll Spikes?“, schlug er vor. „Ja!“, stimmte Hinata sofort zu und verfrachtete die Krähe auf seine Schulter, wo sie erstmal um ihr Gleichgewicht kämpfte. Bokuto schmunzelte sacht. „Vielleicht solltest du das ohne tierische Begleitung versuchen?“ Aber Kageyama war bereits selbst auf die Idee gekommen und mit sehr ungelenkt wirkendem Flattern auf den Boden gesprungen und zu Akaashi gehüpft. „Okay, also, was machen wir?“, fragte Hinata, sah nochmal unsicher zu den Tierchen, dann aber mit Eifer zu ihnen. Sehr gut, so ein Sportsgeist war löblich! „Ich würde sagen, Akaashi wirft und ein paar Bälle und ...“ „Schuhuh!“ Bokuto hielt inne. „Ah, stimmt, Mist, das geht ja nicht ... habt ihr einen anderen Setter?“, fragte er mit einem unsicheren Blick auf den Boden. Wow, was war das für ein Pech (oder Absicht?), das gerade keiner ihrer Setter helfen konnte? „Wir haben sonst nur Konoha, der kann das ganz ordentlich, aber ... naja, mein Team mag meine Extraübungen abends nicht, sie hauen immer hab.“ Er hüstelte und rieb sich den Hinterkopf, sah fragend zu Kuroo, der nur den Kopf schüttelte. „Nee, wir haben nur Kenma, wie sieht’s bei euch aus?“ Hinata wog den Kopf leicht hin und her. „Wir haben noch Sugawara, aber ich habe vorhin gehört, wie er gesagt hat, dass er durch ist und gleich ins Bett will, da ... werden wir wohl auch nicht viel Glück haben.“ „Mmh ... zu blöd ...“ Bokuto hob die Hände. „Tja, in dem Fall müssen wir uns wohl abwechseln, damit wir wenigstens noch ein paar Bälle übers Netz kriegen? Knirps? Fängst du an?“   Es war keine gute Idee gewesen Hinata den Setter spielen zu lassen, das merkten sie ziemlich schnell. Bokuto hatte unterschätzt, wie schlecht die Technik des Jungen wirklich war und auch wenn er selbst sich dessen offensichtlich bewusst war, seine Pässe waren mehr Herausforderungen als wirkliches Training. So wechselten sie nach fünf Minuten (und einem sehr deprimierten Hinata) lieber. Wie erwartet war Kuroo deutlich besser, allerdings nicht sehr glücklich über die Rolle und so musste schließlich Bokuto selbst ran, damit Hinata spiken und Kuroo ein paar Bälle blocken konnte. Das ... war definitiv nicht seine stärkste Position und auch wenn er die Bälle halbwegs dahin bekam, wo er wollte, er ertappt sich mehr als einmal dabei einen verstohlenen Blick zur Seite zu werfen. Er beneidete Akaashi definitiv nicht um den Posten, aber ... der war so viel besser darin! Warum musste er gerade jetzt eine Eule sein?? Nach einer knappen Stunde schließlich gaben sie es schließlich auf und gingen lieber zum Abendessen. Es war keine komplette Katastrophe, aber einfach nicht dasselbe, wie sonst. „Komm“, murmelte Bokuto und hielt Akaashi eine Hand hin, die dieser musterte und dann seitlich seinen Arm hochtippelte und sich auf seine Schulter setzte. Die anderen beiden waren weit weniger kooperativ, während Kenma sehr überzeugend so tat, als würde er schlafen, weigerte sich Kageyama schlicht und ergreifend überhaupt hoch genommen zu werden. „Dann lauf halt selber, blöder Yama ...“, grummelte er, woraufhin die Krähe ein beleidigt klingendes Geräusch von sich gab, die Flügel spannte und nach draußen flog. „Siehst du, Akaashi, er darf auch fliegen!“, beschwerte sich Bokuto, woraufhin Akaashi aber nur die Augen schloss. Was auch immer das hieß. „Der kommt schon wieder“, kommentierte Kuroo, „Gehen wir vor.“ Er hatte die Kenma Katze zu deren Missfallen im Nacken gegriffen und trug sie so mit nach draußen. Bokuto sah unsicher zu Hinata, aber der schmollte ein wenig mit verschränkten Armen, also ... vermutlich kein Grund zur Besorgnis. Er klopfte ihm auf die Schulter. „Hey, das wird schon und was deine Technik angeht ...“ Er drückte ihn langsam mit nach draußen auf den Weg und gab ihm ein, zwei Tipps, ehe er verdutzt innehielt. „Was macht Kageyama da?“ Die Krähe war nicht weit gekommen, keine drei Meter von der Sporthalle entfernt, flog sie wirr in eine Richtung, dann in die andere, dann wieder abrupt zurück. „Akaashi? Können Krähen sich betrinken?“ Die Antwort war ein Zwicken. „Au! Hey! Was soll das?!“ Akaashi schuhute. „Ich versteh dich nicht!“, grummelte Bokuto etwas frustriert, „Aber findest du nicht auch, dass er sich komisch benimmt?“ Akaashi nickte diesmal immerhin. „Na also! Weißt du, warum?“ Wieder ein Nicken und Bokutos Augen weiteten sich. „Dann sag es uns gefälligst auch!“ Wieder ein Zwicken. „Hey!“ Akaashi schuhute nochmal, flatterte dann und flog etwas unsicher, dann stabiler auf Kageyama zu und ... nun, wahrscheinlich sprach er mit ihm? Bokuto blieb stehen und legte den Kopf in den Nacken, sah zu, wie die beiden immer wieder Laute von sich gaben. So wirkte das also, wenn man nicht derjenige war, der verwandelt war, wenn sich zwei Verwandelte unterhielten? Hatte er schon erwähnt, dass es verdammt surreal war? Schließlich beruhigte sich aber Kageyama und flog mit Akaashi zusammen zurück zu ihnen. Als sie näher kamen, wurde die Krähe aber wieder hektisch und während Akaashi weich auf Bokutos Kopf (hätte es die Schulter nicht auch getan?) landete, flatterte Kageyama etwas wild, bis Hinata ihn vorsichtig auffing. „Was ist denn bitte mit dir los??“, fragte er und seine Stimme verriet, dass er sich tatsächlich Sorgen machte. Bokuto schmunzelte, als die Krähe einen unglücklichen Laut von sich gab und fast schon beleidigt den Kopf weg drehte. Was immer das Problem war, es war ihm offensichtlich unangenehm. Hinata drückte den Vogel leicht an sich. „Dann flieg doch nicht weg, wenn es dir Angst macht.“ Angst? War das wirklich das Problem? Zumindest wehrte sich Kageyama nicht mehr, als Hinata ihn festhielt und sie langsam weiterliefen. Kenma miaute plötzlich und stimmte damit in die fortlaufende Unterhaltung der drei ein, was unerwartet kam. Er zappelte, bis Kuroo ihn losließ („Was hast du denn? Auf einmal so aktiv?“) und er sich auf den Boden setzte. Er sah zu ihnen auf und tapste sich mit der Pfote auf die Nase. „Hast du Schmerzen?“, fragte Kuroo verwirrt, woraufhin Kenma den Kopf schüttelte und überdeutlich zu Hinata sah. Nein, zu Kageyama. „Oh, du willst uns sagen, was mit ihm ist?“ Kenma nickte langsam und stupste sich nochmal auf die Nase, schloss die Augen und strich sich in einer typischen Katzenbewegung über das Ohr, Auge und die Seite den Kopfes. „Er muss sich putzen?“, fragte Hinata ungläubig, „Das macht doch gar keinen Sinn?“ Kenma maunzte mürrisch und schüttelte den Kopf, strich sich nochmal übers Auge. „Es ist was mit seinen Augen?“, fragte Kuroo langsam, ehe er auf einmal stutzte und leise lachte. „Natürlich, Krähen sind nicht nachtaktiv!“, entfuhr es ihm und er schlug sich leicht die Hand vor die Stirn. „Wahrscheinlich kann er bei dem schlechten Licht kaum was sehen?“ „Stimmt das?“, fragte Hinata und sah zu seinem Arm herunter, wo Kageyama wieder den Kopf abwand und langsam und kaum merklich nickte. „Warum sagst du das nicht glei ... warum fliegst du dann einfach ins Dunkel und kommst nicht zurück?“, beschwerte sich Hinata und verfrachtete die Krähe auf seine Schulter, diesmal ohne Widerstand, „Hier, bleib einfach da, bis wir drin sind ...“ Kaum hörbar flüsterte er noch: „Und wenn es da auch nicht besser wird, gib mir ein Zeichen.“ Kageyama ließ den Kopf ein wenig sinken, krähte aber nur leise als Antwort und blieb still. „Respekt, dass du dich dafür bereit erklärt hast“, neckte Kuroo derweil und stupste Kenma an, der murrte und sich wieder auf den Boden legen wollte. Kuroo hob ihn hoch, diesmal allerdings wohl als Belohnung normal auf den Arm. „Faule Katze ...“, murmelte er. Bokuto schmunzelte sacht und schüttelte nur den Kopf - bis Akaashi sich beschwerte und er lieber still hielt und endlich zum Essen ging. Wenn noch jemand da sein sollte, würde er einfach sagen, dass es ihm besser ging, aber er scheinbar Akaashi angesteckt hatte ... oder sowas in der Art.   Mitternacht wollte und wollte einfach nicht kommen. Sie hatten sich wieder in die Halle geschlichen, nachdem die Menschen kurz unter die Dusche gehüpft und frische Kleidung angezogen hatten (ihre Klamotten von vor der Verwandlung waren wieder erschienen, als wären sie nie weg gewesen ... was eindeutig besser war, als sich nackt zurück zu verwandeln!). Und dann hatten sie gewartet. Akaashi war ein paar Mal nach draußen geflattert, aber schnell wieder gekommen. Er hatte allerdings aufgehört, nachdem Bokuto sich wiederholt beschwert hatte, dass er selbst nicht hatte fliegen dürfen. Sie hatten ein paar Runden Karten gespielt, versucht ob einer der verwandelten Tiere noch schreiben konnte, was absolut nicht funktioniert hatte und es schließlich aufgegeben. Inzwischen war Hinata dabei einen Volleyball immer wieder auf und ab zu werfen, Kuroo beschäftigte sich damit Kenma ein wenig zu ärgern und Bokuto? Er saß gelangweilt daneben, sah zu und gähnte dann und wann mal wieder. Vielleicht sollte er es Hinata gleich tun? Andererseits war das für ihn kein spannendes Training mehr und für ein kleines zwei gegen zwei fehlte ihnen nach wie vor eine Person ... Zum wiederholten Mal warf er einen Blick auf die große Hallenuhr und seine Augen weiteten sich leicht. Er war wohl zwischendurch weg genickt gewesen, denn es war zwei Minuten vor Mitternacht. Er sprang regelrecht auf die Beine. „Leute! Gleich!“ Kuroo sah zu ihm und seufzte leise. „Hey, ganz ruhig ...“, murmelte er, ließ aber endlich Kenma in Ruhe und stand auch langsam auf. „Worauf genau warten wir eigentlich?“, fragte Hinata, während er den Ball in den Korb warf und langsam wieder zu ihnen kam. „Das werden wir hoffentlich gleich sehen ...“, murmelte Kuroo und die drei tauschten einen entschlossenen Blick untereinander, dann mit den dreien, die auf dem Boden bei ihnen saßen, eh alle sechs wieder zur Uhr hinauf sahen. Es wurde gespenstisch still in der Halle, als alle fast schon die Luft anhielten, die Augen gebannt auf dem Sekundenzeiger. Die letzten paar zählte Bokuto laut mit. „Fünf ... vier ... drei ... zwei ... eins.“ Und es war Mitternacht. Kapitel 5: Caution: Timing may be crucial if you don’t want your teammates to know (Akaashi) -------------------------------------------------------------------------------------------- Alle starrten gebannt auf die Uhr, als die Zeiger sich überlagerten. Und nichts geschah. Mitternacht kam und ging und der Sekundenzeiger wanderte weiter ohne, dass irgendetwas passierte. Niemand tauchte auf, niemand verwandelte sich, nicht mal das Licht flackerte. Es blieb einfach alles, wie es war. Fast zwei Minuten blieben alle stumm und warteten und warteten und warteten. Aber das Ergebnis blieb das selbe. Akaashi war nicht sicher, ob er wirklich damit gerechnet hatte, dass überhaupt etwas passierte, aber andererseits hatten die anderen insofern recht gehabt, dass Mitternacht in der Halle ihr einziger Anhaltspunkt gewesen war. So blieb nun die Frage, was sie jetzt tun sollten? Deutlich länger zu warten erschien nicht unbedingt Erfolg versprechend. Sollten sie es morgen nochmal versuchen? Oder einfach hoffen, dass der Spuk morgen bereits vorbei sein würde? Er seufzte leise. Er war müde, das wurde langsam anstrengend. „Ich glaube, es passiert nichts“, merkte er schließlich an, worauf aber nur Kenma ein zustimmendes „Mmmh“ und Kageyama ein Seufzen von sich gaben. Die drei anderen waren offensichtlich etwas ausdauernder und gaben erst nach fast fünf Minuten ihre starrte Erwartungshaltung auf. „Das wäre wohl auch zu einfach gewesen, was?“, seufzte Bokuto leise und zuckte die Schultern. „Akaashi?“ Akaashi sah ihn fragend an. „Eulen sind nachtaktiv, oder?“ Er nickte etwas zögerlich. „Das heißt, du kannst grad vermutlich besser sehen als wir?“ Nochmal ein langsames Nicken. Worauf genau wollte er gerade heraus? Bokuto rieb sich den Nacken. „Denkst du, du könntest kurz einmal um die Halle fliegen und schauen, ob dir was verdächtiges auffällt?“ Akaashi blinzelte. Wow, ab und an kam wirklich mal eine gescheite Idee von ihm. „Mach ich“, er schlug mit den Flügeln und schwang sich aus der noch offen stehenden Tür nach draußen. Eulenaugen waren gewöhnungsbedürftig, da musste er Bokuto recht geben, kein Mensch würde normalerweise den Kopf drehen, um irgendetwas genauer zu fokussieren und er hatte ständig das Gefühl sich umsehen zu müssen, weil er etwas nicht mitbekam. Aber wenn man davon einmal absah, merkte er schnell, dass sie gerade jetzt wirklich von Vorteil waren. Er wusste, dass es Mitternacht und ziemlich dunkel war, aber für ihn sah die Welt nur aus, als hätte sie jemand farbentsättigt. Sie war hell, aber schwarz-weiß. Fliegen war eine angenehme Sache, wenn man den Bogen mal raus hatte und er genoss es doch ein wenig mehr, als er gerne zugeben würde. Wie versprochen drehte er ein paar Runden um die Halle und die nebenliegenden, aber das Ergebnis war ziemlich unspektakulär. Niemand war dort, es war alles still und ausgestorben. (Wenn man mal von den drei Mäusen absah, die seine Euleninstinkte (?) sofort ausmachten, er aber mit einiger Willensanstrengung ignorieren konnte.) Kein Mensch war mehr unterwegs, alle waren bereits ins Bett gegangen. Also drehte er ab und flog zurück in die Halle, wo die anderen auf ihn warteten. „Und?“ Akaashi schüttelte nur den Kopf, worauf die ganze Runde leise seufzte. „Nun gut, Zeit für die Falle?“, schlug Kuroo vor. „Ist wohl sinniger ... wahrscheinlich schlafen unsere Teams eh schon und wir können uns unbemerkt rein schleichen.“ „Diesmal bleib da, hörst du?“, meinte Hinata, als er Kageyama hochnahm und auf seine Schulter setzte. Als Antwort zupfte der ihm an den Haaren. Hinata schrie auf und griff seinen Schnabel. „Hey, pass auf, sonst läufst du gleich alleine!“ Akaashi sah Bokuto leise schmunzeln, ehe er ihm auch eine Hand anbot und Akaashi auf seinen Arm flatterte.   Akaashi war sich ziemlich sicher, dass Eulen nicht auf dem Rücken schliefen. Das hatte er tatsächlich nicht nachgelesen, da er eigentlich gehofft hatte bis zum Einbruch der Nacht hätte sich das Thema erledigt, aber ... die Haltung in der ihn Bokuto gerade wie ein Kuscheltier neben sich auf das Kissen gelegt hatte, war nicht sonderlich bequem. Im Stehen wollte er allerdings auch nicht unbedingt schlafen und nach einigem hin und her (und irgendwann einem im Halbschlaf gemurmelten „bist du etwa wirklich nachtaktiv?“), legte er sich schließlich auf den Bauch, das ging halbwegs. Danach war er auch überraschend schnell eingeschlafen, was er aber darauf schob, dass einen langen, anstrengenden Tag hinter sich hatte, was absolut nichts mit seiner momentanen Eulenform zu tun hatte.   „Aufwachen!“, hallte der Ruf laut durch den Raum. Viel zu früh, Akaashi hatte das Gefühl kaum geschlafen zu haben. Er stöhnte leise ins Kissen und hielt sich die Ohren zu. Moment, er hatte Ohren und Hände? Verwirrt war er schlagartig wacher und öffnete blinzelnd die Augen. Tatsache, er war wieder ein Mensch. Und ein normaler, keine komischen Federn oder Auswüchse oder ähnliches. War der Spuk tatsächlich doch vorbei? Oder hatte er nur komisch geträumt? Neben ihm (zu dicht neben ihm), streckte sich jemand gähnend. „Uhh, Morgen, gibt’s Frühstück?“ Etwas Weiches strich über seine Wange und als Akaashi sich weit genug aufgesetzt hatte, um wirklich mitzukriegen, was um ihn herum vor sich ging, wurden im schlagartig zwei Sachen bewusst. Die erste, er lag halb auf Bokutos Schlafmatte, die zweite - Bokuto hatte Federn an den Armen. Das konnte nur eins bedeuten und wenn er verhindern wollte, dass der ganze Raum das mitbekam, mussten sie schleunigst hier raus! „Bokuto!“, kam es in genau dem Moment von Komi, „Geht es dir besser? Wir haben uns gestern Sorgen gemacht und ... was zum Teufel ist das?“ Bokuto grinste geschmeichelt. „Ah, keine Sorge, so schnell bringt mich nichts um!“ Entgegen dem, was Akaashi in Gedanken gerade geplant hatte, scharte sich nun das ganze Team um sie und redete wild durcheinander. Die Hälfte von dem, was er irgendwie herausfiltern konnte, waren Fragen nach Bokutos Gesundheit, die andere Fragen nach seinen Federn. Aber Bokuto schien gerade überhaupt nicht mitzukriegen, dass er sie hatte, dazu war er zu froh darüber, dass sie sich wirklich solch Sorgen um ihn gemacht hatten. Akaashi wusste nicht genau, wie viel Zeit ihnen blieb, aber wenn er an gestern Abend dachte und davon ausging, dass er selbst bereits vollkommen menschlich war ... er griff nach seiner Tasche und fischte das Handy heraus. Es war vier Minuten nach sieben ... nein, fünf Minuten und ... alle schrien gleichzeitig erschrocken auf. Oh ... zu spät. Akaashi seufzte tief. Damit hatte sich das wohl gegessen ... Er atmete langsam aus und drehte sich dann herum, um wie erwartet eine weiß-schwarze Eule vorzufinden. Und ein paar ziemlich entgeistert dreinblickende Teamkameraden ... Bokuto blinzelte, drehte kurz den Kopf hin und her, flatterte leicht mit den Flügeln und flappte dann mit einem mürrischen Laut in sich zusammen. Akaashi konnte im Kopf regelrecht hören, wie er ein „Nicht schon wieder ...“ losließ. Das konnte er laut sagen ... „Bo ... Bokuto?“, fragte Komi als erstes und beugte sich vorsichtig zu der Eule vor. Die nickte derweil und gab einen Laut von sich, der sehr an ein Seufzen erinnerte. „Was ... wie ... ist das passiert?“ Bokuto schuhute ein wenig und flappte nochmal leicht mit den Flügeln, was Komi ganz offensichtlich noch mehr verwirrte. „Wenn wir das wüssten, wäre es einfacher ...“, murmelte Akaashi und augenblicklich richteten sich mehrere Augenpaare auf ihn. Er seufzte nun wirklich leise und rieb sich über den Kopf. „Seht mich nicht so an, das ist seit gestern so, wir wissen auch nicht, warum ...“ Bokuto gab ein paar unverständliche Geräusche von sich und plusterte sich ganz leicht auf, was offensichtlich die anderen Teammitglieder leicht verwirrte. „Das heißt, die Eule gestern ...?“, kam es dann langsam von Konoha, woraufhin Akaashi nur nickte. „War die ganze Zeit unser lieber Captain“, kommentierte er etwas trocken, „Und ehe ihr fragt, ja, er versteht euch ganz normal, er ist nicht wirklich eine Eule. Also, schon, aber nicht in seinem Kopf.“ Bokuto gab wieder ein schwer zu interpretierendes Geräusch von sich und hüpfte etwas unruhig hin und her. Als Komi etwas zögerlich die Hand nach ihm ausstreckte, folgte er ihm aber mit den Augen - oder eher dem Kopf - und hielt überraschend brav still, als er ihm langsam über den Kopf streichelte. Ja, dachte Akaashi ironisch, er musste echt mal ausprobieren ob das in menschlicher Form auch so einfach funktionierte. Er atmete langsam durch. „Gehen wir lieber zum Frühstück, ehe noch jemand fragt, wo wir sind ...“ Er hielt Bokuto seinen Arm hin, auf den dieser mit ein wenig Flattern sprang. Kaum, dass er gelandet war, erstarrte  er aber regelrecht und sein Kopf drehte sich nach unten. Irritiert folgte Akaashi dem Blick. Oh, er hatte ihn offensichtlich ganz leicht beim Landen gekratzt, ein winziger roter Streifen zog sich über seine Haut. Hätte er wahrscheinlich nicht mal gemerkt, wenn Bokuto nicht hingesehen hätte. Er ignorierte es und wollte aufstehen, als Bokuto erschrocken aufschrie und ruckartig wild mit den Flügeln schlagend von seinem Arm und ein Stück von ihm wegsprang. Was zum ...? Er gab aufgebrachte Geräusche von sich, drückte sich rückwärts an die Wand und ... wollte sich unter einem Flügel verstecken? Akaashi blinzelte, ehe ihm klar wurde, was das Problem war. „Bokuto, bitte, das ist nur ein Kratzer, ich spüre den nicht mal ...“ Wieder flatterte Bokuto wild mit den Flügeln und Akaashi konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er in Menschenform gerade gestikulieren und rumschreien würde. Er konnte gerade noch unterdrücken die Augen zu verdrehen. „Beruhig dich, ich weiß, dass das keine Absicht war!“ Er griff behutsam nach der Eule, drückte mit sanfter Gewalt die Flügel an den Körper und nahm ihn hoch. „Also, Frühstück?“, fragte er in die Runde, woraufhin ihn alle leicht fassungslos anstarrten. „Das ist wirklich Bokuto, oder?“, kam es dann langsam von Washio und mit leisem Gemurmel standen alle auf und kamen im Kreis näher um sie.   Überraschenderweise blieb das Team relativ ruhig und Akaashi könnte fast schwören, dass sie auch noch Spaß daran haben mit der Eule zu spielen, die beim Frühstück vergnügt zwischen den Plätzen hin und her hopste und bei ziemlich allem probierte. Akaashi war sich nicht ganz sicher, ob die anderen irgendwie Schwierigkeiten hatten einzusehen, dass das nicht nur eine Eule war, die verdammt an Bokuto erinnerte, sondern Bokuto der eine Eule war. Wobei, zugegeben, selbst in Gedanken klang der Satz einfach immer noch komisch. Er überließ es aber ihnen den Zappelphilip zu füttern, während er verstohlen versuchte nach den anderen Teams Ausschnau zu halten. Heute funktionierte das aber irgendwie nicht sonderlich gut mit dem Timing, Nekoma tauchte erst auf, als sie bereits in die Halle gescheucht wurden und von Karasuno bekam er bis kurz vor dem ersten Spiel gar nicht zu sehen. Danach musste sich Akaashi zu sehr aufs Spiel konzentrieren, um nicht alles zu vermasseln, wenn ihr Ace schon nicht einsatzfähig war. Ein paar Mal sah er, wie die weiße Eule über sie hinweg flog (war Shirofuku eigentlich eingeweiht?) und sich oben auf das Netz setzte, aber mehr nicht. Bokuto blieb entweder überraschend ruhig oder aber irgendjemand stoppte ihn rechtzeitig. Bis zur Mittagspause blieb es daher auch unerwartet ruhig und heute saßen sie am Ende nicht alleine draußen im Gras. Heute hatte sich irgendwie das ganze Team um sie herum gesetzt, es war fast noch seltsamer als am Vortag und Akaashi war nicht ganz sicher, ob er das wirklich gut fand. „Akaashi?“ Er sah von seiner Reisschale auf, als Shirofuku sich neben ihn sinken ließ, „Ist es wahr?“, fragte sie und deutete auf Bokuto, der gerade friedlich wie er nur beim Essen war an einem panierten Schnitzel knabberte. Oder eher Stücke herausriss, hoffentlich war das nur Logik und nicht Euleninstinkte, die anfingen auf ihn abzufärben. Akaashi seufzte leise. „Dass das Bokuto ist? Ich fürchte ja.“ Sie schmunzelte ein wenig ironisch. „Schwer zu glauben, er war so brav und still gestern ...“ Das ließ nun auch Akaashi kurz ungewollt schmunzeln. „Das hat mich auch gewundert“, gab er zu und sah wieder zu Bokuto, als auf einmal eine kleine, schwarze Krähe neben ihm landete und fast so etwas wie ein Zwitschern hören ließ. Akaashi runzelte kurz die Stirn und als er aufsah, mischte sich halb Karasuno unter sein Team. „Sie wissen Bescheid“, erklärte Kageyama leise, als er auch kam und einen leicht verwunderten Blick in die Menge warf. „Sie auch“, erklärte Akaashi kurz und nickte ihm zu, „Alle.“ Kageyama wog leicht den Kopf hin und her, ehe er sich vor Akaashi setzte und etwas ruckartig eine Schale mit Gemüse vor Hinata stellte. Der fiepte erschrocken, flatterte kurz, sah ihn dann an und piekte an einem Stück Paprika. „Es ist heute Morgen im Schlafsaal passiert, viel zu schnell“, meinte Kageyama zwischen zwei Bissen und wich seinem Blick aus. Warum auch immer? Akaashi seufzte. „Ja, bei uns auch, Punkt fünf nach Sieben.“ Auf einmal krähte Hinata laut los, flatterte aufgeregt auf und ab. „Was hast du denn, Idiot?“, grummelte Kageyama, „Du kannst ruhig auch mal Gemüse essen und ... hey!“ Hinata war zu ihm gesprungen und hatte sich regelrecht an sein Handgelenk geklammert. Akaashi blinzelte und registrierte am Rande, dass Bokuto den Kopf schief (sehr schief) legte und auch einen kurzen Laut von sich gab, der fast schon beeindruckt klang, aber das konnte er sich auch eingebildet haben. Hinata indes flatterte wild weiter und griff wieder und wieder nach Kageyamas Handgelenk, während der sich beschwerte und versuchte ihn abzuschütteln. Akaashi sah nur verwirrt zu, drehte sich dann zu Bokuto. „Weißt du, was das soll?“ Bokuto nickte, schuhute und kam näher, tippte auch auf Akaashis Handgelenk. „Hey, er ist doch noch da drin, oder?“, fragte auf einmal Shirofuku, und nachdem er verstand, dass sie Bokuto meinte, nickte Akaashi leicht verwundert. „Vielleicht kann er auf meinem Handy was eintippen? Mach es nur nicht kaputt, hörst du, Bokuto?“ Sie holte es heraus und überraschenderweise besaß sie keinen Touchscreen, sondern noch altmodische Tasten. Das ... könnte sogar funktionieren. Wenn sie nicht von Bokuto reden würden, der als Mensch schon leicht grobmotorisch veranlagt war ... Bokuto riss derweil die Augen auf, flatterte schnell näher und tippte schnell mit einem Fuß auf das Handy. Aber auf den Bildschirm, nicht die Tasten. „Es ist halb zwei?“, schlug Shirofuku blinzelnd vor. „Ah, stimmt, er wird das nicht lesen können, Eulen sind weitsichtig und ...“ Bokuto tippte wieder auf sein Handygelenk und dann auf die Uhrzeit. „Armbanduhr?“, fragte Akaashi langsam, „Ich hab keine dabei?“ Mit einem Mal war es still, als auch Hinata ruhig wurde und schnell zu ihnen gehüpft kam, laut und schnell krähend. „Armbanduhr?“, wiederholte auch Kageyama und sah auf sein Handgelenk, „Das wolltest du mir sagen?“, fragte er ungläubig. Und mit einem Mal machte es klick und Akaashi riss leicht die Augen auf. „Ihr habt recht, es war immer kurz nach Fünf, wenn wir uns verwandelt haben.“ Hinata hüpfte wild auf und ab und Bokuto tätschelte ihm mit dem Flügel auf den Kopf. Sollte das heißen, Hinata war darauf gekommen? Das war ... unerwartet aufmerksam von ihm. Ob die Erkenntnis wirklich half, war eine andere Sache, aber immerhin wussten sie nun, wann sie damit rechnen mussten. Er wurde durch einen überraschten Schrei herausgerissen, als Shirofuku auf einmal nach hinten ausweichen musste, weil Bokuto tief fliegend (im wörtlichen Sinn) an ihr vorbei zischte und nur langsam an Höhe gewann. Flog der grad ernsthaft ein Wettrennen mit Hinata? Akaashi seufzte und stellte seinen Schale auf den Boden. „Ich geh die Deppen mal wieder einsammeln“, murmelte er. Die konnten beide ihre Ausdauer nicht einschätzen, das war nicht das erste Mal heute. Warum hatte er Bokuto nochmal doch erlaubt zu fliegen? Kapitel 6: Caution: There may or may not be more to it than meets the eye (Bokuto) ---------------------------------------------------------------------------------- Fliegen war traumhaft! Es war frei und schnell und man hatte eine unheimlich tolle, so ganz andere Sicht auf die Welt! Er liebte es! Wäre da nicht ein Problem: Fliegen war anstrengend. Bokuto war ehrlich schleierhaft, wie Vögel das normalerweise so lange durchhielten (okay, vielleicht war er auch einfach eine sehr untrainierte Eule? Gab es trainierte Eulen?), er konnte in aller Regel höchstens ein paar Minuten am Stück fliegen, dann brauchte er dringend eine Pause. Und wahrscheinlich würde ihm Akaashi was erzählen, wenn er noch einmal weg flog und dann erstmal irgendwo sitzen bleiben musste, bis er wieder zu Puste kam. Also versuchte er seine Flüge ein wenig einzuschränken (was wirklich schwer war, verdammt, Fliegen war geil!) und verbrachte den Großteil der Trainingszeit damit sich auf die Stange des Netzes zu setzen und zuzusehen. Es juckte ihn in den Fingern (oder Federn?) auch ein paar Bälle zu spiken, aber auch er war nicht dumm genug um das in einem Körper zu versuchen, der vermutlich weniger wog als der Ball und schon durch einen einzigen, blöden Treffer vermutlich mehrere Knochenbrüche, wenn nicht Schlimmeres davon tragen würde. Ihm war auch nicht entgangen, dass Akaashi Pässe in seine Richtung des Netzes vermied, aber selbst wenn er mit ihm hätte sprechen können, zog er vor das lieber unerwähnt zu lassen. Es war unheimlich rücksichtsvoll von ihm, aber ... es gab ihm das Gefühl noch schwächer und verletzlicher zu sein, als ohnehin schon. Er seufzte leise. Etwas bewegte sich im Rand seines Blickfelds und er drehte den Kopf gerade rechtzeitig, um Hinata neben ihm auf dem äußersten Rand des Netzes landen zu sehen. „Die Sicht von hier hat auch was, oder?“, fragte der gerade und hätte Bokuto einen Mund gehabt, hätte er vermutlich gelächelt. „Ja, stimmt. Mir ist nie aufgefallen, in welchen gleichmäßigen Mustern sich mein Team bewegt.“, er wollte die Stimmung nicht wieder kaputt machen und ließ daher weg, dass er dennoch viel lieber unten bei ihnen stehen würde und es ihn tierisch unruhig machte, sie ohne ihn spielen zu sehen. Hinata nickte, was sicher eine automatische Geste war, aber bei einer Krähe dennoch seltsam wirkte. „Ja, ich glaube, ich sehe auch, wieso die anderen mir immer sagen, ich sollte etwas mehr darauf achten, wo ich stehe. Ich renne ihnen bestimmt mal in die Bahn ...“ Und auf einmal waren sie in einer überraschend ausführlichen Diskussion über Stellungen und ob es besser oder schlechter wäre, sich anders auf dem Feld zu verteilen. Zumindest eine Weile, bis sich irgendwann unter ihnen jemand beschwerte: „Das ist schon unfair, wieso bin ich eigentlich der einzige ohne Flügel?“ Bokuto drehte den Kopf und unten an der Stange saß eine schwarze Katze, leckte sich die Pfote und sah zu ihm hoch. Warum tat er das? Setzten bei ihm Katzeninstinkte ein? Oder wusste bei ihm noch niemand, wer er wirklich war? Bei genauerer Überlegung hatte er sich diese Frage bisher nicht wirklich gestellt, nur weil er sich vor aller Augen verwandelt hatte, hieß das ja noch lange nicht, dass das bei den anderen auch so gewesen war. Bokuto flatterte zu ihm runter, musterte ihn einen Moment lang abschätzend. „Was?“, fragte Kuroo langsam und etwas skeptisch. „Ich glaub, es könnte funktionieren ...“, murmelte Bokuto langsam, sprang dann in Kuroos Nacken, krallte sich fest und schlug kräftig mit den Flügeln. Er war nicht wirklich sicher, ob das klappte oder nicht, aber wenn wurden sie aufgehalten, ehe sie sonderlich weit kamen, denn mit einem Mal griffen ihn Hände unter den Flügeln und hoben ihn so schnell hoch, dass er gezwungen war, Kuroo loszulassen. „Bokuto, bitte. Du kannst nie im Leben eine Katze hochheben“, meinte Akaashi und setzte ihn nach kurzem Zögern neben Kuroo auf den Boden. „Und sonst wäre es ganz nett, wenn ihr ein Stück vom Spielfeld weggehen könntet“, fügte Konoha hinzu und beugte sich runter. „Komme eigentlich nur ich mir seltsam dabei vor mit einer Eule zu reden?“, fragte er dann an Akaashi gerichtet, woraufhin Bokuto beleidigt schnaubte und sich von ihnen wegdrehte. Er wurde aber sehr schnell von dem Ärger abgelenkt, als ihm langsam und sanft eine Hand über den Kopf strich. „Du Strolch hast mir nicht mal was gesagt ...“ Er öffnete blinzelnd die Augen. „Yukie!“ Sie stutzte kurz. „Okay, Punkt für dich, du kannst scheinbar nicht.“ Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf und streichelte ihn nochmal ehe sie sich zu der Katze umdrehte und leicht grinste. „Lass mich raten, du heißt nicht ‚Kuro‘ weil du ein kleiner“, Kuroo schnaubte bei dem Wort, „schwarzer Kater bist?“ Sie griff furchtlos nach ihm und kraulte ihm leicht das Ohr. „Tun wir lieber so, als ob ich das nicht wüsste, du siehst nämlich leider wirklich niedlich aus.“ Und Kuroo schnurrte brav. Wahrscheinlich grinste er gerade sehr zufrieden. Bokuto schüttelte nur den Kopf und nahm wieder seinen vorherigen Platz oben neben Hinata ein. „Wer führt inzwischen?“   Der Tag ging überraschend schnell um und ehe er sich versah, war das Training schon wieder vorbei. Wenn er nicht daran dachte, wie sehr es ihm immer noch einen kleinen Stich versetzte, dass er nicht mitspielen konnte, dann war das sogar irgendwie mal interessant gewesen eine andere Perspektive zu haben. Er wollte mit Akaashi darüber reden, was er gesehen hatte! Aber der verstand ihn leider nach wie vor nicht. Und war nebenbei gerade auch in eine Unterhaltung quer über den Tisch mit einem der Karasuno Leute vertieft, dessen Name Bokuto bisher irgendwie nicht mitgekriegt hatte. Aber aus dem bisschen, was er von der Unterhaltung nebenbei mitbekam, war es wohl ihr anderer Setter, von dem Hinata gesprochen hatte. Überraschenderweise war die Sitzordnung heute erstaunlich gemischt ausgefallen, was zum Teil daran lag, dass einige der Jungen Spaß dran hatten mit ihm und Hinata zu spielen (Kuroo hatte es sich auf Schoß der Managerin von Shizen bequem gemacht, die soweit Bokuto wusste, nicht eingeweiht war, und ließ sich mal wieder kraulen). Da das tatsächlich irgendwie lustig war, hatte Bokuto nicht wirklich ein Problem damit und versuchte gerne immer mal wieder Fleischstücke aufzufangen. Im Moment führte er auch gegen Hinata mit sieben zu fünf, als auf einmal ein schriller Weckalarm losging. „Akaashi!“, beschwerte er sich automatisch, da er den Ton kannte, „Es ist keine Aufstehzeit!“ Akaashi nahm in aller Seelenruhe sein Handy aus der Tasche und schaltete den Alarm aus. „Ihr solltet vom Tisch runter gehen“, kommentierte er ruhig, woraufhin Bokuto den Kopf schief legte. „Häh?“ „Ich meine es ernst“, wiederholte Akaashi, „Geht vom Tisch runter, es ist sechs Minuten vor sieben.“ Bokuto blinzelte und tapste langsam in seine Richtung. „Was hast du denn auf einmal mit ...ah!“ Und dann kam wieder das kurze Blackout und das Ziehen im ganzen Körper. Er hatte ein vages Gefühl zu fallen, hörte einen Aufschrei und etwas krachen und zerspringen, ehe er blinzelnd und leise stöhnend die Augen öffnete und merkte, dass er in dieser mehr oder weniger menschlichen Form halb auf dem Tisch lag, halb mit dem Oberkörper über den Rand hing. Der einzige Grund, aus dem er nicht gefallen war, waren offensichtlich Akaashi und Washio, die schnell genug reagiert und unter seine Schultern gegriffen hatten. Sie drückten ihn vorsichtig in eine sitzende Position hoch. „Ah, das meintest du? Sorry“, murmelte Bokuto etwas peinlich berührt und rieb sich den Hinterkopf, ehe er sich umsah, wie es den anderen beiden ergangen war. Er lachte leise. Hinata war mehr oder weniger auf Levs Schoß gelandet, aber der schien das fast schon lustig zu finden und hatte ihn lachend aufgefangen. „Jetzt bist du immerhin wieder ein bisschen größer?“, schnappte er noch auf und suchte Kuroo. Er brauchte ein paar Sekunden, was aber daran lag, dass Kuroo offensichtlich auf dem Boden gelandet war, denn er stand gerade hinter Kenma und dem Karasuno Setter auf und klopfte sich die Hose ab. Das hieß wohl, er hatte als einziger wirklich reagiert und war vom Schoß des Mädchens runter gekommen. Da fiel ihm ein ... er sollte vielleicht auch mal vom Tisch runter. Möglichst ohne noch mehr zu zerdeppern. „Ah! Lev, das tut weh, die sind fest!“, schrie Hinata auf einmal auf und Bokuto konnte sich nur zu gut vorstellen, was gerade passiert war. „Warum ist bei allen der erste Gedanke dran zu ziehen?!“ „Wag es ja nicht!“, warnte Bokuto, als er Komis neugierigen Blick auffing und griff sich schnell an die Federn. „Komm schon, lass sie mich wenigstens mal anfassen, ich ...!“ Akaashi räusperte sich vernehmlich. „Darf ich darauf aufmerksam machen, dass wir jeden Moment ... ah, da.“ Und gerade bei den Worten poppten aus seinen Armen Federn heraus und seine Stirn und Augen verfärbten sich, während Bokutos innerhalb von wenigen Sekunden verschwanden. Bokuto sah mehr als einen entgeisterten Blick, während Akaashi kaum hörbar seufzte und murmelte: „Noch fünf Minuten ...“ Fünf Minuten später verstand Bokuto auch, was er damit gemeint hatte ...   Sie saßen auf dem Boden der Turnhalle in einem lockeren Kreis und warteten wieder. Bokuto und Hinata warfen sich locker einen der Volleybälle zu, Kuroo hatte Kenmas Spielkonsole geschnappt und lag auf dem Bauch und spielte damit. Kenma hatte sich auf seinem Rücken platziert und maunzte dann und wann, auch wenn Bokuto sich ziemlich sicher war, dass Kuroo nicht verstand, was genau er wollte, es ging vermutlich darum, dass er etwas falsch machte. Kageyama und Akaashi hatten anfangs noch auf ihren Schultern gesessen, aber waren ziemlich schnell abgehauen, als der Volleyball zu ihnen gerollt war. Sie unterhielten sich vermutlich ein kleines Stück weiter weg miteinander, wenn man irgendwas aus den Geräuschen schließen konnten, die sie von sich gaben. Heute war hier mehr los, einige Mitglieder ihrer Teams hatten nicht in Ruhe schlafen gehen wollen, während heute Nacht eventuell etwas passieren könnte und so hatten sie sich mit ihnen in die Turnhalle verteilt. Die Gespräche waren in der letzten halben Stunde aber nach und nach verstummt und einzig zwei Jungs aus Karasuno waren noch wirklich aktiv. Offensichtlich versuchte der Libero einem der anderen gerade eine Rolle beizubringen. Dann und wann hallte etwas durch die Halle, dass so ähnlich wie „thunder“ klang, aber, zugegeben, wahrscheinlich verhörte er sich. Sein Englisch war keine Vollkatastrophe, aber sicher auch nicht seine Stärke. Irgendwo rechts von ihm spielten scheinbar Yaku und Komi eine Runde Mikado mit ... allen möglichen halbwegs geraden Sachen, die sie hatten finden können. Von Stiften über Ästen bis hin zu etwas, das verdammt wie Essstäbchen aussah. Dann und wann unterbrach ein kurzer Aufschrei von einem der beiden die Halbstille. Ein anderer Junge aus Nekoma, dessen Namen Bokuto nicht kannte, war offensichtlich eingeschlafen und irgendwo hinter ihm wäre er nicht überrascht, wenn es Yukie genauso ergangen wäre. Für einen Moment war er zu sehr in Gedanken versunken und der Ball traf Bokuto mitten auf die Nase. Er gab ein Geräusch von sich, das sicher nicht wie ein Meerschweinchen klang, griff nach dem Ball und ließ sich nach hinten fallen. „Akaashi! Wie lange noch?“, quengelte er ein wenig und war überrascht, als die Eule zu ihm gehopst kam, sich auf seine Brust setzte und mit einem Flügel nach schräg oben deutete. „Mmh?“ Er sah hoch und sein Blick fiel direkt auf die große Uhr, die in jeder Halle hing. „Oh! Du hast recht, gut, dass du auf sowas achtest!“ Er streichelte automatisch der kleinen Eule über den Kopf und hielt ihr einen Arm hin, auf den Akaashi tatsächlich hüpfte, während Bokuto sich aufrichtete. „Hey, Leute! Noch eine Minute!“ Augenblicklich kam Leben in die Halle, als sich alle auf einmal zusammenrotteten und auf die große Uhr starrten. „Glaubst du denn, dass um Mitternacht etwas passieren wird?“, fragte Yukie neben ihm leise und Bokuto zuckte langsam die Schultern. „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ Und die Uhr schlug Mitternacht.   Er lag auf dem Boden und sein Kopf pochte ein wenig. Wie er dort gelandet war, wusste er nicht, aber Bokuto richtete sich langsam stöhnend auf und öffnete blinzelnd die Augen. Es war dunkel um ihn herum und er fühlte sich verkrampft, alles tat weh vom Liegen. Automatisch griff er an seine Hosentasche, wo er sein Handy fand. Das grelle Licht vom Display brannte in seinen Augen und er musste mehrmals blinzeln, ehe er die Uhrzeit lesen konnte. Es war halb zwei Uhr morgens ... vor zwei Tagen?! Verwirrt schaltete er das Licht einmal aus und wieder an, aber das Ergebnis blieb dasselbe. Er hielt das Handy von sich weg und stellte fest, dass sie sich in der Turnhalle befanden, in der alles angefangen hatte. Offensichtlich nur eineinhalb Stunden nachdem es angefangen hatte. Da fiel ihm ein ... Akaashi! Er drehte das Handy neben sich und fand als erstes Kuroo, der sich ebenfalls aufsetzte und eine Hand gegen das grelle Leuchten des Displays hab. Vor ihm lag allerdings Akaashi - und er war komplett menschlich, keine Federn, keine komischen Augenfarben. „Uhh, ich wusste, dass das eine blöde Idee war ...“, murrte Kenma und kam hinter Kuroo zum Vorschein. Ebenfalls menschlich. Bokuto blinzelte nochmal völlig verwirrt, bis ihm langsam, langsam klar wurde, was wahrscheinlich eigentlich passiert war. Er hätte fast über sich selbst gelacht. „Können wir jetzt ins Bett?“, murmelte Kenma und allgemein zustimmendes Gegrummel wurde laut, als sich alle aufrichteten. Noch mehr Handybildschirme flackerten zum Leben, während sie sich Richtung Ausgang bewegten. „Ich hatte voll den abgedrehten Traum!“, erzählte Bokuto und wurde daraufhin sofort mehrfach mit „Psst!“ zur Ruhe verwiesen. Er räusperte sich. „Ich hatte voll den abgedrehten Traum?“, versuchte er es nochmal deutlich leiser. „Mmh, ich auch“, gab Kuroo zurück, „darin kamen ein paar Tiere vor und ein ziemlich verrückter Trainingstag. Du warst noch fauler als sonst, Kenma.“ Der schnaubte darauf nur. „Lass mich.“ „Ich hab geträumt, ich könnte fliegen!“, verkündete Hinata etwas zu laut und wurde auch sofort zur Ruhe ermahnt. Bokuto schmunzelte, wer konnte es ihm verübeln, fliegen war schön gewesen. Aber so war es wahrscheinlich besser. „Ich freu mich morgen aufs Training!“, warf er stattdessen dann ein, „Ich hab schon das Gefühl total einzurosten!“ Er verließ als letzter die Halle und zog die Tür zu. In der Dunkelheit meinte er noch einen Schemen und ein paar reflektierende Augen gesehen zu haben, aber als er noch einmal hinsah, waren sie verschwunden. Er war wohl noch nicht ganz wach. Kopfschüttelnd zog er die Tür zu. „Akaashi, du musst mir dringend mal wieder ein paar Pässe zuwerfen!“, rief er und schloss schnell zu den anderen auf. „Es ist viel zu lange her!“ „Du meinst vor drei Stunden?“, kam die trockene Antwort, auf die Bokuto nur schmunzeln konnte. Wenn du wüsstest ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)