I eleniël orco von abgemeldet (Die Sternentochter des Orks) ================================================================================ Kapitel 46: Im Dienste des Staates ---------------------------------- Freilich bemerkte Gimli noch am selben Abend die sonderbare Stimmung seines Freundes und sprach ihn auch prompt darauf an. Es hatte ihn schon verwundert, als Legolas an seiner Tür klopfte und mit der Begründung, er hätte Redebedarf, um Einlass bat. Dann musste ihm in der Tat etwas auf der Seele lasten. Zumal er auch seine Adoptivtochter mitgebracht hatte, deren Namen Gimli immer noch nicht aussprechen konnte und die er kurzentschlossen bei ihrem von ihrem Vater verliehenen Spitznamen Blümchen rief. „Also, was gibt es?“, brummte der Zwerg, während er den Wein (nichts lief hier ohne Wein, das hatte er schnell bemerkt) in drei Kelche eingoss und diese auf dem Tisch verteilte. Als er sich auf den mit Kissen erhöhten Stuhl setzte, baumelten seine Füße in der Luft. Es war eindeutig nichts, als Zwerg unter Elben zu weilen, egal wie gut der Wein war. „Lässt dein Vater Earenis immer noch nicht frei, ist es das?“ „Ja. Das heißt: nein.“ Legolas wirkte sehr durch den Wind und auch Blümchen runzelte die Stirn ob des sonderbaren Verhaltens ihres Ziehvaters. „Ich kam nicht einmal dazu, ihn darauf anzusprechen, weil er mich gleich wieder überfallen musste mit seinen neuesten Ideen.“ Er lehnte sich zurück und atmete tief durch. „Nun, wo anfangen?“ Er schien tatsächlich mit sich zu ringen und nach Worten zu suchen. „Vater will in den Westen gehen, die Sehnsucht nach meiner Mutter treibt ihn.“ Legolas hatte nie wirklich darüber gesprochen, was mit seiner Mutter geschehen war, Gimli konnte es sich aber denken. Immerhin hatte er sein Lebtag noch nichts von einer Königin der Waldelben gehört. „Das bedeutet also …?“, begann Blümchen und machte eine zutiefst erstaunte Miene. Bei Gimli dauerte die Erkenntnis ein wenig länger. „Dann habe ich ja wirklich Aufholbedarf!“, rief er aus. „Erst Aragorn, jetzt du!“ Er wusste selbst, dass das kein allzu qualifizierter Beitrag war, aber die Neuigkeit, dass nun auch Legolas das Erbe seines Vaters antreten sollte, überraschte ihn zu sehr. Er konnte sich den Elbling ja nicht einmal als König vorstellen! Legolas warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Ich bin in dieser Angelegenheit nicht zu Scherzen aufgelegt“, mahnte er seinen Freund. „An die viertausend Jahre, in denen ich mich wunderbar an das Leben als Prinz gewöhnt habe, sind selbst für einen Elben keine kurze Zeit. Und nun kommt mein Vater ohne die geringste Vorwarnung auf die Idee, sein Amt an mich abzutreten. Ausgerechnet jetzt, wo sich eine neuerliche Kriese anbahnt!“ „Du warst doch ohnehin schon immer, seit du alt genug dafür warst, der zweite Mann im Staat“, warf Blümchen in der Hoffnung ein, Legolas wenigstens ein wenig Trost zu geben. „So viel anders wird das sicher nicht. So lange ich denken kann, hast du immer an der Seite deines Vaters gestanden und dein Wort hat kaum weniger gegolten als das von Großvater. Im Prinzip habt ihr euch ja schon lange das Amt geteilt.“ Legolas schwieg und starrte nachdenklich in seinen Kelch, als könne der Wein die Antworten auf all seine Probleme verraten. „Im Prinzip hast du ja Recht, Lothmiw“, räumte er ein. „Und doch … Es ist eben diese Gewöhnungssache, zumal es nun auch bedeutet, dass Vater mit allen, die mit ihm gehen und nicht mehr bleiben wollen, in den Westen segelt und ich alleine hier bleibe. Ohne seine Unterstützung. Dieser Gedanke macht mir Angst.“ Und das wiederum verunsicherte Gimli auf eine sonderbare, abstrakte Weise. Er hatte Legolas als unerschrockenen Kämpfer kennen gelernt und erlebt, der vor so gut wie gar nichts den Kopf einzog. Der einzige Moment, in dem er tatsächlich die Furcht in Legolas‘ Augen gesehen hatte, war im Angesicht des Balrog von Moria gewesen. Nicht einmal die Pfade der Toten hatten ihn verschreckt! Und nun hatte er Angst vor einem einfachen Reif aus Ästen und Laub. Es war paradox, würde nicht hinter diesem Reif so viel stehen. Er versuchte sich Legolas anstelle seines Vaters vorzustellen und je mehr er es versuchte, umso deutlicher wurde ihm, warum Legolas all diese Bedenken hatte. Es ging einfach nicht! „Warum aber kommt dein Vater so plötzlich auf diese Idee?“, fragte er schließlich. Der Elb zuckte mit den Schultern. „Wer weiß“, sagte er. „Wahrscheinlich hatte er diesen Gedanken schon länger still und leise für sich gehegt und nun den Zeitpunkt für geeignet empfunden, mir seine Gedanken mitzuteilen. Irgendwo kann ich ja auch verstehen, warum er seines Amtes müde wurde, für uns alle und besonders für ihn waren es oftmals schwere Zeiten. Und dennoch …“ Er seufzte. Blümchen ergriff seine Hand. „Das wird schon!“, versuchte sie ihn aufzumuntern. „Ich bin ja auch noch da, oder? Und Gimli! Und vielleicht kann auch König Elessar dir ein wenig unter die Arme greifen, er wurde ja ähnlich wie du ins kalte Wasser geworfen.“ Legolas lächelte ihr dankbar zu und strich ihr durch das nussbraune Haar. „Ach, mein kleines Mauerblümchen, was würde ich nur ohne dich tun?“ Er zog sie in seine Arme und Blümchen kuschelte sich an ihn. Die beiden waren schon ein sonderbares Gespann, befand Gimli. Er kannte Legolas‘ Ziehtochter auch erst kaum ein Jahr und erinnerte sich noch zu gut, wie verblüfft er gewesen war, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Irgendwie hatte er ja doch erwartet, dass sie Legolas irgendwie ähnlich sah, so, wie sich Legolas und Thranduil beinahe wie aus dem Gesicht geschnitten waren, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Wo Legolas glattes, sandblondes Haar besaß, war ihres nussbraun und leicht gelockt. Wo seine Gesichtszüge markant und eckig waren, waren ihre sanft und fließend. Während seine Augen ein eisiges blau besaßen, waren ihre groß und dunkel und sanft wie die eines Rehkitzes. Sie waren ein Unterschied wie Tag und Nacht und doch sah man ihnen auf eine ganz subtile Art und Weise an, dass sie zusammen gehörten. „Über all dem sollten wir Earenis aber nicht vergessen“, kam Gimli schließlich doch auf ihr Hauptproblem der letzten Tage zu sprechen. „Sie wird es herzlich wenig interessieren, ob du König wirst oder nicht, so lange zwischen ihr und uns die Gitterstäbe deines Vaters sind.“ Legolas musste schmunzeln bei der Erinnerung daran, wie sie getobt hatte, als er zu ihr gekommen war, kurz nachdem sein Vater sie hatte einkerkern lassen. „Gleich morgen früh beim Frühstück werde ich mit Vater darüber reden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)