I eleniël orco von abgemeldet (Die Sternentochter des Orks) ================================================================================ Kapitel 41: Der König des Waldlandreichs ---------------------------------------- Ihre Ankunft schien bereits erwartet worden zu sein, so schien es Earenis, denn sonderlich überrascht wirkten die Wachen nicht, als sie über die Brücke auf das große Tor zuritten, welches in den Berg hinein und in Thranduils Hallen führte. Sie wurden freundlich empfangen, besonders natürlich Legolas. Auch Gimli schien man bereits zu kennen. Nur Earenis wurde, wie nicht anders zu erwarten, schief angesehen, schon allein, weil sie ein für eine Elbin ungewöhnliches Äußeres besaß. Noch, als man ihnen ihre Pferde abnahm, wurden die Palasttore aufgestoßen und eine kleine Elbin mit nussbraunem Haar stürmte heraus. Freudig rufend sprang sie Legolas in die Arme, der sie lachend an sich drückte und ihr einen Kuss auf die Wange gab. „Ada, da bist du ja wieder!“, rief sie aus. „Lothmiw, welch Überraschung!“, lachte Legolas. „Ich dachte, du seiest in Ithiliën.“ „Das gleiche könnte ich aber von dir auch sagen“, hielt sie ihm vor. „Du hast gesagt, dass du Aragorn in Bruchtal besuchen willst und nicht Großvater hier.“  „Es kamen einige unerwartete Dinge dazwischen, vielleicht hast du davon etwas schon mitbekommen“, sagte Legolas, nun ernster. „Komm doch mit uns, wir werden Vater ohnehin davon berichten.“ Earenis war verwirrt. War diese Elbin dort Legolas‘ Tochter? Aber wer war die Mutter? Sie hatte nicht gewusst, dass er verheiratet war! Aber vielleicht klärte sich dies nun, als Legolas sie Lothmiw vorstellte. „Sie ist meine Adoptivtochter“, fügte er erklärend an, als er ihren verwirrten Blick bemerkte. „Ich fand sie in einem zerstörten Dorf im Süden, und da weder ihre Mutter noch ihr Vater überlebt hatten, habe ich sie aufgenommen.“ „Ada hat ein viel zu weiches Herz.“ Lothmiw stupste ihn an. „Gib es doch einfach zu, du kannst großen Kinderaugen einfach nicht wiederstehen.“ Er winkte ab. „Lass gut sein. Adar wartet sicher schon“, lenkte er vom Thema ab. Die unerwartete Verwandtschaft Legolas‘ war eine willkommene Ablenkung gewesen. Jetzt wieder daran erinnert zu werden, was ihr bevorstand, schmeckte Earenis ganz und gar nicht. Es war ein wenig wie der Sprung ins eisige Wasser. Sie folgten dem Prinzen in die Hallen hinein. Die Söldnerin sah sich mit großen Augen um. Noch nie hatte sie so viel Pracht gesehen. Selbst Bruchtal, das erste Herrenhaus, das sie von innen gesehen hatte, hatte eine bescheidenere Ausstattung besessen. Es war bekannt, dass Thranduil eine Schwäche für Reichtümer besaß und er zeigte dies auch. Die Wände waren nicht selten mit edlen Steinmetzarbeiten und Mosaiken geschmückt und um die Gänge zu erhellen, begnügte der König sich nicht mit einfachen Fackeln sondern mit wahrscheinlich sündhaft teuren, fein gearbeiteten Silberlaternen, die ein angenehmes, gleichmäßiges Licht verströmten. Earenis fühlte sich an die berühmten Lampen der Noldor erinnert, auch wenn diese doch verschieden waren. Wo sie hinkamen, wurde Legolas freundlich begrüßt, Gimli erhielt das eine oder andere höfliche Nicken und Earenis all die verwunderten Blicke. Sie wünschte sich, sich in Luft auflösen zu können, nur damit sie nicht mehr so angestarrt wurde wie der Sonderling, der sie nun einmal war. Gimli, der anscheinend ihr Unbehagen bemerkte, hielt sich bei ihr, während Legolas fröhlich mit seiner Tochter schnatternd vorauslief. „Einfach nicht beachten“, riet der Zwerg ihr und meinte die scheelen Blicke der Elben hier. „Das ging mir am Anfang auch so. Wenn du erst einmal gemeinsam mit ihnen betrunken warst, akzeptieren sie dich schon.“ „Na toll…“, grummelte Earenis. „Das geht schneller, als man denkt, glaub mir“, sagte Gimli. „Auch wenn die meisten hier sehr trinkfest sind. Da muss man schon selbst einiges vertragen können, um mit ihnen mitzuhalten. Aber Thranduils Wein ist gut.“ „So gut, wie man sagt?“ „Besser! Das muss man ihm wirklich lassen“, und hier senkte Gimli die Stimme: „Er hat einen schrecklichen Charakter, aber von Wein versteht er etwas.“ Sie kicherte. Ja, mittlerweile mochte sie Gimli wirklich sehr. So sehr, wie sie mit ihm hatte lachen können, hatte sie sich schon viel zu lange nicht mehr amüsiert. Außerdem schien er sie zu verstehen. „Aber eines muss ich jetzt wissen“, sagte sie leise. „Hat Legolas nun eine Frau oder nicht? Die Angelegenheit mit seiner Adoptivtochter verwirrt mich noch immer.“ „Nein, er ist immer noch zu haben. Also wenn du interessiert bist…“ Gimli zwinkerte ihr schelmisch zu und sie zog eine Grimasse. Nein, das war sie sicher nicht! „Ich glaube auch, dass einer der Gründe, warum Legolas Lothmiw adoptierte, sein Vater ist“, fuhr er fort. „Er redet schon sehr lange auf ihn ein, dass er für einen Erben sorgen soll. Du siehst ja, was daraus wurde. Unser Elblein hat es da lieber mit den schönen Künsten, statt mit den Damen.“ Gimli grinste durch seinen Bart. Anscheinend fand er selbst Gefallen daran Legolas damit aufzuziehen. Inzwischen schienen sie ihr Ziel erreicht zu haben. Legolas hielt vor einem großen, zweiflügligen Portal. Prunkvolle Schnitzereien waren in das dunkle Eichenholz eingebracht und zeigten verschiedenste Waldszenen. Die Wachen, die vor dem Portal standen, standen stramm, als ihr Prinz vor sie trat. Die Tür wurde geöffnet und die vier traten ein. Dies war also der Thronsaal, eine weite Halle, die gestützt wurde von hohen Säulen. Im ersten Moment hatte Earenis den Stein tatsächlich für lebende Bäume gehalten, so detailgetreu waren die Säulen ihren Vorbildern nachempfunden. Zahlreiche Banner hingen von der Decke, wahrscheinlich versehen mit den Bannern der einflussreicheren Adelsfamilien des Eryn Lasgalen. Immer wieder dazwischen hing das königliche Banner, ein gekrönter Hirsch auf waldgrünem Hintergrund. Am Ende des Saals stand erhöht auf einem Podest der hölzerne Thron, nachempfunden einer eigenwilligen Symbiose aus Elchgeweih und Baumgeäst. Und darauf saß Thranduil. Earenis erkannte ihn sofort, die Ähnlichkeit zu Legolas war bemerkenswert. Am liebsten wäre sie umgekehrt und davon gerannt. Sie bemühte sich möglichst unauffällig und nichtig zu wirken. Vorerst schien der König aber tatsächlich keine Notiz von ihr zu nehmen, denn als er sich erhob und ihnen entgegen kam, hatte er nur Augen für Legolas. Über das ganze Gesicht strahlend schloss er seinen Sohn in die Arme. „Ion nîn, es ist schön, dich wieder zu sehen!“, begrüßte er ihn. „Zwar brachte mir ein Rabe die Kunde deines Kommens schon vor vielen Tagen, aber dennoch freue ich mich natürlich dich nun wieder nach so langer Zeit zu sehen.“ Er winkte einem Diener, welcher ihnen daraufhin ein Tablett mit mehreren Weinkelchen brachte. König, Prinz und Prinzessin nahmen sich jeweils einen Kelch und stießen miteinander an. Legolas schien den heimatlichen Wein sichtlich zu genießen. Auch Earenis und Gimli erhielten einen Kelch. Während der Zwerg den Wein sofort stürzte, roch sie zunächst vorsichtig daran. Wenn der Wein wirklich so gut war, wie Gimli ihn proklamierte, dann wollte sie ihn auch gebührend genießen! Wann kam man immerhin schon an solch ein kostbares Getränk? Zumindest sollte sie die Gelegenheit nutzen, bevor Thranduil herausfand, was sie war. Behutsam nahm sie einen Schluck und schon allein diese wenigen Tropfen auf ihrer Zunge zeigten ihr, dass Gimli fürwahr nicht übertrieben hatte. Wie gut der Wein nach dieser Reise tat! Für einen kurzen Moment vergaß sie, wo sie war. Thranduil wies auf eine nahe Sitzgruppe, in der es sich gewiss besser reden ließ. „Die Nachricht des Raben war mit König Elessars Siegel versehen“, sagte der König, als sie sich niedergelassen hatten. „Weitere Raben erreichten mich nur kurz darauf. Was sie berichteten, gibt mir zu denken. Ist es das, weshalb ihr zu mir gekommen seid?“ „So ist es, Vater“, bestätigte Legolas. „Anscheinend hat sich verborgen vor unseren Augen und im Schatten von Saurons Niedergang ein neuer Feind bereit gemacht, um zu vollenden, was Sauron begonnen hatte. Eigentlich hatten Gimli und ich nur Aragorn besuchen wollen, der, wie wir wussten, selbst seine Familie in Bruchtal besucht hatte. Dort erhielten wir die Nachricht, dass anscheinend ein bedenklich großer Zusammenschluss von Orks den Weg in Richtung Fornost eingeschlagen hatte. Wir hatten uns gemeinsam mit Herrn Elrond unverzüglich auf den Weg dorthin begeben. Wir kamen rechtzeitig an und gewannen auch die Schlacht. Ebenso machten wir einen Gefangenen, von welchem wir die Kunde erhielten, dass die Orks anscheinend einem neuen Herren folgen, Ghâshburz mit Namen. Der Gefangene erzählte uns ebenso, dass dieser Ghâshburz gewillt ist, den gesamten Norden Mittelerdes einzunehmen. Und vielleicht sogar mehr…“ Thranduil schwieg eine Weile nachdenklich. „Orks lügen“, sagte er schließlich nur. „Aber mit einer Klinge am Hals und mit dem Wissen, dass sie ohnehin sterben werden?“, hielt Legolas dagegen. „Das stimmt wohl.“ Nun richtete Thranduil seine Aufmerksamkeit doch auf Earenis, die immer mehr und mehr in den Stuhl einsank. „Und wer ist sie, die du hier mitbringst? Du hast sie noch nicht vorgestellt.“ Earenis bemerkte, dass auch Legolas nicht recht wusste, wie er die Kunde seinem Vater übermitteln sollte. „Ihr Name ist Earenis“, sagte er und schon da bemerkte sie das Blitzen in Thranduils Augen, war ihr Name doch immerhin offenkundig Quenya. „Sie verdient sich ihr Geld mit Söldnerarbeiten, aber anscheinend ist sie aus welchen Gründen auch immer ebenso in diese ganze Angelegenheit eingebunden, auch wenn wir die Zusammenhänge noch nicht kennen.“ „Du erscheinst mir sehr ungewöhnlich“, wandte sich Thranduil nun direkt an sie. Schüchtern sah sie zu ihm auf. Seine äußerst beeindruckende, königliche Präsenz schüchterte sie enorm ein, in dieser Hinsicht war er gänzlich anders als sein Sohn. „Schon allein dein Name ist… gewöhnungsbedürftig.“ Thranduils Begeisterung hielt sich merklich in Grenzen. „Ganz zu schweigen von deinem Äußeren. Woher kommst du?“ Earenis bemerkte den Blick, den Legolas ihr unauffällig zuwarf, doch sie beschloss es zu wagen. Ihr Herz sank ihr in die Hose und sie wusste, dass es gleich sehr böse für sie ausgehen konnte. Doch gab es einen anderen Weg? „Meine Mutter war eine Noldo aus Herrn Elronds Hausvolk, doch sie starb schon vor vielen Jahren“, sagte sie leise. „Sie begleitete oft Gildor Inglorion auf seinen Wanderungen, doch auf einer davon wurden sie überfallen und…“ Sie beschloss es kurz und schmerzlos zu machen: „Mein Vater ist ein Ork.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)