I eleniël orco von abgemeldet (Die Sternentochter des Orks) ================================================================================ Kapitel 35: Ansichtsfragen -------------------------- Die drei Reisenden kamen gut voran, auch, weil Legolas stets zur Eile trieb. Er befürchtete, dass Ghâshburz sein Werk schon fortgesetzt haben könnte und sie zu spät kamen, um seinen Vater zu warnen. Earenis stellte während dieser Tage fest, dass sie dem Ende der Reise mit gemischten Gefühlen entgegen sah. Man hörte doch, wenn man viel in der Welt herum reiste, so manches über den König des Waldlandreiches, selbst dann, wenn man selbst nie dort gewesen war. Und das, was sie gehört hatte, wollte ihr nicht wirklich gefallen. Thranduil sei recht jähzornig und schnell voreingenommen, hieß es. Nicht zuletzt das, was sie manchmal aus Gimlis Worten zu hören meinte, sobald die Sprache auf Legolas‘ Vater kam, bestätigte ihr das. Wenn Thranduil erkannte, was sie war… Ungemütlich wäre sicher kein Ausdruck. Sie wagte es dennoch, nicht zuletzt, weil irgendetwas sie zu diesem Weg trieb, was auch immer es war. Außerdem sagte eine leise Stimme in ihr, die sie beharrlich zu ignorieren versuchte, dass sie Gimlis Gesellschaft genoss. Blendete man Legolas aus, war der Zwerg ein äußerst erheiternder Gesprächspartner, mit dem sich gut reden ließ. Abends am Lagerfeuer sprach sie gern mit ihm und konnte mit ihm lachen, wie schon seit so vielen Jahren nicht mehr. Es tat überhaupt gut wieder lachen zu können, schon zu lange hatte sich für sie kein Anlass mehr dafür gegeben. Mistaroa bemerkte natürlich ihre ungewohnt fröhliche Stimmung und schien einigermaßen irritiert darüber zu sein; er kannte sie so schon gar nicht mehr. Was Earenis hingegen bemerkte, war, dass Legolas erstaunlich still wurde in dieser Zeit. Je besser sie sich mit Gimli verstand, desto mehr zog sich sein elbischer Freund zurück. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm! Erst hasste er sie und jetzt… Ja, was jetzt? Was ging in seinem Kopf vor? Beinahe war es ihr lieber, wenn er sie offen anfeinden würde, dann wüsste sie wenigstens, woran sie war. Aber diese Stille war ihr unheimlich… Grübeleien über Grübeleien und sie kam nicht voran! Und mit diesen Grübeleien zogen auch die Meilen in das Land. Nicht lange, nachdem sie Fornost verlassen hatten, sanken die Temperaturen innerhalb weniger Tage merklich und die ersten Schneeflocken des neuen Winters fielen. Von da an wurde es stets kälter, der Schnee fiel häufiger und dichter, bis wenige Tage später eine dichte, weiße Decke über dem Land lag, in welcher die Pferde tiefe Hufspuren hinterließen. Sie ritten fast gerade nach Osten mit nur einer leichten Südrichtung, da ihr Ziel der Hohe Pass nördlich von Bruchtal war. Gelegentlich plapperte Gimli aus dem Nähkästchen, was sein Vater während der Überquerung eben jenes Passes erlebt hatte, damals, im Jahr, als der Ring gefunden und der Drache besiegt worden war. Earenis war allerdings nicht sonderlich erpicht auf ein Nachempfinden dieser Abenteuer, besonders nicht zu dieser Jahreszeit, wo eine Überquerung des Gebirges so schon nicht angenehm werden würde. In all der Zeit schwebte die Frage der Ungewissheit über ihnen. Noch immer wirkte das Land friedlich. Legolas sagte, dass selbst die Tiere nichts von einer neu aufkommenden Gefahr wussten. So blieb auch ihnen keinerlei Möglichkeit zu erfahren, was zurzeit vor sich ging. Was plante ihr noch gesichtsloser Feind Ghâshburz? Was war sein nächster Schritt? Und war er wirklich halb Elb halb Ork, wie der gefangene Ork nach der Schlacht behauptet hatte? Diese Frage machte Earenis wohl am meisten zu schaffen, auch wenn sie es nicht einmal Gimli, zu dem sie mittlerweile einiges Vertrauen gefasst hatte, gegenüber andeutete. Gab es noch andere wie sie? Hatten sie auch so leiden müssen wie sie? Oder hatten sie einen anderen Weg finden können als sie? Einen, der mit weniger Leid verbunden gewesen war? Wer war Ghâshburz? Das war noch immer die alles entscheidende Frage. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)