I eleniël orco von abgemeldet (Die Sternentochter des Orks) ================================================================================ Kapitel 18: Questlog: Ein Dieb in der Nacht ------------------------------------------- In den nächsten Wochen konnte Earenis nicht viel mehr tun, als in ihrem Bett zu liegen und zur Decke zu starren. Mehrmals am Tag kam eine Elbin herein, brachte ihr Essen und erkundigte sich, ob sie etwas wünschte. Wenn es nötig war, brachte sie frische Wäsche, machte ihr Bett und lüftete das Zimmer. Herr Elrond ließ sich nur selten blicken, meist sah König Elessar nach ihr. Sie hatte vernommen, dass es Herrn Elrond anscheinend wirklich leid tat, was geschehen war, und dass er alles wieder gut machen wollte, aber so wirklich wollte sie es immer noch nicht glauben. Ihr ganzes Leben lang hatte sie diesen Ort gemieden, die Emotionen, die damit verbunden waren, ließen sich nicht so leicht wegwischen. Ebenso hatte sie natürlich vernommen, dass man mittlerweile über sie redete. Irgendwer schien mitbekommen zu haben, wer sie war, und innerhalb kürzester Zeit wusste nahezu das ganze Tal Bescheid. Auf allzu große Gegenliebe stieß sie nicht. Niemand sprach offen gegen sie, aber sie spürte, dass viele es wollten und nur das Wort ihres Fürsten sie zurückhielt. Selbst die Elbin, die sich um sie kümmerte, sah sie immer mit diesem Blick an, der Earenis gar nicht gefallen wollte. Als ihr Bein weit genug abgeheilt war, dass sie mit Hilfe wieder laufen konnte, bekam sie Krücken, so dass sie auch allein das Bett verlassen konnte. Sie war äußerst froh darüber, denn die ewige Bettlägerigkeit hatte sie innerlich unruhig werden lassen. Wie befreit drehte sie nun tagtäglich ausladende Runden durch Imladris, denn sie hatte schnell den Umgang mit ihren Krücken gelernt. Ihre Genesung ging rasch voran, wenn auch bedingt durch das orkische Erbe nicht so schnell wie bei Elben. Aber sie befand sich hier doch zugegebener Maßen in guten Händen und so konnte sie sich nicht beklagen. Nur wenige Wochen später konnte sie sogar die Krücken ablegen. Herr Elrond riet ihr dennoch, noch einige Tage hier zu bleiben, damit sie absolut sicher gehen konnten, dass alles abgeheilt war. Als sie nach einer ihrer abendlichen Runden wieder auf ihr Zimmer zurückkehrte, fand sie dort eine Überraschung vor. Das Fenster war geöffnet, die Elbin hatte bereits das Abendessen gebracht. Das, was Earenis‘ Aufmerksamkeit auf sich zog, war jedoch ein kleiner Zettel, der auf ihrem Bett lag. Verwundert hob sie ihn auf und las, was darauf stand. „Komm nach Einbruch der Nacht zur alten, gespaltenen Eiche“, stand da. Mehr nicht. Earenis sah sich um, ob sie einen Hinweis auf den Absender dieser Nachricht fand, doch dem war nicht so. Sie ließ Mistaroa daran schnüffeln, doch auch das brachte kein Ergebnis. Seltsam. „Meinst du, wir sollen da heute hingehen?“, fragte sie ihren Hund, während sie nach ihrem Essen griff. Mistaroa legte den Kopf schief und schien nur Augen und eine Nase für die Wurst zu haben, die man für ihn immer ihrem Abendessen beilegte. „Verfressener Köter“, brummte sie und gab ihrem Hund seinen Anteil. Gierig stürzte er sich darauf. Eine Antwort blieb er seiner Herrin schuldig. Earenis beschloss, dass es wohl nicht schaden konnte, dem nachzugehen. Wie es auf dem Zettel stand, wartete sie, bis es dunkel geworden war im Tal. Dann schlich sie sich aus dem Haus, immer darauf achtend, dass niemand sie beobachtete. Unbemerkt konnte sie das Haus verlassen und suchte dann nach der Eiche, die beschrieben war. Schnell wurde sie fündig, denn der Baum war selbst bei Sternenschein kaum zu übersehen. Niemand war zu sehen, dennoch beschloss Earenis, wenigstens ein wenig zu warten. Der geheimnisvolle Autor der Nachricht ließ nicht lange auf sich warten. Plötzlich und völlig unbemerkt trat eine verhüllte Gestalt aus den Schatten zu ihr. Earenis fuhr erschrocken zurück, hatte sich aber sofort wieder gefangen. Der Unbekannte trug einen weiten, dunklen Umhang, der ihn um Dunklen nahezu völlig unsichtbar machte. Eine Kapuze verhüllte sein Gesicht. „Hast du mir die Nachricht zukommen lassen?“, fragte Earenis. „Ja.“ Die Stimme klang männlich. Sie war tief und dunkel, doch selbst aus ihr konnte Earenis nicht viel über ihren Besitzer schließen. „Wer bist du und was willst du von mir?“, verlangte sie zu wissen. Besser das schnell hinter sich bringen. „Wer ich bin, tut nichts zur Sache“, erwiderte der Fremde. „Und was ich von dir verlange, ist nur eine Kleinigkeit. Du musst mir einen Ring beschaffen, der sich in Herrn Elronds Besitz befindet, mehr nicht.“ Mehr nicht?! „Das ist keine Kleinigkeit, Vilya ist einer der Drei!“, erinnerte sie den Fremden. „Nein! Nicht diesen Ring!“, beeilte sich der Fremde zu sagen. „Ich habe kein Interesse an diesem Artefakt – wenn auch durchaus einem ähnlichen. Es handelt sich um einen kleinen, goldenen Ring mit smaragdenen Einlegearbeiten. Du findest ihn in der Schatzkammer Bruchtals, Fürst Glorfindel hat den Schlüssel.“ Da er Earenis‘ Zögern spürte, griff er unter seinen Umhang und holte einen prall gefüllten Geldbeutel daraus hervor. „Du bist doch eine Söldnerin“, versuchte er es. „Eine ganz gute, wie ich hörte. Und du magst sicherlich auch Gold. Das hier wird alles dir gehören, wenn du mir bringst, was ich möchte.“ Zugegebener Maßen war dies tatsächlich verlockend. Dennoch grübelte Earenis darüber nach. Sie kannte diesen Fremden nicht und wusste nicht, was er mit diesem Diebstahl bezwecken wollte. Andererseits wusste sie solche Dinge selten; sie hinterfragte ihre Kunden nicht. Und diese Goldmenge war tatsächlich verlockend… „Na gut, ich mach’s“, stimmte sie schließlich doch zu. Für Gold tat sie immerhin fast alles. Sie hörte ein leises Lachen unter der Kapuze. „Sehr schön. Du erweist mir damit einen großen Nutzen“, sagte der Fremde. „Und jetzt geh und beeile dich. Der Winter naht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)