Verlorenheit von wortlos ================================================================================ Kapitel 1: Entartung und Entfremdung ------------------------------------ Entartung Ob Wissensdurst, Selbstverwirklichung oder Habgier, der Mensch ist zu maßlos, um sich Grenzen zu ziehen respektive diese auch tatsächlich einzuhalten. Schon immer trieb ihn der Drang nach Entdeckung, die Neugier auf Unbekanntes und das Streben nach mehr; ganz im Sinne der Evolution und Entwicklung. Der Kapitalismus funktioniert und floriert nicht ohne Grund. Unternehmen könnten aufhören zu wachsen, wenn sie genug rentabel erwirtschaften. Sie tun es nicht. Sie sparen ein, um neu zu investieren, um sich zu vergrößern. Was dem Menschen die Population ist, ist dem Unternehmen die Ausdehnung des Profits. Beides findet seine Wurzel im Fortbestand. Ich würde so gar soweit gehen zu sagen, früher pflanzte man sich fort, heute bedienen wir uns einem Ersatz – dem Konsum. Angenehmer ist es doch, das eigene Ego zu füttern, als sich für das Wachstum neuen Lebens zurückzustellen. Die Investition in sich selbst ist profitabler, denn unterm Strich hat man nur etwas von seinem Leben. Individualität ist das Zauberwort der Neuzeit und im Angesicht der Globalisierung und Auflösung in der Massenwirtschaft ist es verständlich. Wir betreiben nicht nur Massenhaltung sondern auch Massenerhaltung. Alles ist mit allem Verbunden, das Netz zu komplex, um es noch als „einfacher“ Mensch und Bürger zu durchschauen. Geht man davon aus, dass sich der Mensch an seiner Umwelt spiegelt, so blickt er heute nur noch in unzählige Prismen. Wundert es da, dass im größten Kollektiv Verlorenheit regiert? Der Mensch verliert sich als Fragment in einer bloßen Vielfalt. Diese Bewegung als Tropfen eines Ozeans kann durchaus auch als treibend angenehm empfunden werden. Nur, wenn man nicht weiß, in welchem Zusammenhang man steht, kann man ebenso gerade als Tropfen vom Himmel fallen und auf dem Boden zerschellen. Vielleicht schwindet in dieser Orientierungslosigkeit dann sogar der Bezug zum Wesen und undurchdringlicher Nebel bleibt über. In ihm, Nichts. Entfremdung. Es gibt keinen Bezug mehr zur Außenwelt, während das Innere sehnend der Leere entgegen blickt. Gut, dass man konsumieren kann. Übergänge vom Haben zum Sein fließend sind. Und dennoch hungern wir. Dabei wäre es so einfach, satt und zufrieden zu sein. Haben wir etwa nur Angst vor dem Stillstand? Entfremdung „Da ich nun einmal nicht imstande war, die Menschen vernünftiger zu machen, war ich lieber fern von ihnen glücklich.“ (Voltaire) Nirgends ist man wirklich fern von Menschen. Sie zogen ihre Spuren, gruben Erinnerungen in uns und formten in ihrer Anwesenheit unser Anwesen. Gleich wohin man wandert, gleich in welch entferntes Land man sich als Eremit niederlässt, sein Wesen bleibt in den eigenen Wänden der Erfahrung gefangen. Nirgends ist man fern von Menschen. Nirgends, außer eingesperrt in sich selbst. Wir verstecken unsere Gefühle in den hintersten, dunkelsten Ecken, schließen ab und setzen den angstvollen Geist als Wächter davor. Verwahrt ist das Wesen, nicht verloren. Und dennoch ist es das. Ohne Heimat und haltlos in Abwesenheit suchend. Verloren in der Leere eigener Unvernunft, fern von dem, was menschlich ist. Nirgends ist man fern von Menschen, außer man hört auf einer zu sein und vegetiert in eigens erschaffener Isolation. Wohnt dem Herzen tatsächlich mehr Vernunft inne als dem Geist? Welch chronische Unvernunft der Vernunft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)