On Air von -Zerschmetterling- ================================================================================ Kapitel 3: ----------- -4-   „Naruto, was ist deine Lieblingsfarbe?“   Da musste ich nicht lange überlegen.   „Orange.“   „Sasuke?“   „Schwarz.“   Wieder musste ich mir ein Schnauben verkneifen. Schwarz. War ja klar. So schwarz wie seine arrogante Arschloch-Seele.   „Sasuke, was ist dein Lieblingsgericht?“   „Alles mit Tomaten“, antwortete er ohne zu zögern.   „Naruto?“   „Nudelsuppe“, erwiderte ich grinsend.   Mein Grinsen konnten die da draußen zwar nicht sehen, aber Shikamaru hatte mir vorhin erklärt, dass sie es trotzdem hören konnten. Ein Mensch der lächelte klang ganz anders als ein Mensch, der keine Miene verzog. Vielleicht war das der Grund, warum Sasuke im Studio plötzlich gar nicht mehr aufhörte zu lächeln, während er sonst eher einem Eisblock ähnelte. Bloße Professionalität. Ich hatte ihn durchschaut. Und nicht nur das, ich würde mir diese Taktik ebenfalls zu Nutze machen.   Anscheinend waren in der Zwischenzeit jede Menge Fragen von Hörern an Sasuke und mich eingetroffen. Shikamaru hatte eine Auswahl zusammengestellt und die dann weitergeleitet an Sakura ins Studio. Es war bereits der zweite Moderationsbreak, den wir damit verbrachten, die Frageliste der Zuschauer abzuarbeiten. Dabei stellte Sakura uns die Fragen jeweils abwechselnd. Nun war ich wieder an der Reihe.   „Naruto, mit wie vielen Jahren hast du deine Jungfräulichkeit verloren?“   „Äh…was?“, fragte ich erschrocken und wurde augenblicklich knallrot.   Oh mein Gott, zum Glück konnte das niemand sehen. Doch Sasuke konnte es sehen. Ich spürte sofort seinen interessierten Blick auf mir und die Hitze in meinen Wangen wurde nur noch unerträglicher. Was antwortete man auf so eine Frage? Ich konnte mir schlecht selbst den Stempel als ultimativer Spießer aufdrücken. Nicht nach der Sache mit dem Feiern. Ich konnte es nicht. Aber Sasuke konnte es.   „So rot wie er wird, ist Naruto wohl noch Jungfrau“, stellte er sachlich fest.   „Stimmt das Naruto?“, bohrte Sakura sofort nach und wirkte fast schon ein wenig angetan.   „Äh nein, natürlich nicht“, stritt ich sofort ab. „Ich… ich… hab nur vergessen, wann das war.“   Dumme Ausrede. Ganz dumme Ausrede.   „So schlecht?“, fragte Sasuke spöttisch.   Er führte mich vor. Schon wieder. Nur diesmal hörten tausende von Menschen zu. Ich machte den Mund auf und wollte ihm etwas entgegnen, doch es kam kein Ton heraus. Normalerweise war ich doch auch nicht auf den Mund gefallen.   „Kannst du dich denn noch erinnern, wie das bei dir war, Sasuke?“, mischte sich nun auch wieder Sakura ein.   Sie hatte wohl gemerkt, dass zu diesem Thema von mir nichts mehr kommen würde.   „Natürlich“, bestätigte Sasuke. „Ich war 15 und ich kann mich keinesfalls beschweren. Sie hat sich auch nicht beschwert.“   In Sakuras Augen nahm ich ein kurzes Flackern war. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, was für Bilder sie gerade im Kopf hatte und konnte nicht verhindern, dass sie sich auch vor mein inneres Auge schoben. Ob Sasuke die Wahrheit sagte? Angewidert schüttelte ich den Kopf. Was interessierte es mich, ob der Arsch gut im Bett war. Höchstwahrscheinlich wollte er wieder einmal nur angeben. Obwohl ich zugeben musste, dass er bisher immer Recht behalten hatte. Ein Schauer kroch über meinen Rücken. Themenwechsel. Schnell.   Sakura beendete den Break indem sie den nächsten Musiktitel ansagte. Ich blieb stumm auf meinem Hocker sitzen und starrte auf meine Hände. Noch nie in meinem Leben war mir etwas so dermaßen peinlich gewesen und schuld war wieder einmal Sasuke. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und diesmal schien er zu spüren, dass es besser war, mich jetzt nicht anzusprechen, denn er wandte mir den Rücken zu und unterhielt sich stattdessen wieder mit Sakura, die währenddessen den nächsten Break vorbereitete.   Die kommenden Fragen waren nicht ansatzweise so verfänglich wie die Frage nach meiner Jungfräulichkeit, weswegen ich den Rest der Sendung einigermaßen unbeschadet hinter mich bringen konnte. Dennoch hatte ich das unangenehme Gefühl die ganze Zeit über nicht abschütteln können und fühlte mich dadurch irgendwie gehemmt. Zum ersten Mal seit wir uns begegnet waren, fühlte ich mich Sasuke gegenüber wirklich unterlegen und das kratzte gewaltig an meinem Stolz. Er hatte schon Sex gehabt – zumindest wenn man seinen Behauptungen Glauben schenken mochte – und ich nicht. Auch wenn ich ein Jahr jünger war als er, hatte er bereits sieben Jahre Vorsprung. Sieben Jahre.   Nicht, dass ich keine Gelegenheiten gehabt hätte. Ich wollte einfach nicht und es war nie die Richtige dabei gewesen. Selbst wenn Sakura mir jetzt auf der Stelle ein eindeutiges Angebot machen würde, wüsste ich nicht, ob ich es annehmen könnte. Schnell schüttelte ich den Kopf. Was für ein absurder Gedanke. Mit Sicherheit war Sakura jetzt noch abgeschreckter von mir als sowieso schon.   Als wir schließlich das Studio verließen um Platz für den nachfolgenden Moderator zu machen, wartete Shikamaru bereits auf uns. Er hatte beide Hände in den Hosentaschen versenkt und seine Haltung wirkte entspannt, doch anhand seines Gesichtes konnte man deutlich ablesen, dass er von irgendetwas genervt war. Offenbar war die Sendung nicht ganz so abgelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte und vermutlich würde es für mich jetzt erst mal eine ordentliche Ladung Kritik hageln. Zu meiner Überraschung wandt er sich jedoch an Sakura.   „Hör mal Sakura, wenn du weiter so offensichtlich nur von Sasuke schwärmst. können wir uns das Voting auch sparen.“   Sofort entgleisten ihr sämtliche Gesichtszüge.   „Ich… was?“, sie zog das letzte Wort besonders lang.   „Du hast schon verstanden“, grummelte Shikamaru genervt. „Reiß dich mal ein bisschen zusammen, wir machen das hier nicht zu deinem Vergnügen. Es ist dein Job!“   Beleidigt reckte sie ihr Kinn nach vorne.   „Ich weiß, dass das mein Job ist.“   Mit diesen Worten verschwand sie stampfend in Richtung Küche und ich starrte ihr verblüfft hinterher. In gewisser Weise war ich Shikamaru dankbar für seine Ansprache, andererseits hatte er mir so nur einmal mehr vor Augen geführt, dass es für Sakura nur Sasuke zu geben schien. Egal was ich versuchte, sie nahm mich einfach nicht wahr, solange er im gleichen Raum war und wenn doch, dann tat sie es auf eine eher weniger positive Art und Weise.   „So Jungs, packt eure Sachen zusammen, ich geb‘ euch gleich noch die Adresse für das Shooting nachher. Kakashi ist schon dort, ihr könnt eines von unseren Autos nehmen. Tragt euch einfach vorne bei Ino in die Liste ein“, Shikamaru deutete in die Richtung, in die Sakura gerade verschwunden war.   „Kommst du nicht mit?“, fragte ich ihn überrascht.   Zum ersten Mal sah ich eine Art Lachen in Shikamarus Gesicht.   „Machst du Witze?“, grinste er. „Ich geh jetzt erst mal schön nach Hause. Der Vormittag war schon viel zu stressig.“   Demonstrativ gähnte er und streckte sich ausgiebig, bevor er uns dann ungeduldig nach draußen zum Empfang scheuchte, während er selbst an seinen Arbeitsplatz ging, um die Adresse für das Shooting herauszusuchen. Es war jetzt kurz nach zehn und mittlerweile konnte man wirklich sagen, dass Leben in die Bude gekommen war. Während es hier morgens um sechs fast schon wie ausgestorben wirkte, wuselten nun unglaublich viele Leute durch die Gegend, die alle schwer beschäftigt waren. Auch die blonde Frau, die mir beim ersten Mal die Tür geöffnet hatte, saß wieder hinter dem Empfangstresen.   „Guten Morgen Ino, Shikamaru hat gesagt, wir sollen uns eins von den Autos ausleihen“, übernahm Sasuke direkt die Führung.   Ino nickte fröhlich, stand dann auf und ging zu einer Schublade, wo sie eine Weile drin herumkramte. Heute schien sie ausgesprochen gute Laune zu haben oder aber es lag mal wieder an Sasuke. Der hatte wohl im Allgemeinen so eine Wirkung auf Frauen.   „Seid ihr zu zweit unterwegs?“, fragte Ino vorsichtshalber nochmal nach.   „Ja sind sie“, Shikamaru war hinter uns aufgetaucht und drückte mir einen Zettel mit einer Adresse in die Hand. „Navi ist im Auto. Die wissen dort Bescheid, dass ihr kommt. Kommt nicht auf die Idee zu trödeln!“   Das bedeutete dann wohl, dass Sakura sich nicht an dem Shooting beteiligen würde. Trotz ihrer schlechten Laune hatte ich insgeheim darauf gehofft. Selbst wenn es am Ende mit der Stelle nichts werden würde, könnte ich dann von mir behaupten, gemeinsam auf einem Foto mit ihr abgebildet zu sein. Sogar auf einem richtigen Fotografen-Foto.   „Naruto, schlaf nicht ein“, Sasuke klimperte ungeduldig mit den Autoschlüsseln.   Mühsam riss ich mich von meinen Gedanken los und folgte ihm dann aufs Parkdeck, wo er zielstrebig auf eines der Autos zusteuerte. Ich fragte mich, woher er wusste, welches das Richtige war, doch er wusste es wohl einfach. Ohne einen weiteren Kommentar ließ ich mich auf den Beifahrersitz sinken und war nun sogar froh, dass er den Schlüssel direkt an sich genommen hatte. So musste ich ihm wenigstens nicht auch noch unter die Nase reiben, dass ich auch keinen Führerschein hatte. Keinen Sex und keinen Führerschein. Wenn Sasuke das wüsste, würde er mich zweifelsohne auslachen.   Ich klappte das Handschuhfach auf und fischte dann das Navi heraus, während Sasuke den Motor anließ und schon mal in Richtung Parkhaus-Ausfahrt fuhr. Shikamarus krakelige Handschrift war nicht besonders gut zu lesen und im ersten Moment hatte ich schon Angst, dass wir nochmal in der Redaktion anrufen mussten. Doch mithilfe der Autovervollständigung gelang es mir dann doch, die richtige Adresse zu finden und wir konnten uns auf den Weg machen. Die Fahrt verlief glücklicherweise ohne weitere Zwischenfälle.   Von außen sah das Gebäude ziemlich alt und abgewrackt aus. Innen war es allerdings sauber und modern. Direkt als wir ankamen wurden wir in eine große Halle geschoben, wo man offensichtlich bereits auf uns gewartet hatte. Überall wuselten geschäftig ein paar Leute herum, die ich zuvor noch nie gesehen hatte und ich hielt Ausschau nach Kakashi. Den kannte ich immerhin und der hatte auch das Kommando. Es dauerte nicht lange, da tauchte er auch schon aus einer kleinen unauffälligen Tür am Rande der Halle auf. Neben ihm ging ein etwas kleinerer Kerl mit kurzen dunklen Haaren und einer Haut, die sogar noch blasser war als Sasukes.   „Hallo, schön euch kennen zu lernen. Ich bin Sai, euer Fotograf.“   Mit Genugtuung stellte ich fest, dass er mir zuerst die Hand gegeben hatte. Mir und nicht Sasuke.   „Guten Morgen Jungs, schön euch wiederzusehen“, begrüßte uns nun auch Kakashi.   Guten Morgen? Es war kurz vor elf und normalerweise würde ich ihm da ja vollkommen zustimmen, doch wenn man schon seit fünf Uhr auf den Beinen ist, fühlte es sich nicht mehr an wie morgens. Das war wohl der größte Nachteil an diesem Job – er vertrug sich leider ganz und gar nicht mit meinem Schlafrhythmus.   Sai schickte uns zunächst einmal rüber zu seinen Mädels, wie er sie nannte, die sich um unser Styling kümmern sollten. Ich wählte bewusst den Begriff Styling, weil Make-Up und Haare meiner Meinung nach nicht sehr männlich klang. Es fühlte sich komisch an, wenn einem fremde Menschen die ganze Zeit über im Gesicht herumfuhrwerkten. Die Pinsel kitzelten, die Kämme ziepten und außerdem juckte meine Haut ganz schrecklich von dem ganzen Make-Up. Meiner Meinung nach hatte ich sowas ja sowieso gar nicht nötig, aber Sai hatte vorhin irgendwas von Lichtreflexionen und Glänzen gesagt. Der wusste bestimmt, was er da tat.   Wie nicht anders zu erwarten, hatte Sasuke auch Sais Mädels nach kürzester Zeit um den Finger gewickelt. Die Mädchen beteten ihn an, hingen an seinen Lippen und stritten sich darum, wer ihn nun für das Fotoshooting vorbereiten durfte. Dabei hatte er überhaupt nichts gemacht. Er war weder besonders charmant gewesen, noch hatte er ihnen in irgendeiner Weise besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Im Gegenteil, er hatte die meiste Zeit damit verbracht zu mir rüber zu sehen, um sich dann darüber lustig zu machen, dass bei mir so viel an den Haaren gemacht werden musste. Er wiederum ließ niemanden an seine Haare heran. Vielleicht würde ich nachher einfach mal reingreifen, nur um ihn zu ärgern.   „So, das reicht jetzt“, schimpfte ich ungeduldig und verscheuchte die Mädels, die sich bis jetzt an meiner Haarpracht ausgetobt hatten.   Mein Leben lang hatte ich bereits versucht, dieses widerspenstige Gestrüpp zu zähmen, doch bisher hatte es noch nie geklappt. Das würden die armen Dinger innerhalb einer Stunde also auch nicht hinbekommen. Ich wollte keine Zeit mehr verschwenden und außerdem hatte ich keine Lust mehr Sasukes Blicken ausgesetzt zu sein, der mittlerweile schon fertig war. Mit der Schminke im Gesicht wirkte seine Haut wie aus Porzellan.   „Du siehst irgendwie weiblich aus“, stellte ich fest, als ich meinen Blick prüfend über ihn gleiten ließ.   Sofort verengten sich seine Augen zu winzig kleinen Schlitzen und er kam drohend einen Schritt auf mich zu. Oh oh, das war dann wohl ein wunder Punkt bei ihm. Dabei war meine Aussage noch nicht einmal böse gemeint gewesen. Ausnahmsweise.   „Wenn du meine Faust im Gesicht hast, wirst du schon sehen, dass ich zumindest nicht schlage wie ein Mädchen“, knurrte er.   Abwehrend hob ich die Hände und ging einen Schritt zurück.   „Ganz ruhig Sasuke“, beschwichtigte ich ihn. „Das war ja nicht böse gemeint.“   „Achja, was denn dann?“, zischte er.   Was denn dann? Eigentlich eine gute Frage. Denn wenn ich ehrlich war, musste ich mir eingestehen, dass ich Sasuke in diesem Moment ziemlich attraktiv fand. Oder zumindest hatte ich ihn solange attraktiv gefunden, bis er wie eine Furie auf mich losgegangen war – ebenfalls sehr weiblich. Aber das würde ich ihm besser wohl nicht sagen. Auch das mit dem attraktiv finden, sonst fasste er das am Ende noch falsch auf. Immerhin fand ich ihn nur objektiv attraktiv, so wie man als Mann ein männliches Model aus einem Katalog attraktiv finden konnte. Rein Objektiv. Man versetzte sich sozusagen in die Lage einer unabhängigen Person und versuchte dann auf dieser Basis zu einer Beurteilung zu kommen.   „Es steht dir“, gab ich schließlich widerwillig zu.   Irgendwas musste ich zu seiner Beschwichtigung sagen, sonst hatte ich am Ende wirklich seine Faust im Gesicht. Dass er nicht schlug wie ein Mädchen glaubte ich ihm aufs Wort. Allerdings wäre es wirklich schade um die schönen Bilder, wenn mein Gesicht darauf verunstaltet wäre.   „Tz“, machte Sasuke nur.   Allerdings wirkte er schon weitaus weniger aggressiv als wir schließlich zusammen in Richtung Set gingen.   „Bist du wirklich noch Jungfrau?“, fragte er plötzlich.   Sofort spürte ich, wie mir erneut die Hitze in die Wangen stieg. Musste er ausgerechnet wieder mit diesem Thema anfangen?   „Das geht dich nichts an“, blockte ich seine Frage.   Natürlich würde er auch so wissen, was Sache war. Allerdings war ich einfach nicht abgebrüht genug, um ihm diesbezüglich ins Gesicht zu lügen. Ich war mir sicher, dass er meine Lügen sofort durschauen würde. Überhaupt hatte er das Thema doch nur wieder aufgegriffen um von sich selbst und seinem weiblichen Gesicht abzulenken.   „Aber nicht, weil dich keine wollte?“, es klang mehr wie eine Feststellung als eine Frage.   Ohne ihm zu antworten, legte ich einen Zahn zu und hängte ihn somit auf meinem Weg durch die Halle ab. Ich hatte absolut keine Lust mich mit ihm zu unterhalten und schon gleich gar nicht über dieses Thema. Er fragte mich doch nur darüber aus, damit er mich nachher besser auslachen konnte oder damit er Sakura erzählen konnte, was ich für ein Loser war. Allerdings würde ich ihm dabei auf keinen Fall in die Karten spielen. Sollte er sich doch zusammenreimen was er wollte, mein Sexleben ging ihn definitiv nichts an.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)