Enjoy the Silence von Puppenspieler (Von bösen Buben und tränenden Tänzern) ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- „Aominecchi, du hast dieses Wochenende Zeit!“ Aomine Daiki, seines Zeichens einer der größten Basketballspieler, die Japans Highschool-Generation zu bieten hatte, tat gerade, was er neben dem Basketballspielen am Besten konnte: Er schwänzte. Hatte das anspruchslose Basketballtraining einmal mehr hinter sich gelassen, um sich auf dem Dach der Schule auszubreiten und in einem mitgebrachten Popkulturheftchen zu blättern, das einen umfassenden Artikel über seine Horikata Mai abgedruckt hatte – natürlich mit ausgiebigem Photoshoot, und das, wie es sich im Sommer gehörte, ordentlich freizügig. Allerdings hatte es keine zehn Minuten Frieden gedauert, bis das Handy in seiner Hosentasche vibriert hatte. Fest damit rechnend, dass es Captain Imayoshi oder Satsuki war, der oder die ihm mal wieder die Hölle heiß zu machen versuchte, damit er sich doch am Training beteiligte, achtete er gar nicht darauf, was da für eine Nummer auf seinem Display angezeigt war, sondern hob einfach das Handy ans Ohr und begrüßte den Anrufer mit einem schleppenden „Jaaaa?“, das schon ganz gut zeigen dürfte, wie absolut begeistert er von der Störung war. In seinem Zustand behaglicher Verschlafenheit dauerte es einige Momente, bis er begriff, dass weder Satsuki, noch Imayoshi Schuld an dem Anruf waren. Keiner der Beiden rief ihn Aominecchi, um einmal damit anzufangen, und keiner von beiden krähte ihm so laut ins Handy, dass er besagtes am Besten mehr als eine Handbreit von sich entfernt halten sollte, um keinen Hörschaden zu bekommen. (Und bei keinem von Beiden bestand die Notwendigkeit dazu, so laut zu sein, denn keiner von ihnen sammelte eine ganze Armee an kreischenden Weibchen um sich herum, und genau nach so einer hörte es sich gerade an, während er noch versuchte, die fehlende Begrüßung des Anderen auseinander zu sortieren.) „Hah?“ Natürlich doch. „Kise, das war falsch“, konstatierte er schließlich, erhob sich aus seinem Halbliegen langsam in eine sitzende Position, bohrte mit einem Finger der freien Hand in seinem Ohr herum, „Es heißt: Hast du dieses Wochenende Zeit? Das ist eine Frage, das sollte selbst dir klar sein, oder hat das ganze Haarspray und Parfüm dein Hirn vernebelt?“ Einen langen Moment blieb es still – abgesehen von den Weibern –, zwischendrin hörte Daiki eine Lautsprecheransage, die verdächtig nach U-Bahn klang. Aha, Kise war also unterwegs. Dann schnaubte es am anderen Ende der Leitung, und obwohl er sein Gegenüber nicht sah, wusste er genau, wie Kise das Gesicht gerade verzogen hatte; die Augenbrauen zusammengezogen, so dass winzige Fältchen dazwischen entstanden, die Lippen zu einer albernen Schmollschnute geschürzt, und diesen lächerlichen Ausdruck kindlicher Empörung in den Augen, den auch nur Kise selbst tatsächlich ernstnehmen konnte. „Nein, nein, nein! Aominecchi, das war schon richtig! Du hast dieses Wochenende Zeit, das weiß ich! Ich hab extra Momoicchi angerufen, aber ihr habt kein Training, also hast du Zeit!“ Daiki sparte es sich, Kises Rede zu unterbrechen, um ihn darauf hinzuweisen, dass nein, Satsuki nicht sein Terminkalender war, und er auch vom Training abgesehen ein Leben hatte, das er zu leben gedachte – letztlich hatte Kise nämlich recht; er hatte nichts vor. Und je nachdem, was der Blonde nun wollte, konnte er immer noch nein sagen, nicht wahr? Aber zugegeben war er fast neugierig, was in dem Schönlingsschädel vor sich ging. „Du musst nämlich das Wochenende über zu mir kommen!“, kam nun sogar die Erklärung des dramatischen Anrufs, ließ Daikis Augenbrauen skeptisch, spöttisch amüsiert in die Höhe wandern, „Ach, muss ich das?“ Das wüsste er aber. „J-ja, du musst! Aominecchi, schaust du denn gar keine Nachrichten?!“ – „Hah? Natürlich schau ich Nachrichten.“ Er erinnerte sich noch sehr gut an den jüngsten Sportskandal, aber der dürfte kaum Grund sein, das Wochenende bei Kise zu verbringen. Hm. Oder doch. „Bist du nun auch in einen Skandal verwickelt, oder wo ist das Problem?“ Pause. „…doch nicht den Sportteil!“, rief Kise entrüstet aus, Daiki konnte hören, wie er empört die Wangen aufgeblasen haben musste, „Jedenfalls, egal! Hier bei uns im Viertel ist ein Einbrecher unterwegs, und meine Eltern sind übers Wochenende nicht zuhause, und meine Schwestern schlafen außerhalb bei Freundinnen, und dann bin ich ganz allein, und ich soll das Haus hüten, und hier sind Einbrecher!“ Daiki blinzelte. Einmal. In Kises Bonzenviertel waren also Einbrecher unterwegs, ja? Zweimal. Und er hatte Angst vor ihnen, weil er allein zuhause sein würde? Dreimal. Und er, der große Aomine Daiki, sollte also sein Bodyguard sein? Dann lachte er laut los, schüttelte den Kopf. „Oi, Kise, mach mal halblang. Wie viele Alarmanlagen habt ihr? Und habt ihr nicht ne Diebstahlversicherung oder so?“, er brach ab, gluckste boshaft, „Oder hast du Angst um deine Jungfräulichkeit?“ – „A-Aominecchi! Darum geht es gar nicht!“ Kise klang empört, und er klang vor allem eindeutig rot angelaufen. Daiki grinste boshaft. „Was ist dann dein Problem, Schönling?“ – „Ich will halt nicht allein sein, wenn da ein Einbrecher rumläuft“, erklärte Kise, die Schmollschnute wieder an ihrem Platz, „Und du hast mal gesagt, du willst Polizist werden, das ist doch ne super Übung!“ „-Was?“ „Du hast mal gesagt, du willst Polizist werden! Damals in der Mittelschule! Erinnerst du dich nicht? Wir waren mit ein paar Mädchen bei der U-Bahn-Station, die hatten sich über Grabscher beschwert, und du meintest, wenn du erst Polizist bist…“ Daiki widerstand gerade so dem Impuls, sich die Hand gegen die Stirn zu schlagen. Er hatte ja schon immer gewusst, dass Kise so stocknaiv war, dass man ihm das Blaue vom Himmel lügen konnte, und er glaubte es, aber irgendwie hatte er doch gedacht, der Kerl hätte ein bisschen mehr Grips hinter den blonden Haaren und hätte gecheckt, dass er das nur erzählt hatte, um dem hübschen, brünetten Ding mit den großen Brüsten zu imponieren. Sie waren danach sogar ein, zwei Mal ausgegangen. Dann hatte sie ein riesiges Drama gemacht, weil Daiki ihr zu unhöflich und zu wenig gentlemanlike gewesen war und er hatte sie nie wiedergesehen. So groß waren ihre Brüste aber auch nicht gewesen. Nach Mittelschülermaßstab nicht schlecht, aber da hörte es auch schon auf. Daiki brummte, so vertieft in seine Gedanken, dass er ganz vergessen hatte, was genau Kise eigentlich von ihm gewollt hatte. „Also, ist das ein Ja?“, fragte der Blonde hoffnungsvoll, und Daiki verzog das Gesicht, als er vor seinem inneren Auge schon das impertinente Leuchten in Kises Hündchenaugen sehen konnte, „Kommst du vorbei? Freitag nach der Schule?“ Oh, genau. Das war es gewesen. Kise wollte einen Babysitter. Daiki schnaubte, kratzte sich am Hinterkopf. „Meinetwegen. Wenn es mir zu langweilig wird, geh ich wieder.“ Kise schien das überhaupt nicht mehr zu hören, und unter seinem enthusiastischen „Du bist der Größte, Aominecchi! Danke, danke, danke!“ musste Daiki erneut das Handy auf Armlänge vom Ohr weghalten, damit er den Rest des Tages nicht taub verbrachte. Er schnaubte noch einmal, verzog das Gesicht. Gnade dir Gott, Kise, wenn ich diese Entscheidung irgendwie bereuen sollte… Dann würden Einbrecher zukünftig Kises kleinstes Problem sein. *** Es dauerte kaum fünfzehn Minuten, bis Daiki sich das erste Mal fragte, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, Kise ein ganzes Wochenende lang zu ertragen. Wie abgemacht hatte er Freitag nach der Schule ein paar Schlafklamotten und Zahnputzzeug von zuhause geholt, achtlos in eine Sporttasche geworfen und war dann zu Kise losgezogen. Gemessen daran, wie blitzschnell die Tür aufgerissen wurde, kaum, dass er geklingelt hatte, drängte sich Daiki der unangenehme Verdacht auf, dass Kise direkt vor der Haustür gewartet hatte. Eigentlich fehlten dem Blonden nur noch ein paar Hundeohren und ein puscheliger, hin und her wedelnder Schwanz, dann sähe er wirklich aus wie ein treudummdämlicher Schoßhund, der auf sein Herrchen gewartet hatte. Zumindest das sinnlos-freudige Grinsen hatte er schon drauf, und die leuchtenden Hundeaugen. „Aominecchi! Wie gut, dass du da bist, komm rein! Ich war eine halbe Stunde allein!“ Von dem Grinsen war nichts mehr übrig, dafür war da nun die Mitleidsschnute, die Daiki nur die Augen verdrehen ließ. Er schnaubte, schob sich an Kise vorbei in den weitläufigen Flur und streifte die Schuhe von den Füßen. „Und du hast es überlebt, Kise, also halt die Luft an und beruhig dich wieder. Ich hab keinen Bock auf nen Krankenwagen, weil du hier hyperventilierst.“ Kise gehorchte, so gut er das eben konnte. Er war immer noch hibbelig, hüpfte mehr als dass er ordentlich lief, aber immerhin war er still, und allein das war Wohltat für Daikis Nerven genug, dass er nicht schon darüber sinnierte, wie er Kise diesen Besuch am Besten heimzahlen konnte. Zu schade, dass es trocken war, Regenwürmer würde er so keine finden… Kise hatte ein Gästebett in sein viel zu großes Zimmer gestellt. Daiki ließ neugierig einen Blick durch den Raum schweifen, während er seine Sachen auf dem zweiten Bett ablud. Großes Bett, großer Kleiderschrank, großer Schreibtisch, ein Laptop, ein Nachttisch mit einer kleinen Lampe, hellgelb gestrichene Wände, Regale voller Bücher und nutzlosem Tinnef, den ihm garantiert seine dummen Fans geschenkt hatten. Es sah gemütlich aus, ein bisschen vollgestopft trotz der Größe, und wenn man die Klamotten ignorierte, die hier und da und überall gestapelt und gehangen waren, könnte man es beinahe als Mädchenzimmer abstempeln. Pfui. Viel zu ordentlich noch für Daikis Geschmack, dabei war es nach normalen Maßstäben nicht einmal herausragend aufgeräumt. Auf dem Nachttisch lag eine offene Schachtel Pralinen, auf dem Schreibtisch lagen Papiere quer übereinander, die vermutlich Kises Schulzeug waren. Der Rundgang durchs Haus, das Daiki, wie ihm gerade auffiel, noch nie betreten hatte, ging im viel zu großen Badezimmer mit viel zu großer Badewanne und viel zu bonzigem Duschkopf weiter, danach kamen Esszimmer und integrierte Küche, und das riesige Wohnzimmer mit der flauschigen Sitzgarnitur. Die Verandatür war offen, ließ frische, warme Spätfrühlingsluft hereinwehen, die schwer war vom Duft irgendwelcher Blumen, die den Garten besiedelten. Daiki rümpfte amüsiert die Nase. Bonzen. Nach zehn Minuten saß Daiki auf dem weichen Sofa, Kise hatte sich auf einen beigen Sitzsack gelümmelt, spielte mit der Fernbedienung, während er darauf wartete, dass das Hauptmenü der von ihm ausgesuchten DVD startete. Daiki kannte den Film nicht, aber nachdem er keinen der Filme im kise’schen Familienbestand kannte, hatte er beschlossen auf Kises Filmgeschmack zu vertrauen, dass der Film nicht allzu schlecht werden würde. Nach fünf Minuten war ihm klar geworden, er würde Kise nie wieder vertrauen. Sterbenslangweilig wäre noch ein Kompliment für den Film gewesen, grottenschlecht auch. Kise hatte allen Ernstes eine Liebeskomödie in den DVD-Player geworfen, hing nun auf seinem Sitzsack und knabberte pausenlos Popcorn aus einer Schüssel auf dem niedrigen Sofatisch, die Augen auf den Bildschirm des Fernsehers geklebt und gebannt verfolgend, wie ein stockdummes Klischee nach dem anderen erfüllt wurde. Genervt kratzte Daiki sich am Bauch, gähnte, während Kise gerade einen Anfall mädchenhaften Kicherns über den schlechtesten Witz, den Daiki in den letzten Wochen gehört und gesehen hatte, an einer Handvoll Popcorn erstickte. „Sag mal, findest du das nicht langweilig?“ Kise sah auf, blinzelte, seine Augen strahlten absolute Verwirrung aus. „Wieso denn? Es ist großartig! Komm schon, Aominecchi, sei nicht so! Das Beste kommt noch!“ Daiki hob die Augenbrauen, schnaubte. Er konnte ja nicht ahnen, dass Kise Recht hatte. Die Szene selbst war wenig spektakulär und individuell – dummes Protagonistenweibchen war in einer Bar, weil sie mit ihrem Süßen gestritten hatte. Ein wahlloser, selbstverständlich hässlicher Kerl kam zu ihr, sie flirteten ein wenig, und dann saßen sie in einer Ecke des zwielichtigen Etablissements, sie auf seinem Schoß, und wollte auf einmal plötzlich nicht mehr. Natürlich kam ihr toller Kerl dann, um sie zu retten. Die ganze Chose dauerte vielleicht fünf Minuten, doch sie reichte, dass Daiki den Rest des Filmes über breit grinsend verbrachte, den Kopf voller boshafter Pläne, wie er Kise diesen Schnulz heimzahlen konnte. Denn schnulzig wurde es natürlich gleich wieder. Es wurde geheiratet und gefeiert und Kinder gekriegt… und Daiki hätte wohl gekotzt, hätte er nicht etwas viel Unterhaltenderes in Gedanken gehabt. Als es endlich vorbei war, wischte Kise sich dramatisch ein paar Tränen aus den Augenwinkeln, sah aus großen, leuchtenden Augen zu Daiki hinüber, die Wangen rot vor Begeisterung, und das imaginäre Hundeschwänzchen wedelte in altem Enthusiasmus überschwänglich hinter ihm hin und her. „Und, war das nicht großartig?“ Daiki schnaubte, kratzte sich noch einmal schamlos am Bauch herum, ehe er die Hand unter dem T-Shirt hervorzog. „Es geht. Ich hätt‘ den Film besser gefunden, wenn der alte Knacker aus der Bar das Weib bekommen hätte.“ „Waaaaaaaaas?! A-Aber Aominecchi, der Kerl war viel zu gemein!“ Kise plusterte sich auf wie ein dickes kleines gelbes Küken, Daiki grinste nur, als er aufstand, im Vorbeigehen zur Verandatür dem Kerl über das ordentlich gekämmte Haar wuschelte. „Was denn, ich dachte, Mädchen stehen auf die bösen Jungs?“ Hinter sich hörte er Kise rumoren, vermutlich versuchte er, sein eh nicht ruiniertes Haar wieder zu glätten. Trottel. „Aber Aominecchi, nein! Badboys müssen gut aussehend und charmant und cool sein, also sicher nicht sowas wie dieser Kerl!“ – „Hah? Das ergibt keinen Sinn, wenn sie charmant und cool sind, wo sind sie dann böse?“ Kise schnaubte, dem hörbaren Geknautsche des Sitzsacks nach stand er wohl gerade auf. „Davon verstehst du nichts, Aominecchi. Ich geh uns ne Pizza reinwerfen, bis gleich!“ Daiki lachte ungeniert, während er auf die Veranda hinaustraut. „Natürlich versteh ich nichts von deinem Mädchenkram, Kise!“ Draußen im Garten klang Kises empörtes „AOMINECCHI!“ nicht mehr halb so gefährlich laut für seine Ohren, und Daiki grinste zur Antwort nur und streckte unauffällig die Hand nach einem großen Hortensienblatt aus. *** Das Abendessen verlief schweigend. Die Pizza wurde ziemlich schnell verputzt, und nach einem kurzen Gang ins Bad waren sie beide bettfertig und in Schlafanzüge gehüllt, lümmelten aber trotzdem wieder im Wohnzimmer herum. Zum Schlafengehen war es selbst Daiki noch viel zu früh, außerdem musste er Kise noch für den miesen Film bestrafen. „Weißt du, Kise, ich finde, der alte Kerl hatte Recht“, begann Daiki ganz unschuldig, während Blondchen auf den Knien vor dem DVD-Regal herumrutschte in der Hoffnung, einen daiki-kompatibleren Film zu finden. Kise hielt in der Bewegung inne, sah über die Schulter zurück, der Blick fragend, die Stirn gerunzelt. „Der Alte aus dem Film“, erklärte Daiki mit einem genervten Wedeln seiner Hand. Kise blinzelte, schien nachzudenken, dann wurde sein Blick entrüstet. „Aominecchi! Erzähl nicht so einen Mist. Der Kerl war fies und gemein, und außerdem ist das Blödsinn!“ – „Soll ich dir das Gegenteil beweisen?“ Kises Blick wurde immer misstrauischer, er stand auf, trat zu Daiki hinüber, der auf dem Sofa lümmelte wie der letzte Pascha. Angekommen stemmte Kise die Hände in die Hüften, die Augenbrauen missbilligend zusammengezogen. „Mir kommt keine Stripperin in mein Haus! Meine Eltern bringen mich sowas von um!“ Daikis Antwort war ein schallendes, bellendes Lachen, er setzte sich etwas ordentlicher hin und richtete den Oberkörper auf. In einer blitzschnellen Bewegung hatte er Kise gepackt und zu sich gezogen, und mit einem erschrockenen Kieksen landete der Junge auf auf seinem Schoß, breitbeinig, rotgesichtig und mit Augen so rund wie Murmeln – nur irgendwie größer. „Wofür brauch ich eine Stripperin? Du bist Model, das ist ungefähr genauso gut.“ Daiki lachte boshaft. „Und du siehst vor allem so begeistert aus, das passt doch prima!“ – „Vergiss es, Aominecchi! Ich werde mich nicht ausziehen für dich!“ Kise sah empört aus, entsetzt regelrecht, seine Finger waren in Daikis Schultern verkrallt, drückten ihn erfolglos von sich, während Daikis eigene Finger, tief in Kises Hüften gedrückt, den Jungen um einiges erfolgreicher an Ort und Stelle festhielten. „Oh doch, Kise, das wirst du.“ Kise wimmerte, jämmerlich, typisch Kise eben, schüttelte den roten Kopf, dass die seidigblonden Haare wild hin und her flogen. Also jetzt war die Frisur wirklich ruiniert. Die bernsteinfarbenen Augen glühten in inbrünstigem Entsetzen und funkelten verdächtig feucht, ein Anblick, der Daikis gefährliches Grinsen nur noch breiter werden ließ. „Ich will aber nicht!“ Inzwischen fühlte Daiki sich, als könnte er eine Banane quer fressen, so breit musste er grinsen. Mit einem boshaften, gefährlichen Blick lehnte er sich zu Kise vor, reckte das Kinn ein Stück vor, um ihm in die Augen sehen zu können. Kise wich vor seinem Blick zurück, etwas, das Daiki mal partout nicht zulassen konnte, also nahm er eine Hand von seiner Hüfte und vergrub sie stattdessen in Kises Haar, hielt den blonden Dickschädel so an Ort und Stelle fest. „Aber genau das ist Sinn der Sache, Kise. Du wirst dich ausziehen, und du wirst es nicht wollen. Und dann wirst du sehen, dass ein Lapdance erst so richtig schön ist, wenn der Tänzer weint und um Gnade bettelt.“ Daiki löste auch seine zweite Hand von Kises Hüfte. Schien der Kerl gar nicht zu merken, dessen große, glühende Bernsteinaugen voller Entsetzen wie hypnotisiert auf Daikis Gesicht gerichtet waren, hin und her zuckten, von seinen Augen zu seinen Lippen, wieder zurück, verzweifelt, so als würden sie irgendwo den Witz suchen, der nicht existierte. Ungesehen von Kise hob Daiki den Aschenbecher, der schon eine ganze Weile umgestülpt auf dem Tisch stand, fischte etwas darunter hervor, ließ auch die zweite Hand nun in Richtung Kises Nacken wandern. „Magst du Raupen?“ Kise blinzelte, blinzelte dann noch einmal, Empörung und Verzweiflung verpufften jäh aus seinem Blick, wurden ersetzt durch Verständnislosigkeit und Begriffsstutzigkeit. „Was?“ – „Magst du Raupen?“, wiederholte Daiki, geradezu überbetont geduldig, zupfte sanft an Kises Haaren herum. Der Junge auf seinem Schoß erschauderte im ersten Moment, riss sich dann aber doch wieder mit einem Kopfschütteln zusammen. „Was willst du?“ Daiki verdrehte die Augen, packte fester in Kises Haar. Fest genug, dass es nicht mehr angenehm war, zeigte Kises unwilliges Gesicht. „Ob du Raupen magst, Kise. So blöd kannst du nicht sein, dass die Frage in deinem Schädel nicht ankommt!“ „Natürlich mag ich keine Raupen!“, fuhr der Blondschopf auf, völlig entrüstet, „Die sind widerlich! Ich meine, schau dir die Dinger doch mal an!“ Daiki lachte nur dunkel, löste die Hand aus Kises Haar und fuhr damit in seinen Nacken. Zog den Ausschnitt des Schlafanzugoberteils von seinem Nacken weg, und in die entstandene Lücke ließ er fallen, was er vorhin unter dem Aschenbecher aufgelesen hatte. „Viel Spaß dabei, sie wieder loszuwerden.“ Einen langen Moment saß Kise stocksteif da, reagierte gar nicht. Dann riss er die Augen auf, so weit, dass sie ihm fast aus dem Kopf fallen wollten, Tränen und blankes Entsetzen füllten sie. „Du hast doch nicht“, hauchte er, ungläubig, verstört, und Daiki grinste nur boshaft, strich Kise über eine plötzlich ganz bleich gewordene Wange. „Bist du dir da sicher?“, fragte er in falscher Liebenswürdigkeit, „Ich meine, du kannst es natürlich riskieren, aber ich weiß nicht, wie gut so ein Krabbeltier deiner makellosen Modelhaut tut…“ Kise schrie, völlig panisch. Daiki grinste, obwohl seine Ohren von dem lauten Ton schon klingelten. Das war eine gebührende Rache für den sterbenslangweiligen Film! Lange hielt der Schrei auch immerhin nicht, Kise verschluckte sich sehr schnell schon daran, als er wohl ein Krabbeln im Rücken spürte und im nächsten Moment riss er sich panisch das Oberteil vom Kopf. Daiki glaubte, ein paar Nähte reißen zu hören. „Mach es weg!“, wimmerte der Blonde tränenerstickt, „Mach es weg, mach es weg macheswegmacheswegmachesweg!“ Wäre Daiki nur ein bisschen netter, womöglich hätte er Mitleid mit Kise gehabt. Er sah ja auch mitleiderregend aus, so aufgelöst, wie er war. Aber nachdem Daiki kein netter Mensch war, grinste er nur, lehnte sich bequem zurück, während er Kises Winden und Zappeln aufmerksam zusah. In seinen Bewegungen lag eine ganz eigene Eleganz, auch wenn das wohl das Letzte war, das Kise gerade kümmern dürfte. Typisch Model, oder? Musste auch dann noch ne gute Figur machen, wenn es gerade von Krabbeltieren befallen wurde. „Mach es weg!“, wimmerte Kise noch einmal, die Wangen hektisch gerötet, die Augen voller Tränen, das Gesicht feucht, die Lippen bebten. So ein Mädchen. „Oi, Kise, ich kann dir nicht helfen, wenn ich das Vieh nicht sehe~“ Kise jaulte auf wie ein getretenes Hündchen, warf das eben vom Körper gerissene Oberteil in Daikis Gesicht. „Aominecchi, du bist ein Arschloch!“ Noch während Daiki den süß duftenden Stoff wieder wegfischte, hatte Kise es irgendwie geschafft, seine Schlafanzughose in einer seltsam gelenkigen Zappelei von den Beinen zu streifen, saß nun in grellgelben Boxershorts auf Daikis Beinen. Der Kerl im Film hatte wirklich Recht gehabt; heulende Stripper hatten was. „Siehst du es?“, fragte Kise hektisch, riss Daiki damit aus seinen amüsierten Gedanken. Träge hob er die Augenbraue, stieß mit einem Finger gegen Kises flachen Bauch. „Zumindest hier ist‘s nicht. Dreh dich um?“ Er grinste, als Kise auch noch gehorchte. Sein Rücken war genauso raupenfrei, tatsächlich entdeckte Daiki bei einem Blick durch den Raum das arme grüne Tierchen auf dem Couchtisch, was Kise in seiner Panik gar nicht zu bemerken schien. Der war schon wieder ins Plappern verfallen stattdessen: „Siehst du es? Siehst du es? Mach es weg! Da, da, da – ich spür’s genau, da ist es!“ Wo genau da war, konnte ihm der Jammerlappen natürlich nicht erklären, und Daiki lachte nur auf, ließ seinen Finger weiter über Kises Wirbelsäule wandern. Ob er das gemeint hatte? Aber es war einfach zu erheiternd, wie Kise sich unter der Berührung wand und den Rücken durchbog. Wäre er ein Mädchen gewesen und hätte er weniger geschluchzt dabei, hätte es sexy sein können. Wobei – das Schluchzen hatte was. „Tja, ich seh nichts“, kommentierte Daiki, als ihm Kises dauerhaftes Jammern – „Hast du es gefunden? Ist es weg? Mach es weg! Da ist es!!“ – zu sehr auf den Keks ging, fuhr mit einem Finger in den Bund seiner Boxershorts, zog ihn weg und ließ ihn gegen Kises helle Haut schnippen. „Ich fürchte, die muss auch noch weg~“ Ob Kise noch selbst checkte, dass keine Raupe der Welt unter einen Gummibund kriechen konnte? Nein, tat er nicht. Kises Finger waren schneller unter den Bund seiner Boxershorts gewandert, als Daiki hätte blinzeln können. Doch einmal dort angekommen hielten sie inne. War ihm doch noch die Erleuchtung gekommen? Daiki hob abwartend die Augenbrauen, beobachtete, wie der Stoff unerwartet langsam hinabgestreift wurde. Vielleicht hatte er Angst, er könnte das Vieh anfassen, wenn er sich zu hektisch bewegte? Der Gedanke ließ Daiki boshaft schnauben, doch jeden weiteren Kommentar verkniff er sich, während er beobachtete, wie Kise sich auf die Knie aufrichtete, völlig schamlos die Unterwäsche abstreifend, und das in einer Ruhe. Vielleicht hatte er es doch gecheckt. Kise ließ sich wieder auf Daikis Schoß nieder, lehnte sich zurück gegen seine Schulter, während er die Beine anzog. Um die Oberschenkel knautschte noch grellgelber Stoff. Den fing Kise wieder zwischen seinen langen Fingern ein, dann wartete er einen Moment, als wollte er sicher gehen, dass Daiki auch ja zusah. Daiki sah zu, selbst nicht so ganz wissend, warum eigentlich, sein Mund fühlte sich seltsam trocken an und das Grinsen war ihm vergangen. Hatte dieser Bastard ihn nur an der Nase herumgeführt? Machte er diesen Scheiß gerade freiwillig mit? Der Stoff fiel auf den Boden, Kises Beine gespreizt links und rechts von Daikis Schoß über die Sofakante und der Kerl lehnte sich vor, die Hände auf Daikis Knie gestützt, den Rücken in einem eleganten Bogen durchgedrückt. „Siehst du was?“ Und irgendwie klang das weinerliche Wimmern in seiner Stimme falsch, irgendwo dahinter schwang ein leises, melodisches Lachen mit. Daiki knurrte gefährlich, beschloss dann aber, mitzuspielen. Langsam ließ er seine Fingerspitzen über Kises Wirbelsäule wandern, bis hinunter zum Steißbein. Kise erschauderte, wimmerte leise. „Ich seh nichts“, kommentierte Daiki schließlich, schnippte dem Kerl gegen den Hintern, „Vielleicht ist sie ja in dich reingekrabbelt?“ „AOMINECCHI!“ Daiki grinste zufrieden, boshaft. Kises Entrüstung klang auf einmal wieder viel echter, und sein Ekel vor allem auch. Der Kerl drehte sich auf seinem Schoß um, funkelte ihn beschämt an, das Gesicht und die Augen noch feucht von den vorangegangenen Tränen. Jetzt waren sie quitt, fand Daiki. „Seit wann wusstest du‘s?“ Kises Empörung wich einem milden, amüsierten Kichern, Übermut blitzte in seinen Augen. „Seit das Monster auf dem Tisch liegt“, erwiderte er achselzuckend, schlang die Arme um Daikis Nacken, völlig schamlos. Sah ihn an, grinste flüchtig. „Und? Wie ist das nun? Sind heulende Stripper wirklich so anregend?“ Eine schmale Augenbraue wanderte in die Höhe, Kises Blick dafür immer tiefer. Daiki musste ihm nicht folgen, um zu wissen, dass dieses schamlose Stück ihm gerade in den Schritt starrte. „Und wie steht’s mit perversen alten Säcken?“, gab er spöttelnd zurück, ohne auf Kises Frage einzugehen. Kise lachte melodisch, hob den Blick wieder. In seinen Augen blitzte der Schalk, als er sich Daikis Gesicht näherte, kurz vor seinen Lippen innehielt. Er musste ein Schaudern unterdrücken, als Kises warmer Atem ihn streifte, reckte selbstbewusst das Kinn vor. „Mit perversen alten Säcken hab ich’s nun nicht so, aber Bad Boys…“ Daiki grinste. Er war also cool, gutaussehend und charmant? Das erklärte zumindest Kises Definition von bösen Kerlen. Sie gefiel Daiki. Er ließ eine Hand über Kises Rücken gleiten, seine Fingernägel kratzten fast noch sanft über die warme Haut. Kise erschauderte, die Röte auf seinen Wangen sah lange nicht mehr empört aus, und das Glühen in seinen Augen hatte eine Spur dunkler Verruchtheit angenommen. „Also, was ist nun? Du hast meine Frage nicht beantwortet“, quengelte der Blonde, pustete dabei warmen Atem gegen Daikis Gesicht. Daiki schnaubte, ein selbstgefälliges Grinsen im Mundwinkel, eine Hand in Kises Haar vergraben. „Sie sind ganz angenehm“, erwiderte er, krallte die Finger in Kises Kopfhaut, „Aber es gibt angenehmeres.“ „Was denn?“, fragte Kise, der leise Hauch seiner Stimme klang atemlos, aber amüsiert. Daiki lachte dunkel auf. „Schweigende Stripper.“ Und damit presste er seine Lippen auf Kises, drängte gnadenlos die Zunge in seinen Mund, um jedes weitere Wort zu ersticken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)