Diary of Levi von Yamato_ (Levi's Tagebuch) ================================================================================ Kapitel 9: September 850, Teil 5 -------------------------------- September 850, Teil 5 (5/6) 18. September 850, 3. Nachtrag “Leute… ich weiß echt nicht, wie ihr das seht, aber für mich klingt die ganze Sache verdammt an den Haaren herbeigezogen.“ Wie nicht anders zu erwarten, ist Orlo der Erste, der das trübsinnige Schweigen bricht. “Ich mag den Kleinen und würd’ ihm echt gern glauben, aber ich schätze mal, das ist eine von diesen Situationen, wo man seine persönlichen Gefühle zurückstellen und den Tatsachen ins Auge blicken muss. Eren hat sich ohne jede Erlaubnis in einen Titanen verwandelt und ist abgehauen.“ Wir hocken im Besprechungsraum vor unseren dampfenden Teetassen und kauen die ganze Sache von vorn bis hinten und von hinten bis vorn durch. Wie wir’s auch drehen und wenden, es läuft doch alles immer wieder auf denselben Punkt hinaus: Glauben wir dem Kleinen oder tun wir’s nicht? “Captain, ich fürchte, ich muss Orlo recht geben.“ Nachdenklich stützt Erd sein Kinn in die Hand. “Ich will Eren genauso wenig für einen Lügner halten, aber die Fakten sprechen eindeutig gegen ihn. Denken wir doch mal an das, was in Trost passiert ist. Eren ist mitten im Kampf – zack, Titan, er haut zwanzig von denen um. Er soll das Loch in der Mauer stopfen – zack, Titan, er marschiert los. Die Militärpolizei schießt auf ihn und seine Freunde – zack, Titan, er fängt die Kugeln ab. Und jetzt auf einmal soll er plötzlich keine Kontrolle mehr über seine Verwandlung haben?“ “Eins hast du aber vergessen“, wirft Günther ein. “Als er das Loch schließen sollte, ist er nicht direkt losmarschiert. Erst hat er eine andere Soldatin angegriffen und dann stand er für eine ganze Weile ziemlich planlos in der Gegend rum. So stand es jedenfalls im Bericht.“ “Ja, aber das sind Dinge, die nicht während, sondern nach seiner Verwandlung passiert sind“, argumentiert Erd. Er stellt seine Tasse ab und greift nach dem Honig. “Dass Eren seine Titanenform nicht immer unter Kontrolle hat, wissen wir doch schon.“ “Und Eren selbst weiß das auch“, fügte Petra hinzu. “Als wir das letzte Mal darüber gesprochen haben, sagte er, er habe Angst, dass er in seiner Titanenform die Kontrolle verlieren und jemanden von uns verletzen könne. Ich hab’ ihm versichert, dass das nicht passieren wird. Wir sind alle geübte Kämpfer und können auf uns achtgeben.“ “Vielleicht hat genau diese Angst ihn irgendwie blockiert“, überlegte Orlo. “Vielleicht konnte oder wollte er sich bei den Tests deshalb nicht verwandeln. Und als es wieder und wieder nicht geklappt hat, und wir langsam ungeduldig wurden, wurde ihm klar, dass er’s nicht ewig hinauszögern kann. Und dann ist er in Panik geraten und wollte flitzen.“ “Dann versteh’ ich nicht, warum er’s nicht einfach zugibt“, seufzte Günther. “Seinen Fluchtversuch könnten wir ihm vielleicht sogar nachsehen, doch warum muss er uns wiederholt ins Gesicht lügen?“ “Weil er fünfzehn Jahre alt ist und verzweifelt und seinem eigenen Körper nicht mehr vertraut“, gab Petra zur Antwort. “Weil er so gern zu unserem Team gehören möchte, aber gleichzeitig Angst hat, dass wir ihn für ein Monster halten. Ich glaube, er bereut sein Verhalten und würde es am liebsten ungeschehen machen, aber das geht nun mal nicht. Handlungen ziehen Konsequenzen nach sich und dessen muss er sich bewusst werden.“ “Und ich dachte immer, Eren trägt sein Herz auf der Zunge.“ Erneut greift Erd nach dem Honigglas, dann erinnert er sich wohl daran, dass er seinen Tee jetzt schon zweimal gesüßt hat und stellt es wieder weg. “Für mich klang seine kleine Rede verdammt echt.“ “Einiges davon war sicher auch ernst gemeint“, gibt Orlo zurück. “Vielleicht versucht der Bengel sich die Wahrheit schönzureden, weil er’s selbst nicht wahrhaben will.“ “Eren trägt sein Herz wirklich auf der Zunge, doch ich fürchte er kann in bestimmten Situationen auch lügen.“ Petra’s Stimme ist sehr leise. “Ich wollte eigentlich nicht über diese Sache reden, weil er es mir im Vertrauen erzählt hat, aber dies ist eine Ausnahmesituation und wir müssen entscheiden…“ Alle Köpfe fahren herum, alle Blicke wenden sich ihr zu. “Worüber reden?“, will Orlo wissen. “Was hat Eren dir im Vertrauen erzählt? Geht es um seine Titanenkräfte?“ Doch Petra schüttelt den Kopf. “Nein, damit hat es gar nichts zu tun.“ Sie holt tief Luft, man kann förmlich dabei zusehen, wie sie mit sich ringt. “Es geht um diese Sache, die damals passiert ist, als Eren neun war. Er und dieses Mädchen, Mikasa Ackermann, haben die drei Mörder umgebracht, die Mikasa’s Eltern getötet und das Mädchen verschleppt haben.“ “Das war aber doch Notwehr“, wirft Orlo ein. “Oder stimmt es etwa nicht, was in dem Bericht steht?“ “Doch, aber hier geht’s nicht nur um Notwehr. Vor allen Dingen geht es darum, wie es passiert ist. Eren hat die drei Menschenhändler durch eine geschickte Täuschung hinters Licht geführt. Er hat den unschuldigen kleinen Jungen gemimt, der sich in der Tür geirrt hat und als die Männer näher kamen, weil sie nicht mit einer Gefahr rechneten, hat er sein Messer hinter dem Rücken hervorgeholt.“ “Für einen Neunjährigen ganz schön heftig“, nickt Erd. “Ich sehe, was du meinst. Wenn jemand in dem Alter schon so überzeugend lügen kann, wie gut dann erst mit fünfzehn.“ “Damit sind wir uns wohl alle einig“, seufzt Günther. “Auch wenn es eine echt miese Situation ist, wir können Eren nicht vertrauen. Er hat uns hinters Licht geführt.“ Mit düsteren Blicken und hängenden Schultern stimmen die anderen zu. Nur Petra scheint nicht zufrieden mit dem stillen Einverständnis. Stattdessen blickt sie zu mir hinüber. “Captain Levi, wir diskutieren und diskutieren, aber Ihr habt bisher noch gar nichts zu der ganzen Angelegenheit gesagt. Wie lautet Eure Entscheidung? Wir würden sie gerne hören.“ “Wir machen weiter wie bisher. Der Bengel hat nicht gelogen.“ 18. September 850, 4. Nachtrag “Soll das heißen, ich darf jetzt wieder raus?“ Hoffnungsvoll blickt der Kleine mich an, während er sich die steifen Handgelenke reibt. Ich stecke den Schlüssel weg und trete die verdammten Ketten mit dem Fuß beiseite. Nutzlose Scheiß-Dinger, das. Gehören nicht an die Handgelenke von Menschen. Eren’s Verletzungen sind vollständig verheilt, aber als er zum ersten Mal wieder aufsteht, zieht er einen Flunsch und taumelt durch die Gegend wie ein beschickerter Gaul. Das wird noch dauern, bis er wieder fit ist. Wir beginnen ein vorsichtiges erstes Training, um seinen Gesundheitszustand auszutesten. Wohlgemerkt, nachdem der Bengel drei Schüsseln Eintopf verschlungen und zwei Krüge Wasser hinuntergestürzt hat. Hanji guckt uns beim Training zu und schreibt mit. “Jetzt den Arm heben, Eren. Und jetzt hoch das Bein. Und jetzt beide gleichzeitig.“ Langsam kommt er mir nicht mehr vor wie ein beschickerter Gaul, sondern eher wie ein Dressurpferd, dessen Marktwert gerade ausgetestet wird. Und nein, Ische, Finger abhacken ist immer noch nicht drin. 19. September 850 Ich hätt’ ihm gern noch einen Tag zum Ausruhen gegeben, aber uns bleibt keine Zeit mehr. Der September ist fast rum und für Anfang Oktober hat Erwin die Mission angesetzt. Wir müssen weitermachen. Wir müssen diesem verdammten Geheimnis auf die Spur kommen. Wir müssen… hallo Brunnen, lang nicht mehr geseh’n! “Es geht nicht, Captain, es geht einfach nicht! Ich kann mich nicht verwandeln, ich kann nicht! Und ich versteh’s nicht!“ Da gibt’s nix zu verstehen. “Eren. Du, ich, Ring, jetzt!“ Keine Proteste diesmal. Keine Tränen, auch keine halbherzigen Versuche sich zurückzuhalten, aber dafür weniger Raserei und mehr Taktik. Eren kämpft mit einer seltsamen Mischung aus Kontrolle und kalter Wut. Jetzt kennt der Bengel die Regeln und hält sich dran. Und wird doch den verdammten Frust los. Als wir erschöpft und mit blauen Flecken ineinander verkeilt im Sand liegen und unsere Gliedmaßen sortieren, spüre ich, dass er wieder leichter atmen kann. Diesmal muss ich ihn gar nicht erst zum Abschlagen auffordern. Manchmal sind Worte gar nicht notwendig. 20. September 850 “Hier, jetzt trink’ erst mal ’n Schluck.“ Erd gießt Eren eine Tasse Schwarztee ein. “Honig? Dann schmeckt’s auch nicht so bitter.“ “Das wird schon noch“, fügt Günther hinzu. “Wir finden raus, woran es liegt.“ Nach einem weiteren erfolglosen Titanentrainingstag hocken alle reichlich demotiviert auf den Holzbänken auf der Wiese rum. Zeit für die zweite Ration ist es zwar noch nicht, aber wir haben noch Tee und einige Äpfel. Ein paar Vorteile bringt der Herbst noch mit sich, bevor der Scheiß-Winter kommt und die Rationen runtergesetzt werden müssen. Eren hält den Kopf gesenkt, starrt auf seine blutigen Hände. Zwar sind sie notdürftig verbunden, aber heilen wollen sie auch nicht. Wir sollten sie zu Hause noch mal anständig versorgen, Jod und so. Und wenn sich die Wunden nicht schließen, dann wird Hanji wohl zur Nadel greifen müssen. “Wenn du dich nicht verwandeln kannst, dann war’s das wohl mit der Reparatur von Maria.“ Niedergeschlagen blickt der Kleine zu mir auf, kurz davor, wieder in sein lächerliches Selbstmitleid zu versinken. Nix da. “Du wirst dich verwandeln. Das ist ein Befehl!“ “Ja, Captain.“ Da ist mir immer noch zu wenig Entschlossenheit und zuviel Gejammer in seiner Stimme. Aber das klären wir heute Abend. Im Ring. Plötzlich kippt die Bank um. Blitze zucken durch die Luft. Kochendheißer Dampf steigt auf und vernebelt jede Sicht. Alle springen auf und ich bin umgeben von panischen Gesichtern und schrillen Stimmen. Und einem Eren mit Titanenarm. Das unförmige Ding hängt an ihm dran wie ein Holzklotz und reißt ihn beinah zu Boden. “Captain Levi!“ Das klingt ganz und gar nicht nach Angriff, nein, viel eher nach einem Hilferuf. Ich springe über die zertrümmerte Bank und lande neben dem Kleinen. “Ruhe bewahren!“ Trotz des Chaos ist meine Stimme laut genug, dass alle sie hören müssten. Hanji’s medizinisches Team weicht zurück, unschlüssig, da sie selbst nicht hier ist, um ihnen Anweisungen zu geben. So folgen sie sicherheitshalber dem Protokoll und begeben sich aus der Gefahrenzone. Meine Leute dagegen sind kampfbereit. Sie umringen Eren mit gezückten Klingen. “Ich sagte, ihr sollt euch beruhigen.“ Ja, das letzte Mal war er ein Fünfzehn-Meter-Titan, aber jetzt ist es nur ein Grünschnabel mit einem titanischen Arm. Er kann nichts damit ausrichten, er kann das Riesentrum ja nicht mal hochheben. Warum verdammt noch mal macht ihr euch alle in die Hosen? Und so was schimpft sich dann Elite-Team. Aus allen Richtungen plärren sie ihn nieder. “Was hat das zu bedeuten?“, brüllt Erd. Seine Stimme ist voller Misstrauen, sein Blick voll Argwohn. Eren hat keinen Plan, was überhaupt los ist und blickt ihn nur fassungslos aus seinen Glubschaugen an. “Ich verstehe nicht...“ “Warum jetzt, Eren? Ohne jede Erlaubnis?“ “Erd halt mal die Luft an.“ Wenigstens hört mein Stellvertreter mal auf mich. So zur Abwechslung. Erd schweigt, doch Günther brabbelt sofort weiter: “Beweise, dass du nicht unser Feind bist. Beweise, dass du nicht der Feind der Menschheit bist.“ Klar, Eren trägt auch immer ein Schild mit sich herum: ’Ich bin nicht der Feind der Menschheit.’ “Wag’ es diesen Arm auch nur zu heben und ich hack’ dir den Kopf ab!“ Verdammt, Orlo, selbst jemandem mit deinem Erbsenhirn müsste auffallen, dass er den Arm überhaupt nicht heben kann. Schwerkraft ist dir ’n Begriff, oder? Angel Aaltonen und der Apfel? Schon mal davon gehört? “Günther, Orlo, Schluss jetzt!“ Heilige Sina, lass’ Hirn vom Himmel regnen! “Captain, kommt von da weg, das ist gefährlich!“ Gefährlich? Ernsthaft, Petra, was glaubst du, wo wir hier sind? Militärpolizei oder was? Brauch’ ich jetzt neuerdings ’ne Kinderfrau, die mir das Fläschchen gibt und mir die Windeln wechselt? “Captain…“ Was zum Teufel ist mit euch los, Team Levi? Vertraut ihr meiner Intuition nicht mehr? Ich hab’ euch gesagt, Eren hat nicht gelogen. Er hat keine Ahnung, was hier los ist, er am allerwenigsten. Hättet ihr keine Angst, wenn euch plötzlich so’n hässliches Riesending wächst? Und jetzt tretet verdammt noch mal zurück und steckt eure verfluchten Scheiß-Klingen weg! Er hat keinem von euch was getan und ihr werdet ihm auch nichts tun. Da müsst ihr erst mal an mir vorbei. Und das schafft keiner! Äh... Moment, irgendwas unterbricht da grad meine epischen Gedankengänge. “Eren! Eren, ach du meine Güte, ist der riesig! Darf ich ihn mir aus der Nähe ansehen? Darf ich ihn anfassen? Bitte, bitte! Wie fühlt sich das an, so ein Riesending zu haben? Tut das weh, da wo er an deinem Körper dranhängt? Oh ja… bitte, lass’ mich ihn anfassen!“ Wenn mal wieder alles schief läuft, denkt immer daran: Es hätte schlimmer kommen können! Und dann kommt es schlimmer. 20. September 850, Nachtrag Da sitzen sie nun. Erd brütet vor sich hin, Hanji kritzelt in ihr Büchlein, Orlo grummelt, Günther schweigt verbissen. Petra versucht, höfliche Konversation zu erzwingen, aber obwohl ihr alle brav antworten, kommt doch nichts in Gange. Keiner hat Bock auf Reden. Keiner hat Bock auf irgendetwas. “Ich bin im Stall.“ Eren steht auf, wartet einen Augenblick, ob ihn jemand zurückpfeift und als es keiner tut, schlurft er nach draußen. Mit einem kurzen Nicken zu meinen Leuten folge ich ihm, habe aber kaum die Tür durchquert, als sich Hanji an mir vorbeidrängelt. “Levi, lass’ mich durch, ich muss was überprüfen und zwar jetzt.“ Tche. Bin ja auch so riesig, dass ich den ganzen Gang blockiere. Eren ist dort, wo er immer ist wenn’s ihm beschissen geht, in der Box bei Rebellion. Niedergeschlagen lehnt er an der Stallwand und verfüttert den Rest seines Apfels. Der Hengst stupst ihn erwartungsvoll mit der Schnauze an – wo ein Apfel ist, da gibt’s doch sicher noch mehr zu holen. “Wie fühlst du dich, Kleiner?“ “Ähm.. nicht so gut.“ “Ring?“ “Nein.“ Ohne Scheu blickt er mir in die Augen. “Wenn Ihr nichts dagegen habt, Captain, dann möchte ich jetzt nicht trainieren. Ich will einfach nur wissen, was mit mir los ist.“ Schön und gut, Kleiner. Und das erfährst du natürlich am allerbesten dadurch, dass du hier im Stall rumhängst und vor dich hinbrütest. “Captain Levi?“ “Was?“ “Wieso glaubt Ihr mir?“ Die großen Augen sind voller Verwirrung und Unverständnis, als sie mich fixieren. “Ich weiß, dass die anderen es nicht tun. Ich hab’ ihre Blicke gesehen, heute und auch schon in den letzten Tagen. Sie sagen nichts, aber sie vertrauen mir nicht mehr. Das ist vorbei.“ Nachdenklich streicht er über das suchende Pferdemaul an seiner Jacke. “Und ich kann’s ihnen nicht mal verdenken. Alle Fakten sprechen gegen mich.“ Er starrt auf seine inzwischen verheilte Hand, die immer noch auf dem Kopf des Pferdes liegt. “Jeder, der auch nur halbwegs logisch denken kann, muss doch glauben, dass ich ein verdammter Titan bin, der alle hinters Licht führt“, murmelt er düster. “Aber Ihr tut das nicht. Warum, Captain?“ Ich lasse mir Zeit mit der Antwort. Nicht absichtlich, ich brauche nur einen Moment, um meine Gründe in Worte zu fassen. “Intuition.“ Genauer gesagt, ein Wort. Ich brauch’ nicht so viel Essen, ich brauch’ nicht so viel Schlaf, warum sollte ich da so viele Worte brauchen? 20. September 850, 2. Nachtrag “Das ist es, das ist es!“ Ich bin ja einiges von Hanji gewohnt, aber das schlägt doch echt dem Fass die Krone in den Pudding. Warum sollte irgendjemand, der noch ein mageres Restchen seines Verstandes besitzt, kichernd und kreischend durch die Gegend turnen und dabei einen Teelöffel über dem Kopf schwenken, als wär’s die Erleuchtung oder doch zumindest das magische Schwert der heiligen Maria. “Heureka! Heureka! Muharharharhar!“ Hat die heilige Maria überhaupt ein magisches Schwert? Ich kann mir das eh nie merken. Ich weiß nur, Rose ist die, die sie alle vögeln wollen, wenn sie beschickert sind. “Dieser Teelöffel“… hier bitte noch mehr manisches Gelächter einfügen… “ist der wahre Grund, weshalb Eren’s Verwandlung ausgelöst wurde.“ Ein Teelöffel? Ein Teelöffel. Ich hab’s schon lange prophezeit. Irgendwann musste der irren Ische ja die letzte Achse durchbrechen. “Levi, du Flachpfeife, hast du’s nicht begriffen?“ Synchron saugen Erd, Günther, Orlo und Petra die Luft ein und bedenken Hanji mit entsetzten Blicken. “Diesen Teelöffel hab’ ich in Eren’s Titanenfaust gefunden. Er hat sich verwandelt, um ihn aufzuheben.“ Wobei es wohl weniger der Teelöffel ist, der mein Team so baff macht, sondern eher die Flachpfeife. Aber die trag’ ich der meschuggen Muschi nicht weiter nach, dafür bin ich jetzt zu neugierig. “Was hat dieser Scheiß-Löffel mit Eren’s Verwandlung zu tun?“ “Jetzt ergibt alles Sinn.“ Hanji nickt zufrieden, mit dem Ausdruck einer Katze, die soeben eine besonders dicke Maus verspeist hat. “Die Selbstverletzung allein reicht nicht aus. Eren kann sich nur dann in einen Titanen verwandeln, wenn er ein klares Ziel vor Augen hat und seine Verwandlung passt sich genau diesem Ziel an. Will er einen Felsen zur Mauer tragen, verwandelt er sich ganz. Will er aber seine Freunde vor Gewehrkugeln beschützen, dann reicht auch ein titanischer Brustkorb. Und um einen Teelöffel aufzuheben, braucht er nur einen Titanenarm. So einfach ist das.“ Verdammt, jetzt wo du’s sagst... Warum bin ich da nicht drauf gekommen? Erkenntnis blitzt in den Augen meiner Leute auf… Erkenntnis gefolgt von Schuldgefühl. Jetzt endlich wird ihnen bewusst, dass sie Eren total falsch eingeschätzt haben. Der Bengel hat die Wahrheit gesagt. Die ganze Zeit. Petra öffnet als erste den Mund, um sich zu entschuldigen, aber sie verstummt, als ihr Blick auf die Mienen der anderen drei trifft. Mit einer Entschuldigung allein ist es hier nicht getan, das verlangt nach mehr. Das zerstörte Vertrauen muss wieder gekittet und neu aufgebaut werden. Und so werden ein grummliger Levi, eine übergeschnappte Hanji und ein vor Verlegenheit hochroter Eren Zeuge, wie Team Levi sich geschlossen in die Hand beißt. “Autsch!“ “Verdammt, das tut echt weh.“ “Und Eren muss das jedes Mal tun?“ “Ich würd’ das nicht schaffen.“ “Jetzt könnt’ ich ’ne Runde im Ring vertragen.“ Eren’s Augen strahlen. “Habt Ihr Zeit für mich, Captain?“ 20. September 850, 3. Nachtrag “Du musst meinen Arm weiter oben anpacken, Eren, sonst komm’ ich raus.“ Der Bengel hat’s wohl begriffen, schlägt aber dennoch frustriert in den Sand, als ich aus seinem Haltegriff schlüpfe. “Ihr kommt doch sowieso raus, Captain.“ “Nicht, wenn du’s richtig machst.“ Ich nehme seine Hand und lege sie auf meinen Oberarm. “Siehst du, genau hier sitzt der Muskel. Wenn ich den anspanne, verlierst du deinen Griff und ich bin weg. Das war alles, was du falsch gemacht hast. Gleich noch mal!“ Diesmal erwischt er die richtige Stelle. “Und wenn schon, Ihr werdet ja kaum stillhalten, wenn ich versuche, Euch zu greifen. Mein Glück, dass die meisten anderen mit denen ich trainiere, nicht solche Reflexe haben.“ Wenn du dich da mal nicht täuschst. Orlo hat sie auch, er kann nur noch nicht richtig damit umgehen. Aber das wird schon noch. Und bei dir auch. Vermutlich kann ich die Trainings an den Fingern einer Hand abzählen, bis du mich das erste Mal flachlegst… Wow! Mist! Ich liege, aber natürlich bleib’ ich da nicht liegen. Wär’ ja noch schöner. Zwar versucht er, mich mit seinem Gewicht am Boden festzunageln, aber ich bin größere und schwerere Gegner gewohnt und finde ihre Schwachstellen. Zugegeben, diesmal muss ich ’ne Weile suchen. “Nicht übel, Eren. Gar nicht übel.“ “Captain…“ Was zum Teufel...? Nee, Kleiner…vergiss’ das mal ganz schnell! Vergiss es. Fünfzehn ist mir einfach zu jung. Und ich bin dein vorgesetzter Offizier. Und Erwin würde mir den Kopf abreißen. Und das war meine Nase, du Vollpfosten. Zwar weißt du, was du willst, hast aber keine Ahnung, was du tust. Schon mal davon gehört, dass man seinen Kopf dreht, wenn man jemanden küssen will? Mmpf… hmmpf… und welchen Teil von Vergiss’ es hast du jetzt nicht verstanden? 20. September 850, 4. Nachtrag Endlich in meinem Zimmer, endlich Tür zu und endlich Ruhe vor bekloppten Bengeln und ihren seltsamen pubertären Anwandlungen. Meine Nase bedankt sich. Gut, es war vielleicht doch nicht so viel mit Vergiss es. Nachdem Eren irgendwann mal damit fertig war, mich mit knallrotem Gesicht und fassungsloser Miene anzustarren und ich mich schon abwenden und zur Wasserpumpe gehen wollte, kam da plötzlich ein genuscheltes: “Noch mal?“ “Vergiss es.“ Diesmal meinte ich es ernst. “Wenn ich dich jetzt noch mal küsse, führt eins zum anderen und für so was ist hier nicht der passende Ort.“ “Dann bringt mich zu einem passenden Ort.“ “Meinetwegen. Wenn du das hier fortsetzen willst, komm’ später in mein Zimmer.“ Eren ist auch tatsächlich hier aufgetaucht, hat dann aber doch kalte Füße bekommen und das ist wohl auch besser so. Er stand ein paar Sekunden unschlüssig in der Tür, starrte zu Boden und scharrte nervös mit den Füßen, bevor er sich panisch umdrehte und den Gang hinunter stürzte, wie ein Militärpolizist mit einem Titanen auf den Fersen. Weg ist er. Und ich kann mich endlich den Trainingsplänen für morgen widmen. Stalldienst und Küchendienst wollen eingeteilt werden. Und Putzen sollten wir auch mal wieder, das ganze verdammte Schloss sieht aus wie eine Müll… Ein Klopfen an meiner Zimmertür. Wer zum Teufel, will noch was von mir um diese Uhrzeit? Nur gut, dass sich Eren rechtzeitig verkrümelt hat. Erwin hätte mir den Kopf abgerissen. 21. September 850 Erwin wird mir den Kopf abreißen… ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)