Sealed Souls III von astala7 (Scherben bringen Glück) ================================================================================ Kapitel 2: Quarz ---------------- 3. Sitzung (Juni) „Guten Morgen, Kazekage-sama“, begrüßte ich den Rotschopf und setzte mich. Der Kazekage nickte mir nur einmal kurz zu und machte keine Anstalten es mir gleich zu tun. „Um ehrlich zu sein, es hat mich ein wenig überrascht, noch einmal von Ihnen zu hören“, gab ich zu, bemüht mir meine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Die Abfuhr gestern war mehr als deutlich gewesen. Jetzt sollte ich auf einmal wieder antanzen. Der Kerl hatte echt Nerven! „Es ist etwas... passiert“, flüsterte Gaara, so leise das ich ihn kaum hören konnte. „Gestern Nacht... Es ist etwas passiert.“ Nun hatte er meine volle Aufmerksamkeit. So wie er das sagte, hörte es sich nach einer Menge Ärger an. „Was ist passiert?“, fragte ich etwas sanfter. Etwas hilflos zuckte Gaara mit den Schultern – eine Geste die ihn merkwürdig menschlich wirken ließ. „Das ist es ja gerade. Ich weiß es nicht. Ich... habe geschlafen.“ „Nun das... Das ist doch gut“, meinte ich aufmunternd. „Sie verstehen das nicht. Es ist gefährlich.“ „Das ist mir durchaus bewusst“, erwiderte ich. „Aber Sie haben geschlafen und Suna steht noch. Das ist doch etwas Gutes. Wie fühlen Sie sich?“ „Das ist nicht wichtig!“, meinte Gaara fahrig und strich sich selbst durchs Haar. „Ich... Ich habe...“ Langsam stand ich auf und nahm den Jungen sanft bei der Hand. Mit einem Lächeln führte ich ihn hinüber zu einem der gemütlichen Couchsessel in den er sich unzerimoniell fallen ließ. „Was ist passiert?“, fragte ich erneut in meinem einfühlsamsten Tonfall. „Ich... Ich war so müde...“, murmelte er abwesend. „Ich hatte mich am Tag zuvor mit meinen Geschwistern gestritten. Es gefiel ihnen nicht, dass ich die Therapie abbrechen wollte... auf dem Weg nach Haus kam ich an diesem Stand vorbei, der Glasfiguren verkaufte. Ich weiß nicht genau was der Auslöser war... Aber als ich wieder zu mir kam lag ich in meinem Schlafzimmer auf dem Boden und überall um mich herum lagen Glasscherben. Da war... Blut an ihnen. Und...“ Er stockte. „Es ist okay, Gaara-san“, flüsterte ich, bewusst die vertrautere Beizeichnung benutzend. „Erzählen Sie es mir...“ Die... die Glasscherben“, sagte er heiser, „waren überall kreisförmig um mich herum angeordnet. Wie eine einzige große Spirale. Das Glas... Es, es war farbig wie das der Figuren auf dem Stand. Und in der Hand hielt ich eines dieser Teile... das einzige das unversehrt war...“ Er holte tief Luft. „Ich bin gleich zu dem Strand um zu verstehen was los war. Er war komplett zerstört! Als wäre eine Horde Rhinozerosse darüber getrampelt oder als hätte … hätte ein... Monster darin gewütet. Es hat niemand etwas gesehen aber ich weiß ganz sicher, dass ich es war!“ Wieder stockte er und diesmal ließ ich die Stille für einen Moment wirken. „Wurde denn jemand verletzt?“, fragte ich schließlich leise. „Ja... nein... Ich weiß es nicht! Da war Blut, ja, aber die Familie dem der Stand gehört schläft nachts ganz woanders, es war niemand dort...“ Ich konnte sehen, dass ihn das aufwühlte. Auf der einen Seite entsetzte es ihn, dass Shukaku durch seine Unachtsamkeit Kontrolle über seinen Körper hatte erlangen können, Auf der anderen war nichts allzu Schlimmes passiert, was entgegen all seiner bisherigen Erfahrungen ging. An seiner Stelle würde ich mich vermutlich auch fragen, wo der Haken war. „Dürfte ich die Figur sehen, die Sie an dem Morgen in der Hand hielten?“, fragte ich schließlich. Gaaras Zögern dauerte eine halbe Ewigkeit. Schließlich aber zog er einen kleinen runden Kerzenhalter hervor, der die Form eines Tanuki hatte. Nachdenklich drehte ich den Gegenstand in Händen und kam dabei nicht umhin zu bemerken, dass Gaaras Augen jeder meiner Bewegungen folgten. „Was bedeutet diese Figur für Sie?“, fragte ich und stellte sie auf den Tisch zwischen uns. Fast augenblicklich griff er danach und ließ sie wieder in seiner Tasche verschwinden. Es schien ein wenig Anspannung von ihm dabei abzufallen. „Nichts“, sagte er dennoch. „Ich habe sie gestern zum ersten Mal auf dem Stand gesehen.“ Ich betrachtete ihn mit einem stechenden Blick, konnte aber keine Lüge in seinen Augen erkennen. „Nun dieses... Bildnis hat ja eine ganz offensichtliche Beziehung zu Ihnen“, meinte ich. „Beziehungsweise zu Shukaku.“ Er blinzelte. „Was meinen Sie damit?“ „Shukaku hat für gewöhnlich die Gestalt eines Tanuki. Das ist genau das Tier, das diese Figur darstellt.“ Gaara holte zögernd noch einmal die Figur hervor und betrachtete sie für einen langen Moment. „Kazekage-sama?“, fragte ich, als das Schweigen drückend wurde. „Ich wusste nicht.... dass das ein Tanuki ist“, murmelte der Rothaarige. „Ich finde, es ist recht gut erkennbar“, meinte ich vergnügt. „Der Hersteller ist wirklich begabt.“ Doch Gaara schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine...“ Er stockte. Ungläubig lehnte ich mich ein Stück vor. „Gaara-san, meinen Sie...“, fragte ich, bewusst eine persönlichere Anrede benutzend, „Sie haben noch nie einen Tanuki gesehen?“ Wieder ein Kopfschütteln. „Aber sicher gibt es doch Bilder... Oder Beschreibungen von Shukaku in Suna.“ „Falls es sie jemals gab, hat mein Vater alle entfernen lassen“, flüsterte Gaara. „Es war schon schlimm genug, dass das Dorf mich ertragen musste... Sie wollten nicht auch noch ständig an das Monster erinnert werden. Natürlich weiß ich, dass Shukaku die Gestalt eines Marderhundes hat... Aber das Nächste was ich von dieser Art wohl gesehen habe sind ein paar streunende Hunde...“ Nun war ich es, die ungläubig den Kopf schüttelte. „Da ist es ja kein Wunder, dass Shukaku darauf reagiert hat. Er ist nun schon seit Ewigkeiten in einem menschlichen Körper eingesperrt. Es ist nur logisch, dass er Sehnsucht nach seinen Artverwandten hat.“ Ich lächelte ihm aufmunternd zu. „Das ist gut, Gaara-san. Es ist ein Punkt, an dem wir ansetzen können. Hat Shukaku irgendetwas darüber zu Ihnen gesagt?“ „Nein... Das ist es ja gerade. Er hat seit heute Morgen kaum etwas gesagt.“ „Wenn es Ihnen recht ist, würde ich ihn gerne direkt danach fragen.“ Der Kazekage senkte den Kopf. „Ich habe geahnt, dass Sie das tun wollen würden. Sie unterschätzen ihn. Sie haben keine Ahnung, zu was er fähig ist. Ich höre ständig seine Stimme. Wie er mich dazu antreibt Menschen zu töten, zu zerquetschen, zerreißen... Den Sand mit ihrem Blut zu tränken. Sie verstehen gar nichts.“ „Das mag sein. Sollte Shukaku mich tatsächlich angreifen würde ich keine Minute überleben. Sie sind der Einzige, der einschätzen kann ob er das tun wird oder nicht. Wenn Sie glauben er sei noch nicht bereit für ein weiteres Gespräch, dann werde ich Sie nicht drängen.“ Noch immer flackerte ein Funken Misstrauen in seinen Augen. Dennoch lehnte Gaara sich zurück und schloss die Augen. Sein Gesicht war dabei eine emotionslose Maske und doch ahnte ich, dass er mit seinem Dämon Kontakt aufnahm. Es dauerte diesmal sehr viel länger als letztes Mal aber schließlich schlug der Rothaarige die Augen auf und ich begegnete dem vertrauten Zucken und den ruckartigen Bewegungen eines blinden Shukaku. „Was willst du?“, knurrte der Ichibi missmutig und versuchte vergeblich, seine Hände von den Armlehnen des Sessels zu lösen. „Ich bin neugierig“, gab ich zu. „Als Gaara dieses Zimmer gestern verlassen hat, schien er felsenfest davon überzeugt, es könne nie eine Zusammenarbeit zwischen euch geben. Aber irgendwie haben Sie es geschafft, dass er diese Meinung überdacht hat.“ „Hat er nicht!“, schnappte der Sanddämon wütend. „Der scheiß Gartenzwerg hat doch viel zu viel Schiss vor mir!“ „Manchmal fürchten Menschen, was sie nicht kennen“, entgegnete ich ruhig. „Tatsächlich kann die Angst vor dem Unbekannten größer sein als alle weltlichen Schrecken. Gaara versteht Sie nicht. Wie könnte er auch, wenn Sie so verschieden sind? Er versucht krampfhaft, Sie als nichts als ein blutrünstiges Monster zu sehen, aber wenn Sie dann etwas tun was nicht in dieses Bild passt, ist er verwirrt und fürchtet sich noch mehr.“ Shukaku warf einen misstrauischen Blick in meine ungefähre Richtung. „Das macht keinen Sinn. Noch viel schrecklicher kann ich doch gar nicht werden.“ „Es wird Ihren Mitbewohner zweifellos freuen, das zu hören.“ Ich deutete auf die Glasfigur auf dem Tisch und bewegte sie ein wenig, damit er das Schaben von Glas auf Holz hörte und wusste was ich meinte. „Was hat das zu bedeuten?“ Shukaku rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. „Das geht Sie gar nichts an!“, giftete er. Da war ich etwas vor den Kopf gestoßen. Eine so heftige Reaktion hatte ich nicht erwartet. „Ich bin Ihre Therapeutin, streng genommen geht mich alles was Sie betrifft etwas an“, erwiderte ich. „Ganz besonders wenn es sich um Anomalien in Ihrem Verhalten handelt.“ Ich lehnte mich ein wenig vor. „Warum haben Sie die Figur gestohlen?“ Ich konnte es nicht fassen. Wurde Shukaku etwa rot? „Mir gefiel sie halt, okay?!“ Wieder riss er an den Armlehnen aber Gaara hielt ihn störrisch an seinem Platz. „Warum kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Kram?!“ „Wie es der Zufall will, tue ich das gerade. Ich kümmere mich um meinen Job“, erwiderte ich trocken. „Shukaku, stört es Sie, dass in ganz Suna nicht ein einziges Bild von Ihnen zu sehen ist?“ Wieder rutschte er unruhig hin und her. „Das interessiert mich doch nicht!“, meinte er trotzdem störrisch. Aber mit Sturköpfen hatte ich meine Erfahrung. Im Zweifelsfall half es immer so zu tun, als wäre man allwissend. Die Leute widersprachen einem viel lieber als das sie einem etwas von sich aus erzählten. „Ich denke, das tut es sehr wohl“, flüsterte ich. „Früher waren Sie ein mächtiger Wüstendämon. Die Menschen haben vor Angst vor Ihnen gezittert. Das hat Ihnen gefallen. Ihnen gefällt nicht wie... zahm sich Gaara auf einmal benimmt. Sie hassen die Menschen und wollen ihnen etwas heimzahlen. Aber es geht nicht einfach nur darum, dass sie Sie weggesperrt haben. Das hat Ihren Stolz verletzt, sicher. Wie können solch niedere Kreaturen es wagen, Hand an Sie zu legen?“ Nun war Shukaku bewegungslos und ich wusste, dass ich auf dem richtigen Pfad war. „Aber das ist nicht alles. Nein, daran haben Sie sich inzwischen gewöhnt. Was Sie wirklich stört ist, dass alle nur Gaara fürchten. Nicht Sie. Die meisten Ninja denen er begegnet ist, bevor der Krieg begann, wussten ja noch nicht einmal über Sie Bescheid. Niemand hat Sie mehr beachtet. Gaara war Ihre einzige Bezugsperson, aber er war nie für Sie da... Wie könnte er auch, er war ja noch ein Kind...“ „Ich brauche kein Bezugs...ding! Und der Zwerg auch nicht! Er hat ja mich! Zehn Jahre lang hab ich ihn glauben gemacht ich wäre der Geist seiner Mutter, wusstest du das? Hah, wie hat er sich gekrümmt allen meinen Wünschen gerecht zu werden! Es war erbärmlich. Zusammen haben wir gewütet und getötet und zerrissen... Alle hatten sie Angst vor uns. Es war egal, dass sie nichts von mir wussten. Gaara war Monster genug für uns beide.“ Ich zuckte mit keiner Wimper, obgleich ich innerlich doch erschrocken war. Es wurde Zeit das ich mich erkundigte, wie Gaara in seiner Kindheit tatsächlich gewesen war. „Aber dann hat Gaara sie fallen gelassen“, flüsterte ich. „Hat sich von Ihnen abgewandt. Auf einmal haben Sie überhaupt keine Aufmerksamkeit mehr bekommen... Weder negative... noch positive. Sagen Sie mir, Shukaku... war das schon immer so?“ „Das geht dich überhaupt nichts an!“ „Ich definiere das mal als ja... Wie war das, Shukaku? Sie haben mir gesagt, dass die Menschen Sie verehrt haben. Haben sie Ihnen riesige Statuen gebaut und Opfergaben gebracht? Waren ihnen Tiere die Ihnen glichen heilig?“ Ich nahm die Figur und legte sie ihm vorsichtig in die Hand. Zum ersten Mal gelang es Shukaku seinen Arm wenigstens so weit von der Lehne zu heben um sie entgegen zu nehmen und die Finger fest darum zu schließen. „Das vermissen Sie, nicht wahr? Sie vermissen die Aufmerksamkeit. Als Gaara noch als... Monster gesehen wurde, da galt die Aufmerksamkeit aller ihnen gleichermaßen. Jetzt ist er der Kazekage aber die Leute die ihn dafür respektieren... Die respektieren ihn nicht wegen, sondern trotz Ihnen. Das wissen Sie genau und es ist kein schönes Gefühl.“ Die Hand um das Glas zog sich zusammen und ein leises Knirschen war zu hören als sich ein langer Riss über sie zog. Sofort ließen die Finger locker. „Früher hat wenigstens Gaara Sie respektiert. Doch Sie haben ihn verloren. Ich kann Ihnen helfen, ihn wieder zu gewinnen.“ „Wie?“, presste Shukaku hervor. „Ein klein wenig Entgegenkommen, das ist alles“, flüsterte ich. „Sie könnten damit beginnen, etwas netter zu ihm zu sein. Gaara hat sehr hart für das gearbeitet, was er sich hier aufgebaut hat. Versuchen Sie nicht, ihm das kaputt zu machen. Ich verstehe, dass Sie sehr viel angestaute Wut in sich tragen. Doch versuchen Sie nur für ein paar Tage einmal nicht über das Töten von Menschen zu reden. Das wäre ein guter Anfang. Ich möchte, dass Sie eine Woche lang Wörter wie Töten, Blut, Qual oder ähnliche negative Dinge nicht sagen. Das gilt auch für Synonyme. Nur eine Woche lang, versuchen Sie ihm nicht Ihren Willen aufzudrängen. Und im Gegenzug...“ Sanft nahm ich ihm die Figur wieder aus der Hand. „Im Gegenzug dürfen sie diesen hübschen Kerzenhalter behalten. Gaara wird ihn sogar wieder für Sie reparieren. Was halten Sie davon?“ Shukaku kämpfte sichtlich mit sich. Schließlich aber rang er sich zu einem abgehackten Nicken durch. „Ich versuch's.“ Er zog eine Grimasse und ich erkannte, dass Gaara von der anderen Seite her an die Oberfläche drängte. Shukaku schien dagegen zu kämpfen doch ich gab ihnen einen vielsagenden Blick. Auch wenn der Dämon ihn nicht sah, er schien ihn zu spüren und - rollte tatsächlich genervt mit den Augen. Einen Moment später waren seine Augen wieder grün. Ich schenkte dem Rotschopf ein aufrichtiges Lächeln. „Ich denke, wir kommen dem Problem langsam auf den Grund.“ „Ja“, meinte dieser mürrisch. „Es gibt da nur einen Haken.“ „Der wäre?“ „Ich habe keine Ahnung, wie ich diese blöde Figur reparieren kann...“, murmelte er und sah auf den Glastanuki hinunter, den Shukaku so fest gegriffen hatte, dass sich ein tiefer Riss gebildet hatte. Eine falsche Bewegung und er würde in zwei Teile zerfallen. „Oh“, machte ich und kam mir wirklich dumm vor. „Naja, Sand ist doch der Hauptbestandteil von Glas, oder etwa nicht?“ „Das heißt noch lange nicht, dass ich mich damit auskenne.“ „Ihr beide habt immerhin den Stand der Leute zerstört, die sie gemacht haben. Ich halte es für eine gute Idee, wenn ihr hingeht und anbietet, ihnen beim Wiederaufbau zu helfen. Dabei können Sie lernen mit Glas umzugehen und sich gleichzeitig entschuldigen.“ Gaara sah mich ungläubig an. „Ich soll was?!“ „Natürlich weiß ich, dass Sie als Kazekagen ihnen den Schaden einfach bezahlen könnten. Vielleicht sogar anonym, damit niemand herausfindet, dass Sie für dafür verantwortlich sind. Aber ich vertrete die Meinung, dass eine persönliche Entschuldigung und Wiedergutmachung auch Shukaku vielleicht aufführen wird, dass was er getan hat falsch war. Abgesehen davon ist das Ihre beste Möglichkeit Ihren Teil der Abmachung zu erfüllen.“ Gaara verzichtete darauf mich darauf hinzuweisen, dass nicht er den Stand kaputt gemacht hatte. Immerhin war es zum Teil auch seine Schuld, da er Shukaku nicht zurückgehalten hatte. Trotzdem sah ich ihm seinen Widerwillen deutlich an. „Nun kommen Sie schon. Diese Arbeit kostet Ihnen vermutlich genauso viel Überwindung wie Shukaku seinen Mund zu halten. Sie können die Sache ja abblasen, wenn er nicht durchhält. Ich finde, das ist ein faires Angebot.“ „Ich sehe immer noch nicht, was ich davon habe“, meinte er störrisch. „Es bringt mir nichts, wenn Shukaku nur still ist. Das bedeutet noch lange nicht, dass er nicht versuchen wird meinen Körper zu übernehmen.“ „Für den Anfang mag das stimmen. Aber je öfter Sie einander Gefallen tun desto besser werden Sie sich verstehen. Und eines kann ich Ihnen als Psychologin versprechen... Man kann niemanden hassen, dessen innerstes Wesen man versteht. Die einzige Möglichkeit ihre Schlaflosigkeit loszuwerden ist, eine gute Beziehung zu Shukaku aufzubauen. Angefangen bei solch lapidaren Sachen wie ihm ein Geschenk zu machen.“ „Wer immer behauptet ich sei verrückt“, flüsterte Gaara, sodass ich ihn fast nicht hören konnte, „hat sie nicht mehr alle. Sie sind diejenige, die Hilfe brauchen. Ich soll Freundschaft schließen mit einem Dämon? Wie soll ich das tun ohne Suna in eine Hölle auf Erden zu verwandeln?“ „Indem Sie dem Dämon beibringen, menschlich zu sein“, antwortete ich sanft. „Diese Aufgabe. Gaara-san – diese Aufgabe ist die erste Lektion zu Ihrem Ziel. Eine Lektion, die, wie es mir scheint, Sie beide noch erlernen müssen.“ * Als ich an diesem Abend in das Hotel zurückkehrte, kam ich gerade rechtzeitig ins Zimmer um zu sehen, wie Itachi durch das Fenster einstieg. Obwohl ich ihn gebeten hatte einkaufen zu gehen während ich meine Sitzung hatte, schien er mir wieder einmal gefolgt zu sein. Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf und kommentierte es nicht weiter, als Itachi mich ertappt ansah. Stattdessen ging ich nur auf ihn zu und verwickelte ihn in einen zärtlichen Kuss. Sanft strich der Ninja mir die Haare aus dem Gesicht, während er ihn erwiderte. „Wie war dein Tag?“, flüsterte er dann, mit seinen tiefschwarzen Augen jedes Detail meines Gesichts in sich aufnehmen. „Jetzt tu nicht so als hättest du mich nicht beobachtet“, meinte ich spielerisch. „Warum fragst du überhaupt?“ „Aus Höflichkeit“, erwiderte er ernst. „Und weil man es eben so macht.“ „Höflichkeit kann ich verstehen“, antwortete ich lächelnd, schlang die Arme um ihn und verschränkte die Finger in seinem Nacken. „Aber du musst nichts tun, nur weil 'man das eben so macht'. Du warst knapp zehn Jahre lang ein S-Rang Krimineller, was kümmert dich die Meinung Normalsterblicher?“ „Das tut sie... Weil du eine Normalsterbliche bist.“ Ich verengte die Augen ein wenig, betrachtete ihn genau. So wie er diese Worte sagte schien er damit mehr sagen zu wollen als ich verstand. Ich bildete mir gern ein zu wissen, wie Itachis Verstand funktionierte aber in einigen Punkten war ich einfach blind für seine Andeutungen und Handlungen. Meistens ging es dabei um seine Gefühle für mich. Es sagte schon eine Menge aus, dass Sasuke eher erkannt hatte was sein Bruder für mich empfand als ich selber. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass er sich alle Mühe gegeben hatte es zu verstecken. Inzwischen hatte ich gelernt selbst winzige Schwankungen seiner Stimmung richtig zu deuten. Sein oft merkwürdig anmutendes Verhalten war zumeist eine Mischung aus Perfektionismus, Paranoia, Beschützerinstinkt und schierer Besessenheit. Wo jede andere Frau sich von seiner Kontrollsucht eingeengt und seinem Mangel an Eigeninitiative bezüglichen körperlichen Kontakts frustriert fühlen würde, sah ich seine durchscheinende Unsicherheit, die Angst mich zu verletzen oder von sich fortzutreiben. Ich sah einen Liebesbeweis wie er deutlicher nicht sein konnte. Es kam deshalb nicht mehr häufig vor, dass ich keine Ahnung hatte was in Itachis Kopf vor sich ging. Dies war so ein Moment und er gefiel mir nicht. Ich fragte mich unwillkürlich, ob alles in Ordnung war zwischen uns. „Der Kazekage hat sich entschieden, die Therapie doch weiter zu führen“, sagte ich schließlich und ließ von ihm ab. „Die Taschen können wir wieder auspacken. Wir werden uns wohl auf einen längeren Aufenthalt einstellen müssen.“ Itachis Blick verdüsterte sich und er sah zur Seite. „Das gefällt dir nicht, nicht wahr?“ Der Ninja sah wieder auf. „Ich bin nur... nicht gerne so lange in einem fremden Ninjadorf, das ist alles. Wir werden schon das Beste daraus machen.“ Nachdenklich sah er aus dem Fenster und diesmal war ich mir sicher, dass seine Worte eine zweite Bedeutung hatten. „Ja. Vielleicht ist es sogar besser so.“ Sanft nahm ich seine Hand und war erleichtert, als er nicht zurück zuckte. „Gaara wird mir nichts tun, falls du darüber besorgt bist.“ „Ich weiß“, meinte er nun merklich kühler. „Er ist der Kazekage. Wenn er dich anrührt, hieße das Krieg.“ Das fand ich nun etwas übertrieben. Andererseits war Itachi praktisch eine Ein-Mann-Armee, also... „Was ist es dann, das dir solches Kopfzerbrechen bereitet?“ Itachi öffnete den Mund als wolle er sagen 'nichts', besann sich aber eines Besseren. Vermutlich ahnte er, dass ich es ihm ohnehin nicht abgenommen hätte. Stattdessen lächelte er nur, drückte seinerseits meine Hand und sagte: „Darum brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Du hast mit deinem Patienten schon viel zu viel zu tun. Ich verspreche, wenn es etwas Wichtiges gibt, erfährst du es zuerst.“ Ich betrachtete ihn immer noch ein wenig misstrauisch. „Du hast diesen Blick drauf, Itachi... Als wärst du kurz davor etwas unheimlich Dummes zu tun.“ Das schien ihn tatsächlich zu treffen. Für einen Moment konnte er mir nicht einmal mehr in die Augen sehen und seine Hände zitterten. Er wirkte ernsthaft erschüttert. Ich beeilte mich ihn in den Arm zu nehmen und flüsterte beruhigend in sein Ohr: „Was auch immer es ist, Itachi... Es ist okay für mich. Du hast schon viele dumme, verrückte Sachen gemacht die meist damit endeten, dass du dich selbst aufgeopfert hast... Was immer du tust, versprich mir, dass du mich daran teilhaben lassen wirst, okay?“ Meine Worte zeigten Wirkung, als Itachi meine Umarmung leicht erwiderte. „Ich verspreche es“, wisperte er und ich wusste, dass er es ernst meinte. Jetzt hieß es nur noch abwarten. * „Also... Sand.“ Mena biss sich auf die Lippen und sah überall hin nur nicht in die Augen ihres Gegenübers. „Sand besteht hauptsächlich aus... aus Siliciumdioxid, ja... Genau wie Glas.“ Bei Kami, sie kam sich so dämlich vor! Sie war doch nur die unbedeutende Tochter eines unbedeutenden Händlers und hielt eine Unterrichtsstunde über Sand für den Herrscher einer Wüste, der sich mit dem Thema vermutlich tausend mal besser auskannte als sie. „Deswegen benutzen wir Sand als Rohstoff. Speziellen Quarzsand, um genau zu sein.. Wir... schmelzen ihn... und mischen es dann je nach Verwendung mit anderen Stoffen oder Farbe. Das... Das alles geschieht bei einer Hitze von mehr als 1500 Grad...“ Apropos Hitze spürte Mena fast sofort, wie ihr Gesicht ganz rot wurde. Der Kazekage saß mit vollkommen unbeweglicher Miene vor ihr und ließ durch nichts erkennen, ob er ihr überhaupt zugehört hatte. Als Mena an diesem Morgen ins Stadtzentrum gekommen war um den Stand aufzumachen, hatte sie fast einen Herzinfarkt bekommen. Die Arbeit von mehr als drei Monaten lag zersplittert zu ihren Füßen. Sie hatte nicht eine einzige heile Figur gefunden. Von den bunten Fensterscheiben in den Kartons über kunstvolle Vasen bis hin zu winzigen Tierfiguren war alles kaputt. Dieser Verlust war grässlich. Wenn sie nichts verkaufen konnten musste ihre Familie aus der Herberge ausziehen und in ihrem Wagen übernachten. Nahrung und vor allem Wasser würden schnell knapp werden und es war ungewiss, ob sie überhaupt genug Geld zusammen bekommen würden um sich einen Platz in einer Karawane zu erkaufen um in die nächste Stadt zu gelangen. Es dauerte jedoch nur ein paar Stunden, bis sich ihr von ganz allein eine Lösung bot. Der Kazekage höchstpersönlich war vorbei gekommen und hatte sich für den angerichteten Schaden, anscheinend ein Resultat eines Ninjakampfes, entschuldigt und Entschädigung angeboten. Nicht nur wurde ihnen der Verlust bezahlt, es sollte auch sichergestellt werden, dass sie genügend Material hatten um die Produktion wieder zu beginnen. Mena war darüber so erleichtert gewesen, dass sie nicht einmal nachgefragt hatte wie es den möglich sei, dass ihr Stand der einzige in der ganzen Straße war, der bei diesem Kampf zerstört wurde. Und das auf eine Art und Weise, als hätte jemand besondere Sorge getragen keinen einzigen Gegenstand heil zu lassen. Was sie hingegen sehr stark bezweifelte war, dass es für den Kazekagen üblich war die Rohstoffherstellung zu diesem Zweck selbst zu übernehmen. Als sie ihrem Vater davon erzählt hatte, hatte dieser nur vergnügt gemeint sie solle einem geschenkten Gaul nicht ins Maul sehen. Menas Vater besaß einen großen Zigeunerwagen der auf Reisen als Schlafstätte und Gepäckwagen gleichermaßen benutzt werden konnte. Er wurde von zwei Mulis gezogen; Tullas und Han Masu. Die zweifellos schwerste Last war dabei der metallene Schmelzofen. Dorthin führte das Mädchen Gaara und verbrachte etwa zehn Minuten damit, seine Funktionsweise zu erklären. „Im ersten Durchlauf wird in diese Kammer der Sand eingefüllt. In die zweite kommt Holz oder Kohle zum verbrennen. Wir haben aber auch eine Batterie die Hitze durch Strom machen kann. Wenn wir in ein Ninjadorf kommen können wir manchmal einen Shinobi oder eine Kunoichi bitten, sie mit ihrem Chakra aufzuladen. Der geschmolzene Sand fließt durch dieses Rohr hier in die untere Kammer. Darüber lassen sich Gussformen einspannen für Vasen oder Flaschen... Für die Figuren wird das flüssige Glas ganz fein verteilt. Für die Glasbläserei brauchen wir dann diese Werkzeuge dort drüben.“ Mena wollte gerade die Werkzeuge aus dem hinteren Teil des Wagens holen um sie dem Kazekagen zu zeigen, als ein hohes Quitschen ertönte. „Menaaaaa!“, schrie eine helle Stimme und eine kleine Hand zog heftig an Menas Ärmel. Ihre kleine Schwester Kikyo, Spitzname Kiki, sah mit großen runden Augen zu ihr auf. Kiki war erst zwölf Jahre alt aber sie war so klein und zierlich, das viele sie für jünger hielten. Ihre schulterlangen Locken waren schwarz, im Gegensatz zu Menas, doch sie hatten die selben grün gesprenkelten Augen, dieselbe kleine Stubsnase und, wie ihnen ihr Vater immer versicherte, dasselbe künstlerische Talent von ihrer Mutter geerbt. „Mena-onee-san, Limmerick hat mich gebissen! Sieh nur!“ Anklagend reckte sie ihr ihre Hand entgegen, wo am Daumen deutlich ein kleiner roter Halbkreis zu sehen war. „Kiki, was hab ich dir gesagt, du musst vorsichtig mit ihm sein! Limmerick ist keine Schmusekatze sondern ein wildes Tier, du musst ihn vorsichtig behandeln.“ Sie warf dem Kazekagen einen entschuldigenden Blick zu. „Es tut mir Leid. Das ist meine Schwester Kikyo.“ An die Kleine gewandt meinte sie: „Oto-san muss im Zimmer oben noch einen Erste-Hilfe-Kasten haben. Da müssten auch Pflaster drin sein.“ „Sind sie nicht, ich hab doch schon nachgeguckt!“ „Dann musst du halt warten bis er vom Markt zurück ist“, meinte sie etwas ungeduldig. „So schlimm sieht es doch gar nicht aus.“ Kiki zog einen Schmollmund und machte nicht die geringsten Anstalten zu verschwinden. Jetzt hatte sie auch noch Gaara entdeckt. „Wer ist das?“, fragte sie neugierig. „Das ist ein Gast und du solltest jetzt besser ein gehen und... und deine Hände waschen oder sowas!“ „Uhuuu!“, machte Kiki und wippte auf ihren Fußballen auf und ab. „Hat Mena etwa einen Freeeeeund?“ Mena spürte wie ihr Gesicht heiß wurde und könnte schwören das es Gaaras Haaren Konkurrenz machte. Ihr 'Gast' beobachtete den Austausch nur neugierig. „Vor allem ist er jedenfalls ein Ninja also verschwinde gefälligst bevor ich ihn dir auf den Hals hetzte damit er dich in hundert kleine Einzelteile zerteilt!“ Sie tat als wolle sie nach Kiki greifen, die, kitzlig wie sie war, noch einmal aufkreischte und dann laut lachend im Haus verschwand. „Nervige kleine Schwester“, meinte Mena mit einem Schulterzucken und einem aufgesetzten Lächeln. „Wo waren wir? Ja, richtig, also der schwierigste Teil ist jedenfalls möglichst reinen Quarzsand zu kriegen. Das machen wir, indem wir-“ Doch schon wieder wurde sie unterbrochen, diesmal durch ein Scheppern im hinteren Teil des Wagens. Mena schalt sich selbst in Gedanken. Ihr hätte klar sein müssen, als Kiki aufgeregt aus dem Wagen kam, dass Limmerick auch da drin hockte. Oh, hoffentlich hatte er nicht die Heusäcke kaputt gemacht! „Einen Moment bitte“, entschuldigte sie sich und krabbelte hinter den Ofen um ins Innere des Wagens zu gelangen. Limmerick saß tatsächlich auf einem der Heusäcke, die an schlechten Tagen als Matratze herhielten. Mena wollte nach ihm greifen, aber das Tier fauchte sie an und duckte sich blitzschnell weg. Im Nu war er an ihr vorbei geschossen und Richtung Ausgang verschwunden. Eilig riss Mena die Plane beiseite – und was sie sah ließ sie unwillkürlich die Kinnlade herunter klappen. Limmerick sprang aus dem Wagen heraus und direkt auf den Kazekagen zu, dessen Augen sich bei dem Spontanangriff erschrocken weiteten. Doch plötzlich... veränderte er sich. Es begann damit das er die Knie beugte wie zum Sprung, die Arme leicht ausgebreitet und die Finger wie Krallen gekrümmt. Er reckte den Kopf als suche er nach etwas und seine Augen... Das war das Faszinierendste von allem, seine Augen schienen die Farbe zu ändern. Mena hätte schwören können, dass sie jadegrün waren aber plötzlich waren sie eher gelblich mit blauen Sprengseln darin. Limmerick, der mit ausgefahrenen Krallen auf Gaaras Gesicht zugesprungen war, wurde mitten in der Luft abgefangen. Der Kazekage krümmte sich leicht zusammen, das widerspenstige Tier fest in den Armen. Er ließ sich einfach auf den Boden fallen, saß an Ort und Stelle im Schneidersitz, Limmerick mit schraubstockartigen Griff an sich gepresst und starrte mit einer Mischung aus Begeisterung und... Hunger auf das kleine Wesen. Am seltsamsten war daran, dass Limmerick nicht einen Ton von sich gab. Für einen Moment dachte Mena, der Ninja hätte das Tier aus Versehen getötet, erkannte dann aber, dass es stocksteif und starr vor Angst nur da hockte und Gaaras Blick erwiderte. Der Sand um die beiden herum wirbelte in unnatürlichen Bahnen um sie herum. „Uhm, das tut mir Leid“, sagte Mena und trat vorsichtig näher. Kurioserweise kam sie sich vor, als würde sie einen heiligen Augenblick stören. „Limmerick ist nicht gerade zahm. Wir haben ihn vor zwei Wochen in einem Wäldchen an der Grenze zum Windland gefunden. Er hatte sich am Bein verletzt und Kiki wollte ihn unbedingt mitnehmen und gesundpflegen. Es... Es ist ein Tanuki.“ Gaara schien sie überhaupt nicht zu hören. Langsam, fast wie in Zeitlupe oder als wenn es ihn große Anstrengung kosten würde hob der Rothaarige eine gekrümmte Hand. Er schien fast zu überlegen ob er dem Tier hier und jetzt den Kopf abreißen sollte – Mena hielt den Atem an – und dann strich er Limmerick einmal von Kopf bis Schwanz über sein braunes, flauschiges Fell. Es war, als hätte man einen Schalter umgelegt. Gaara gab einen zufriedenen Laut von sich und mit einem Mal fiel sämtliche Anspannung von ihm ab. Der Sand um ihn herum fiel wie tot zu Boden als er Limmerick unter die Vorderpfoten fasste und auf Augenhöhe hochhob. Seltsamerweise schien auch der Tanuki auf einmal jede Furcht verloren zu haben. Er zappelte ein wenig in Gaaras Griff, versuchte sich aber nicht ernsthaft zu befreien. Als er einmal nahe genug kam gab er dem Kazekagen sogar einen freundschaftlichen Nasenkuss. Mena hatte noch nie gesehen, dass sich ein Wildtier so verhielt. Aber natürlich oder nicht, die beiden gaben ein unheimlich niedliches Bild ab. Sie konnte ein leises Kichern nicht verhindern. Ruckartig wandten Mensch und Tanuki ihr den Kopf zu, was ihr Kichern nur noch verstärkte. „Entschuldigung“, lachte sie und fragte sich, wie oft sie das heute schon gesagt hatte, „du siehst nur so süß aus mit dem Kleinen!“ Gaara starrte sie aus seinen gelben Augen an, als würde er erst jetzt bemerken, dass sie da war. Er legte den Kopf ein wenig schräg, ob in einer Frage oder ob sie besser zu betrachten wusste sie nicht. Da wurde ihr klar, was sie gerade gesagt hatte. Nicht nur hatte sie den Kazekagen geduzt, sie hatte ihn 'süß' genannt! „Oh, ähm, das – das war nicht so gemeint, ich meine...“, versuchte sie hilflos und wild gestikulierend ihren Fehler wieder gut zu machen, ohne zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte. „Du hast mich... süß genannt“, sagte Gaara und irgendwie schien selbst seine Stimme anders zu klingen. Höher, aber irgendwie auch rauer. Sie hatte noch nie eine solche Stimme gehört. „Das nehm ich zurück“, beeilte sie sich zu sagen, wissend wie ungern Jungs es hörten, wenn man sie 'süß' nannte. Jungs waren nicht süß, oder niedlich, oder hübsch. Sie waren sportlich oder attraktiv oder gutaussehend. Aber wie Gaara da saß mit Limmerick fest im Arm als wolle er ihn nie wieder loslassen, fiel ihr nur ein Wort ein ihn zu beschreiben: süß. „Du kannst es nicht zurücknehmen“, knurrte Gaara unwillig – beinah trotzig, wie ein kleines Kind – und drückte Limmerick beschützend noch näher an sich, was dem nun doch leisen Protest entlockte. „Das ist, was du gedacht hast. Das kann man nicht zurücknehmen.“ War er etwa beleidigt, dass sie ihre Worte zurückgenommen hatte? Himmel, was war das für eine seltsame Situation! „Du hast Recht“, sagte sie schließlich und setzte sich vorsichtig neben ihn auf den Boden. „Du bist süß. Ich finde dich sogar sehr niedlich!“ Sie schenkte ihm ein scheues Lächeln (ihr Gesicht war schon wieder knallrot), was er mit einem schiefen Grinsen erwiderte. „Willst... Willst du ihn behalten?“, fragte Mena und deutete auf den Tanuki, der sich ganz verliebt an den Kazekagen schmiegte. „Er scheint dich zu mögen.“ „Natürlich tut er das“, erwiderte der Rothaarige, als wäre überhaupt nichts Seltsames an der Situation. „Er muss bei mir bleiben. Sie würden ihn sonst töten.“ „Töten?“, wiederholte Mena ahnungslos. „Wer sollte ihn denn töten wollen?“ „Sie“, wiederholte Gaara nur stur. „Suna hat sie verboten. Bilder, Statuen, selbst das geschriebene Wort... Sie wurden alle verbannt. Einen lebenden würden sie sofort töten.“ „Was, in Suna... sind keine Tanuki erlaubt? Was für eine seltsame Regel“, meinte Mena. „Aber du bist doch Kazekage. Du kannst das doch ändern, wenn dir soviel daran liegt.“ Gaara sah zu ihr hinüber und runzelte die Stirn. „Kazekage?“, fragte er als hätte er keine Ahnung wovon sie redete. „Ja, du... Ich meine, der Kazekage macht doch die Gesetze, oder etwa nicht?“ „Der Kazekage...“, murmelte Gaara den Blick wieder senkend und diesmal klang es nachdenklich. „Ja...“ Mena stand auf und klopfte sich den Sand von der Robe. Es schien sich erstaunlich viel auf ihnen gesammelt zu haben. „Na komm – ich zeig dir noch den Rest und dann ist Schluss für heute. Unseren Quarzsand, den lagern wir da drüben.“ Zuerst schien Gaara nicht das geringste Interesse daran zu haben aufzustehen, doch bei dem Wort 'Sand' merkte er auf. Er schob Limmerick nach oben bis er auf seiner Schulter hockte und folgte Mena zu ein paar Säcken die hinter dem Wagen gestapelt waren. Das Mädchen öffnete einen von ihnen und zeigte ihm den Sand. Er war deutlich heller als der Wüstensand, etwas grobkörniger und wenn man ganz genau hinsah konnte man erkennen, dass die meisten Körner beinah durchsichtig waren. Mena öffnete den Sack daneben und erklärte: „Das ist normaler Sand ein Stück weit aus der Wüste, der erst noch gereinigt werden muss. Damit man richtigen Quarzsand bekommt ist ein aufwendiges Trennverfahren nötig, das-“ Doch Gaara schien ihr gar nicht zuzuhören. Er streckte lediglich eine Hand aus über dem Sack mit Wüstensand und dieser begann sich zu bewegen. Der Sand schwebte hinauf in die Luft und bildete ein Häufchen daneben, während stetig einige hellere Partikel zurück rieselten. Ein paar Sekunden später war der Sack nur noch zu drei Vierteln gefüllt, doch diese drei Viertel waren das reinste Quarz das Mena je gesehen hatte. „Das“, brachte sie schließlich staunend hervor, „ist wirklich praktisch. Wenn du nicht Kazekage wärst würde ich dich glatt fragen, ob du nicht bei uns anfangen willst.“ „Ich kann nicht“, erwiderte Gaara, als wäre das ein ernst gemeintes Angebot. „Ich habe noch einiges zu erledigen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich halte dich bestimmt nicht auf.“ Er nickte ihr zu und wandte sich ab. Beinah wirkte er wieder wie der ernste Junge von vorhin – nur die Hand, die gedankenverloren Limmericks Kopf streichelte, passte nicht ins Bild. Er war einfach zu süß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)