Der Sohn von Gin Teil 2 von Arya-Gendry ================================================================================ Kapitel 18: Ich will hier weg ----------------------------- Als ich am nächsten Tag aufwachte, war das erste was ich tat auf die Uhr zu sehen. Es war erst Neun, eine Uhrzeit, um die ich sonst nie wach war, wenn man mich nicht zum Aufstehen zwang. Wahrscheinlich konnte ich einfach nicht mehr schlafen, da ich mich unwohl fühlte, in meiner neuen Umgebung. Seufzend hiefte ich mich aus den Federn und lief ins Badezimmer, um mich umzuziehen. Um die Dusche machte ich immer noch einen großen Bogen, solange ich sie noch nicht geputzt hatte. Danach lief ich in die Küche. Zu meinem Erstaunen fand ich tatsächlich Brot und Aufstrich vor. Dabei dachte ich doch immer, der Alte würde sich nur von Bier ernähren. Doch dann lenkte ich meine Gedanken um. Ich fragte mich was Ran und Shinichi gerade machten. Sie war sicher auf der Arbeit und er hatte einen Fall. Ich seufzte noch einmal und stand dann auf, um mich ans Putzen zu machen. Es gab noch viel zu tun. In der Küche fing ich an, wo ich schon mal da war. Ich räumte alles auf, spülte und wischte später noch den Boden. Nun brauchte ich keine Angst mehr davor zu haben, mal wieder irgendwo kleben zu bleiben. Danach war das Wohnzimmer dran. Ich wollte gerade anfangen, als mein Opa vor mir stand. „Du bist schon wach?“, fragte er verschlafen. „Ja, ich konnte nicht mehr schlafen. Ich hab‘ auch schon die Küche geputzt.“ „Gut.“ Das Lob klang nicht sehr aufmunternd, es war auch sicher gar keines Gewesen, sondern lediglich eine zur Kenntnisnahme. Der Alte wollte sich gerade ins Bad bewegen, als er noch einmal zurückkam. „Du, Shin?“ „Ja? Was ist?“ „Ich bin mal kurz weg. Könnte spät werden heute Abend. Du bleibst aber den ganzen Tag schön hier! Wenn ich herausbekomme, dass du die Wohnung verlassen hast, wird es dir Leid tun.“ Ich nickte. Das Ganze erinnerte mich sehr an das Leben bei Daiki. Doch diesmal wusste ich was zu tun war. Am besten wehrte ich mich nicht, denn Typen wie diese machten ihre Drohungen wahr und wie mein Großvater sich verhielt, hatte mein Vater mir schon oft erzählt. Sobald ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, machte ich mit meiner Arbeit weiter. Ich steckte die leeren Flaschen in eine Plastiktüte, die ich in die Küche brachte, räumte den ganzen Raum auf und begann zu saugen und Staub zu wischen. Danach kam Opas Schlafzimmer dran. Ich bezog sein Bett neu, saugte und räumte auf. Mittlerweile war es 14 Uhr, doch keine Zeit für eine Pause. Also ging ich ins Badezimmer, wo ich Dusche und Klo endlich benutzbar wischte. Außerdem schmiss ich die Klamotten, die auf dem Boden lagen in den Wäschebeutel. Zum Schluss war nur noch mein Zimmer dran. Das Bett musste ich nicht neu beziehen, aber Staub saugen und wischen war dringend nötig. Als ich unter mein Bett krabbelte, um nachzusehen, ob dort etwas lag, das ich versehentlich aufsaugen könnte, fand ich ein Heft. Es schien meinem Vater gehört zu haben. Langsam schlug ich es auf und las darin. 28. Oktober Heute ist mein 10. Geburtstag, aber Papa hat mir nicht gratuliert und es gab auch keine Geschenke. So wie immer. Dafür haben Mama und Manabu mir etwas geschenkt. Von Mama gab es einen Fußball und von Manabu ein Buch. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Papa hat den Tag aber wieder versaut und uns angeschrien. Zum Glück hat er heute mal keinen von uns geschlagen. Erstaunt las ich mich durch dieses Heft, welches sich als Papas Tagebuch herausgestellt hatte, in das er ab und zu mal einen Beitrag geschrieben hatte. Der nächste war von Dezember. 9. Dezember Heute war ein ganz schlimmer Tag. Mama ist weg. Sie hat uns einfach so allein gelassen. Warum nur? Wieso hat sie mich und Manabu nicht mitgenommen? Papa, sagt dass ich es Schuld bin und jetzt schlägt er mich ständig. Zum Glück konnte ich Manabu vor ihm beschützen. Wie soll es jetzt weitergehen? Ich bin sauer auf Mama, aber ich freue mich für sie, dass Papa ihr jetzt nichts mehr antun kann. So muss sie nicht mehr weinen. Aber jetzt muss ich stark sein und Manabu immer beschützen. Aber das werde ich ganz sicher. Ich schluckte. Das alles klang so unfassbar hart für mich. Mein eigener Papa, den ich so sehr liebte hatte in seiner Kindheit so sehr leiden müssen. Mir tat das alles so leid. 5. Februar Ich hasse ihn! Ich hasse ihn sowas von! Wieso ist mein Vater nur so? Heute war es mal wieder sehr schlimm. Naja, das ist es mittlerweile jeden Tag. Aber heute hat er noch fester geschlagen als sonst und jetzt darf ich mich auch nicht mehr mit Freunden treffen. Aber das Schlimmste ist, dass Manabu auch etwas anbekommen hat und ich konnte es nicht verhindern, weil ich noch in der Schule war. Deshalb habe ich zuerst mal seine Wunden versorgt. Der Arme hat ganz schön geweint. Aber dann ist Papa auch noch auf mich los. Irgendwann zahle ich es ihm heim. Mittlerweile konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen und fraß mich durch einen Eintrag nach dem anderen. 7. Oktober Ich kann nicht mehr. Papa trinkt immer mehr und jetzt hat er auch noch seine Arbeit verloren. Ich bin es natürlich wieder Schuld. Dann habe ich auch noch meine erste Fünf in der Schule geschrieben. Papa musste sie unterschreiben. Das gab Ärger. Wieder hat er geschrien und mich geschlagen. Ich halte das nicht mehr länger aus! Aber ich muss. Ich will Manabu beschützen. Eines weiß ich, wenn ich selber mal Kinder habe werde ich nie so. Das Buch hatte immer mehr dieser Geschichten zu erzählen, in denen Papa von Opa fertig gemacht wurde. Ich war nun auf der letzten Seite angekommen. 9. Juli Ich habe mich entschlossen Manabu zu meinem Freund zu bringen, wo er erst mal wohnen kann. So geht es nicht mehr weiter! Es ist besser für ihn. Ich will nicht, dass er sieht wie ich leide. Ich selbst bleibe aber noch hier. Aber ich versuche mir nun einen Job neben der Schule zu suchen, damit ich genug Geld verdienen kann, um mich und Manabu irgendwann selbst versorgen zu können. Ich hoffe, dass das alles so klappt wie ich will. Doch ich muss erst warten bis ich 14 bin, damit ich arbeiten kann. Hoffentlich halte ich es solange durch. Bedrückt und ziemlich mitgenommen klappte ich das Heft zu und legte es ins Regal. Papa tut mir so leid. Was er wohl gemacht hätte, wenn er von seiner Zukunft gewusst hätte? Das alles war doch Opas Schuld gewesen. Hätte er Papa nicht rausgeschmissen, wäre er niemals in diese Organisation gekommen. Aber dann hätte er Mama nie kennengelernt und ich wäre nie geboren worden. Oh Mann! Wäre es besser so gewesen? Seufzend stand ich auf und erledigte weiter meine Arbeit. Als ich wieder in der Küche stand, um mir etwas zu Essen zu machen, war es schon 18 Uhr. Ich hatte sicher gut zwei Stunden in diesem Heft gelesen. Ich trank noch schnell mein Glas Wasser aus, ehe ich mir frische Sachen holte und mich unter die Dusche stellte. Endlich konnte auch ich sie benutzen, ohne angewidert zu sein. Danach setzte ich mich noch eine Weile vor den Fernseher und schlief dabei widererwarten ein. Erst um 23 Uhr ging die Tür auf und mein Opa kam sturzbesoffen herein. „Shin? Bist du wach?“, fragte er und rüttelte an mir. „Mhm ja bin ich.“, murmelte ich verschlafen. „Was schläfst du denn auch hier auf dem Sofa, Mhm?“ Seine Fahne ging mir tierisch auf die Nerven. Ich musste da weg. „Ich bin vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“ In dem Moment wo ich aufstehen wollte, hielt mich mein Großvater am Handgelenk fest: „Nicht so schnell, Kleiner. Bleib doch noch etwas bei mir.“ Ich seufzte. Aber ich musste ja tun was er sagt. „Weißt du, dass du wie dein Vater aussiehst? Bis auf die Haarfarbe.“ „Mhm.“ Ich nickte. „Eines musst du mir lassen. Ich habe echt hübsche Kinder gemacht und du bist auch nicht von schlechten Eltern.“ „Ähm danke.“ Irgendwie gefiel mir das hier gar nicht. „Dein Vater war auch immer süß und küssen konnte er auch gut. Kannst du das auch, Shin? Du musstest ja bei diesem Daiki mit anderen Leuten schlafen. Hat es dir gefallen?“ „Nein, überhaupt nicht und ich will jetzt ins Bett.“ „Na gut. Aber nur wenn du mich vorher küsst.“ In mir kam ein Würgereiz hoch: „Muss das sein?“ „Ja, das muss es. Du sollst doch tun was ich dir sage.“ Ich schluckte kurz und gab mich dem hin. „Mhm….. lecker! Du schmeckst gut!“, lallte der Alte. Ich sagte nichts und verkrümelte mich gleich in mein Zimmer. ‚Verdammte Scheiße! Opa ist doch nicht auch so ein Perverser! Oder doch? Aber bestimmt war er einfach nur voll. Hoffentlich. Es war ja auch nur ein Kuss. Nicht so schlimm.‘ Mit diesen Gedanken schlief ich ein. Nun war eine ganze Woche rum. Nicht ein einziges Mal durfte ich zu Shinichi und Ran. Opa kannte meinen Stundenplan, ich hatte keine Chance. Auch mein Handy hatte er mir weggenommen. Doch heute hatte ich Ayumi auf dem Nachhauseweg getroffen. Ihr erzählte ich alles und sie versprach es an Ran und Shinichi weiterzugeben. Diese vier Wochen waren furchtbar. Nur zu oft hatte Opa mich geschlagen. Er war nahezu immer voll und brachte meistens seine Freunde gleich mit nach Hause, die dann alle auf dem dreckigen Teppich einschliefen und bis zum Morgen da lagen. Auch heute war es wieder so. Sie alle waren schon da, als ich von der Schule kam. Ziemlich voll saßen sie auf dem Sofa. Ich schloss die Tür auf und wollte sofort in mein Zimmer, aber mein Opa rief mich zu sich. Mit einem Seufzer ging ich zu ihm. (Shinichis Sicht) Ich staunte nicht schlecht, als Ayumi bei uns vor der Tür stand. Okay, sie war nicht selten da, doch diesmal kam sie alleine und das noch früher als sonst. Erstaunt bat ich sie rein und setzte mich mit ihr ins Wohnzimmer. „Willst du was trinken?“, fragte ich. „Nein danke. Aber ich muss mit euch über Shin reden.“ Ran, die auch dazugekommen war, und ich nickten. Was sie wohl sagen wollte? Wir wussten ja, dass sie Shin vermisste, aber dabei konnten wir ihr auch nicht helfen. Wir hatten ihn ja selbst nicht mehr gesehen, was sicher an einem Ausgehverbot seines Großvaters lag. Immerhin war es nur noch eine Woche bis zur Entscheidung. „Also“, fing Ayumi an: „ich habe heute Shin getroffen. Er sah nicht gut euch. Er vermisst euch so. Sein Opa ist den ganzen Tag am Trinken und schlägt ihn. Er will unbedingt da raus. Könnt ihr nicht jetzt schon etwas tun? Das muss doch gehen. Wer weiß was in der nächsten Woche sonst noch mit ihm passiert?“ Ich schluckte. Was hatte der alte Kerl mit dem Kleinen gemacht? Ich konnte es kaum wahr haben. Dass er trank, davon ging ich aus, aber dass er Shin schlagen würde. Wütend stand ich auf: „So, ich werde Shin jetzt da rausholen. Scheiß egal was das Jugendamt dazu sagt, aber der Kleine bleibt da keine Minute länger!“ „Okay, aber Shinichi!“ hielt Ran mich auf: „Bitte ruf die Polizei. Alleine haben wir sicher keine Chance.“ „Nein, noch nicht. Das wäre zu früh. Ich will mir das erst einmal anschauen.“ „Ja, aber wer weiß wie der Typ drauf ist?“ „Mach dir keine Sorgen. Die Polizei kann ich immer noch rufen. Und Ran, bitte tu mir den Gefallen und ruf beim Jugendamt an, ja?“ Meine Frau nickte. Sofort lief ich zum Wagen und fuhr los. ‚Gleich bin ich wieder bei dir, Kleiner. Bitte halt durch.‘ (Shins Sicht) Mit einem mulmigen Gefühl lief ich los, ins Wohnzimmer. „Was ist? Warum sollte ich herkommen?“, fragte ich schlecht gelaunt. „Pass auf wie du mit mir redest und komm her!“, schrie mich mein Großvater an. Ich nickte und kam näher. „Hey Kleiner! Geh uns mal was zu Trinken besorgen!“, verlangte einer der Besucher von mir. „Das geht nicht. Die verkaufen mir doch nie etwas, wisst ihr doch.“, antwortete ich. „Ach, so ein Mist!“ meckerte die ganze Meute. „Macht nichts. Ich hab‘ noch was da. Das dürfte reichen.“, beruhigte er die Männer. Dann schrie mein Großvater wieder rum: „Los! Komm endlich!“ Er grinste mich an: „Setz dich. Lass dich mal richtig ansehen.“ Ich schluckte. ‚Hoffentlich tun sie mir nichts.‘ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)