Will you take me far away? von Kukuri (MikoRei) ================================================================================ Kapitel 1: Sandkastenfreundschaft --------------------------------- Als ihre Blicke zum ersten Mal aufeinander trafen wusste er noch nicht, dass er diese traurigen Augen niemals vergessen würde. Mikoto war schon immer ein schwieriger Fall gewesen. Als Baby wollte er nie durchschlafen und hatte seine Eltern damit zur Weißglut getrieben. Dann, als er sprechen gelernt hatte, schnappte er alle Wörter auf, die er nie hätte hören dürfen. Und als er laufen gelernt hatte, rannte er immer genau dorthin, wo er entweder gegen etwas lief oder gegen jemanden, den man nicht im Dunklen begegnen wollte. Seine Eltern hatten sich spätestens ab seinem dritten Lebensjahr damit abgefunden, das er niemals ein ruhiges Leben führen würde. Ob es gut oder schlecht war, war eine andere Sache. Trotz allem, oder vor allem, war er ein sehr ruhiger Junge, der sich gern in Schwierigkeiten brachte. Das kam besonders im Kindergarten zum Vorschein. Sein größtes Problem war, andere Menschen nicht verstehen zu können. Vor allem machte er sich auch keine große Mühe. Wenn ein anderes Kind ihn ansprach, starrte er es solange in Grund und Boden, bis es voller Angst zur Erzieherin lief und diese dann nur seufzte. Was sollte man nur mit so einem Kind machen? Der Junge war erst vier Jahre alt und hatte überhaupt keine Ambitionen, Freundschaften zu schließen. Sein einziger Freund war der ältere Izumo, der aber schon bald in die Schule kam. Und dann? Sie konnte den armen Jungen doch nicht so vereinsamen lassen! Das fand sein Freund Izumo übrigens auch. „Mikoto, warum willst du keine Freunde haben?“, fragte er ihn eines Tages im Sandkasten, worauf der Jüngere ihn nur schweigend anstarrte. „Im Sommer bin ich weg und dann bist du alleine.“ „Ist mir egal“, meinte Mikoto nur und wühlte im Sand herum. „Aber mir nicht“, schmollte sein Freund. „Alle haben Angst vor dir.“ Daraufhin zuckte Mikoto nur mit den Schultern. „Ist mir egal.“ „Aber so wirst du immer alleine sein!“, meinte Izumo nur mahnend. „Ist mir egal...“ „Mikotoooo!!“ Und so kam dann der gefürchtete Sommer. Izumo ging und Mikoto saß alleine im Sandkasten und wurde von den Erzieherinnen beobachtet, die besorgt darüber sprachen, dass der arme Junge nun sicher komplett vereinsamen würde. Während Mikoto einfach nur dasaß und durch die Gegend starrte. Abwesend kratzte er sich an der Stelle, an der ein Pflaster klebte. Den Hang zum Hinfallen oder irgendwo dagegen Laufen hatte er noch nicht verloren. Als er so über den Spielplatz sah, bemerkte er plötzlich einen merkwürdig aussehenden Jungen, den er noch nie hier gesehen hatte. Da sahen wohl auch gerade die Erzieherinnen hin, da eine plötzlich sagte: „Reisi-chan sitzt auch total einsam da. Hoffentlich schließt er noch Freundschaften, jetzt, wo er einfach plötzlich dazu gekommen ist.“ Und der Junge saß einfach auf einer Schaukel, begutachtete den Boden und bemerkte weder den Blick von Mikoto, noch den von den Frauen. Er trug ein Hemd und Latzhosen, die sehr sauber waren. Das wirkte auf Mikoto ziemlich merkwürdig. Wer ging denn so in den Kindergarten? Hier machte man sich doch schmutzig, oder? Dann trägt man doch keine weißen Hemden und solche komischen Latzhosen. Und warum schaute er so auf den Boden? Da war nicht mal was Interessantes. Und schaukeln tat er ja auch gar nicht. Total merkwürdig und doof. Also sah Mikoto wieder weg, sah aber trotzdem immer wieder zu dem Jungen, der wirklich einfach nur regungslos da saß, bis er einmal zögernd aufsah und auf Mikotos Blick traf. Während der Blick des Jungen nervös und ängstlich war, war Mikotos Blick gelangweilt und fest auf ihn gerichtet. Es wunderte ihn, das der Latzhosen-Junge nicht wegsah, denn auch sein Blick wirkte immer fester. Aber dann zuckte er doch leicht, wurde rosa auf den Wangen und sah beschämt auf den Boden. Verwundert sah Mikoto ihn an. Das war... komisch. Verstand er nicht. Wollte er aber verstehen. Deswegen stand er auf und lief zu ihm, unter den strengen Augen der Aufpasserinnen. Und als er vor ihm stand, sah der dunkelhaarige Junge zögernd auf. „Hallo.“ Mikoto sah ihm in die Augen und der Junge zuckte, sah weg. „H-Hallo...“, meinte er zögerlich. „Warum guckst du mich nicht an?“, wollte Mikoto direkt wissen und der Dunkelhaarige sah ihn erstaunt an. „W-wie bitte...?“ „...wie redest du denn?“ Mikoto kratzte sich wieder am Pflaster, wirkte etwas bedröppelt. Was für ein komischer Kauz. „...ich rede ganz normal...“, meinte der Junge leise und sah wieder auf den Boden. „Guck mich an“, verlangte Mikoto und der Junge zuckte zusammen, sah ihn wieder an. „...Mama hat gesagt, starren ist unhöflich...“, meinte er leise und sah wieder weg und Mikoto schnaubte genervt. „Meine Mama sagt immer, ich soll nicht dreckig aus dem Kindergarten kommen und ich tus trotzdem!“ Und da blinzelte der Junge, sah ihn an. Sein Blick fixierte Mikoto für einen Augenblick und der vierjährige wunderte sich, warum er so traurig wirkte. Bis er ganz leicht lächelte, seine Augen nun ebenfalls warm wirkten und Mikoto wurde trotz starren Blickes, leicht rosa auf den Wangen. „...ich bin Munakata Reisi. Und wer bist du?“ „Suoh Mikoto.“ Und Reisi lächelte nun, seine Augen strahlten und Mikotos Lippen verzogen sich ebenfalls zu einem leichten Lächeln, während die Erzieherinnen erleichtert ausatmeten. So hatte Mikoto endlich einen zweiten Freund gefunden, mit dem er jeden Tag zusammen verbrachte. Mikoto zeigte ihm alle Spielsachen und was er bis jetzt schon alles entdeckt hatte und Reisi passte auf, das Mikoto sich nicht wie so oft in Schwierigkeiten brachte. So kam es, das sie eines Tages zusammen im Sandkasten saßen und Mikoto seinen Freund nachdenklich ansah, der da saß und eine Burg baute und dann aufsah, als Mikoto ihm etwas ins Haare machte. „...was ist das?“, wollte Reisi wissen und Mikoto ließ seine Hand in Reisis Haaren, starrte ihn ausdruckslos an. „...die Blume hat die gleiche Farbe wie deine Augen.“ Und Reisi blinzelte, wurde rosa und schielte zu der Blume. Dann zuckte er leicht und sah Mikoto böse an, haute ihn auf den Kopf. „Ich bin doch kein Mädchen!!!!“ Mikoto sah ihn einen Augenblick an und lächelte dann. „Jaja. Ich weiß.“ Benahmen tat er sich manchmal schon wie eines, aber das würde Mikoto bis ans Ende seiner Tage für sich behalten. Also verbrachten sie die zwei Jahre zusammen im Kindergarten, hatten viel Spaß zusammen und waren glücklich. Als Kind wünschte man sich, das es so blieb. Im Erwachsenenalter wusste man, das es niemals so bleiben würde. Deswegen kam dann auch der Tag, an dem Reisi wieder diesen traurigen Blick hatte, den Mikoto so hasste. Deswegen fragte er ihn auch direkt, was los war. „Papa will nicht, das ich auf die gleiche Schule wie du gehe. Er sagt, du bist ein schlechter Einfluss.“ Auch wenn Mikoto sich gern über die Redeweise seines Freundes lustig machte, wusste er, das das nicht zum Scherzen war und das das sein Ernst war. Er selber fand das auch ziemlich traurig. Schließlich verbrachte er gerne seine Zeit mit Reisi, aber er wollte auch auf die gleiche Schule wie Izumo. Und auf Reisis Papa war er sowieso sauer. Er war schon immer gemein zu Reisi gewesen! Und Mikoto hatte er sowieso nie leiden können. Aber er wusste auch, das jetzt wenigstens er sich zusammen reißen musste. Deswegen schluckte er die Wut runter. „...aber wir können uns ja immer noch treffen“, tröstete Mikoto Reisi, der dann wieder aufsah und ihn dankbar und glücklich anlächelte. „Danke, Mikoto.“ Und da umarmte er seinen Freund. Mikoto wurde noch nie von anderen Leuten umarmt. Umso glücklicher war er, das es Reisi war, der ihn als erster umarmt hatte. „Keine Sorge. Ich vergess dich nicht“, versicherte Mikoto Reisi. „Ich dich auch nicht. Versprochen!“ Was anfangs nur ein naives Kinderversprechen war, wurde bald zu einem Versprechen, das lebenslang gültig war. Aber das wusste keiner von ihnen zu dem Zeitpunkt, als sie getrennt voneinander auf die Schule gingen und sich trotz aller Versprechen bald aus den Augen verloren... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)