Gravity von bu ================================================================================ Kapitel 6: Erwachen ------------------- Durch den Erschöpfungszustand in dem sich Loki befand, bekam er immer nur Bruchstücke seiner Umgebung mit. Das konstante Galopp des Pferdes drang mal lauter mal leiser an seine Ohren. Schwach öffnete er kurz seine Augen und erkannte für einen kurzen Moment das angestrengt nach vorne blickende Gesicht seines Bruders, der gerade durch die Landschaft ritt. Ihm fiel es sehr schwer bei Bewusstsein zu bleiben, weshalb er sich gezwungenermaßen einfach nur mit der Stirn gegen die kalte Brustplatte lehnen konnte und sofort wieder einschlief. Das nächste woran er sich noch erinnerte, war wie das Rütteln des Pferdes aufhörte und er kurze Zeit später auf einen weichen Untergrund gelegt wurde. Dieser benommene Zustand war für ihn mehr als nur unangenehm, weshalb er immer wieder die Augen zu kniff und unbeholfen mit den Händen ausholte. Vor allem als er entkleidet wurde, fing er im Halbschlaf an sich zu wehren und verzog immer wieder das Gesicht bei den unvorhergesehenen Berührungen. Das letzte was er wahrnahm, waren Schritte, die sich von ihm weg bewegten und schließlich das schließen einer Tür. Die danach eintretende Stille sorgte dafür, dass er wieder entspannter war und somit weiter schlafen konnte. Erst am nächsten Mittag erlangte Loki seine volle Besinnung zurück und erwachte aus einem traumlosen Schlaf. Sofort kamen ihm die Erinnerungen an den letzten Tag zurück und er richtete sich zunächst im Bett auf um sich zu orientieren. Er befand sich in seinem alten Zimmer und auch seine Kleidung war seine eigene. Es dauerte noch eine Weile, bis er alle Erinnerungen zusammensetzten konnte und auch wieder zurück zu dem Moment kam, an dem er umgekippt war. Gerade als er aus dem Bett steigen wollte, zuckte er kurz innerlich zusammen als er Thor vom anderen Ende des Raumes erkannte, der ihn einfach nur ansah. Es kam nicht oft vor das es jemand schaffte ihn zu erschrecken, dementsprechend schlecht gelaunt war er auch darüber das sein Bruder dies untätig geschafft hatte. Zuvor hatte er bereits in die Richtung gesehen, doch seine Augen waren noch dabei sich an das helle Licht zu gewöhnen, weshalb er immer wieder Flecken sah. Um sich selbst nicht auffliegen zu lassen, beruhigte er sich schnell wieder und blieb mit den Beinen auf dem Boden am Rande des Bettes sitzen. “Hast du etwa den Weg in dein eigenes Zimmer nicht mehr gefunden?” Lokis Zimmer war nicht darauf ausgelegt das er Besuch empfing, weshalb es auch nur einen einzigen Stuhl gab, den er in der Regel immer selbst benutzt hatte. Thor erhob sich nun von diesem und musste sich schmerzend seinen Rücken halten, was darauf schließen ließ, dass er wohl schon eine längere Zeit darauf gesessen war. “Ich habe darauf gewartet das du endlich wach wirst”, erklang die ruhige und doch raue Stimme des Blonden, während er auf das Bett zu schritt und sich neben seinen Bruder setzte. “Ich habe viel nachgedacht, und es ließ mir alles keine Ruhe. Weshalb ich zuerst zu dir wollte, bevor ich mich an die Öffentlichkeit wende” Er sah vor sich her und suchte kurz nach den richtigen Worten bevor er sich strahlend dem Schwarz haarigen entgegen wandte und einen Arm um ihn legte, um ihn näher zu sich ran zu ziehen. “Lass uns bitte alles was war vergessen, ich habe nicht die Absicht dich wieder einzusperren Bruder. Nicht nachdem du so heldenhaft für Asgard und auch die anderen Reiche gekämpft hast” Wie er es immer gern tat um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, rüttelte er den Jüngeren etwas am Arm und sah ihm erwartungsvoll entgegen. “Was sagst du dazu?” Loki war im Gegensatz zum Älteren nicht ganz so euphorisch. Er erinnerte sich noch genau an die Zeit vor ihrem großen Streit zurück. Wie sehr er seinen Bruder doch immer wieder beneidet hatte und es nicht mehr ertragen hatte, ständig in dessen Schatten zu leben. Genau aus diesem Grund war er doch überhaupt erst nach Midgard gegangen. Dort hatte er für sich die Chance gesehen, sich sein eigenes Reich aufzubauen, wo alles nach seinen Regeln laufen konnte. Doch dies wurde ja leider erfolgreich von den Avengers vereitelt. Aber warum sollte er sich jetzt dafür entscheiden wieder hier zu bleiben? Es hatte sich nichts geändert, alles war genauso eingetroffen wie es schlimmer nicht hätte passieren können. Sein Vater hatte durch seinen frühzeitigen Tod die Krone an Thor abgegeben und nun war Thor es, dem Asgard zu Füßen lag. Loki ging sehr viel durch den Kopf während die Gesichtszüge seines Gegenübers mit jeder Sekunde des Wartens auf eine Antwort länger wurden. “Warum zögerst du?”, fragte Thor ehrlich heraus und konnte nur erahnen was in seinem kleinen Bruder vorging. “Ist es weil ich jetzt König bin?” Bei der zweiten Frage war Loki aus seinen Gedanken gerissen worden und sprach mit seinen Augen bereits das aus, was sich seine Lippen nicht trauten zu sagen: Ja! Thor entging dieser neidvolle Blick nicht, er hatte ihn oft genug gesehen, ließ sich aber in der Vergangenheit immer zu schnell von den schmeichelhaften Worten des Schwarzhaarigen blenden. “Du glaubst nicht daran das ich ein würdiger Nachfolger Vaters sein könnte, nicht wahr?” Das Schweigen Lokis tat sein eigenes Werk und sorgte dafür, dass Thor seinen Blick abwandte und kurz darauf schweren Herzens aufstand um zur Tür zu gehen. Er blieb noch mit dem Rücken zu seinem Bruder stehen, während er die Türklinke in der Hand hielt. Für ihn war das ein deutlicher Schlag ins Gesicht gewesen. Loki blieb stumm auf dem Bett sitzen und kniff die Augen zu als Thor, beim Verlassen des Raumes, noch die Tür zuknallte. Er hielt sich seine Stirn und ließ sich mit dem Oberkörper zurück nach hinten fallen. //Was war das denn gerade?//, musste er sich geradezu überfordert fragen und verbrachte auch noch etwas Zeit ohne sich zu rühren, während er an die Decke starrte. Er war sich immer noch nicht ganz klar darüber, was es mit dem ganzen Auftreten seines Bruders auf sich hatte. Und vor allem war ihm unklar, was er selbst nun mit seiner neugewonnenen Freiheit anfangen sollte. Es war der sich nähernde Abend, der etwas mehr Klarheit ins Dunkle bringen sollte. Zu Ehren des Sieges und des neuen Königs wurde ein großes Bankett veranstaltet, an dem alles anwesend war, was Rang und Namen hatte. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten standen natürlich Thor und seine Mutter. Die Stimmung war sehr ausgelassen und es wurden bereits munter alte Geschichten über Odin, wie auch über dessen Söhne, erzählt. Einer nach dem Anderen verstummte jedoch, als Loki auf der Bildfläche erschien und angelehnt an eine Säule dem regen Treiben zusah, bis alle Blicke auf ihn gerichtet waren und zu aller Letzt auch der seines Bruders. Stumm, und ohne eine Miene zu verziehen, schritt er wie ein Geist an der langen Tafel vorbei bis zu ihrem Ende und blieb vor seinem leicht angetrunkenen Bruder stehen. Ehrfürchtig, kniete er sich mit einem Knie nieder und ballte seine Faust über seinem Herzen, während er zu ihm auf sah und ihm somit seine Treue vor allen Anwesenden demonstrierte. Anschließend richtete er sich, immer noch ohne ein Wort, auf und verließ den großen Saal so schnell wie er gekommen war auch schon wieder bis zu einem der Balkone. Auch nach seinem Verschwinden herrschte verdutztes Schweigen. Erst als Volstagg die Luft in seinem Bauch über seinen Mund entweichen ließ und somit lautstark alle Aufmerksamkeit auf sich zog, brach lautes Gelächter im Raum aus und allmählich fingen alle wieder an sich zu unterhalten. Nur Thor blieb für den Moment noch teilnahmslos. Es hatte ihm die Sprache verschlagen, dass sein Bruder ihm so offensiv seine Treue gelobte, nachdem er die Hoffnung auf ein Entgegenkommen bereits wieder aufgegeben hatte. Mit seinem Kelch erhob er sich einfach von der Tafel und folgte dem Jüngeren bis auf den Balkon. Loki wirkte sehr anmutig, aber auch distanziert, wie er auf der steinernen Brüstung stand und direkt in die Tiefe hinab blickte. Thor hatte gerade einen Schluck aus seinem Kelch getrunken, als der Schwarz haarige vor seinen Augen über den Abgrund sprang. Den süßlich herben Trunk sofort ausspuckend, rannte er bis an die Stelle an der er eben noch gestanden hatte und suchte mit aufgerissenen Augen nach einem Lebenszeichen seines Bruders. Ein bekanntes Lachen riss Thor aus seiner Suche und der wahre Loki offenbarte sich seelenruhig gegen die Außenwand gelehnt hinter ihm. Es war Erleichterung, aber auch Ärger den er im gleichen Atemzug verspürte. Er konnte dieser Art von Scherzen einfach nichts abgewinnen, und das schon gar nicht wenn er es war der dabei reingelegt wurde. Kopfschüttelnd und sich einmal mit der flachen Hand über sein Gesicht streichend, setzte er sich mit dem Rücken zum Abgrund auf die Brüstung und stützte sich mit beiden Armen am Rand ab, während er den immer noch amüsierten Schwarz haarigen musterte. “Du kannst es nicht lassen”, kam es mit einem mahnenden Unterton vom Donnergott, was bei Loki sofort wieder zu neuem Gelächter führte. “Nein das kann ich wirklich nicht”, gab er zur Abwechslung mal ehrlich zu und verstummte aber als Thor ihm kritisch entgegen stierte. “Was siehst du mich so an?”, fragte Loki direkt heraus. “Ich frage mich manchmal wie du das machst, dir ständig neue Tricks und Streiche auszudenken, ohne eine Miene zu verziehen. Dienen sie wirklich nur zu deiner Belustigung, oder steckt da noch etwas anderes dahinter?” Loki hatte keine Lust wirklich über die ungewöhnlich tiefgründigen Fragen seines Bruders nachzudenken, weshalb er genauso oberflächlich antwortete wie er es immer tat. “Wenn du dein Gesicht eben gesehen hättest, dann wüsstest du die Antwort bereits” Wenn ihm eines in seinem Leben kontinuierlich Freude bereitet hatte, dann waren es diese, manch einer würde sagen geschmacklosen, Streiche an seinem Bruder. Dieser gab, durch seine Naivität, natürlich ein gutes Opfer ab, aber es war noch etwas anderes was ihn dazu bewog diese Scherze immer wieder auf die Spitze zu treiben. Er beobachtete immer wieder gerne die Reaktion seines Bruders, wenn er um ihn bangte. Diese Sekunden in denen dieser dachte Loki zu verlieren, sorgten beim jüngeren Bruder immer für ein wohliges Kribbeln im Bauch. Er konnte diesen Blick auch deutlich beobachten als er damals von der Regenbogenbrücke gefallen war. Wie seine Augen sich weiter auf rissen und sein Gesicht stehen blieb, während er seine verzweifelte Stimme noch deutlich nach hallen hörte. Es war wohl dieses Gefühl was auch dafür gesorgt hatte, dass er sich letztendlich doch dafür entschieden hatte, für unbestimmte Zeit erst mal noch im Palast zu bleiben und zu sehen, was er alles noch für sich herausschlagen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)