Gins Kindheit von Arya-Gendry ================================================================================ Kapitel 19: Aki wo bist du? --------------------------- „Ja weiter so, Frau Kado. Ich kann schon den Kopf sehen. Noch einmal pressen.“ Aki nahm ihre letzte Kraft zusammen. Sie tat mir richtig leid. Seit sechzehn Stunden lag sie schon in den Wehen. Am Anfang konnte sie es ja noch aushalten, aber langsam waren sie immer schlimmer geworden. Doch obwohl sie große Schmerzen gehabt haben musste, zeigte sie es nicht. Ich stand neben ihr und hielt die ganze Zeit ihre Hand, die sie fest zusammendrückte. Aber das machte mir nicht aus. Aki nahm ihre letzte Kraft zusammen, presste noch einmal und fiel erschöpft zurück ins Kissen. Unser kleiner Sohn gab einen kurzen Schrei von sich. „Da ist er, Glückwunsch. Wollen Sie die Nabelschnur durchtrennen?“ Ich nickte und tat es so, wie sie es mir gezeigt hatte. Nun nahm sie den Kleinen hoch und legte ihn in Akis Schoss. „Herzlichen Glückwunsch, Herr und Frau Kado. Sie haben einen süßen Jungen.“ „Danke.“ antworteten wir beide. Als Aki unseren Sohn in den Armen hielt, fing sie vor Freude an zu weinen und auch mir standen Tränen in den Augen. Das war also unser Sohn Shin. „Er ist wunderschön, nicht wahr Hideaki?“ „Ja, er ist das hübscheste Baby auf der ganzen Welt.“ lächelte ich sie an und sie lächelte zurück. Unser Sohn war wirklich ein hübsches Kind, aber ich hatte noch nie ein Baby gesehen, das bei seiner Geburt schon so viele Haare auf dem Kopf hatte. Shins Haare waren richtig schwarz, wie die seiner Mutter und wie alle Babys, hatte er noch blaue Augen. Die Ärztin kam auf uns zu, beglückwünschte uns und nahm den Kleinen an sich, um ihn zu untersuchen. Ich gab Aki einen Kuss. „Ich bin so stolz auf dich. Das hast du gut gemacht.“ „Danke, aber du hast dich auch gut geschlagen, Schatz. Tut mir leid, dass ich deine Hand fast zerdrückt habe.“ „Ach was, schon gut. Das stecke ich locker weg, mein Schatz.“ „Ja, das glaube ich dir. Ich liebe dich, Hideaki.“ „Ich liebe dich auch, Aki. Weißt du, ich finde, der Kleine sieht dir jetzt schon ähnlich.“ „Naja, ich weiß nicht. Etwas schon, aber er wird sich noch sehr verändern.“ „Ja, das stimmt.“ Ich gab Aki noch einen Kuss und dann kam auch schon die Ärztin mit unserem Sohn zurück, der frisch gewaschen und angezogen war. Sie fragte mich, ob ich den Kleinen nicht mal in den Arm nehmen wollte. „Natürlich.“ antwortete ich und Sekunden später hielt ich ihn in meinen Armen. Auch wenn es das erste Mal war, dass ich ein Kind in den Arm nahm, wusste ich sofort, wie ich ihn zu halten hatte. „Na, mein kleiner Schatz.“ lächelte ihn an und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn. „Willkommen auf der Welt, Spatz. Ich bin dein Papa und da ist deine Mama.“ Doch bevor ich weiter mit Shin reden konnte, übernahm die Ärztin wieder das Wort. „Nun, Herr und Frau Kado, mit dem Kleinen ist alles okay. Er ist kerngesund, wiegt 3830 Gramm und misst 53 Zentimeter.“ „Das ist toll. Ich bin so froh, dass Shin gesund ist.“ Meinte Aki. Ich nickte, ging mit Shin im Arm zu ihr ans Bett und legte ihn in ihre Hände. „So, Frau Kado, wir werden Sie dann gleich zurück ins Zimmer bringen. Dort können sie auch gleich mal versuchen, ihm die Brust zu geben und dann können Sie sich etwas ausruhen.“ „Ja das werde ich machen und danke.“ In Akis Zimmer lag noch eine weitere Frau, die ebenfalls ein Kind bekommen hatte. Eine Krankenschwester, die später zu uns kam, zeigte Aki wie sie Shin am besten die Brust geben sollte. Am Anfang klappte es noch nicht so, aber nach ein paar Versuchen hatte Shin es geschafft und fing an an Akis Brust zu saugen. Nach einer Weile schien er genug zu haben und trank nicht mehr weiter. „Oh, schon satt, mein Schatz? Na dann.“ Aki legte Shin über ihre Schulter und klopfte ihm ganz leicht auf den Rücken. Nachdem er sein Bäuerchen gemacht hatte, öffnete er seine Augen sah mich und seine Mami an, gähnte einmal, machte die Äuglein wieder zu und fing an zu schlafen. „Sie haben da wirklich ein ruhiges Kind.“ Meinte die Frau, die sich mit Aki das Zimmer teilte. „Ja, scheint so.“ sagte Aki und die beiden Frauen lächelten sich an. „Ist das Ihr erstes Kind?“ fragte die Frau wieder. „Ja, ist er. Und sind Sie auch zum ersten Mal Mutter geworden?“ „Nein, das ist schon mein zweites Kind. Ich habe noch eine zweijährige Tochter und gestern habe ich das kleine Mädchen hier zur Welt gebracht. Wissen Sie, sie können froh sein, meine Tochter hat am Anfang sehr viel geweint. Aber mit ihrem Sohn können Sie wirklich Glück haben und vielleicht die ganze Nacht durchschlafen.“ „Na, mal sehen wie es wird, wenn wir erst wieder zu Hause sind.“ Die Frau nickte und las dann in ihrem Buch weiter. Ich blieb noch den ganzen Tag bei Aki und rief gleich beim Boss an, um ihm Bescheid zu geben, dass er Opa geworden sei. Er kam noch am gleichen Abend vorbei und war sehr erstaunt darüber, dass Shin jetzt schon so viele Haare auf dem Kopf hatte. Doch nach einer Stunde machte er sich wieder auf den Weg nach Hause. Ich wäre am liebsten noch über Nacht im Krankenhaus geblieben, aber Aki sagte, dass ich mich zu Hause ausruhen sollte, was ich dann auch tat. Unser Sohn war endlich da. Shin Kado, 3830 Gramm schwer, 53 Zentimeter groß, geboren am 6. Dezember um 16:20 Uhr. Mein süßer Sohn. Mein ganzer Stolz. Schon am nächsten Tag wollte Aki unbedingt nach Hause, da sie sich wieder fit fühlte und auch mit Shin alles in Ordnung war. Deshalb holte ich sie ab. Dort angekommen, wollte mein Bruder gleich seinen Neffen sehen. Aki legte ihm Shin in die Arme und er war sofort begeistert von dem Kleinen. Doch in den folgenden zwei Tagen wurde Aki immer merkwürdiger. Sie redete kaum noch und kümmerte sich auch nicht mehr richtig um den Kleinen. Ich fragte sie immer wieder was los sei, aber sie sagte einfach nichts und hörte schließlich ganz auf mit uns zu sprechen. Als ich am vierten Morgen zum Boss fahren wollte, griff Aki nach meiner Hand und gab mir einen langen Kuss. „Ich liebe dich Hideaki, vergiss das nicht.“ „Das weiß ich doch. Ich liebe dich auch. Bis heute Abend, Schatz.“ Aki lächelte einmal kurz traurig und lief dann zurück ins Schlafzimmer. Hätte ich gewusst, dass Aki am Abend nicht mehr da sein und ich sie über zehn Jahre lang nicht mehr wieder sehen würde, dann wäre ich nie weggefahren. Mitten in der Nacht stand ich mit meinem Sohn auf dem Arm beim Boss. Der Kleine war gerade einmal vier Tage alt und seine Mutter, und meine Freundin, war spurlos verschwunden. Der Boss musterte mich eindringlich. „Gin, du weißt wirklich nicht wo sie steckt? Hat sie dir denn gar nichts gesagt?“ Völlig niedergeschlagen ließ ich den Kopf hängen. „Nein. Als ich nach Hause kam, war sie weg. Es gab nur eine Nachricht, in der stand, dass ich ihr verzeihen solle. Sie könne das alles nicht mehr und ich solle sie nicht suchen.“ „Ich kann einfach nicht glauben, dass sie dich und den Kleinen einfach so alleine lässt. Aber egal was sie geschrieben hat, ich werde sie suchen lassen, immerhin ist sie meine Tochter. Du kannst jetzt gehen.“, erwidert mein gegenüber anfangs nachdenklich, dann bestimmt. Der letzte Satz war nur noch ein nüchterner Hinweis. Ich nickte nur stumm und machte mich wieder auf den Weg zu meiner Wohnung. Ich konnte es selbst kaum glauben, dass sie einfach so verschwunden war. Fest hielt ich meinen Sohn im Arm, begab mich zu meinem Auto, machte Shin in seinem Kindersitz fest und fuhr los. Zum Glück war der Kleine am Schlafen. Als ich zu Hause angekommen war, legte ich Shin in sein Bettchen und setzte mich auf das Sofa im Wohnzimmer. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Mein Bruder kam zu mir und setzte sich neben mich. Auch er wusste bereits von Akis verschwinden. „Und? Was hat der Boss gesagt?“ „Er will Aki finden. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob das klappt. Wer weiß wo sie hin ist? Sie hat mal zu mir gesagt, dass sie eines Tages von hier weg wollte, aber ich hätte nie gedacht, dass sie Shin hier lässt. Weißt du, mir ist es egal, dass sie mich allein gelassen hat. Ich wäre sowieso nicht mit ihr mitgegangen. Ich hätte viel zu viel Angst davor, dass der Boss uns wiederfinden würde. Doch so wie ich Aki kenne, wird sie nicht so schnell gefunden werden. Nur hätte sie Shin ja wohl mitnehmen können.“ „Nun, Hideaki. Ich verstehe das auch nicht, aber ich denke, dass es einen sehr guten Grund gibt, wieso sie Shin hier gelassen hat.“ „Ach ja? Echt toll hier in einer Verbrecherorganisation. Sie weiß doch genau, dass ich Shin nicht vor ihrem Vater beschützen kann und ich kann auch nicht dafür sorgen, dass er nicht mit der Organisation in Berührung kommt.“ Ich merkte, dass mir Tränen aus den Augen flossen und mein Bruder mich in den Arm nahm. „Hideaki, es wird alles wieder gut und wie gesagt, Aki wird schon einen sehr guten Grund dafür haben, dass sie euch zurückgelassen hat. Ich weiß, dass sie dich und Shin über alles liebt. Auch wenn es schwer zu verstehen ist.“ Ich sagte nichts mehr und machte mich von meinem Bruder los. „Ich gehe ins Bett, Manabu. Gute Nacht.“ „Ja, gute Nacht, Hideaki.“ Ich nickte, ging ins Schlafzimmer und legte mich ins Bett. Aki, wieso nur? Als ich vor ein paar Stunden nach Hause kam, war sie nicht da. Nur Shin lag in seinem Bett und schlief. Ich hatte mich schon gewundert, warum Aki den Kleinen einfach alleine zu Hause ließ. Als ich dann in die Küche gegangen war, bemerkte ich auch den Zettel, den sie mir hinterlassen hatte. Mir wurde schlecht und ich war ins Schlafzimmer gelaufen, hatte den Schrank geöffnet und festgestellt, dass all ihre Klamotten weg waren. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, hatte mir Shin geschnappt und war zum Boss gefahren. Ich verstehe einfach nicht, wieso du mich verlassen hast. Ich liebe dich doch. Noch ganz lange, lag ich in dieser Nacht wach, bis ich endlich um fünf Uhr morgens einschlief. Und so vergingen vier Monate. Man hatte Aki nicht wiedergefunden. Es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Der Boss hatte die Suche mittlerweile aufgegeben. Tag ein, Tag aus war ich traurig, dass sie weg war, doch ich hatte mich bereits mit dem Gedanken abgefunden, dass ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Ich ging, wie immer, meiner Arbeit nach und tat, was der Boss mir auftrug. Mein Sohn war etwas gewachsen und schien seine Mutter kein bisschen zu vermissen. Naja, der Kleine war vier Tage alt, als sie verschwand, daher konnte er sich wohl gar nicht mehr an sie erinnern. Um ehrlich zu sein, kümmerte auch ich mich nicht gut um ihn. Wenn er nachts aufwachte, holte mein Bruder ihn zu sich und er war es, der sich immer um ihn kümmerte. Ich beachtete den Kleinen kaum. Er erinnerte mich einfach viel zu sehr an seine Mutter. Wenn er mich ansah, sah ich weg, wenn er seine Hände nach mir ausstreckte, ging ich zur Seite. Ich behandelte ihn wie Luft. Mein Bruder fand mein Handeln nicht okay, sagte aber auch nie etwas dagegen. So auch heute. Gerade wollte ich ins Bett gehen, da fing der Kleine an zu quengeln. Da mein Bruder unter der Dusche war, lief ich zu ihm und sah ihn kalt an. Nun begann er zu weinen. „Was ist? Wieso heulst du, du Nervensäge? Sei endlich ruhig und schlaf.“ Ich wusste nicht, was mit mir los war, aber auf einmal hatte ich einen großen Hass auf Shin. War er nicht schuld daran, dass Aki mich verlassen hatte? Seitdem sie schwanger war hatte sich alles verändert. „Nur wegen dir hat Aki mich verlassen, du kleine Ratte.“ Der Kleine fing nun an noch lauter zu Weinen und zu Schreien. Ich sah ihn immer noch kalt an. „HÖR AUF.“ Tatsächlich zeigte mein Satz Wirkung, doch nur kurz, denn nach ein paar Sekunden, schrie Shin wieder. „ICH HAB GESAGT, SEI RUHIG.“ Ich holte Shin aus seinem Bettchen raus und hielt ihn vor mein Gesicht. „Du sollst endlich ruhig sein. Ich hasse sich! Hätte deine Mutter dich doch bloß nie bekommen.“ „Hideaki, was soll das?“ Mein Bruder stand auf einmal im Zimmer und sah mich geschockt an. Er lief zu mir und nahm mir Shin, der immer noch weinte, aus dem Arm. „Sch..... Ist ja gut. Dein Onkel ist ja da, mein Schatz. Alles wird gut.“ Tatsächlich wurde der Kleine nun leiser und Manabu ging mit ihm in die Küche, um ihm sein Fläschchen zu geben. „Ist ja gut, mein Schätzchen. Dein Papa wird dich nicht mehr anschreien. Dafür werde ich sorgen.“ Nachdem Shin satt war und mein Bruder ihn noch eine Weile durch die Wohnung getragen hatte, damit er einschlief, legte er den Kleinen wieder in sein Bettchen und kam zu mir ins Wohnzimmer, wo ich nachdenklich auf der Couch saß. Manabu blickte mich mit so einem kalten Blick an, den ich noch nie gesehen hatte. „Hideaki spinnst du? Wie kannst du den Kleinen nur anschreien und ihm die Schuld an allem geben?“ Ich sah meinen Bruder groß an. Ich hatte noch nie erlebt, dass er mich anschreit. „Er ist schuld, Manabu.“ „Nein, ist er nicht, er ist dein Sohn, verdammt.“ „Sag nie mehr, dass diese Ratte mein Sohn ist, klar? Ich hasse ihn. Er hätte nie geboren werden sollen.“ Ich spürte nur noch, wie mein Kopf zurück flog, mich mein Bruder eiskalt ansah und seine Faust wieder sinken ließ. Mit voller Kraft hatte mein Bruder mir eine verpasst. Geschockt sah ich ihn an. „Sag so etwas nie wieder, Hideaki du hast dich gerade genau wie unser Vater angehört. Ich dachte, du wolltest nie so werden wie er, und jetzt? Hideaki, Shin ist dein Sohn und er kann für all das hier nichts. Fang an dich um ihn zu kümmern, oder willst du, dass er eines Tages auch, so wie du, von zu Hause weg läuft?“ „Manabu ich.....“ Ich wusste einfach nicht mehr, was ich sagen sollte. Er hatte vollkommen recht. Ich war genau wie mein Vater, obwohl ich niemals so sein wollte wie er. Ich liebte Shin doch. „Ich habe alles falsch gemacht.“ sagte ich nun leise. „Nein, hast du nicht.“ Mein Bruder setzte sich neben mich und legte seine Hand um meine Schulter. „Du hast zwar vieles im Umgang mit dem Kleinen falsch gemacht, aber noch kannst du es ändern. Noch ist er klein. Du kannst noch einmal ganz von vorne anfangen und dich richtig um ihn kümmern.“ „Du hast recht. Genau das ist es was ich tun sollte.“ Ich nahm meinen Bruder in den Arm. „Danke Manabu.“ „Schon gut.“ „Ich muss echt sagen, du hast einen festen Schlag drauf.“ „Mhm tut mir leid, ich wollte dich nicht schlagen, aber ich war so sauer auf dich und wusste einfach nicht, was ich noch tun sollte.“ „Schon okay. Ich glaube, es musste so weit kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)