Jack und Joe von MsWatcher (Brothers in nowhere) ================================================================================ Kapitel 4: Jack und Joe 4 ------------------------- Der Pickup hustet wie ein Kettenraucher als Jack ihn zum stehen bringt. Es ist eine staubige Raststädte, mitten im Nirgendwo hinter Salt Lake City. Noch 700 km liegen zwischen Jack und der Farm seiner Eltern, mitten in Nebraska, dort wo die Kornfelder nie verschwinden. Es ist heiß in der Kabine des Pickups. Eine fahrende Sauna, aber Jack liebt den Wagen. Er ist mit ihm nach dem College die Route 66 bis zu Joe nach Chicago gefahren und dann weiter nach Kanada, dann an der kanadischen Grenze entlang zurück nach San Francisco. Joe. Joe hängt immer noch in Chicago fest und macht, was immer für ihn so wichtig ist, in der großen Stadt, dem Goldfischglas. Jack kurbelt das Beifahrerfenster runter und steigt aus dem Pickup. Der Pickup heißt Tyler, so hat Jack ihn irgendwann mal genannt. Die drückende Hitze des Tages ist einem kühlen Abend gewichen, der eine kalte Nacht androht. Eigentlich wollte Jack im Pickup schlafen, aber vielleicht sollte er sich lieber ein Motel suchen. Aus seiner Hosentasche zieht Jack eine Kippe und ein Feuerzeug, fluchend stellt er fest, dass es die letzte Zigarette in der Schachtel war. Jetzt führt wohl nichts mehr vorbei an einem Gang in den Laden. Jack lehnt sich an den Pickup und lässt seinen Blick über den Parkplatz wandern, der ist fast leer bis auf ein paar Trucks. Die Rauchringe der Zigarette steigen in den blanken Himmel auf. Den Himmel hat Jack gemocht, damals, als er noch in Nebraska gelebt hat und mit Joe über die Felder gerannt ist. Ach Joey, was hat die Tretmühle nur aus dir gemacht? Jack denkt an den Joe, mit dem er damals übers Feld und durch den Wald gerannt ist. Groß, in seinen Augen Bärenstark und sowieso der Held des Wilden Westens. Was viele Kinder nur aus alten Filmen kannten, das schienen Jack und Joe damals zu leben. Damals. Der Joe, den Jack vor ein paar Jahren auf seinem Roadtrip besucht hat, der rannte nicht mehr durch den Wald, der war kein Westernheld mehr. Das war ein Bürohengst wie er im Buche steht, der nichts kennt als Arbeit, kein Leben, keine Familie, immer nur die Tasten bearbeiten. Joe schien immer gewusst zu haben, was er wollte – raus aus der Einsamkeit der Kornfelder. Als Jack den Typen, der entfernt wie sein Bruder aussah, gefragt hat, ob er jetzt nicht mehr einsam sei, ob er jetzt sei, was er sein wollte, damals als Kind – da hat dieser Joe-Schatten ja gesagt. Aber Jack kann sich nicht vorstellen, dass Joe schon immer ein Hamster im Rad sein wollte, einer von Milliarden im Labor. Wer will das schon? Ein einsamer Windstoß pustet Jack die Asche seiner Kippe aufs T-Shirt. „Oh Fuck“ Jack klopft sich die Asche von dem T-Shirt einer Band, deren Musik er nicht mal mochte. Aber sie mochten ihn, wie er war, was er machte. Jack stößt sich vom Pickup ab und läuft die hundert Meter über den Parkplatz zu dem Shop, in dem es hoffentlich nicht nur Kippen sondern auch Schokoriegel und Bier für den Abend geben wird. Hinter Jack fährt ein Auto auf den Parkplatz, aber Jack schaut in die andere Richtung. Noch 700 km bis zu dem Ort, der Mal zuhause war. Der Typ an der Kasse schaut nicht mal hoch, als Jack den Verkaufsraum betritt. Schäbig, aber passend zur Umgebung. Jack schmeißt ein paar Schokoriegel in den Korb, dazu ein paar Dosen Rockstar. Bis zum Motel will Jack ja noch kommen. Jack sieht sich nach dem Bier um. Als er die Dosen im Regal sieht, schüttelt er sich – nichts Trinkbares hier, mitten im nichts. Nur da ganz hinten im Regal, eine Dose Duff. Jack muss Grinsen. Die Simpsons waren Jacks und Joes Ritual auf der Farm, jeden Abend – ihre Eltern haben es gehasst, aber Jack und Joe haben es geliebt, genau wie das Duff Bier, das sie heimlich in der Scheune getrunken haben, weil es sich so cool anfühlte. Jack greift nach dem Duff, genau wie eine zweite Hand. Jack hat den Typen nicht kommen hören, doch jetzt schaut er auf. Mitten in dem Raststädtenshop, irgendwo hinter Salt Lake City, steht Joe und hält die letzte Dose Duff im Regal fest. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)