Zwischenwelten von Sarmira ================================================================================ Kapitel 10: Bekanntschaften --------------------------- Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als Minyu in den Hinterhof des Palastes trat. Kühle Luft des sich nahenden Morgens wehte ihr entgegen und das Halbblut schloss die Augen. Sie ließ ihren Geist wandern und spürte das Leben um sich herum. Drei Monate ... Bin ich wirklich schon so lange hier? Sie öffnete die Augen und legte ihre Hände auf die raue Rinde des Baumes. Es kommt mir vor als wäre ich erst gestern angekommen, aber ... Sie lehnte die Stirn an das Holz. Aber gleichzeitig kommt mir Vegeta so vertraut vor. Warum? Ihre Fingerspritzen kribbelten. Ihre Stirn wurde warm. Das Mädchen schaute auf. Eine Briese zog durch die Krone des alten Baumes. Die sich langsam verfärbenden Blätter raschelten und fielen lautlos zu Boden. Was ist los? Willst du mir etwas zeigen? Sie nahm die Verbindung zu dem Wesen auf. Bilder, zunächst verschwommen, doch dann immer schärfer zeigten sich vor ihrem geistigen Auge. Sie sah zwei kleine Jungs. Der Eine von ihnen konnte kaum laufen und stolperte mit einer angespannten Stirn vor sich hin. Der Andere war ein wenig älter und lief schon flüssig seine Wege. „Taburu, komm.“ Die kleinen Hände des Älteren krallten sich in die Baumrinde. Taburu? Wer ist das? Der Großen erkannte sie sofort. Die Flammenfrisur war unverkennbar. „Hallo!“ Das Mädchen schreckte zusammen und fuhr herum, als sie eine jugendliche Stimme aus ihrer Verbindung riss. „Vegeta?“, fragte sie skeptisch. Sie hatte schon mehrmals gemerkt, wenn ein so tiefes Band so plötzlich getrennt wurde, brauchte Minyu immer ein paar Sekunden, um sich zu orientieren und wieder auf ihre Augen zu schalten. „Nein.“ Die Sicht wurde klarer. Ein junger Saiyajin stand vor ihr, der tatsächlich noch kleiner als sie war. „Ich bin Taburu.“ „Taburu?“, sagte Minyu mehr zu selbst. „Ja, ich bin Vegetas jüngerer Bruder.“ „Ich wusste gar nicht, dass der König zwei Söhne hat.“ Der Kleine druckste herum und wollte nicht so recht mit der Sprache herauskommen. Verlegen schaute er zu Boden und sie glaubte, ein wenig Röte auf seinen Wangen zu sehen. Minyu kniete sich vor ihn. „Was ist?“ „Ich bin eine Kampfniete“, kam es schüchtern hervor. Er ist ja total anders als alle anderen Saiyajins. Minyu kam nicht umhin, sich ein Bild von seiner Aura zu machen. Erstaunt stellte sie fest, dass auch er einen ähnlichen Blauton wie bei seinem Bruder, doch es das Licht war viel weicher. „Wer sagt das denn?“ Der Kleine zuckte die Schultern. „Alle.“ Sie lächelte aufmunternd. „Lass dir nichts einreden. Vor kurzer Zeit konnte ich auch nichts.“ „Ja ... Aber an dir hat er Interesse.“ Minyu biss sich auf die Lippe. Was sollte sie darauf antworten? Und warum kam Taburu überhaupt zu ihr? Wollte er ihr ein schlechtes Gewissen einreden? War er sauer auf Vegeta – was sie auch verstehen könnte. Da holte er sich eine Fremde und vergaß seinen Bruder? Taburu drehte sich um. „Ich wollte dich nur mal kennenlernen.“ Er wandte seinen Kopf noch einmal zu ihr. Zu Minyus Überraschung lächelte der junge Saiyajin. „Pass auf meinen Bruder auf. Ja?“ „Was soll ...“ Nein. Eine Frage war nicht das, was der Kleine hören wollte. „Ja, das werde ich.“ „Versprichst du es?“ Sie hob die Finger zum Schwur. „Halbblutehrenwort.“ Er nickte. „Dann ist gut.“ Taburu rannte los und verschwand im Palast. Nur einen Wimpernschlag später ging die Sonne auf. Sein Verhalten passt gar nicht zu einem Saiyajin. Und warum habe ich ihn noch nie gesehen? Minyu beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Am liebsten hätte sie einfach Vegeta nach Taburu gefragt, doch wenn der Kleine offenbar heimlich zu ihr kam, war dies sicher nicht der richtige Weg.   „Es ist an der Zeit, dass du dich mit einem Gegner auf deinem Niveau misst“, sagte Vegeta und beendet seinen Angriff. Neugierig sah Minyu ihn an. „An wen denkst du?“ Sie hoffte inständig, dass es nicht Nappa war. Minyu hatte den beiden nun oft beim Training zugeschaut, da Vegeta der Meinung war, dass sie darüber auch lernen konnte, womit er auch recht gehabt hatte, aber ihm fühlte sie sich noch lange nicht gewachsen. Zumindest nicht, was die Kampfkraft anging. Obwohl sie einige Schwachpunkte des schrankförmigen Riesen kannte und Vegeta ihr auch einmal gesagt hatte, dass Nappa nicht unbedingt der hellste Stern am Himmel war. „Radditz. Du solltest mit ihm fertig werden. Er ist ein Unterklasse Krieger, seine Kampfkraft liegt gerade mal bei 800.“ „Radditz? Der Typ mit den langen Haaren?“ Vegeta nickte und wie auf ein unsichtbares Kommando öffnete sich die Tür zum Trainingsraum. Auf Knopfdruck schloss Radditz sie wieder hinter sich. Sein Gesichtsausdruck machte deutlich, dass er nicht besonders begeistert von der Idee war, gegen ein Mischblut anzutreten. Minyu war es ebenfalls nichts. Sie hatte mehrmals mitbekommen, was die anderen Krieger von ihm hielten und dass sie nun als Gegner für ihn ausgewählt wurde, war für sein Selbstwertgefühl nicht gerade förderlich. Vegeta lehnte sich gegen die Wand. „Dann fangt an. Ich halte mich raus. Minyu ich erwarte von dir, dass du alles einsetzt, was ich dir gezeigt habe. Und Radditz ...“ Der Lange schaut zu seinem Prinzen. Zornesfalten lagen auf seiner Stirn und die Augenbrauen dicht zusammengezogen. „Bring sie nicht um.“ „Glaubst du wirklich, dass er mich noch ...“ Minyu biss sich auf die Zunge. Radditz war schon wütend genug, ihn noch anzufachen, in dem sie anzweifelte, dass er sie nicht einfach aus dieser Welt befördern konnte, war sicher nicht förderlich. Für sie beide nicht. „Na los, bringen wir das schnell zu Ende“, knurrte Radditz. Minyu ging in Kampfposition. Eine Hand vor dem Gesicht, wie ihr Lehrer es verlangte. Das letzte Mal stand ich einem Fremden auf dem Turnier gegenüber. Radditz startete einen ungeduldigen Angriff. Seine Schläge waren schnell und zielgenau, auch wenn er ein wenig Schwierigkeiten mit Minyu Größe zu haben schien. Seine Fäuste nutzte er mehr, um das Mädchen abzuwehren und konzentrierte seine Angriffe auf Beinarbeit. Er ist mir überlegen. Von wegen auf meinem Niveau. Es ist wie auf dem Turnier. Ich stehe mit dem Rücken an der Wand und muss sehen, wie ich klarkomme. Aber diesmal bin ich nicht ganz so hilflos. Minyu nutzte einen minimalen Moment der Unaufmerksamkeit ihres Gegenüber und schwang sich unter seinen langen Beinen durch, um einen gezielten Treffer zwischen seine Schulterblätter mit ihrem Ellenbogen zu setzen. Radditz kämpfte mit dem Gleichgewicht, stolperte nach vorne, was Minyu trat ihm in den Rücken, was den Langen vollends dazu brachte zu Boden zu gehen. Das war jetzt doch etwas einfacher als gedacht. Minyu nahm zur Sicherheit etwas Abstand ein und wartete was ihr Gegner als nächstes tun würde. Sie sah, wie Vegeta den Kopf schüttelte. Ich weiß, du hättest sofort zugeschlagen und ihm keine Chance gelassen wieder aufzustehen. Wenn es hier um Leben und Tod gehen würde, ja dann könnte ich das auch. Radditz sprang auf die Beine und wirbelte zu Minyu herum. Seine Wut hatte die obere Skala gesprengt und das Mädchen spürte einen Anstieg seiner Kampfkraft. Mit einer Geschwindigkeit, die Minyu nicht erwartet hatte, stürmte er auf sie zu und gab nun alles, was er jemals gelernt hatte. Sie hatte keine Chance ihm auszuweichen, wehrte seine Schläge ununterbrochen ab und kassierte in wenigen Sekunden mehr Treffer als bei all ihren Übungen mit Vegeta. Wenigstens waren die von Radditz nicht ganz so hart, aber trotzdem schmerzhaft. Sie wusste was Vegeta ihr nachher sagen würde. Sie hätte ihm keine Möglichkeit geben dürfen. Die Erkenntnis kam nun für sie zu spät. Minyu stieß mit dem Rücken an die Wand. Das Mädchen hob beide Arme schützend vor das Gesicht und blinzelte einen Moment zu dem Langen hoch. Ein fataler Fehler. Erinnerungen schäumten an die Oberfläche. Ihr Vater hatte ebenso über ihr gestanden, wenn er seine schlechte Laune an ihr auslassen wollte. Oder wenn sie etwas falsch gemacht hatte. Oder wenn sie einfach nur da war. „Du bist ein Nichts! Eine Schande, dass du einem Saiyajin so ähnlich siehst!“, hatte sie mehr als nur einmal hören. Die Erinnerungen taten weh, auch wenn sie wusste, dass es niemals mehr dazu kommen würde. Bald hatte sie ihren Vater in der Kampfkraft übertrumpft und sie war sich sicher, dass sie mit Vegetas Training nichts mehr vor ihm zu befürchten hatte. Warum nimmt mich das so mit? Das kann ich mir jetzt nicht leisten. Ich muss mich auf den Kampf konzentrieren. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Deutlich konnte sie das Blut in ihren Adern pulsieren spüren. Angst umklammerte sie. Die Bilder wühlte sie auf. „Was ist los mit dir? Hast du deine Kraft für einen Angriff aufgebraucht?“, fragte Radditz, ohne seinen Angriff zu unterbrechen. „So ein Mischblut ist eben doch nichts wert.“ Mit seinen Worten setzte er einen Stich in ihr Herz. Nichts wert. Wie oft hatte sie das schon gehört. In den letzten drei Monaten und seit der Taburu bei ihr gewesen war, hatte sie ein anderes Gefühl aufgebaut. Vegeta wollte sie als seine Vertraute. Sie. Keine Kriegerin der Saiyajins und sie konnte sich gut vorstellen, dass es an Interessentinnen nicht mangeln würde. Sogar seinen Vater bot er die Stirn und hielt an ihr fest. Ihre tsufurianische Seite wich freiwillig zurück. Das erste Mal, seit sie mit dem Kämpfen begonnen hatte. Auch die ruhigen Wissenschaftler hatten ihren Stolz, und wenn man sie als wertlos bezeichnete, dann traf es immer beide Seiten. Kraft floss durch ihren Körper und verscheuchte Angst und Wut, die so oft dafür sorgte, dass ein Krieger im Kampf unterlag. Bei Nappa hatte sie das deutlich gelernt. Wenn er spürte, dass er nicht die Oberhand hatte, ließ er sich von seiner Wut darüber leiten und verlor seine Kontrolle, über die recht beeindruckende Kraft, die er besaß. „Eins lass dir gesagt sein ...“, flüsterte Minyu gerade so laut, dass Radditz es hören konnte. „Ein Teil von Takis Kraft fließt in mir und das solltest du nicht vergessen!“ Sie rammte ihm den Ellenbogen in die Magen, duckte sich unter einem Schlag weg, hakte ihren Fuß hinter seine Kniekehle und brachte ihn erneut aus dem Gleichwicht. „Größe bringt einen auch nicht immer weiter! Die Physik ist gegen dich.“ Minyu überließ ihrer Saiyajinhälfte die Kontrolle und ging im Kampf auf. Ihr Körper fühlte sich plötzlich leicht an. Sie musste nicht mehr darüber nachdenken, was sie als nächstes tun musste. Es geschah von allein und am Ende war es nicht das Halbblut, das am Boden lag, sondern Radditz. Der Krieger, der deutlich mehr Erfahrung hatte. Und, was für Minyu in diesem Moment am wichtigsten war, sie hatte ihre mentalen Fähigkeiten nicht gebraucht. Ihre beiden Hälften schlugen ein. Auch sie mussten erst noch lernen, dass es manchmal besser war, zusammenzuarbeiten. „Geht doch. Morgen machen wir an der gleichen Stelle weiter“, sagte Vegeta und Radditz verließ mit einem Grummeln den Raum. „Musstest du ihn so demütigen? Als Unterklassekrieger bekommt er doch so schon kaum ein Bein auf die Erde ...“ Vegeta schüttelte den Kopf. „Lass dein Mitleid endlich sterben. Was zählt ist Stärke. Entweder er besteht gegen dich oder er verliert. Damit muss er leben und du auch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)