Rübenfürst und Möhrenkönig von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 27: Jason piept Danny ----------------------------- XXVIII. Jason piept Danny Das Leben war wirklich verflucht gut. Ganz merkwürdig. Aber … alle Kleinigkeiten. Jasons Haus war inzwischen eine reine Baustelle, um es für Weihnachten flott zu bekommen, und Jason war irgendwie zu ihm hinüber diffundiert. Zahnbürste im Badezimmer, gemeinsam frühstücken, die Wäsche erledigen … okay, das war übergangsweise, aber dennoch höchst erstaunlich. Es störte ihn nicht. Und Jason anscheinend auch nicht, der auch immer allein gelebt hatte. In seinem schicken Loft in der Hamburger Hafencity, hörte sich architektonisch sehr interessant an. Wer wusste es, vielleicht würde Jason ihn ja mal einladen der alten Zeiten wegen. Dann würden sie reden, lachen - und eventuell ein wenig poppen. Und er würde endlich Jasons Marmorklo persönlich kennenlernen … Irgendwann … Aber jetzt waren sie hier. Arbeiteten, quatschten, amüsierten sich über allen möglichen Kleinscheiß und ließen die Bettpfosten krachen. Echt nichts Besonderes. Kam ihm trotzdem so vor. Pfefferkorn-Wahnsinn eben. Gott sei Dank ging es Jason ja auch nicht anders. Beruhigend. Und es war schon definitiv von Vorteil, sich einfach nur zur Seite rollen zu müssen, um einen willigen Körper vorzufinden, statt das Kopfkino zur Armgymnastik zu starten. Und sie vögelten immer noch wie die Besengten – oder wie eine Affenhorde auf Speed. Okay, sie waren Typen, aber das war auch nicht die allerbeste Ausrede für alles. War einfach so. Sie waren so schrecklich hammermegascharf aufeinander. Sein Hintern hatte sich auch akklimatisiert. Der war das bisher nicht gewohnt gewesen, dass das Fifty-fifty lief. Aber nichts dagegen. Beides geil. Zumindest mit Jason. Und so einige andere Sachen auch. Jason hatte wirklich einen begnadeten Mund, da musste er sich ranhalten, wenn er sich angemessen revanchieren wollte. Und das wollte er … Jason schmeckte so gut … überall … Aber aktuell lag diese begnadete Sexbombe selig schnarchend in seinen Armen. Und er fühlte nichts als eine fast schmerzhafte Woge der Zärtlichkeit. Verrückter Kerl, herrlich verrückter Kerl … und hier … auch nicht einsam. Genau wie er. Sie waren zusammen irgendwie, nicht wirklich in Worte fassbar, aber … sie. Sie beide. Sein süßer Jason … Okay, objektiv betrachtet war Jason gewiss nicht süß. Er war echt nicht der niedliche Typ. Sexy, sicher, aber keine Verwechslungsgefahr mit irgendwelchen Disney-Figuren. Aber für ihn war er es trotzdem. War doch egal warum, Hirnverneblung eben. Und mit ihm im Arm schlief er so gut … einfach nur schlafen, auch wenn ihm der Arm dabei abstarb … da war dann einfach nichts anderes mehr, keine Geschäftszahlen, keine toten Eltern, nur er, das Bett und Jason … und sein verrückt gewordenes Herz, das flüsterte: Nimm alles, was du kannst. Du weißt, er wird gehen. Alles im Leben geht vorbei. Kein Sinn darin, darüber zu hadern. Aber genieße es, solange es dauert, ohne an das Ende zu denken … Er tat sein Bestes. Jasons Körper in seinen Armen zuckte plötzlich, dass er sich fürchterlich erschrak. Jason fuhr hoch. „Wo seid ihr?“, schrie er plötzlich in den Raum. Entgeistert und mit klopfendem Herzen sah Ragnar zu ihm auf. Jason wirkte trotz offener Augen nicht wach. „Ich bin da“, flüsterte er. „Ich bin da.“ Jason schluckte. Dann klappte er einfach wieder zurück, kuschelte sich an ihn und verfiel wieder in Tiefschlaf. Was zum Teufel war das denn gewesen? Ein Albtraum? Vermutlich. Aber was hatte Jason gesucht? Er wusste es. Nicht aus Gründen der Vernunft, er wusste es einfach. Gelaber und Pseudo-Philosophie hin und her, sie wollten beide nicht alleine sein. Nicht wirklich. Waren sie aber beide aus Überzeugung und eventuell auch Unfähigkeit. Okay, Jason hatte immerhin noch seine Eltern. Er hatte gar nichts. Nur Jason. Gemeinsamkeit machte verletzbar. Wer war das schon wert? Als die Nachricht gekommen war … der Unfall … das hatte sich angefühlt, als risse ihm jemand mit glühenden Zangen das noch zuckende Herz aus dem Leib, ohne ihn wenigstens dadurch gnädig sterben zu lassen. Aber auch vorher … nicht weh tun … daher … besser nicht … Es gab so viel Anderes … der Job … Er war ein Feigling. Immer gewesen. Aber gerade nicht, Jason begriff … aber sie kannten beide die Spielregeln. Das machte es leichter. War schon okay. Nicht für immer. Aber jetzt … so nah … so schön … Er drückte das Gesicht in Jasons Nacken. „Ich habe dich lieb, du Torfkopp“, murmelte er. Jason brummelte irgendetwas. Eine Hand tastete nach seiner. So gut. …………………………… „Okay!“, verkündete Jason aufgeregt. „Nikolaus. Ich hoffe, du hast den Schokololli bemerkt, bevor du in deine Latschen gestiegen bist.“ „Habe ich, danke“, bemerkte Ragnar trocken. „Ansonsten hätte ich jetzt wahrscheinlich schwarze Füße.“ „Och, mit Schokolade dran würde ich die ganz pervers ablecken“, zwinkerte Jason. „Und danke für die Socken!“ „Immer gern. Ein Paar Socken für dreißig Euro! Du bist wirklich pervers! Aber wenn’s dich so freut …“ „Tut es!“, lachte Jason. „Ich bin ein verwöhntes Luxussöhnchen auf Entzug, schon vergessen? Die Socken sind für mich wie der nächste Schuss eines Heroin-Junkies! Danke, you made my day!“ Er wackelte demonstrativ mit den Zehen, während er sich auf der Couch fläzte. Er klopfte neben sich. „Komm her, mein Socken-Dealer, es geht gleich los. Live-Interview mit Danny aus London, hoffentlich erwähnt er den Rübenfürsten. Oder lässt ihn irgendwo gut sichtbar im Raum stehen. Wie auch immer. Komm her.“ „Na gut“, grummelte Ragnar und ließ sich neben ihn fallen. „Schauen wir uns halt Super-Danny an …“ Jason reichte ihm eine Schale mit Zimtsternen. Irgendwie fiel er nie durch irgendwelche affektierten Diät-Attacken auf. Aber so, wie sie ranklotzten, war das auch nicht wirklich nötig. Er philosophierte auch nie über Kalorien. Gene, Erziehung, was auch immer, jedenfalls war er bisher damit nie verfettet. Und Jason auch nicht. Super-Danny … möge er verrecken … nicht Jason anfassen … weg da … scheiß Eifersucht… Schön brav gute Miene machen, genau, wäre sonst auch echt peinlich. London war ganz schön weit weg. Jason knusperte genüsslich seinen Zimtstern und schlang ihm dann den Arm um die Schultern. Der Ansager brabbelte irgendetwas von Superstar und Schwarm aller Frauen. Damit war Danny gemeint. Erstick an deinem falschen Gesülze … du bist schwul, du verlogener Hering … Okay, ganz fair war das nicht. Als schwuler Ingenieur oder Rübenbauer hatte man es da wohl schon leichter. Danny hatte allerdings auch keiner gezwungen, einen auf Hetero-Schmachthengst zu machen. Es mochte karriereförderlich sein, aber er log. Und das hatte Gründe. Genau wie bei so vielen Spitzensportlern, Politikern, Grundschullehrern, was auch immer. Scheiß-Angst. Und völlig unbegründet war sie ja nun nicht. Aber was wäre, wenn sie alle mal auspacken würden …? Schwule Weltrevolution …? Träum weiter, Ragnar. Vielleicht Schritt für Schritt … Es gab Kämpfer, Mutige, die der Masse zeigten, dass sie völlig normal waren. Aber er selbst musste auch still sein, er hatte ja auch immer gekniffen. Nicht wild gelogen, aber er hatte geschwiegen. War kein Stück besser als Danny, nur in der Hessen-Land-Version. Scheiß Danny Thompson! Jason mümmelte derweil einen weiteren Zimtstern. Der war nie in der Bredouille gewesen. Aber Jason hatte auch nie eine Karriere hinlegen müssen oder wollen. Er war der Alleinerbe eines riesigen Konzerns. Das schien ihn allerdings auch nie tiefgreifend geschockt zu haben. Er war echt mit einem goldenen Löffel im Maul geboren und seine Eltern drohten wegen seines Partylebens, nicht wegen seiner Sexualität mit Enterbung. Immerhin. Auf dem Bildschirm erschien Danny Thompson. Er war top gedresst, eins A frisiert und zeigte seine Grübchen. Arschloch. „Huhu, Danny!“, sagte Jason und winkte dem Fernsehbild zu. Wie auf Signal lächelte Danny. Dann schnappte er sich eine Flasche und trank gierig daraus. Rübenfürst. Juhu …? „Was zum Geier …?“, schnappte Jason. Okay, das hatte er wohl nicht halluziniert. Danny Thompson soff bei einem hochoffiziellen Fernsehinterview, das international live übertragen wurde, Rübenfürst aus der Flasche. Und Rübenfürst knallte wie nur was, das wussten er und sein Tattoo nur zu gut. Oh oh … Er griff nach Jasons Hand, die merkwürdig schlaff blieb. „Hey … Leute … huhu …“, gurgelte Danny und kippte nach. „Was treibt der Idiot!“, regte sich Jason auf. Ha ha, jetzt war er nicht mehr Super-Danny, sondern Idioten-Danny … Okay, Schnauze halten, war ja auch sein Schnaps – und sein Freund, wie auch immer. „Hallo Danny“, sagte der Reporter neutral. „Die Trennung von Fiffy macht Ihnen ja sehr zu schaffen …“ Danny kringelte sich fröhlich. „Fiffy … diese künstlich bekrallte Schnalle ... nee … nein danke … mag ich nicht …“, lallte er. „Die hatte … Titten … mag ich auch nicht …“ „Ach du Scheiße!“, keuchte Jason. „Der Trennungsschmerz geht Ihnen gerade sehr nahe“, versuchte der Reporter die Situation zu retten. Danny lachte sich kaputt. „Trennungsscherz, von wegen. Pah! Ich scheiße auf Fiffy. Und ihre Titten. Denn ich bin schwuuuuuuuuuuuul!!! Schwi… scha… scho… schwul…. Schwul, schwul, schwul … Nougatstecher, Sie wissen schon. Obwohl ich mich doch lieber von gut bestückten Kerlen *piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeep*!“ Irgendwer war so geistesgegenwärtig gewesen, auf den Zensurknopf zu hämmern. Aber die Botschaft war schon klar. Ragnar war nach Lachen. Jason eher nicht. Danny hielt das Rübenfürst-Etikett fröhlich in die Kamera, während er weiter soff. Sein Pressesprecher zerrte an ihm, aber er erwies sich als wenig kooperativ. „Und wisst ihr, wem ich das zu verdanken habe?“, verkündete er. „Jason von Buch! Ja, von den von Buchs, Babykost und so!“ „Oh Gott!!!“, stöhnte Jason. „Halt’s Maul! Um Gottes Willen, halt die Klappe, Danny!“ Aber er wurde nicht erhört. „Hey, Jason!“, grüßte ihn Danny fröhlich. „Danke für den*piiiieeep* und den Schnaps. Rübenfürst ist echt geil! Genau wie du, du *piiieep*! Du hast es echt rauf. Machst dein Ding. Brennst deinen Schnaps in der Pampa, weil deine Eltern dich für eine Knalltüte halten! Bist du aber nicht! Du bist so ein heißer *piiiiiep!* und so einer geiler *piiiieeep!“ Wünsche dir alles Gute! Rübenfürst ist geil, und ich bin schwul… tja, das war dann wohl die Massage… Rübenfürst ist krass schwul … lecker … ohne Rübenfürst wäre ich wohl gerade nicht so schwul … Egal … Danke, schwuler Jason von Buch!“ Danny räkelte sich, versuchte, den Zuschauern zuprostend, schwankend auf die Beine zu kommen, hielt verblüfft inne, rülpste ohrenbetäubend, versuchte zu reden und erbrach sich in einem wilden Schwall quer über den Bildschirm. Der Laut, der dabei über seine Lippen kam, hörte sich wie „Jason von Buaaaaaaaaaarrrrrrch!“ Das Bild wurde unterbrochen. „Aha, Rübenfürst ist schwul … genau wie Danny Thompson. Was für Neuigkeiten!“ erregte sich ein milchgesichtiger, offensichtlich völlig perplexer Reporter. „Aber jetzt wissen wir wenigstens, was Danny Thompson heute zu Mittag gegessen hat! Doch wer ist Jason von Buch …?“ „Kacke!“, stieß Jason entsetzt hervor. „Dieser Vollidiot! Was zum Geier hat den geritten?!“ „Du anscheinend. Und der Rübenfürst. Ich sage nur: Tattoo. Alkohol ist nun mal nicht so gut für das Denkvermögen – und für die Verdauung“, erinnerte ihn Ragnar. „Und hey, man kann deinen Namen kotzen! Ich dachte, dass ginge nur mit ‚Jörg‘ oder ‚Ulf‘!“ „Kacke! Kackkackekacke!!!“, tobte Jason. „Scheiß Danny! Was musste der so viel davon saufen und sich gleichzeitig outen, der Idiot! Und vor allen Dingen: mich erwähnen! Was meinst du, wie schwierig es war, nie in den Fokus der Klatschpresse zu geraten!“ „Hammerhart. Armer Jason“, kommentierte Ragnar. „Ja, mach dich nur lustig - aber was bedeutet das für den Rübenfürsten! Nix ist mehr mit Manager-Drink! Schwuchtel-Gesöff, das ist er nun!“, kochte Jason. „Besser als nichts“, kommentierte Ragnar nur trocken. „Und streng genommen ist es ein Schwuchtel-Wasser. Ersonnen und fabriziert vom schwulen Jason von Buaaaaarrrrch …“ „Ha ha! Aber das ist nicht der Punkt! Das Image ist der Grund! Die Community weltweit wird vielleicht Applaus klatschen – aber wie viele von denen servieren schon sauteuren Rübenschnaps? Und blöder Weise ist die Mehrheit der Menschen nicht schwul! Überraschung! Das betrifft leider, leider auch den größten Teil des Klientels, die nun garantiert nicht mehr mit einem Gläschen Rübenfürsten auf die feindliche Übernahme anstößt! Oder auf ihr neues Handicap! Oder auf die Geburt ihres Enkels!“, schäumte Jason. „Aber was ist mit Dannys Fans, das sind doch Größtenteils Frauen, die haben nicht so Angst, dass ihnen vom Rübenfürsten der Schwanz abfällt“, versuchte es Ragnar auf der argumentativen Ebene. Jason schnaubte, sprang vom Sofa auf und begann durch den Raum zu tigern. „Ja, ich wette die sind mir höchstverbunden, dass ich ihren feuchten Traum in den Suff und ins Outing getrieben habe! Okay, nicht alle, aber garantiert genug! Und die werden klein Hans-Günther zum Achtzehnten auch kein Fläschchen davon schenken, darauf darfst du Gift nehmen!“ „Ach, Jason. Vielleicht ist das gar nicht so wild: Immerhin kennt jetzt wahrscheinlich jeder den Rübenfürsten …“, blieb Ragnar am Ball. „Ja!“, ächzte Jason. „Und mich auch! Als den, der Danny Thompson ausgiebig gepiiiiiept hat! Oder genauer: ausgiebig den Piiieeep in den Piieeep gepiieeept hat! Rate mal, was jetzt passiert?“ „Äh … man verleiht dir einen Orden …?“, kapitulierte Ragnar vor Jasons Getobe. Jason legte den Kopf in den Nacken und lachte unheiter. „Nein. Die werden versuchen, sich auf mich zu stürzen. Ich muss sofort zu Hause Bescheid sagen, falls sie es nicht schon mitbekommen haben. Unsere Anwälte und Pressesprecher müssen losgejagt werden. Und ich muss mich mit Dannys Entourage in Verbindung setzen, dass die ihn knebeln, damit der ja nicht noch ausplaudert, wo genau ich stecke! Sonst bricht hier ab Morgen die Hölle los! Dann bin ich in den *Piep* *gepiept* – aber nicht auf die gute Art! Und danach werden wir sehen … was dann noch steht … Scheiße! Scheiße! Scheiße!“ Er stöhnte laut und ließ sich wieder neben Ragnar aufs Sofa fallen. So von der Rolle hatte er ihn noch nie erlebt. Aber Jason war ja wahrscheinlich zuvor auch noch nie so hinter dem Erfolg seiner Mühen her gewesen – oder hatte überhaupt irgendwelche Mühen unternommen. Die Aussicht, einer Invasion von Paparazzi zum Opfer zu fallen behagte Ragnar auch ganz und gar nicht. Doch das mit dem Rübenfürsten war auch nicht gut. Da musste er Jason schon Recht geben: Scheiß-Danny. „Ich wusste es doch“, murmelte Jason. „Das Leben ist nur gut, wenn man nichts Großartiges will und nichts braucht und alles hat und den Rest ausblendet. Ich dachte, dass sei auch so. Kompliziert ist scheiße! Tiefgründig ist scheiße!“ Ragnar fasste ihn an der Schulter und zwang ihn, ihn anzusehen. „Scheiße hin oder her – du kriegst das wieder hin. Daran zweifle ich nicht. Denn leider, leider bist du nicht so hohl, wie du gerne wärst. Tut mir echt leid für dich. Aber du bekommst deinen Arsch hoch und kriegst das gebacken. Garantiert!“ Jason seufzte, schloss die Augen und grinste etwas gequält. „Du musst nur an dich glauben? Danke, damit wäre ich wieder auf Linie, das ist echt das Maximum an Philosophie, das ich aktuell verkrafte. Vielleicht noch eine große Packung Eis und eine Wolldecke? Kuschelige Socken habe ich ja bereits. Ach ne, ich muss ja telefonieren. Schleunigst. Und wenn Danny wieder munter ist, kriegt er erst einmal eine Verfügung unter die Nase, dass er die Fresse zu halten hat! Das wird ihn bestimmt erheitern!“ „Na, siehst du, geht doch! Brave hohle Nuss! Aber, was mich bei der Sache gerade etwas wundert …?“, setzte Ragnar an. „Was?“, erwiderte Jason etwas schwächlich. „Wenn du so gerne mit den Reichen und Schönen gefeiert hast, warum dann dieser Presse-Hass? Ich meine, die meisten tun es doch gerade deshalb?“, fragte Ragnar. „Schau dich mal um“, sagte Jason. Ragnar gehorchte verwirrt. „Was … ich sehe nichts …?“, musste er gestehen. „Genau“, erklärte Jason. „Kein Luigi, Manfred, Bronzo oder sonst wer.“ „Häh?“, erwiderte Ragnar verständnislos. „Presse ist nervig, wer lässt sich schon gerne zerpflücken? Ich habe gefeiert, um zu feiern, nicht um Titelblätter zu zieren. Aber das war nicht der springende Punkt. Die Firma meiner Eltern ist weltweit an zweiter Stelle im Bereich der Babynahrung und Babyartikel. China inklusive. Hast du eine Vorstellung davon, was ‚stinkreich‘ eigentlich bedeutet?“, fragte Jason und robbte in eine etwas bequemere Haltung auf dem Sofa. „Dumpf … bei irgendeinem Arztbesuch mal etwas von gelesen… George Clooney hat ganz schön was auf dem Konto …“, gab Ragnar zu. „Dessen Kontostand sind Peanuts gegen das, was meine Familie erwirtschaftet und umsetzt“, fuhr Jason fort. „Mein „Luxusleben“ haben meine Eltern aus der Portokasse finanziert. Das war nicht mehr als ein bescheidenes Taschengeld, wahrscheinlich auch verbunden mit der Hoffnung, dass ich auf dem Teppich bleibe. Also, was meinst du, was passieren würde, wenn ich einen auf It-Girl machen würde?“ „Wenig Spaß, viel Stress?“, tippte Ragnar. „Im besten Falle. Schlimmstenfalls einen Sack über den Kopf und einen Kurztripp in ein unterirdisches Verließ, wo man mir Fingerkuppen als Zahlungsaufforderung absäbeln würde, wenn nicht ständig Luigi, Manfred und Bronzo auf mich aufpassen würden. Solange mich kein Arsch einordnen kann, ist die Gefahr da deutlich geringer. Und ich habe keinen Bock auf Luigi, Manfred und Bronzo – zumindest nicht so – also habe ich immer darauf geachtet. Immer diskret. Nie in erster Reihe. Keine Namensnennung. Auch das Loft in Hamburg – Popelkram im Vergleich zu dem, was ich hätte machen können. Aber zumindest in diesem Punkt war ich mit meinen Eltern einer Meinung. Schon aus reinem Eigennutz. Um so leben zu wollen war ich dann doch nicht eitel – oder dämlich – genug. Außerdem: musste ich ja nicht! Ich habe damit ja nicht meinen Lebensunterhalt verdient! Das – habe – ich mit dem Rübenfürsten!“, kam Jason wieder auf den Punkt. Ragnar musterte ihn. Er musste zugeben, dass er Jasons Hintergrund immer und gerade in letzter Zeit ziemlich ausgeblendet hatte. Jason war für ihn der mit der Bruchbude nebenan, nicht der mit dem Riesenerbe. Oder gar mehr. Oh Gott! Aber objektiv betrachtet war es natürlich nicht gerade überraschend, dass Familie von Buch den Geldspeicher voll hatte. Aber stinkreich-Jason in seiner stinkreich-Welt hatte er nie kennengelernt, ersteren nur in der entwurzelten und zwangsverdonnerten Pudel-Version, letztere gar nicht. Er kannte nur „seinen“ Jason, der nur eingebildeter Weise „seiner“ war – und von dem er eine ganze Menge nicht wusste. Jason ja auch nicht über ihn, sie beide hatten ihre Leben gelebt, sehr verschiedene Leben, bis sie schließlich beide irgendwie hier gelandet waren. Auf seiner Couch, Hand in Hand. Jason straffte sich wieder und atmete tief durch. „Okay!“, beschloss er. „Auf geht’s! Genug geheult!“ Okay, da war er ja wieder, ob sein oder nicht: Jason. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)