Was ist schon normal? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: nächtlicher Spaziergang ---------------------------------- Mein Leben war immer schon langweilig und normal. So wie ich. Okay, Leute die mich näher kannten würden mich vermutlich nicht als langweilig, sondern eher als verrückt beschreiben, aber ich bezog das jetzt eher auf mein Äußeres. Ich sah absolut durchschnittlich aus, hatte einen absolut durchschnittlichen Beruf- oder würdet ihr sagen, dass Lehrerin zu den Actionreichen Berufen zählt?- und absolut durchschnittliche Hobbys. Mein Leben war so normal, dass ich meine Tage im Normalfall damit verbrachte mir auszumalen, wie spannend es doch sein könnte. Kein Wunder also, dass ich am Anfang nicht bemerkte, dass mein Leben aus den Fugen geriet. Erst als ich schon mittendrin war in meinem eigenen kleinen Abenteuer, wurde ich mir der ganzen Sache überhaupt bewusst. Nur das ich im Gegensatz zu meinen Tagträumen in dieser Welt nichts Besonderes war. Ich war immer noch die gleiche langweilige Menschenfrau, die ich auch den Rest meines Lebens gewesen war, nur das ich jetzt ein paar sehr wütende Dämonen an der Backe hatte und auf ein ziemlich außergewöhnliches Mädchen aufpassen durfte. „Buck, wenn du nicht gleich aufhörst zu ziehen, mach ich aus dir eine neue Handtasche!“, zischte ich und warf meinem Hund einen bösen Blick zu. Na gut, bei seiner Größe könnte ich mir eigentlich gleich zwei Handtaschen anfertigen. „Der nächste Hund wird ein Beagle“, seufzte ich leise und schaute hoch in den Sternen Himmel, da Buck mir eine kurze Pause gönnte. Er musste einen Grasbüschel inspizieren. Ich wollte lieber gar nicht wissen wer da schon alles hingemacht hatte. Erneut seufzte ich und fasste dieses Mal den Mond in mein Augenmerk. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen ich bin Mondsüchtig. Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon bei den nächtlichen Spaziergängen mit meinen Hund einfach stehen geblieben war und den Mond angestarrt hatte. Irgendwas stimmte mit mir vermutlich nicht. Ein kühler Wind kam auf und ich fröstelte. Fluchend versuchte ich die 55 Kilo Dogge am anderen Ende der Leine zum weitergehen zu überreden - Ich scheiterte kläglich. Genauso gut konnte man versuchen einen Felsen zu bewegen. Das einzige was ich erreichte, war das der Hund ein grunzendes Geräusch von sich gab, wie ein Staubsauger, der sich gerade festgesogen hatte. Deprimiert schüttelte ich den Kopf und hatte plötzlich die Stimme meiner Mutter im Kopf „Es gibt nichts schlimmeres, als das was man sich selbst antut“. Wie recht sie doch hatte. Denn genau in dem Moment beschloss Buck, das er genug geschnüffelt hatte und zerrte mich unsanft weiter. Mein Entschluss stand fest, der nächste Hund würde kein Beagle, es würde nämlich keinen nächsten Hund geben! Fast wäre ich dann auch noch über Buck gefallen, da er nach der nächsten Ecke nicht weiter gestürmt war wie sonst, sondern einfach stehen blieb. Gerade so verhinderte ich den unschönen Sturz auf den Asphalt, fand wenig graziös mein Gleichgewicht wieder und wollte auch schon laut los schimpfen, als mir auffiel was die Aufmerksamkeit der ignoranten Dumpfbacke, die sich mein Hund schimpfte, auf sich gezogen hatte. Im Licht der spärlich verteilten Straßenlaternen, waren drei Gestalten zu erkennen. Eine lag am Boden, sie war kaum größer als ein Kleinkind und die anderen beiden merklich größeren Gestalten traten auf das arme kleine Wesen ein. Ich schluckte. Was sollte ich den jetzt tun? Die beiden Typen waren auf jeden Fall größer als ich, aber ich konnte doch nicht einfach zu sehen wie die ein Kind verprügelten. Mein Blick wanderte zu meinem Hund, der einfach nur angespannt da stand und die Szene beobachtete. Eins war sicher, auf Bug war kein Verlass. Oder vielleicht doch? Erstaunt stellte er ich fest, dass er sein Nackenfell sträubte. Wenn ich Glück hatte wirkte er einfach furchteinflößend genug und die Typen würden sich erst gar nicht mit mir anlegen. Ein schmerzerfülltes Quieken drang an mein Ohr. Scheiß auf die Konsequenzen es wurde Zeit zu handeln. Und wenn es eins gab was ich nicht ausstehen konnte, dann war es mangelnde Zivilcourage. Ohne noch einmal nachzudenken trat ich aus dem Schatten und lief auf die Kerle zu. Gott verdammt ich war Lehrerin, ich hatte schon schlimmeren Rotzbengeln gegenübergestanden, als den beiden. „Hey, traut ihr euch nicht euch mit jemandem in eurer Größe anzulegen?“, schrie ich zu ihnen herüber. Erst als sie sich zu mir umwanden, bemerkte ich, dass es keine Teenager mehr waren. Oh oh. Die waren definitiv über 20. Tja Pech gehabt. Jetzt hieß es Augen zu und durch, auch wenn ich mir wahrscheinlich jeden Augenblick in die Hosen machte, äußerlich war ich vollkommen cool. „Was willst du denn Menschenweib?“, rief der eine, während die beiden ein paar Schritte auf mich zu kamen. Menschenweib? Bitte lieber Gott mach dass ich mich verhört habe! Das Aufleuchten von sehr sehr langen Fingernägeln im Licht der Straßenlaterne trug nicht sehr zu meiner Beruhigung bei. Warum musste ich ausgerechnet heute Abend auf Youkais stoßen? Ich hatte in meinem ganzen Leben erst 5 gesehen und kannte zum Glück nur einen persönlich- ganz ehrlich, dass reichte mir auch, es gibt’s nichts eingebildeteres als Youkais, vermutlich mischen sie sich deswegen so selten unter Menschen, wir sind ihre Anwesenheit ja nicht Wert( bitte hier ein gedankliches entrüstetes Schnauben einfügen)- und dann jetzt gleich zwei auf einmal? Das war einfach nicht fair! Aber hey, wenn das Youkai waren, dann war das Wesen das sie verprügelt hatten bestimmt auch ein Dämon und würde mich gleich aus Dankbarkeit unterstützen! Gut es war verdammt klein… und sah ziemlich zerknautscht aus, aber das hatte bei Youkais ja nichts zu sagen, oder? Schnell warf ich dem Winzling einen Blick zu, nur um festzustellen, dass er gerade dabei war in einer Seitengasse zu verschwinden. „Hey du Wichser, bleib gefälligst hier!“, empört schrie ich dieser feigen Kreatur hinterher. Der überließ mich einfach meinem Schicksal! Die Geschichten die man sich über Youkai erzählte waren also eindeutig wahr. „Kudo schnapp ihn dir bevor er entwischt“, wies einer der beiden Youkai den anderen an und dieser nahm daraufhin die Verfolgung des kleinen Verräters auf. Hoffentlich erwischte er ihn! Und mal wieder spürte ich das kindische Verlangen jemanden trotzig die Zunge rauszustrecken. Ich befürchte ich würde wohl nie erwachsen werden. Aber wenn ich mir den wütenden Blick des Youkais vor mir besah und seine im gedämpften Licht schimmernden Klauen, dann hatte ich zum Erwachsenwerden auch nicht mehr viel Zeit. Wäre ich gläubig, wäre das jetzt wohl der richtige Moment für das letzte Gebet. Jetzt war es also nur noch einer, der mir langsam und bedrohlich näher kam. Aber hey, ich hatte ja noch meinen riesigen furchteinflößenden Hund! Schnell warf ich einen Blick zu Buck, der … auch nicht mehr da war? Suchend blickte ich mich um? Der hatte doch nicht etwa die Leine durch geknabbert und war abgehauen? Na immerhin, so feige war er nicht. Er versteckte sich nur mit eingeklemmtem Schwanz hinter meinen Beinen und fing jetzt zur Krönung auch noch leise an zu Fiepen. „Na warte, du untreue Töle, wenn ich hier lebend rauskomme, dann melde ich uns noch morgen in der Hundeschule an!“, raunte ich ihm zu, bevor ich meine Aufmerksamkeit wieder dem offenbar feindlich gesinnten Youkai vor mir zuwendete, der jetzt nur noch wenige Meter von mir entfernt war und unsre kleine Auseinandersetzung anscheinend interessiert verfolgt hatte. Als ich dann auch noch ein kleines mordlustiges Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete, beschloss anscheinend mein Verstand sich mal wieder zu melden. In einer Geschwindigkeit die ich mir selbst nie zugetraut hätte – ich war grottenschlecht in Sport und hatte auch seit der Schulzeit keinen mehr getrieben- wirbelte ich herum. Mein mit Adrenalin vollgepumpter Körper, schaffte es auch noch irgendwie sich an den Hund hinter mir zu erinnern, so dass ich nicht über ihn fiel, sondern elegant an ihm vorbei sprang. Buck schien große Stücke von meiner Idee zu halten, denn auch er stürmte los, kaum dass ich den ersten Schritt getan hatte. Er schien es für eine so brillante Idee zu halten, dass er es nicht mal für nötig befand, auf mich zu warten. Mit zwei Sprüngen hatte er mich weit hinter sich gelassen und stürmte Kopflos weiter, anscheinend hatte er vergessen, dass ich immer noch am anderen Ende der Leine hing. Die Leine war schon bedenklich gespannt, als ich erschrocken aufschrie und eine Vollbremsung einlegte. Buck, der nicht so schnell reagierte, schaffte es nicht mehr rechtzeitig zu bremsen. Was für ein Glück stieß er auf ein Hindernis und wurde aufgehalten, sonst hätte er mich wahrscheinlich bis nach Hause an der Leine hinterher geschleift. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie hatte dieser Youkai es geschafft innerhalb von Sekunden vor uns aufzutauchen. Dumm nur das er nicht mit Bucks mangelndem Reaktionsvermögen gerechnet hatte. Der Hund hatte ihn glatt übern Haufen gerannt, so dass sich nun beide langsam vom Boden hoch rappelten. Wer hätte das gedacht? Der Hund war doch ein Schutz gegen Youkai! Der zu Boden gegangene Youkai stieß ein bedrohliches Knurren aus, während er sich wieder auf rappelte. Panisch riss ich Buck an der Leine zu mir zurück. Anscheinend hatte der Kerl nicht geglaubt von einer riesigen sabbernden Dogge umgerannt zu werden. Tja, sowas konnte ein ziemliches dramatisches Erlebnis sein. Ich spreche aus Erfahrung. Stellt euch mal vor ihr denkt an nichts Böses und auf einmal macht es „rums“ und das letzte was ihr seht ist eine feuchte Hundeschnauze, die sich zielsicher in euer Gesicht bohrt. Kopfschüttelnd vertrieb ich das Bild vor meinem inneren Auge und trat sicherheitshalber ein paar Schritte zurück, den Hund mit mir mitziehend. „Ich hasse diese sabbernden stinkenden Tölen, dass wirst du bereuen Menschenweib!“, knurrte mir der Youkai zu und knackte bedrohlich mit den Fingern. Hab ich schon erwähnt, dass ich Leute nicht mag, die keine Hunde mögen? Und was ich gar nicht abhaben kann ist wenn Fremde MEINEN Hund beleidigen. Gut er war vielleicht ein müffelndes, ignorantes, sabberndes, feiges Monster, aber die Einzige und ich wiederhole, die EINZIGE, die dazu berechtigt war ihn so zu nennen war ich! Und vielleicht Leute die regelmäßig von ihm belästigt wurden. Ich holte gerade tief Luft, um dem Kerl mal ordentlich die Meinung zu geigen. Ich würde ja ohnehin in 5 Minuten das Zeitliche segnen, da konnte der Kerl auch ruhig wissen was ich von ihm. Doch bevor ich auch nur einen Ton herausgebracht hatte, ertönte hinter mir ein Schrei und der Kerl fixierte plötzlich die Seitengasse, in die der kleine Verräter und der andere Kerl verschwunden waren. Sollte ich mich auch umdrehen? Einerseits wollte ich den Youkai nicht den Rücken zu wenden, aber andrerseits wollte ich auch wissen was da abging. Nach einigem Hin und Her drehte ich mich schließlich doch um. Wenn der Kerl mir was tun wollte, dann konnte ich es auch nicht verhindern, wenn ich es kommen sah. Warum also hinsehen? Was für ein Glück hatte ich mich umgedreht! So bekam ich gerade noch mit wie Youkai Nr. 2 in einem hohen Bogen aus der Gasse flog und unsanft auf der Straße landete. War der kleine Wicht, doch stärker als ich angenommen hatte und kehrte jetzt zurück, um die Beiden platt zu machen? Der Youkai hinter mir fing schon wieder an zu knurren und ich warf ihm einen schnellen Schulterblick zu. Der Kerl sah aus, als würde er unter Strom stehen. Ich spürte nur einen kühlen Luftzug, als er an mir vorbeieilte und schneller als ich Blinzeln konnte, bei seinem Kameraden war. Er hatte ihm noch nicht ganz auf die Beine geholfen, da trat eine weitere Person aus der Gasse. Und das war ganz sicher nicht der kleine Verräter. Nein, der Kerl war vermutlich noch ein Stückgrößer, als die beiden Youkai. Schlank breite Schultern, silbernes Haar … Silbernes Haar? Na toll. Also vermutlich noch ein Youkai. Was war denn nur heute Abend los? Hinter dem silberhaarigen, kam jetzt doch noch der kleine Verräter aus der Gasse getreten und schien auf einmal sehr viel mutiger zu sein. „Geschieht euch ganz recht!“, höhnte der Kleine, der im Licht der Laterne merkwürdig grün aussah. Warum wunderte mich sowas eigentlich noch? „Jaken“, die Stimme des silberhaarigen, mit der er den Grünling zur Ruhe gemahnte, war schneidend kalt. Sofort verstummte der genannte und trat wieder einen Schritt zurück. Ich wurde stummer Zeuge eines Blickduells, das sich der Silberhaarige mit den beiden anderen Youkai lieferte. Es dauerte gefühlte 5 Minuten, bis der Silberhaarige sie leise zischend dazu anwies zu verschwinden. Und das taten sie auch. Zumindest waren sie weg, nachdem ich nur einmal geblinzelt hatte. Hatten die alle einen Beamer dabei? Egal, Hauptsache es waren keine Dämonen mehr hier, die mich um die Ecke bringen wollten. „Uff.“ Mit diesem sehr treffenden Kommentar ließ ich mich zu Boden fallen und atmete erst mal tief durch. „Buck, morgen Abend kannst du dir jemanden andren suchen, der mit dir Gassi geht“, erklärte ich meinem Hund entschieden, während ich mich beim Anblick des ungetrübten Sternenhimmels so langsam beruhigte. Zum Zeichen, dass er mich zwar gehört hatte, ihm meine Meinung aber sowieso nicht interessiert, drückte Buck mir einmal seine feuchte Nase gegen die Wange und setzte sich dann mit einem übertrieben genervten Brummen, dass wohl so viel heißen sollte wie, das die Alte aus allem so ein Drama machen muss, neben mich. Erst als ein Schatten auf mich fiel und sich das Gesicht des Silberhaarigen in mein Blickfeld schob, erinnerte ich mich daran, dass ich immer noch nicht allein war. Sollte er doch sonst was mit mir machen, wenn er wollte. In den nächsten fünf Minuten, würde ich mich sicherlich nicht mehr von der Straße aufkratzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)