Ein guter Tag zum Sterben von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, der Hunderat und so etwas ähnliches wie die Hölle) ================================================================================ Kapitel 4: Im Wald der Todesseile --------------------------------- Der seltsame, fast kreisrunde Wald war dunkel, finsterer, als es eigentlich der Baumbewuchs zugelassen hätte, und Inuyasha spürte erneut das unbehagliche Gefühl beobachtet zu werden. Aber es war nichts zu sehen, nicht einmal ein Hase zu wittern. Es war, als ob der Wald vollkommen ausgestorben wäre. Womöglich hatte das ihm seinen Namen gegeben. Menschen würden sich hier gleich noch einen Deut unwohler fühlen. Aber wieso eigentlich Todes-Seile? Es warf einen Blick herum. Nichts war zu erkennen außer hohen Bäumen, sicher weit über hundert Jahre alt, moosbewachsen und selbst an den dicksten Ästen grün. Er ging hinter seinem Halbbruder, der anscheinend mühelos die schnurgerade Richtung Nordost einhielt. Es gab auch keinerlei Unterholz hier. Das war der befremdlichste Wald, in dem er je gewesen war, und er hatte auf seinen langen Wanderungen, zuerst allein, später dann mit seinen Freunden auf der Jagd nach Naraku wirklich eine Menge gesehen. Irgendetwas stimmt hier nicht, veränderte die Luft, aber da Sesshoumaru nichts sagte, und der von ihnen doch die bessere Nase hatte, mochte es eine reine Einbildung sein. Sesshoumaru, ja. Seit der anerkannt hatte, dass er, Inuyasha, Tessaigas rechtmäßiger Besitzer war, hatte er ein eigenes Schwert, Bakusaiga, aus sich selbst heraus bekommen und einen neuen zweiten Arm dazu. Und er selbst…nun, eigentlich war es ihm so ähnlich ergangen. Als er geglaubt hatte, dass es für Kagome sicherer und besser in ihrer Zeit war, er sie nach Hause gebracht und auf sie verzichtet hatte – drei Jahre später hatte er sie zurückbekommen. Sie war erwachsen geworden, und er eigentlich auch. Kaede hatte ihn sogar, wenn auch nur einmal, weise genannt. Auch er hatte lernen müssen, auf das, was ihm so wichtig gewesen war, zu verzichten, um es zu bekommen. Und jetzt war er erwachsen geworden, nicht mehr ganz so aufbrausend wie früher, nicht mehr ganz so leicht zu jedem Kampf bereit. Er hatte endlich ein Zuhause gefunden und war zufrieden. Bis auf einen Punkt, korrigierte er sich ehrlich. Sein Vater hatte ihn anerkannt, ihm einen Namen gegeben und damit war er ein vollwertiges Familienmitglied. Und doch hatte ihn Sesshoumaru als Schande für die Familie bezeichnet, nahm ihn einfach nicht für voll. Das war noch immer sein eigener, gefühlsmäßiger Schwachpunkt. Und dabei war es vollkommen unrealistisch. Ehe Sesshoumaru ihn als Bruder anerkannte, von „unserem“ Vater sprach, würde die Welt untergehen. Für einen so hochrangigen, vollblütigen Youkai, der noch dazu die Schwelle zum Daiyoukai überwunden hatte, ja, angeblich stärker als Vater geworden war, würde er immer der Schwächere sein, immer der Bastard, das Halbblut. Er entsann sich nur zu gut, wie nach Kikyous Wiedereinmalermordung durch Naraku Sesshoumaru auf seine Vorwürfe nur antwortete: Inuyasha, der, der die miko nicht beschützte – das war nicht ich. Und das war die bittere Wahrheit gewesen. Ein Youkai tat nichts, was ihm nicht nützlich war – und Kikyou hatte nun einmal nicht zu den Begleitern seines Halbbruders gezählt sondern zu den seinen. Ärgerlich, aber irgendwo auch verständlich. Hatte er gerade verständlich gedacht? Er verstand den ach so tollen Daiyoukai? Doch, wohl schon, jedenfalls eher als der ihn. Er hatte wirklich dazu gelernt in den letzten Jahren, vor allem in dem Moment, in dem Sesshoumaru zu ihm gekommen war und ihn gebeten hatte...ja, gebeten hatte, auf Rin aufzupassen, sie in dem Dorf leben zu lassen. Zuvor hatte er sich ja doch meist gewundert, was Sesshoumaru und Rin verband, aber dann hatte er es begriffen: für seinen Halbbruder bedeutete Rin das, was Kagome für ihn war, wenn auch auf einer anderen Ebene: das Wesen, dem nichts zustoßen durfte, für das man bereit war, auch auf den eigenen Vorteil zu verzichten. Er warf einen Blick auf den Vorangehenden. Ganz sicher machte der sich Sorgen um Rin, auch, wenn er es nicht weiter ausführte. Keiner von ihnen war jetzt bei Kagome, Rin und den anderen. Und wer wusste schon, ob dieser dämliche Rat nicht auf den nächsten mehr als dummen Einfall kam. Er konnte jedenfalls die kleine Stimme im Hinterkopf wieder einmal hören, dass er sich danach sehnte, einmal von Sesshoumaru als Bruder anerkannt zu werden, als vollwertiges Familienmitglied. Ein Traum, wie er nur zu gut wusste, aber war es nicht ebenso nur ein Traum gewesen, ein Zuhause zu finden, Freunde…? Und es war ihm gelungen. Sesshoumaru prüfte immer wieder die Luft. In einem solchen Wald war er noch nie gewesen und das Fehlen der gesamten Tierwelt war alarmierend. Nicht einmal Ameisen krochen auf dem Boden herum, keine Fliegen schwirrten, keine Pflanzen blühten und die Luft war seltsam stickig und abgestanden. Aber nichts verriet eine Gefahr und er hätte sich lieber selbst einen Nagel ausgerissen, als sich gegenüber Inuyasha Unbehagen oder gar einen Fehler zu leisten. Fehler machte schließlich nur der. Den Wald der Todesseile hatte das der Schamane genannt und auch, wenn davon auszugehen war, dass dies nur der Name war, den törichte Menschen ihm gegeben hatten, so neigten selbst die nicht dazu, einen Phantasienamen zu wählen. Selbst das Gebirge von Seikki war von dem Wort für Jahrhundert abgeleitet worden, das Gebirge der Jahrhunderte. Hier waren Menschen gestorben, da war er sicher. Nur, warum Seile? Unwillkürlich warf er einen Blick herum. Aber zwischen den Bäumen war nur leerer Grund, kein Unterholz, nicht einmal Pilze, Moose oder Flechten. Eigentümlich, in der Tat. „Sesshoumaru!“ Inuyasha flüsterte es unbewusst. Das Gehör des Hundeyoukai war gut genug und er drehte sich um, etwas erstaunt, dass der Blick des Halbblutes nach oben ging. So sah auch er empor. Dort, in der Krone eines dichten Baumes hing ein menschliches Skelett, das zu ihnen herunterstarrte, scheinbar mit dem Ast verwachsen, auf dem es saß. Nun, er hatte ja gewusst, dass hier derartige Wesen gestorben waren: „Er tut dir schon nichts“, meinte er daher ein wenig spöttisch. „Idiot. Siehst du das denn nicht?“ fauchte der Jüngere prompt. Jetzt blickte der Daiyoukai doch noch einmal empor und fand seinen ersten Eindruck bestätigt. Dieser Mensch musste vor so langer Zeit da gestorben sein, dass er inzwischen mit dem Baum verwachsen war. War er dort hinauf geklettert, um einer Bedrohung für ihn auszuweichen und nicht mehr hinunter gekommen, dann jämmerlich verhungert? „Er ist mit dem Baum verwachsen, “ erwiderte er jedoch, um sich nicht der Dummheit zeihen zu lassen. Warum sollte es ihn eigentlich interessieren, was Inuyasha von ihm hielt, dachte er gleichzeitig. Aber die Antwort war klar: keinen Fehler gegenüber dem Bastard zeigen, keine Schwäche. „Eben. Ist das etwa deiner Ansicht nach normal?“ „Wenn er dort lange genug war, warum nicht.“ Aber wieso reagierte der so intensiv auf einen toten Menschen? Er sollte genug gesehen haben. Da war doch nichts Erstaunliches oder gar Gefährliches dabei? Der Hanyou betrachtete das Skelett. Möglich, dass der Mensch dort oben gesessen hatte, der Baum in die Höhe gewachsen war und schließlich teilweise in das Skelett….Aber das dauerte doch. Und er wusste nur zu gut, wie rasch menschliche Knochen zerfielen, nicht mehr in einem Stück blieben. Irgendetwas stimmte nicht, da war er sicher, auch, wenn es hier mitten im Wald keinen Wind gab. Die dicken Äste waren alle mit grünem Moos bewachsen. War das irgendwie Schuld? Sesshoumaru ging weiter und so folgte er ihm, um dann an seine Seite zu springen. Was auch immer diesen Menschen getötet hatte, sollte sich an ihnen beiden verschlucken. Sie entdeckten noch zwei weitere menschliche Skelette, ebenfalls hoch oben in den Bäumen, desgleichen eng mit einem Ast verbunden. Auch der Hundeyoukai gab nun, wenn auch nur in Gedanken zu, dass das ungewöhnlich war. Denn es war kaum davon auszugehen, dass sie rein zufällig alle Opfer dieses Waldes treffen würden. Hier musste es viele derartige Skelette geben. Was immer vorgefallen war – sie würden die Lösung wohl bald herausfinden. Er betrachtete den Waldboden um sich, die dicken Stämme der Bäume. Ein uralter Wald, in der Tat, aber wenn sich jemand anschleichen wollte, musste er von Stamm zu Stamm gleiten – und das geräuschlos und ohne gewittert zu werden. Das war zwar gewiss bei Menschen möglich, aber nie bei ihm. Ein rascher Seitenblick verriet ihm, dass auch das Halbblut angespannt war, die Luft prüfte, die allerdings immer dumpfer wurde, fast, als ob hier nie ein Wind Frische bringen würde, ja, man sich im Inneren eines abgeschlossenen Raumes befinden würde. Als es endlich geschah, wurden beide Hundebrüder überrascht. Wie Peitschenschnüre schossen von allen Seiten lange, grüne Ranken auf sie zu, die von den Ästen der Bäume fielen, scheinbar gelenkt von einem einzigen Willen, klammerten sich an Arme und Beine, während weitere sich um die Oberkörper schlangen, sie fest aneinanderpressten. „Verdammt…..“ war alles, was Inuyasha murmelte, als er feststellen durfte, dass er sich nicht nur nicht mehr bewegen konnte, sondern kopfüber an seinen Halbbruder gedrückt wurde. Er versuchte, die heimtückischen Schlingen zu zerreißen, aber das erwies sich als unmöglich. Auch Sesshoumaru hatte bereits erfahren, dass selbst seine Kraft nicht gegen die Todesseile ankam. Immerhin wusste er nun, woher dieser Name stammte. „Ah..“ brachte der Hanyou noch heraus, als ein scharfer Ruck erfolgte und sie plötzlich in fast zehn Metern Höhe baumelten, er mit dem Kopf nach unten, um seine Lage wohl noch ein wenig würdeloser zu gestalten. Seine Hände waren aneinandergefesselt und das zu allem Überfluss an die Knöchel seines Halbbruders. Um das Ganze noch besser zu machen, musste er seine Beine weit spreizen, um die von den Dornen der Rüstung des Hundeyoukai abzuhalten. Er zog erneut an den Schlingen. Wie überaus verdrießlich, dachte auch Sesshoumaru. Nicht nur, dass diese Seile ihn einfach überfallen konnten, den Hanyou so an ihn drückten, nein, sie widerstanden auch seinen Versuchen, sie mit den Klauen zu zerreißen. Sie schienen nachzugeben, blieben aber unzerstörbar. Und seine Hände wurden so gehalten, dass er die Arme ausbreiten musste, folglich nicht an seine Schwerter kam. Diese Todesseile verfolgten einen perfiden Plan, das war klar – und jemand steuerte sie. Er spürte nur zu deutlich selbst durch seinen Panzer, wie sich der Hanyou mit dem gesamten Körper wand, zu befreien versuchte: „Bleib still.“ Das fühlte sich geradezu…peinlich an. Inuyasha versuchte vergeblich seinen Kopf wenigstens etwas zu drehen, da sein Gesicht gegen ein Metallblatt des Unterkörperschützers des Hundeyoukai gedrückt wurde – nun, immerhin, dachte er plötzlich, als ihm einfiel, was geschehen wäre, wäre das nicht da. Eine noch verdrießlichere Situation konnte er sich nicht vorstellen. „Glaubst du etwa, es macht mir Spaß kopfüber an dich gepresst hier herumzuhängen?“ Das bezweifelte Sesshoumaru, ging es ihm doch ebenso. Sie musste schleunigst wieder auseinander. Aber dieser Idiot sollte aufhören, sich so bewegen, selbst, wenn das eine Erklärung bedeutete: „Du kannst diese Schlingen nicht zerreißen. Und keiner von uns kommt an sein Schwert.“ „Stimmt. Das ist so, als ob diese dämlichen Seile mitdenken können. – Jedenfalls ist jetzt klar, was mit den Menschen passiert ist.“ „Die Bäume fressen sie.“ „Äh, ja.“ Das so ruhig ausgesprochen zu hören, wenn man sich nicht befreien konnte, war auch nicht gerade angenehm. „Und, keine gute Idee?“ Er verschluckte gerade noch die Anrede als „großer Bruder“. Was war nur mit ihm los? Kam er selbst auf nichts mehr? „Dokka-so.“ Giftklaue, dachte Inuyasha. Das müsste doch funktionieren. Er spürte einen Ruck an den Seilen, ohne sehen zu können, was geschah. Er würde sich allerdings darauf verlassen können, dass Sesshoumaru eher sonst etwas tat, als so an ihn gepresst in den Tod zu gehen. Ein zweiter Ruck und sie stürzten, da es dem Hundeyoukai gelungen war, die Fesseln um seine Handgelenke zu zerstören. Allerdings hielten die anderen Todesseile sie noch immer und so fand sich Inuyasha plötzlich aufrecht wieder, während nun sein Halbbruder mit dem Kopf nach unten hing – eine Haltung, die ihn für gewöhnlich amüsiert hätte, aber es war zu ernst dazu. Überdies hatte er vor wenigen Sekunden noch nur zu gut erfahren, wie unangenehm das war: „Mach weiter“, drängte er daher: „Ehe diese komischen Bäume noch mehr Ranken schicken.“ Und ehe er selbst seine Selbstbeherrschung verlor, dachte der Daiyoukai prompt, ehe er sich etwas aufrichtete, um mit seiner Giftklaue seine Beine von den Händen seines Halbbruders zu lösen: „Zieh Tessaiga!“ Sie hingen nur noch mit den Oberkörpern aneinander. „Was?“ „Tessaiga,“ wiederholte Sesshoumaru fast knurrend. Hatte der denn immer noch nicht verstanden, worin das Wesen dieser Falle bestand? Das hatte Inuyasha in der Tat nicht in vollem Ausmaß, aber er gehorchte, erfreut, auch etwas unternehmen zu können. Als die Seile durch die Giftklaue auch um ihre Hüften verschwunden waren, stürzten beide aus acht Metern auf den Waldboden, nichts, was ihnen etwas ausmachte. Sofort jagte der Hanyou einen Angriff durch den Wald, um die Bäume aus ihrer Richtung zu bringen, ehe sie beide losrannten, einig in der Meinung, dass sie auf eine solche Demütigung jederzeit wieder verzichten konnten und würden. Einige Todesseile schossen ihnen nach, fielen wieder von den Bäumen, aber sie waren zu schnell. Erst, als sie aus dem Wald heraus waren, und ein Stück entfernt, blieben sie stehen. Inuyasha schob sein Schwert zurück: „Na, jedenfalls ist jetzt klar, warum das Wald der Todesseile heißt. Hier sollten wir auf dem Rückweg nicht durchgehen.“ Was für eine durchdachte Feststellung. Aber er hatte die Sache wohl noch immer nicht im Ganzen gesehen: „Das ist kein Wald.“ „Äh, Sesshoumaru, eine Gegend, wo viele Bäume stehen, nennt man Wald…“ „Das ist ein Lebewesen.“ „Hm. Ich habe schon Youkai gesehen, die wie Berge waren. So etwas?“ Keine Antwort, also wohl ein Ja. Immerhin hatte er es ihm erklärt. Der Hanyou blickte noch einmal auf den kreisrunden Wald. In der Tat, wenn man es wusste, konnte man erkennen, dass da etwas wie eine Aura um den Forst schwebte. Gewöhnlich war wohl nichts zu entdecken. Eine böse Falle. Man lief buchstäblich ahnungslos in das Lebewesen hinein. Kunststück, dass da weder Rehe noch Hasen zu erkennen gewesen waren. Und wenn man tief genug drin war, oder auch genügend abgelenkt, fingen einen die Todesseile ein, damit das Opfer schlussendlich von den Bäumen verdaut wurde. Was für ein grässlicher Tod. Aber jetzt war etwas anderes wichtig. Vor ihnen erhoben sich die hohen Berge, sicher das Gebirge von Seikki. Was die Menschen, die im diesem Wald gestorben waren, wohl nur in dieser Einöde gesucht hatten? Die Berge stiegen steil auf, waren eindeutig unbewachsen. Ackerbau war unmöglich. Ob sie wohl auf Gold oder Silber gehofft hatten? Aber da war etwas Unangenehmes, nun, der Herr Daiyoukai würde es sicher ebenso schon bemerkt haben, es wäre jedoch vielleicht ein passender Zeitpunkt auch einmal gut dazustehen. „Dieses ganze dämliche Gebirge ist mit einem Bannkreis gesichert.“ Sesshoumaru wandte ihm den Kopf zu: „Ein Bannkreis.“ Ja, doch, er spürte jetzt ebenfalls etwas, aber wie ärgerlich, dass das ausgerechnet dem Halbblut als erstem aufgefallen war: So sollte er jetzt zusehen, dass der ihn nicht für magisch unfähig hielt: „Er verhindert das Durchschreiten jeder Lebensform.“ „Das rote Tessaiga könnte ihn öffnen.“ „Shiken jigoku wurde auf Daiyoukai ausgelegt, wenn du einmal mitdenken würdest.“ „Schon, aber wir können doch hier nicht wie die Idioten stehen bleiben.“ Einen Versuch wäre es doch wert – und immerhin waren er und Tessaiga ein gutes Team. Traute ihm sein Halbbruder denn wirklich gar nichts zu? „Es gibt eine Öffnung, wohl ein Portal, durch das man gelangen kann.“ Oh, das erleichterte die Sache. Dann war das also ein sachlicher Grund gewesen und keine Beleidigung: „Gehen wir.“ Inuyasha hatte zwar keine Ahnung, wo sich diese Öffnung im Bannkreis befinden mochte, aber er war zufrieden, auch einmal magische Fähigkeiten zeigen zu können. Schließlich war das nicht gerade seine starke Seite. Seit wann wagte es dieses Halbblut ihm Befehle zu erteilen? Aber es war nur sinnvoll und so ging der Hundeyoukai schweigend weiter über die grasige Ebene, in Richtung auf das steile Gebirge, wo er das Portal im Bannkreis spürte. Obwohl das Flachland übersichtlich schien, achteten beide sorgfältig auf ihre Umgebung, auch auf den Himmel über sich. Sie waren zwischenzeitlich schon allerlei seltsamen und unfreundlichen Wesen begegnet, so dass sie nicht ausschließen konnten, dass es weitere gab. Bald zeigte sich ein, wenn auch kaum erkennbarer, Pfad, der sich hinauf in das Gebirge zog, bestimmt eine alte Passstraße. Sesshoumaru erkannte es zufrieden. Das musste der Weg zu dem Portal sein. Die einstigen Erschaffer der Prüfungshölle brauchten schließlich eine Möglichkeit dorthin zu gelangen. Und das Tor musste sich dann dort oben in den Bergen vor ihnen befinden. Denn der Bannkreis, der das gesamte Gebirge umgab, war wirklich nicht schlecht. Er selbst…nun, ganz sicher würde er irgendwie durchkommen, aber Inuyasha sogar mit Tessaiga kaum. Überdies zeigte der Bannkreis ganz eindeutig die erheblichen magischen Fähigkeiten desjenigen, der shiken jigoku erschaffen hatte. Nein. Es hieß, wer den Pfad verließ, kam elendig um. Es war klüger gewesen, sich der Erpressung zu beugen. Als sie die erste Höhe ohne Zwischenfälle erreicht hatten, trat Inuyasha neben seinen Halbbruder: „Was meinst du….wie weit ist es noch?“ „Müde?“ kam die prompte Antwort. „Keh, Blödsinn! Aber ich dachte an Kagome und Rin…ich meine, wenn…wenn…“ Da der Hanyou eigentlich nicht zu Sprachstörungen neigte, wandte Sesshoumaru den Kopf und erkannte, dass dieser abgerutscht war. Nicht aus Unvorsichtigkeit. Auch der Hundeyoukai war sicher, dass das Loch im Felsboden zuvor nicht dort gewesen war. Jetzt öffnete sich an dieser Stelle eine Art kreisrunde Höhle unbekannter Tiefe. Inuyasha war es immerhin gelungen, sich an einem schmalen Vorsprung in gut einem Meter unter der Erde festzuhalten. „Was ist das denn…?“ fragte er, um zu ergänzen: „Igitt…das klebt hier ja…“ „Dann komm raus.“ „Wenn sich der Herr Halbbruder vielleicht erinnert – ich kann nicht fliegen. Und wenn ich diesen komischen Felsen hier loslasse, rutsche ich weiter ab.“ „Leim und du rutscht ab?“ Irgendwoher kannte er das doch? „Leim?“ Alarmiert betrachtete Inuyasha die Tiefe unter sich: „Also, was immer das hier ist – es sieht eigentlich nach Felsen aus. Aber ich kann da unten eine Flüssigkeit riechen.“ Er versuchte mit der freien Hand einen anderen der feinen, nach oben gebogenen Vorsprünge zu erreichen. Klar, das hätte er sich ja denken können, dass eher der Himmel einstürzte, als dass sich Sesshoumaru niederkniete und ihm die Hand entgegenstreckte. „Beweg dich nicht, du Narr!“ „Soll ich hier vielleicht übernachten?“ Aber da erkannte auch der Hanyou, dass es sich in der Tat nicht um Felsen handelte. Die hauchdünnen Vorsprünge, wie er auch an einem hing, waren Haare, die sich nun wie eine Reuse über ihm zu schließen begannen. In der Tat. In dieser Gegend wohnten sehr seltsame Lebewesen – alle anscheinend mit einem Appetit auf Hanyou. ** Nun ja. Inuyasha sollte zusehen, dass er da rauskommt. Im nächsten Kapitel, in den Ruinen von Zugaikotsu, zeigt es sich, dass nicht alles, was tot ist, es auch ist....Und ihr lernt den Herrn der Prüfungshölle kennen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)