Plötzlich Piratin von Runenmagierin ================================================================================ Kapitel 6: Erinnerungen ----------------------- „'Könnte man so sagen'?“ fragte der junge Mann leise lachend. „Wie darf man den das verstehen?“ Juri zögerte. Eigentlich war sie nicht weiter an einem Flirt interessiert aber andererseits war es vielleicht ganz nett mal wieder mit einem ganz normalen Menschen zu reden. „Ich wurde einfach mit geschleppt.“ erklärte sie, immer noch unbestimmt. „Da hab ich Glück gehabt, hätte man dich nicht mit geschleppt wäre ich heute nicht in den Genuss deiner Bekanntschaft gekommen.“ er zwinkerte ihr, für ihren Geschmack viel zu vertraulich, zu. Sie lächelte zurückhaltend und überlegte sich jetzt doch wie sie ihn wieder loswerden konnte. „Darf ich erfahren wie du heißt?“ fragte er und bestellte für sie beide neue Getränke. Juri ließ es zu, sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie hatte seit sie dreizehn war bei ihrer Pflegemutter in der Bar geholfen und das in einer Hafenstadt. Mit Anmachen kannte sie sich aus, da musste er sich schon etwas anderes einfallen lassen. Auch diesen Gedanken schien er auch selber gerade gekommen zu sein, denn er lachte leicht verlegen. „Ich heiße Alan.“ stellte er sich vor. Juri konnte nicht verhindern dass sie lächelte. Der Typ hieß also genau wie ihr kleiner Pflegebruder, er war aber nicht halb so süß. Bei dem Gedanken daran wie der Kurze, zehn Jahre war er jetzt alt, darauf reagiert hätte, hätte er gewusst das sie ihn süß nannte musste sie unweigerlich anfangen zu lachen. Alan sah sie irritiert an und auch von anderen Gästen erntete sie interessierte oder verwunderte Blicke. Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte wandte sie sich wieder dem jungen Mann neben sich zu und entschuldigte sich immer noch grinsend: „Sorry, aber ich musste gerade an meinen kleinen Bruder denken, du heißt genau wie er.“ erklärte sie, das sie den Kleinen süßer fand musste er ja nicht wissen. „Du hast Geschwister?“ versuchte er erneut ein Gespräch anzufangen. Sie lächelte, mal sehen, vielleicht konnte man sich ja doch ganz nett mit ihm unterhalten. „Ja, drei Stück, zwei Kleinere und einen großen Bruder.“ erzählte sie. Das alle drei nur Pflegegeschwister waren musste er auch nicht wissen. Außerdem machte sich ein großer Bruder, der jederzeit herein kommen konnte wesentlich besser als ein Pflegebruder, der gar nicht auf der Insel war. Aber das wollte sie nicht weiter ausführen. „Ich hab leider gar keine Geschwister.“ plauderte er munter weiter. Insgesamt konnte man sich tatsächlich ganz gut mit ihm unterhalten, solange sie dafür sorgte das es sich um unverfängliche Themen handelte. Schon lange hatte sie nicht mehr so lachen können. Seit zwei Jahren um genau zu sein. Ein wenig wehmütig dachte sie an die Zeiten zurück, als sie noch mit ihrem späteren Pflegebruder Ray und ihren drei anderen besten Freunden als Chaosquintett durch das Dorf gestreunt waren. Kaum ein Tag an dem sie nicht etwas angestellt hatten. Und meistens war es Makoto gewesen der die Einfälle hatte, oder sie, einer von ihnen hatte die Idee die sie später unweigerlich in Schwierigkeiten gebracht hätte, wenn Shiro, der Übervorsichtige und Ray der Vernünftige nicht gewesen wären. Vicky hatte sich meistens aus den Diskussionen heraus gehalten aber am Ende bei allem mit gemacht. Die schöne unbeschwerte Kindheit, es war schon viel zu lange her, lag sie doch in einer Zeit, in der ihre Mutter und ihre Großeltern noch lebten. „Alles in Ordnung?“ fragend sah Alan sie an. Juri hob überrascht den Kopf. „Ja ja, alles okay, ich hab nur kurz daran gedacht wie ich mich mit meinem besten Freund angefreundet hab.“ eigentlich hatte sie so was gar nicht erzählen wollen, aber die Rechtfertigung war raus bevor sie darüber nachgedacht hatte und die Erinnerung ließ sie sofort wieder Schmunzeln. „So was würdest du dich nicht trauen!“ rief ein blauhaariger Junge von vielleicht fünf Jahren zu einem knapp vierjährigen Mädchen herunter. Er war auf einen kleinen, aber kräftigen Baum geklettert und sah auf sie herab, was sie mit einem schmollen quittierte. „Du bist doch dumm!“ rief sie zu ihm hoch „da kannst du dir ganz schlimm wehtun!“ „Du hast doch bloß Schiss!“ antwortete er prompt. Sie streckte ihm die Zunge raus. „Mako, sie hat recht und jetzt komm da runter bevor dich jemand sieht, Erwachsene verstehen da keinen Spaß.“ warf ein drittes Kind ein, ein Junge, etwas älter als der auf dem Baum, mit goldblonden Haaren, er war am Fuß verletzt und humpelte an Krücken zu dem Mädchen. Es war ganz eindeutig das der Baum noch nicht das Endziel von Mako war. Der Baum stand hart am Ufer eines kleinen Flusses und genau an dieser Stelle stand eine Alte Mühle, mit Wasserrad. Und genau das schien das Ziel des Jungen zu sein, denn jetzt streckte er sich und pachte den Stützbalken der seitlich an das Rad gelehnt war und über den man bequem hochklettern konnte. Die beiden am Boden sahen gespannt zu wie der Fünfjährige sich hoch hangelte. „Makoto ist so ein Blödmann. Meine Mama hat mir erklärt das ich nicht auf dem Rad spielen soll, weil es Morsch ist und jederzeit zusammenbrechen kann.“ erklärte das Mädchen mit den schwarzen Haaren immer noch schmollend. „Ray, sag ihm doch auch mal das er ein Idiot ist, mir glaubt er das ja nicht.“ Der Angesprochene, Ray, musste lachen. „Ihr redet heute das erste mal so richtig mit einander.“ stellte er fest. „Und ich mag ihn nicht.“ brummte sie ärgerlich. „Weißt du Juri, ich glaub er mag dich auch nicht.“ antwortet Ray ehrlich. „Das war jetzt aber nicht nett.“ stellte Juri, das Mädchen fest. „Aber mir ist eh egal ob Makoto mich mag, Hauptsache du findest mich nicht blöd.“ „Ne, blöd finde ich dich nicht.“ wieder lachte Ray unbefangen, was aber kurz darauf durch lautes Knirschen und das Bersten von Holz unterbrochen wurde. Beide sahen sofort wieder zu dem alten Wasserrad. Makoto hatte es geschafft oben drauf zu klettern, aber da hatte ihn sein Glück verlassen, das Holz hatte unter seinem Gewicht nachgegeben und nun krachte er mit viel Schwung auf die unteren Bretter, die ihm ebenfalls nicht stand hielten und fiel ins Wasser. Die dieser Stelle gab es eine Menge Strudel und Ray schrie sofort erschrocken auf: „Heiliger Strohsack, Mako kann nicht schwimmen.“ „Er ist doch schon Fünf.“ meinte Juri entgeistert. Sie konnte schon lange schwimmen. Aber als Makoto nicht wieder auftauchte und Ray besorgt zum Ufer humpelte hielt sie nichts mehr auf Abstand. Sie eilte zum Ufer und sprang nach einem Moment zögern hinein. Obwohl sie recht gut unter Wasser sehen konnte und auch recht lange die Luft anhalten konnte dauerte es eine ganze Weile bis sie Makoto entdeckte. Juri hatte sich noch nie gegen eine solche Strömung behaupten müssen. Sie kämpfte sich durch die Strudel zu idem Jungen durch und zog ihn nach oben. Während sie sich von der Strömung mit treiben lies hatte sie das gefühl ihr ginge die Luft aus und es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich die heftigen Strudel hinter sich hatte und sie es wieder an die Oberfläche schaffte. Keuchend und prustend versuchte sie Makoto zu Ufer zu bugsierend was ihr nach einigen großen Schlucken Wasser und einigen malen unfreiwilligen Untertauchens auch gelang. Ray humpelte so schnell wie er konnte zu ihnen und half ihr Makoto wieder an Land zu ziehen. Juri war erschöpft wie noch nie in ihrem Leben, jetzt wusste sie warum ihre Oma ihr immer verboten hatte dort zu schwimmen wo es Strudel gab. „Ich glaube das ich ihn damals aus dem Fluss gezogen hab hat er mir ewig nicht verziehen.“ Juri lächelte versonnen und nahm eine Schluck aus ihrem Glas, es war nicht ihr erstes Glas aber sie war auch recht trinkfest, nicht unbedingt wenn sie raue Mengen Alkohol zu sich nahm aber solange sie einigermaßen Maß hielt war das kein Problem. „Nicht verziehen?“ fragte Alan ungläubig. „Aber er hat danach bestimmt keine solchen Dummheiten gemacht oder?“ „Keine?“ fragte sie amüsiert, „Wir haben damals doch gerade erst angefangen, dem Balancieren auf dem alten Wasserrad haben wir noch so einiges folgen lassen.“ „Ist ja wahnsinnig spannen. Kommst du jetzt freiwillig mit oder muss ich dich an die Hand nehmen?“ Juri musste sich nicht umsehen um zu wissen wer sich da in das Gespräch einmischte. Verärgert sah sie Kid an und fragte mit bissigem Unterton: „Darf ich erst noch austrinken?“ Alan sah verwirrt zwischen ihnen hin und her. „Piraten, ja?“ fragte er schließlich. „Hab doch gesagt ich bin mitgeschleppt worden.“ meinte Juri leicht hin und nahm einen Schluck von ihrem Getränk. „Beeil sich.“ zischte Kid und funkelte sie an. Juri genoss es ihn einmal wütend zu machen, auch wenn sie sich sicher war das sie dabei war eine Grenze zu überschreiten, das schien es ihr in dem Moment wert zu sein. Seelenruhig nahm sie noch einen Schluck und musterte gelangweilt die Flaschen die in dem Regal hinter der Bar standen. „Also einer dieser verrückten Piraten die nach dem One Piece suchen.“ stellte Alan gerade fest, er schien keine Angst vor Kid zu haben. „Irgendwas dagegen?“ fragte Kid knurrend zurück. Juri sah auf, die Sache schien brenzlich zu werden. „Nein, nein, absolut nicht.“ wehrte Alan spöttisch ab. „Die meisten Piraten suchen nach dem One Piece, was ist daran so amüsant?“ Juri sah den jungen Mann leicht verwirrt an. Sie wäre nie auf die Idee gekommen zur See zu fahren und diesen legendären Schatz zu suchen, auch als sie noch keine Piraten gehasst hatte aber dass konnte doch jeder halten wie er wollte, Alans Spott verwirrte sie etwas. „Es ist doch einfach nur albern etwas hinter her zu jagen, das es gar nicht gibt.“ Juri sah rasch zu Kid rüber, an seiner Schläfe konnte sie eine Wutader sehen, die bedrohlich anschwoll. „Und du warst damals dabei, auf der Oro Jackson, das du so genau weißt das es das One Piece nicht gibt?“ fragte sie schnell in ebenfalls spöttischen Ton. „Glaubst du diese Ammenmärchen?“ fragte er zurück und lehnte sich zu ihr rüber. Damit überschritt er wieder eine Grenze und Juri sah ihn dementsprechend kühl an, doch bevor sie etwas erwiderte konnte handelte Kid. Er packte den jungen Mann an der Kehle und hob ihn ohne Schwierigkeiten hoch. „Wollen doch mal sehen ob du noch immer lachen kannst Bürschchen.“ knurrte er. „Wer macht denn schon den ersten Schritt in ein Abenteuer hinein, wenn er schon weiß wie es ausgeht?“ Ob wohl der Ton der Frage ein ganz anderer war konnte Juri nicht verhindern das sie geschockt war über die Übereinstimmung, Kid hatte gerade den selben Wortlaut benutzt wie ihre Großmutter. Sie schluckte schwer und stellte das Glas zurück auf die Bar, während sie den rothaarigen Piratenkapitän anstarrte als hätte sie einen Geist gesehen. Als Jack sie am Arm nahm und nach draußen führte folgte sie ohne zu murren. Als sie wieder an der frischen Luft war wurde auch ihr Kopf wieder klarer, es hatte aufgefrischt, ein kühler Wind wehte und Juri fröstelte. Ihre Heimat war zwar eine ganz gewöhnliche Insel gewesen, aber Kälte hatte sie noch nie wirklich gut vertragen. Sie schlang die Arme um den Oberkörper und versuchte noch einmal zu verstehen das Eustes Caiptain Kid gerade dasselbe gesagt hatte wie ihre Großmutter, sogar im selben Zusammenhang. „In der Bar waren gestern wieder Piraten.“ erzählte Ray gerade als Vicky und Juri wieder an Land ankamen. „Sie wollen weiter über die Grande Line um das One Piece zu finden.“ „Das One Piece gibt es doch gar nicht!“ rief Makoto dazwischen. Juri schnaubte leise. „Hunderte von Piraten glauben aber daran das es diesen Schatz gibt.“ widersprach sie grummelnd. „Dann sind sie alle Idioten oder Verrückt, denn es gibt ihn nicht.“ beharrte Makoto auf seiner Ansicht. „Woher weißt du das so genau? Warst du damals auf der Oro Jackson dabei?“ fragte Juris Großmutter gelassen. Die alte Frau saß auf einem Stein am Wasser und sortierte Muscheln die die Mädchen vom Tauchen mitbrachten. Auch jetzt liefen sie als erstes zu ihr und legten ihr wieder welche auf den Schoss. „Aber keiner weiß ob es das One Piece wirklich gibt.“ meinte Makoto leicht schmollend. „Man muss nicht genau wissen, wenn man an etwas glaubt.“ erwiderte die Mizuhara Mizuka immer noch mit derselben stoischen Gelassenheit. „Hä?“ verwirrt sahen die fünf Kinder die alte Frau an. „Wie meinst du das Oma?“ fragte Jur und setzte sich zu Füssen ihrer Großmutter in den nassen Sand. „Wer macht denn schon den ersten Schritt in ein Abenteuer hinein, wenn er schon weiß wie es ausgeht?“ Juri atmete noch einmal tief durch und starrte in den Himmel. Es war dunkel geworden und die Sterne waren bereits zu sehen. Sterne, Shiro hatte sie geliebt, jeden einzelnen hatte er benennen können. Ob er immer noch hin und wieder Zeit hatte sich die Sterne anzusehen? Sie wünschte es ihm, aber wirklich glauben tat sie es nicht. Ihre Augen wurden feucht. 'Mein Gott, ich hab heute eindeutig zu viel getrunken und mich zu sehr mit der Vergangenheit beschäftigt.' dachte sie und rieb sich heftig die Augen, als ein Schrei die Stille zerriss. Schockiert fuhr sie herum und starrte auf die Tür durch die sie gerade gegangen waren. Jack stand neben ihr und hielt sie fest als sie Anstalten machte wieder zurück zu gehen. „Das solltest du dir nicht ansehen.“ meinte er ruhig. „Alan...?“ murmelte sie schwach. „Das war er, oder?“ Schreckens bleich wandte sie sich Jack zu und starrte ihn an. „Von deinem Gesprächspartner ist jetzt nicht mehr alt zu viel übrig.“ Killer hatte gemeinsam mit den andren die Bar verlassen und ging an ihr vorbei als sei nichts gewesen. Instinktiv wanderte Juris Blick weiter bis zu Kid der las letzter das Haus verließ und ihren Blick unverwandt erwiderte. Juri musste keine Fragen mehr stellen, ihr brauchte keiner mehr erzählen was passiert war. Beinahe apathisch ließ sie sich von Kid mitziehen. Dieser eine Schrei hatte geschafft was der Überfall auf das Dorf in dem sie zwei Jahre gelebt hatte nicht ganz geschafft hatte: Er hatte eine ihrer schmerzhaftesten Erinnerungen aufgewühlt. Auf dem Weg zurück nahm sie nicht war, keine Häuser kein Licht, nicht ihre Begleiter und auch nicht was sie sagten, kein Geräusch im Hafen und auf den Straßen. Vor ihrem geistigen Auge spielte sich immer wieder das gleiche Szenario ab, brennende Häuser, Schmerzens- und Todesschreie, Gestalten die mehr oder weniger Kopflos zwischen den Häusern herum rannten. Grölen und Lachen und die eigene Angst, Angst die ihr bis heute die Kehle zuschnürte, sie würgen ließ und gegen die sie nichts tun konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)