Falsches Spiel von abgemeldet (Woher weißt du, wem du trauen kannst?) ================================================================================ Langsam drückte T.O.P den Türknauf nach unten und betrat leise das Zimmer. Sein Blick schweifte durch den Raum, traf auf das Poster an der Wand, das leere Bett von Taeyang, das ebenfalls leere Bett ihres Leaders und blieb letztlich an dem roten Briefpapier hängen, das auf dessen Kissen lag. Neugierig griff der Suchende nach dem Papier. War es richtig, den Brief zu lesen? Was, wenn er an G-Dragon gerichtet war? Die Neugierde siegte und langsam faltete er das Blatt auseinander. Der Brief konnte unmöglich an seinen Freund adressiert sein, da dieser ihn verfasst haben musste. Er hatte schon oft von G-D geschriebene Einkaufslisten, Songtexte oder Notizzettel gesehen. Unter tausenden von Schriften hätte er diese hier erkannt, auch wenn der Bandleader hier scheinbar ziemlich in Eile gewesen war und einige Wörter nicht ganz so säuberlich geschrieben hatte, wie es sonst bei ihm üblich war. Sollte er seine Freunde zu sich rufen? Oder sollte er erst lesen, was der Leader geschrieben hatte? Er hatte nicht die Geduld, darauf zu warten, bis die drei Jungen das Zimmer betreten würden. Ohne Bescheid zu geben, ließ er sich auf das Bett sinken und überflog die ersten Zeilen. Hallo Großer! Woher ich weiß, dass du den Brief zuerst lesen wirst? Nenn mir eine unangenehme Sache, bei der die Kleinen dich nicht vorschicken - sucks tu be yu, T.O.P. In krakeliger Schrift standen die zumindest einigermaßen englischen Wörter zwischen all den Schriftzeichen. Unwillkürlich musste der Angeschriebene grinsen. Warum hatte er sich eben solche Sorgen um den Bandleader gemacht? Scheinbar ging es ihm wieder besser - auf jeden Fall gut genug, um sich wie so oft über ihn lustig zu machen. Ich hoffe, dass du alleine bist, wenn du diese Sätze liest. Ich hoffe, dass du sie vielleicht verstehen wirst. Du bist reifer als der Rest. Wer weiß, vielleicht hast du es schon geahnt und bist jetzt außerplanmäßig viel zu früh im Zimmer…? Irritiert wanderte der Blick des Rappers zur Wanduhr. 18:53 Uhr - er war definitiv nicht zu früh. Überhaupt verstand er nicht, was der Jüngere mit diesen Sätzen meinte. Wofür sollte er zu früh sein? Hatten sie nicht 18 Uhr ausgemacht? Und was meinte G-Dragon damit, dass er es vielleicht geahnt haben könnte? Ich hoffe einfach, dass alles so läuft, wie ich es mir ausgemalt habe. Zumindest diese eine Sache soll klappen… Wie auch immer. Ich hoffe einfach, ihr habt noch ein letztes mal auf euren Bandleader gehört und bis zum Abend gewartet. Ein unangenehmes Gefühl beschlich den Lesenden. Das Grinsen, das bis gerade eben noch sein Gesicht geschmückt hatte, war, während er die letzten Zeilen überflogen hatte, immer weiter verblasst, bis es schließlich vollends verschwunden war. In seinem Gehirn ratterte es und er versuchte, die für ihn sinnlosen Sätze zu verarbeiten. “Ein letztes mal…?” Diese Worte ergaben keinen Sinn. Versuchten sie nicht immer, den Anweisungen ihres Anführers Folge zu leisten? Hatte G-Dragon etwa das Gefühl, dass sie seine Autorität missachteten? Natürlich hatten sie versucht, ihn in den letzten Wochen zu schonen aber auf keinen Fall wollten sie ihm damit das Gefühl geben, dass sie ihn und seine wichtige Rolle nicht mehr respektieren würden. Ich wünschte, ich wüsste, wie ich das, was ich ausdrücken möchte, in Worte fassen kann. Wie soll ich euch erklären, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe? Dass ich mich nicht mehr ausgehalten habe? Könnt ihr euch überhaupt vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man die Kontrolle über sich selbst verliert? Konntet ihr sehen, wie ich den Kampf um mein eigenes Leben mehr und mehr verloren habe? Die Schriftzeichen tanzten vor den Augen T.O.Ps. Er könnte hören, wie sein Herz schneller schlug und sich ein leichter Schweißfilm auf seinen Händen bildete. Das alles klang wie ein Abschiedsbrief. Sollte G-Dragon sich etwa dazu entschlossen haben, die Band zu verlassen? Hatten sie es mit ihrer Fürsorge übertrieben? Hatten sie ihrem Leader das Gefühl gegeben, unnütz zu sein? “Hey, wo bleibt i-… Hä?” Taeyang stand im Türrahmen und sah sich irritiert in seinem Zimmer um. Sein Bett war leer, in dem von G-Dragon saß T.O.P. Doch wo war der jüngere Rapper? Und was hielt der Ältere in den Händen? Neugierig betrat er den Raum und ließ sich neben dem Lesenden nieder, um auch einen Blick auf das Papier zu erhaschen. Kennst du das Sprichwort ‘Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende’? Meine Großmutter hat es oft benutzt. Und sie hat Recht. Lieber verliere ich den Kampf auf diese Weise, als dass ich immer wieder aufstehe, nur um erneut zusammenzubrechen. Hier und jetzt wird es enden - auf meine Weise. Der Bandälteste hatte gar nicht mitbekommen, dass Taeyang den Raum betreten hatte. Es gelang ihm nicht, sich von den inzwischen immer undeutlicher geschriebenen Worten loszureißen. Immer schneller glitten seine Augen über die Zeilen. Er hatte inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass es sich hier um einen Abschiedsbrief handelte. Allerdings befürchtete er nunmehr, dass ihr Bandleader nicht nur Big Bang, sondern dieses gesamte Leben hinter sich lassen wollte. In seinem Kopf rotierte es. Es mag feige sein. Es mag dumm sein. Aber es fühlt sich so richtig an. Zum ersten mal seit Wochen habe ich das Gefühl, ein guter Leader zu sein. Es wird keine Negativschlagzeilen mehr über Big Bang geben, keiner wird euch mehr am Telefon terrorisieren und danach fragen, wie es eurem schwächlichen Anführer geht. Ihr werdet wieder Spaß haben können, so wie früher. Keine Panikattacken, keinen Stress, nur weil ich nicht in der Lage war, die Termine zu verwalten, alles wird wieder seinen gewohnten Lauf nehmen. “Das… Seung-Hyun, ist das…? Wo ist Ji-Yong…?” Das Gestammel Taeyangs riss T.O.P aus seiner Erstarrung. Nur langsam gelang es ihm, den Blick von dem roten Briefpapier zu lösen. In seinen Augen hatten sich Tränen gesammelt, ohne dass er es bemerkt hatte. Warum war ihm nicht aufgefallen, wie schlecht es wirklich um den jungen Rapper stand? Hätte er als Älterer nicht merken müssen, dass dieser an der Last zerbrach? Er musste einige male blinzeln, ehe es ihm möglich war, durch den Tränenschleier die Worte zu entziffern. Oh Gott, ich bin so müde… Ich glaube, ich hab nicht mehr viel Zeit. Aber es gibt noch so vieles, das ich aufschreiben will. Du musst mir versprechen, dass du dich um die Kleinen kümmerst, wenn ich nicht mehr da bin. Pass gut auf sie alle auf - besonders auf Seungri und sorg dafür, dass Daesung fleißig seine Tänze übt. Aber bitte pass auch auf dich selbst auf. Du musst nicht alles alleine bewältigen. Ich möchte auf keinen Fall, dass es dich genauso zerstört, wie es mich zerstört hat. Lass dir von Taeyang helfen. Er ist ein wunderbarer Freund und wird dir sicher gerne einige Aufgaben abnehmen. Schon immer war es sein Traum, Leader von Big Bang zu sein. Vielleicht kannst du bei YG ein gutes Wort für ihn einlegen… Vielleicht hatte er von Anfang an recht. Er war schon immer viel stärker als ich - wer weiß, ob alles anders gelaufen wäre, wenn ich damals nicht so stur gewesen wäre. Es fiel T.O.P schwer, die Schriftzeichen zu entziffern. Die Schrift war nur noch undeutlich und scheinbar gehetzt aufs Papier gebracht worden und die Tränen, die sich in seinen Augen sammelten, ließen sich nicht mehr einfach hinwegblinzeln. Eilig wischte er sich mit dem Ärmel seines Pullovers über das Gesicht, um auch die letzten Zeilen lesen zu können. Es tut mir so leid… Ich hoffe, ihr verzeiht mir - oder versteht mich zumindest. Big Bang, fighting! Kwon Ji-Yong Er hatte alle Zeilen gelesen, doch es gelang ihm nicht, den Blick abzuwenden. Noch immer starrte T.O.P auf die gekritzelte Unterschrift, lediglich ein gelegentliches Augenzwinkern unterbrach ihn dabei. “Oh mein Gott… Wir… Wir… wir sollten…?” Auch Taeyang war es trotz den zitternden Händen T.O.Ps gelungen, den Brief vollständig zu entziffern. Totenbleich sah er den Älteren an, der noch immer wie in Trance auf das rote Briefpapier starrte. Plötzlich ging ein Zucken durch den Körper des Bandältesten. Ohne eine Vorwarnung sprang er vom Bett auf und stieß einen gequälten Laut aus, während er wütend das Blatt zerknüllte. Erschrocken über die plötzliche Gefühlsregung des älteren Freundes war auch Taeyang vom Bett aufgesprungen. Mit eiligen Schritten lief er an das Fenster und riss es auf. Vielleicht war ihr Anführer noch gar nicht allzu lange weg und hörte ihn noch. In seinem Inneren wusste er, dass diese Überlegung der reinste Schwachsinn war. Doch er würde immerhin das Gefühl haben, irgendetwas versucht zu haben, um G-Dragon zu retten. “Ji-Yooooong!? Ji-Yong, wo bist du?!” Ein gellender Schrei durchbrach die Stille, die bis vor wenigen Sekunden den Raum beherrscht hatte. T.O.P zuckte zusammen. Langsam wendete er sich dem Jüngeren zu, welcher seinen gesamten Oberkörper aus dem Fenster lehnte, um einen besseren Überblick über den Hof zu haben. Seine Hände krallten sich in den Fensterrahmen und die sonst so sanfte Stimme des Sängers hatte einen unangenehm schrillen Ton angenommen. Auch die beiden Wartenden wurden durch die Rufe aufgeschreckt und liefen so schnell es ihnen möglich war in das Zimmer, aus dem sie diese vermuteten. Eilig und irritiert versuchten sie zu verstehen, was sich hier soeben abspielte. In der einen Ecke stand T.O.P, völlig abwesend, noch immer das rote zerknüllte Papier in der Hand haltend. Am Fenster stand der Zweitälteste, schreiend. “D-da… Taeyang, da…” Taeyang verstand nicht, was Daesung ihm mit seinem Gestammel erklären wollte. Er musste sich erst zu diesem umdrehen und der Armbewegung des Jüngeren mit seinem Blick folgen. Die zitternde Hand zeigte in die Ecke neben ihm. Erschrocken wich Taeyang zurück. Warum war ihm die zusammengekauerte Gestalt nicht aufgefallen, als er ans Fenster gestürzt war? Er fühlte sich, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Kraftlos sank er neben dem leblosen Körper zu Boden. “Ji-Yong…?” Das alles kam dem Jüngsten auf eine erschreckende Weise bekannt vor. Zitternd sank er neben seinem Anführer auf die Knie und schüttelte ihn sanft. Als auch nach mehreren Sekunden keine Reaktion von diesem ausging, wurde das Rütteln fordernder. Verzweifelt flehte er den Leblosen an, die Augen zu öffnen. Von der heftigen Reaktion des Jüngsten aufgerüttelt, erwachte T.O.P aus seiner Starre. Es zerriss ihm fast das Herz, dabei zusehen zu müssen, wie der Jüngste versuchte, sein Vorbild zum Aufwachen zu bewegen. Dieser hatte schließlich den Brief nicht gelesen, für ihn musste es so aussehen, als hätte G-Dragon nur einen weiteren Zusammenbruch erlitten. “Seungri… Es… es wird nicht helfen…” Sanft versuchte er, die Hände des Jüngsten von dem T-Shirt des Anführers zu lösen. Auch Taeyang hatte die Kontrolle über seinen Körper wiedererlangt und versuchte, einen Hinweis dafür zu finden, dass der Bandleader noch am Leben war. Immer wieder presste er seine Hand auf den Brustkorb von G-Dragon oder prüfte, ob noch Luft durch die Nase ausgestoßen wurde. Daran, dass er es immer und immer wieder versuchte, war bereits ehe er langsam mit dem Kopf schüttelte für jeden im Raum klar, dass er keine Atmung feststellen konnte. Traurig wandte T.O.P den Blick ab, während er versuchte, den Jüngsten aus dem Raum zu schieben, welcher mit großen Augen auf den Körper starrte. Es war nicht ersichtlich, ob sein Gehirn die schreckliche Wahrheit schon verarbeitet hatte. Auch Daesung wirkte geschockt. Während der Zweitälteste dazu übergegangen war, den Bandleader durch verzweifeltes Drücken auf den Brustkorb zurück ins Leben zu rufen, hatte er hektisch das Zimmer nach G-Dragons Handy durchsucht und versuchte nun aufgebracht, einen Krankenwagen anzufordern. Tief in ihrem Inneren wusste alle vier Bandmitglieder, dass diese Aktion keinen Sinn mehr hatte, doch keiner hielt ihn auf. Nein… Nicht so! So soll es nicht enden! Ich habe ihn getötet. Nicht direkt, aber ich weiß, dass es alles meine Schuld ist. Ich habe ihn systematisch in den Selbstmord getrieben. Habe dafür gesorgt, dass ich meinen Traum einen kleinen Schritt näher komme - aber zu welchem Preis?! War es das wert? Ist die Erfüllung meiner Wünsche es wert, dass G-Dragon sein Leben lassen musste? Wie sollte ich mit dieser Schuld leben? Wie sollte ich mir selbst verzeihen, meinem besten Freund so etwas angetan zu haben? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)