Neon Genesis Evangelion - Humanitas nova von Diclonius01 ================================================================================ Kapitel 1: Ouvertüre -------------------- Neon Genesis Evangelion -Humanitas nova- Ouvertüre Disclaimer: Alle hier verwendeten Charaktere gehören Gainax, bzw. Lynn Okamoto. Ich habe keine Rechte an ihnen. Außerdem verdiene ich mit dieser Geschichte keinen einzigen Heller. Wer würde für so einen Mist, wie ich ihn hier verzapfe, auch zahlen wollen. Zankoku na tenshi no these These vom Grausamen Engel Ein kaum wahrnehmbarer Geruch von frischem Blut zog in die Zelle. Ein Junge, kaum 14 Jahre alt und mit frischen und älteren Verletzungen übersät, hing dort mit den Armen an einer kalten, schmucklosen steril-weißen Kachelwand. Die Ketten, mit denen er an die Wand gefesselt war, klirrten leise, als er den Kopf hob. Ein schmales Lächeln zierte seine Lippen. Shinji Ikari seufzte. Eine geschlagene halbe Stunde hatte er nun auf seine Verabredung gewartet, trotz der dringenden Aufforderung der Sicherheitskräfte von Neo-Tokyo 3, sich in die Bunker zurückzuziehen. Mittlerweile hatte er keine Hoffnung mehr, dass die Person auftauchen würde. Langsam zog er den Brief, den er vor einigen Tagen erhalten hatte, aus der Hosentasche. Sein Vater hatte ihm geschrieben, auch wenn es nur zwei Worte waren, so hatte der Junge sich doch gefreut. Zwei Worte. -Komm her.- Im Briefumschlag war noch ein Foto derjenigen Person, die ihn hier, in der zukünftigen Hauptstadt Japans nach der Zerstörung Alt-Tokyos, abholen sollte. Es zeigte eine junge, recht hübsche dunkelhaarige Frau. Sie trug recht freizügige Kleidung, ein bauchfreies Top und eine sehr kurze Hose, und hatte sich nach vorne gebeugt, so dass man einen guten Blick in ihren Ausschnitt hatte. Die rechte Hand hatte sie zum Victory-Zeichen geformt. Ihr Name stand auf der Rückseite des Fotos. „Misato Katsuragi.“ murmelte Shinji. „Tja, die Verabredung wäre dann ja geplatzt. Ich sollte mir einen Bunker suchen.“ Er drehte sich um und stutze kurz. Ihm gegenüber stand ein Mädchen, etwa in seinem Alter. Sie hatte kurze, bläulich-weiße Haare, rote Augen und eine sehr helle Haut, sie trug ein etwa knielanges, blaues Kleid, mit einer weißen Bluse darunter. Um den Hals hatte sie eine rote Schleife. Stumm und ohne eine Regung zu zeigen stand sie auf der anderen Straßenseite und schien ihn zu mustern. Shinji zuckte zusammen, als ein Knall die Stille, die um sie herum herrschte, zerbrach. Ein hohes, kaum zu ertragendes Pfeifen schrillte durch die Luft, als der Schalldruck die Stromleitungen in der Umgebung zum vibrieren brachte Der Junge schloss die Augen und presste sich die Finger in die Ohren. Als er sich wieder aus der Schockstarre löste und auf sah, merkte er, dass das Mädchen, welches er noch vor wenigen Minuten überrascht angestarrt hatte, verschwunden war. Perplex suchte er die Umgebung nach einem Zeichen ab, dass er sie sich nicht nur eingebildet hatte. Das nahe Dröhnen von Flugzeugturbinen ließ ihn herumwirbeln. Was er sah verschlug ihm die Sprache. Ein leises Scheppern erklang, als der Gefangene sich seiner Ketten entledigte. Törichte Menschen, hatten sie doch seine Kraft so immens unterschätzt.Mit einem schmerzvollem Ächzen erhob er sich. Selbst einem Wesen wie ihm, doch so viel widerstandsfähiger als ein Mensch, machte die schiere Anzahl seiner Verletzungen zu schaffen. Aber er konnte es sich jetzt nicht erlauben aufzugeben. Dies hier war seine letzte Chance, aus dem Institut zu entkommen. Entschlossen richtete er seinen Blick auf die Tür, die sofort, scheinbar von etwas sehr starken getroffen, in Fetzen ging. Langsam schlurfte die Gestalt durch den Türrahmen. Er stockte. Mit überraschtem Blick betrachtete er das Bild, was sich ihm auf dem Gang bot. Links und rechts lagen Körperteile, die ihren ehemaligen Besitzern mit brutaler Gewalt herausgerissen worden waren. Wer auch immer vor wenigen Minuten den Gang passiert hatte, hatte ganze Arbeit geleistet. „Alle Achtung“ entfuhr es ihm. Er schloss die Augen, versuchte die Anwesenheit seiner Artgenossen hier im Gebäude zu erspüren. Tatsächlich war einer der vielen kleinen Punkte in seiner Wahrnehmung in Bewegung. Wieder verzogen sich seine Mundwinkel zu einem leisen, kaum wahrnehmbaren Lächeln. Er wusste wo der andere hin wollte. Er wusste, das auch sein Ziel dort lag. Er musste einfach nur den Spuren, die der andere hinterließ, folgen. Shinji starrte entsetzt geradeaus. Er sah vier bis fünf grau-grüne Kampfjets, die etwas beschossen. Etwas war hier der richtige Ausdruck. Die Kreatur, die den Kampffliegern gegenüberstand war entfernt menschenähnlich, wenn man von der Tatsache absah, dass die Arme dieses Wesens affenhaft verlängert waren, sie reichten fast bis zum Boden. Außerdem hatte es keinen Kopf. Das, was vielleicht so etwas wie ein darstellen sollte, saß zwischen den Schultern auf dem Brustkorb. Alles in allem war dieses Wesen mehr die Karikatur eines Menschen. Doch der auffälligste Unterschied war, das dieses Ding rund vierzig Meter hoch war. Kaum hatte es die Stadt betreten, begannen die Flugzeuge ihre Raketenlast auf es abzufeuern. Noch bevor der Staub sich wieder gelegt hatte schoss ein Strahl aus violettem Licht aus der Wolke hervor und traf einen der Kampfjets. Dieser trudelte zu Boden, wo er dich neben dem vor Schreck vollkommen erstarrten Shinji aufschlug. Der konnte gerade noch die Arme heben, als der Angreifer auf das Wrack trat und es zur Explosion brachte. Noch bevor er die Augen, die er mit einen Armen vor der Explosion geschützt hatte, wieder öffnen konnte, hörte er direkt vor sich, wie ein Auto mit quietschenden Reifen zu Stehen kam und eine Tür des Fahrzeuges aufgestoßen wurde. Er öffnete die Augen und sah, das der Fahrer des Wagens die Frau vom Foto war, diesmal jedoch trug sie eine etwas kurze Uniform, eine Baskenmütze und eine Sonnenbrille. „'Tschuldigung, bin etwas spät dran.“ Sie nickte einladend. „Steig ein!“ Father and Son Vater und Sohn Im Kontrollraum im Hauptquartier der Organisation Nerv war die Hölle los. Überall liefen aufgeregte Menschen herum und schrien Nachrichten, aktuelle Daten und Befehle durch die Gegend. Auf einem Podest, etwa 30 Meter über dem organisierten Chaos saßen an einem Tisch drei in den Uniformen der japanischen Streitkräfte gekleidete Männer. An den Abzeichen auf ihren Schultern konnte man erkennen, dass es sich um drei Generäle handelte. Soeben war einer der drei mit einem Bericht von der , der sie gerade telefonisch erreichte, beschäftigt. Als er den Hörer wieder auflegte richteten seine Kollegen fragende Blicke an ihn. „Der Angriff der VTOL ist gescheitert.“ „Dann soll die dritte Panzerdivision jetzt das Ziel angreifen.“ „Raketenbasen, Bomber, Panzer, alles was wir haben muss jetzt attackieren.“ Einige Meter hinter ihnen saß ein sonnenbebrillter Mann, wohl in den Mitvierzigern, an einem hölzernen Schreibtisch. Den Kopf hatte er auf seine verschränkten Hände aufgestützt. „Ich hätte nie gedacht, dass sie so schnell angreifen würden.“, ertönte eine leise Stimme hinter ihm. Sie gehörte zu einem etwa sechzig Jährigen Mann, der hinter dem Angesprochenen stand, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „Sie haben uns lange genug Zeit gelassen.“ antwortete dieser kühl. „Die Ankunft des vierten Engels. Alles geschieht so, wie es im Szenario vor raus gesehen ist.“ Währenddessen schienen auch die erweiterten Truppenmittel keinen Schaden an dem Angreifer angerichtet zu haben. Freiheit! Zum ersten mal in seinem Leben sog er frische Luft in seine Lungen. Aber er hatte keine Zeit diesen Augenblick zu genießen. Sicher würden die Wachleute des Institutes sich bald von dem Schlag, den ihnen der Andere zugefügt hatte, erholen. Eilig sah er sich nach einem Fluchtweg um. Doch überall wo er hinsah war Wasser. Endloses Wasser. Zwar konnte er am Horizont ihm gegenüber die Silhouette von Land erkennen, jedoch schien der Weg bis dorthin unüberbrückbar, zumal er noch nie in diesem Maße mit dem nassen Element in Berührung gekommen war. Plötzlich hörte er wie hinter ihm auf ihn angelegt wurde. Blitzartig fuhr der Junge herum. Etwa zwanzig Gewehrläufe waren auf ihn gerichtet. Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen. Waren sie sich nicht darüber im klaren, was ihnen dort gegenüberstand? Jedenfalls hatte er besseres zu tun, als sich mit den Sicherheitskräften dieser Einrichtung abzugeben. Unerwartet hörte er hinter sich das getrappel schwer bestiefelter Füße. Überrascht sah er über seine Schulter. Was er sah, versetzte in in Aufregung. Die Wachleute, die hinter ihm ihre Waffen anlegten, waren von der Meerseite gekommen,hinter ihnen trieb etwas im Meer, etwas, was ihn auf die andere Seite des großen Wassers bringen konnte. Er begann zu lächeln. Mit röhrendem Motor schoss der blaue Renault Montan über die Straße aus Neo-Tokyo 3 heraus. Drinnen saßen eine junge, etwa 20 Jahre alte Frau und ein etwas verängstigter, dunkelhaariger Junge. Hinter ihnen war das Donnern von Geschützen und das Pfeifen von Marschflugkörpern zu hören. Als das Auto sich einige Kilometer von der Stadt entfernt hatte, bremste es und kam rutschend und mit quietschenden Reifen zum Stehen. Misato beugte sich aus dem Beifahrerfenster und nahm ein elektronisches Fernglas in die Hand. Mit diesem blickt sie, sich über Shinji's Schoss beugend, in Richtung der Schlacht. Immer noch berieten die drei Generäle im Nervhauptquartier, was gegen dieses, vor kurzem als Engel bezeichnete, Geschöpf zu tun sei. Soeben erhob einer der drei seine Stimme. „Mit allem Respekt, aber weder Marschflugkörper, noch Bomben, geschweige denn sonstige konventionelle Waffensysteme können dem Ziel etwas anhaben.“ „Aber es ist zu gefährlich, Notfallplan R1-A zu verwenden!“ brüllte sein Nebenmann und zerbrach dabei den dritten Bleistift infolge an diesem Tag. „Wir haben leider keine Wahl“ bemerkte der dritte, ermüdet von den ewigen Streitereien seiner Kameraden. Der zweite seufzte ergeben. Dann griff er nach einem Telefonhörer auf seinem Teil des großen Tisches. „Hier General Kobayashi! Erbitte Leitung zum Oberkommando für Autorisation für Notfallplan R1-A!“ Nach einigen Minuten nickte der Telefonierende kurz, dann legte er auf. „Wir haben die Autorisation, geben Sie die Befehle!“ Durch ihr Fernglas, bei welchem sie schon lange die Zoomfunktion auf das Maximum hin strapazierte, konnte Misato beobachten, wie die angreifenden Flugzeuge sich in Windeseile aus der Gefechtszone zurückzogen. Erschrocken sah sie auf. „Die haben doch nicht vor... Die wollen doch nicht etwa eine N² einsetzen!“ Blitzartig drückte sie den Kopf ihres Beifahrers herunter. „Los, in Deckung!“ Dann gab es einen hellen Blitz, es donnerte laut, und einige Sekunden später wurde der Sportwagen von der Druckwelle erfasst. „Jaaa, wir haben es geschafft!“ Die drei Militärs waren aufgesprungen. Der in der Mitte drehte sich nun zu den beiden schweigenden Männern hinter ihm um. „Tja, da ist nichts für ihr kleines Spielzeug übrig geblieben. Zu schade.“ Keiner der Angesprochenen zeigte auch nur eine Regung. Währenddessen wurden die Bildsensoren der fixierten Drohnen durch die Druckwelle außer Betrieb gesetzt. Langsam und mit einigermaßen schmerzenden Gliedmaßen richtete Shinji sich auf. Sofort begann er aus zu spucken. Misato sah ihn fragend an. „Ich habe Sand in den Mund gekriegt.“ beschwerte er sich leise. „Naja, es gibt schlimmeres. Kannst du mal kurz hier anfassen, bitte?“ Zusammen stemmten sie sich gegen den Wagen, der bei der unfreiwilligen Flugreise auf der Seite gelandet war, und brachten ihn mit einiger Anstrengung wieder in die richtige Position. „Danke, ohne dich hätte ich das nie geschafft.“ sagte die dunkelhaarige Frau zu Shinji. Dieser lächelte bloß schüchtern. „Sooo, du bist also Shinji Ikari, nicht war?“ „Ja.“ „Ich bin Misato Katsuragi. Darf ich Shinji-kun zu dir sagen?“ „Ja.“ „Bist ja nicht gerade gesprächig.“ „Ja.“ Misato warf ihm einen missmutigen Blick zu. „Na gut, rein mit dir.“ sagte sie und deutete auf das nun etwas verbeulte Auto. „Wir erhalten soeben wieder ein Bild.“ kam es von der Kontrollebene, dreißig Meter unter den Kommandanten. Sofort starrte jeder wie gebannt auf den großen Monitor vor ihnen. Was sie sahen lies die Generäle blass werden. Deutlich zu sehen war eine große, kopflose Gestalt mit langen Armen. „Der Engel ist durch ein AT-Feld geschützt. Nichts kann ihm etwas anhaben.“ sagte der alte Mann , der hinter demjenigen stand, der von den Militärs vorhin noch verspottet worden war. „Ja.“ antwortete der Angesprochene kurz angebunden. Währenddessen ließ sich einer der Armeekommandanten auf seinen Stuhl fallen, während derjenige, der schon vorher die Angewohnheit gezeigt hatte, emotional zu werden, schlug mit der Faust auf den Tisch „Gottverdammtes Ungeheuer!“. Der auf dem Stuhl, General Kobayashi, drehte sich nun nach hinten um. „Wir sind hilf- und ratlos. Sie haben ab jetzt das Kommando.“ Derjenige, den er angesprochen hatte, stand schon auf einer Transportplattform, die ihn von der Kommandoebene in die unteren Bereiche des Hauptquartieres bringen würde. „Fuyutsuki, machen sie Einheit 01 startklar.“ Der Andere sah ihn erschrocken an. „EVA 01? Aber Rei ist immer noch nicht wieder hergestellt, wir haben somit keinen Piloten.“ „Lassen Sie das meine Sorge sein. Der Pilot von Einheit Eins ist schon auf dem Weg hierher.“ Die Plattform setzte sich in Bewegung und lies den offensichtlich im Subkommandantenrang befindlichen Mann mit seinen Gedanken alleine zurück. „Ist das wirklich in Ordnung, was Sie da tun, Katsuragi-san?“ fragte Shinji. „Nun ja, immerhin bin ich ein Nervmitglied, damit gehöre ich indirekt zur UN, und das bringt gewisse Privilegien mit sich. Außerdem...“ sagte sie mit Blick auf die Autobatterien, die auf dem Rücksitz lagen. „Außerdem sind sie ja nur ausgeborgt, oder?“ Shinji blickte wieder nach vorne. „Trotzdem ist es nicht ok, wenn man einfach irgendetwas wegnimmt, ohne dem Besitzer Bescheid zu sagen.“ genervt sah Misato ihn an „Kleiner Moralapostel.“ zischte sie zwischen den Zähnen hervor. „Ich mich, wer von uns beiden das Kind ist, Katsuragi-san“ sagte Shinji, ohne sie anzusehen. „Na Warte, das gibt Rache!“. Ein Beobachter von außen hätte aus den Waghalsigen Manövern des Wagens schließen können, dass der Fahrer mindestens drei Promille im Blut hatte. Einige Minuten und halsbrecherische Autostunts weniger stand der Wagen gut befestigt in einem offenen Transportwagon eines automatischen Cartrains, der sie immer weiter in die Tiefe der Erde brachte. Drinnen starrte Misato die an ihnen vorbeiziehende Wand an. „Hast du den Brief noch?“, fragte sie. Ohne zu antworten zog Shinji einen etwas zerknüllten Zettel aus der Tasche. „Gut, da müsste auch noch ein Ausweis dabei sein.“ Langsam nahm der Junge die Karte heraus und sah sie nachdenklich an. „Werde ich etwas mit der Arbeit meines Vaters zu tun haben, wenn wir da sind?“.fragte er sie, ohne auf zusehen. „Vielleicht, ich weiß es nicht. Was weißt du eigentlich über die Arbeit meines Vaters?“ „Nichts. Wir haben lange nicht mehr miteinander gesprochen.“ Misato zog eine Augenbraue hoch. „Er hat mich damals im Stich gelassen...“ murmelte ihr Nebenmann leise. „Du scheinst ja kein sonderlich gutes Verhältnis zu deinem Vater zu haben.“ Sie lächelte bitter. „Da haben wir ja was gemeinsam.“ Plötzlich verschwand die eintönig-graue Wand, und eine gigantische, von Magnetschienen durchzogene und licht durchflutete Höhle tat sich auf. An ihrem Boden war eine Stahlpyramide zu erkennen, auf der ein rotes Feigenblatt prangte. Staunend drückte Shinji sich die Nase am Fenster des Autos platt. „Wow, eine echte Geofront!“ rief er fasziniert. Misato musste lächeln. „Ja, das hier ist der Neubeginn nach dem Second Impact, eine Festung für die Menschheit.“ Wenig später standen sie in einem Gang mit weißer Kachelwand. Unschlüssig verharrte Misato an einer Abzweigung, wohl nicht wissend, welchen Gang sie nehmen sollte. Als Shinji zu ihr aufschloss lachte sie etwas nervös. „Ähhähä, ich habe mich nicht verlaufen oder so, keine Angst, ich weiß ganz genau wo es lang geht.“ *Ok, ich habe mich doch vielleicht ein ganz kleines bisschen verlaufen.* Als sie ein rascheln hörte, drehte sie sich um. „Ah, Hallo Ritsuko!“ Sie blickte in das missmutige Gesicht einer Frau mittleren Alters, die über einer blauen Bluse und einem kurzen schwarzen Rock einen weißen Kittel trug. Sie rümpfte die Nase. „Das ist das letzte mal, dass ich Sie wieder einsammle, Leutnant-Kommandant Katsuragi, haben wir uns verstanden!“ Die konnte nur ein beschämtes Lachen von sich geben, was die andere allerdings nicht beachtete. Ihr Blick ging zu Shinji, der versuchte, sich möglichst im Hintergrund zu halten. „Ist das der Junge?“ Misato blickte auf. „Ja.“ „Freut mich.“ sagte die ältere Frau. Sie reichte ihm die Hand. „Ritsuko Akagi, Leiterin der wissenschaftlichen Abteilung hier bei Nerv. Du musst Shinji-kun sein.“ „Ja.“ Wenige Minuten später führte die Wissenschaftlerin die beiden anderen in einen dunklen Raum. „Shinji, das, was ich dir jetzt zeigen werde unterliegt strengster Geheimhaltung.“ warnte sie ihn, bevor sie das Licht anmachen ließ. Was er sah lies Shinji vor Schreck starr werden. Vor ihm, aus einem See rötlich-oranger Flüssigkeit, ragte ein gut 8 Meter großer, metallener Kopf. „Was ist das?“ fragte er, als er die Sprache wiederfand. „Das ist die ultimative Kampfmaschine in Menschengestalt, das ist Evangelion Einheit 01.“ antwortete Ritsuko. „Genau. Und du wirst der Pilot sein.“ tönte eine Stimme von einem Steg, etwas weiter oben in der Hangarhalle. Misato wirbelte zu Ritsuko herum „Was?! Das könnt ihr doch nicht machen, er ist gerade hier angekommen.“ „Es tut mir Leid, aber wir haben keine andere Wahl.“ antwortete die Angesprochene kühl. Shinji reagierte nicht darauf. Er hatte nur Augen, für den Mann, der ihn von oben her mit absolut gefühllosem Blick anstarrte. Dieser erwiderte den Blick. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, … Sohn.“ Lose Control Kontrolle verlieren Hasserfüllt sah Shinji seinen Vater an. Dieser hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und sah ihn aus seinen kalten, durch eine orange getönte Sonnenbrille verdeckten Augen an. „Du willst also, dass ich in dieses...dieses Ding steige?!“ „Vollkommen korrekt. Nur du kannst ihn steuern.“ „Warum?“ unterdrückter Zorn schwang in der Stimme des Sohnes mit. „Warum“, fuhr er fort, als der alte Ikari nicht reagierte. „Warum hast du dich die ganzen Jahre nicht ein einziges mal auch nur erkundigt, wie es mir geht?“ Der Alte schwieg weiter. „Wie es mir geht braucht dich ja nicht zu kümmern. Aber wenn du mich brauchst, dann interessiere ich dich wieder, ja?! Vergiss es! Ich werde nicht in dieses Ding steigen!“ „Aber wir brauchen dich!“, fuhr Misato ihn an. „Du hast doch gesehen, was draußen geschieht! Du musst uns helfen, du bist der einzige, der das kann!“ „NEIN!“, brüllte Shinji. Sein Vater auf dem Steg über ihm zeigte immer noch keine Regung. „Ist das deine Antwort?“ fragte er ihn. „Gut.“ Der Mann wandte sich zu der Wand neben ihm, die vollständig aus Kamera gespeisten Bildschirmen bestand. „Rei?“ Einer der Bildschirme wechselte das Bild. Ein simpler 'Sound only'-Schriftzug war darauf zu sehen. „Ja?“ erklang eine leise, ton- und emotionslose Stimme. „Du hast es gehört. Der Neue ist untauglich. Du wirst Einheit eins steuern.“ „Ja.“ So schön hatte es doch begonnen. Fast ohne größere Probleme hatte er die Wachleute beseitigt. Gut, es hatte etwas länger gebraucht, mit dem Boot fertig zu werden, immerhin hatte er noch nie einen Außenbordmotor gesehen, geschweige denn gesteuert. Jedoch hatte er es dann auch nach dem hundertsten Versuch (oder war es der dreihundert zehnte gewesen?) geschafft, den Motor zum laufen zu bringen. Danach hatte er noch eine dreiviertel Stunde benötigt, die Steuerung so weit zu lernen, dass das Zodiac sich in die richtige Richtung bewegte. Nach einer, mehrere Stunden dauernden, etwas seekranken Überfahrt war er dann auch schließlich am Ufer angelangt. Überall um ihn herum hatten alte Häuserruinen aus dem Wasser geragt, dahinter war eine menschenleere Stadt zu sehen gewesen. Ohne irgendwelche Vorsicht walten zu lassen - wozu auch, es war ja niemand zu sehen – war er an Land gegangen. Langsam und ohne erkennbare Hast hatte er dann das völlig entvölkerte Städtchen betreten. Plötzlich war die Stille von lauten Explosionen zerrissen worden, die ihn dazu gebracht hatten, instinktiv eine Verteidigungsstellung anzunehmen. Von der Szene, die sich vor ihm abgespielt hatte, war er vollkommen überrascht worden. Jetzt hetzte er durch die Stadt, auf der Suche nach einem sicheren Ort, einem Ort, an dem er dem Chaos entkommen konnte. Seine Flucht führte ihn zurück zum Strand, dessen Verlauf er folgte. Kurz darauf wurde dieser durch eine Kaimauer abgelöst, die von Lagerhäusern gesäumt wurde. Er fixierte eines, dass ihm als Zufluchtsort geeignet schien, wechselte in vollem Lauf die Richtung und schoss ohne ab zu bremsen in das leere Gebäude herein. Drinnen stützte er sich auf seinen Knien ab und rang nach Luft. Hier war er für die nächsten Momente sicher, so dachte er. Langsam lies er den Blick durch die große Halle schweifen. Es war ein leerer Raum, wenn man mal von dem Müll und den Schrottteilen, die im gesamten Lagerhaus verstreut lagen, ab. Das Dach wurde von Stahlträgern gestützt, die aber schon begonnen hatten Rost anzusetzen. Immer noch schwer atmend ging er zu einem dieser Träger, lehnte sich an diesen an und lies sich zu Boden gleiten. Erschöpft schloss er die Augen. Sofort fiel er in einen Traum losen Schlaf. Eine Explosion ließ ihn aufschrecken. Gerade noch rechtzeitig konnte er die auf ihn herabstürzenden Mauerteile mit seinen auffangen und sie neben sich auf den Boden aufschlagen lassen. Ohne zu zögern rannte er, seinem Instinkt folgend aus dem Versteck, weiteren herabstürzenden Trümmerteilen ausweichend. Hektisch blickte er sich nach Fluchtmöglichkeiten um. Dann begann er, in Richtung des Stadtzentrums zu fliehen. Ritsuko spannte sich. In Befehlston rief sie: „Persönlichkeitsprofil Shinji Ikari deaktivieren! EVA mit Profil Rei Ayanami rebooten!“ Wortlos stand Shinji daneben, den Kopf gesenkt. Er blickte erst auf, als ein Krankenbett herein gefahren wurde. Er realisierte zuerst gar nicht, was ihn daran stutzig machte, erst als er die auf dem Bett transportierte Person genauer betrachtete, wusste er, dass sie ihm irgendwo her bekannt vorkam. Der hellblaue Haarschopf, der zu sehen war, erinnerte ihn an irgendjemanden, und plötzlich wurde ihm klar an wen. Sie war das Mädchen, das er in der Stadt, bevor das Monster angegriffen hatte! Anstatt des blauen Kleides von vorhin trug sie nun einen eng anliegenden, blau-weißen, Ärmel losen Anzug. Auf ihrer Brust waren zwei Nullen abgedruckt. Entsetzt sah Shinji, dass sie Verbände um den Arm und den Kopf trug, dass sie an einen Tropf angeschlossen war. Unter der Regunslosigkeit ihrer Augen konnte er eine unendliche Müdigkeit erkennen. Oben in der Stadt, mittlerweile war die Nacht hereingebrochen, schien der Engel sein Ziel gefunden zu haben. Zumindest stoppte er seinen nunmehr ungestörten Vormarsch. Dann blitzten seine Augen kurz auf. Eine große, violette, kreuzförmige Explosion zerriss die Nacht. Die Explosion erschütterte die gesamte Geofront. Auch Shinji im Hangar von EVA 01 konnte sich kaum auf den Beinen halten. Neben sich hörte er ein scheppern, als das Krankenbett, auf dem das Mädchen gelagert war, umkippte. Sofort lief er los, kniete sich neben sie, hob sie auf. Sofort wimmerte die Blauhaarige und gab einen kurzen Schmerzensschrei von sich. Er fühlte etwas feuchtes an der Hand, mit der er ihren Rücken stützte. Langsam hob er sie sich vor das Gesicht. Die Handfläche war rot. Er schloss die Augen, wollte den Anblick des Blutes auf seiner Hand aus seiner Wahrnehmung verbannen. * Ich darf nicht weglaufen, ich darf nicht weglaufen, ICH DARF NICHT WEGLAUFEN! * Er öffnete die Augen und hob den Kopf, bis er seinem Vater direkt in die Augen sehen konnte. „Ich mach es.“ Seit zwei Stunden war er nun damit beschäftigt,durch die Stadt zu hetzen. Während er lief, zermarterte er sein Hirn, im Versuch, die Geschehnisse der letzten Stunde zu verstehen. Immer wieder waren Trümmerteile niedergeprasselt, immer wieder hatte er entweder ausweichen, oder aber die Teile mit seinen zerschlagen müssen. Plötzlich blieb er stehen. Lauschte in die Nacht. Außer den immer wieder durch die Nacht donnernden Explosionen war noch etwas anderes zu hören, etwas menschlicheres. Ein wimmern. Langsam drehte er sich in die Richtung des Geräusches. Etwas hatte sich an ihm verändert. Ruhig schritt er los. Die Hektik, de er noch vor wenigen Minuten verströmt hatte war vollkommen von ihm gewichen. Er ging auf ein kleineres, noch relativ unbeschädigtes Gebäude zu. Ein grausames lächeln glitt über sein Gesicht. Die Pupillen seiner burgunderfarbenen Augen waren verengt, die Augen selbst so geweitet, dass das Weiße in ihnen zu sehen war. Er fühlte weder Panik noch Angst. Einzig und allein die Gier nach Menschenleben strömte durch seinen Körper und treib ihn immer weiter an. Ja, er würde sie schaffen, eine Welt in der er leben konnte, eine Welt ohne Menschen, so wie es ihm seine Instinkte befahlen. Shinji fühlte sich unbehaglich, als er nach den zwei Steuerknüppeln, die vor seinem Pilotensitz montiert waren, griff. Wenige Minuten zuvor hatte man ihn in ein langes Metallrohr bugsiert. Dies sollte also das des großen Kampfroboters sein. Ihm entzog sich allerdings, wie man diese Maschine steuern sollte, während man außerhalb in einem Metallzylinder saß. Im Kontrollzentrum dagegen ging es hoch her. Alles wurde auf den Start des EVA's vorbereitet. Misato stand inmitten des Trubels. Ihre Aufgabe würde sein, die Operation zu beginnen und dem Piloten taktische Anweisungen zu geben. Um die Aktivierung würde sich Ritsuko kümmern. Diese stand hinter ihrer Assistentin, einer kleinen, zierlichen, schwarzhaarigen jungen Frau in einer beigen Uniform mit einem roten Streifen an jeder Schulter. „Entry Plug bereit zum einführen.“, meldet sie. Die ältere Frau nickte. „Einführungssequenz initialisieren!“ Durch das große Fenster an der zum Cage hin liegenden Wand konnte man sehen, wie der lange Metallzylinder in das Genick des Evangelion's versenkt wurde. „Entry Plug in Position!“, kam die Bestätigung. „Gut“ Ritsuko nickte. „LCL einfüllen!“ Im Plug merkte Shinji plötzlich, wie eine merkwürdige, zähe, orangefarbene Flüssigkeit in den Hohlraum ein zuströmen begann. Erschrocken hob er den Kopf, versuchte wie ein Ertrinkender verzweifelt so lange wie möglich an der Luft zu bleiben. Eine ruhige, etwas rauchige, weibliche Stimme drang an sein Ohr. „Keine Angst.“ Ritsuko's Stimme schallte aus dem Funkgerät. „Atme die Flüssigkeit ein! Das LCL wird deine Lungen mit Sauerstoff versorgen.“ Kurz darauf spürte er, wie sein Körper nach der Luft, die er jetzt anhielt, um die Flüssigkeit nicht einzuatmen, verlangte. Unwillkürlich füllte er seine Lungen. Der blutähnliche Geschmack des LCL ließ ihn kurz würgen. Jedoch fühlte er, wie die Gier seines Körpers nach Luft nachließ. Der Mann, der neben Dr. Akagi an einem anderem Computerbildschirm saß, ein kurzhaariger Brillenträger, der sich genauso wie sie in den Mittzwanzigern befand, blickte kurz auf. „LCL-Sauerstoffanreicherung im grünen Bereich.“ „Nervenverknüpfung initialisieren!“ Überrascht merkte Shinji auf, als er merkwürdige Muster auf der Innenwand des Entry Plugs sah. Erst nach einigen Sekunden veränderten sich diese Muster zu einem Bild der Umgebung. Die Wissenschaftlerin drehte sich wieder zu ihrer Assistentin vor ihr. „Beginne mit Synchronisation. A10-Nervenverbindung hergestellt. Synapsen 1 bis 10000 verbunden. Erreichen der absoluten Borderline in 10...9...8...7...6...5...4...3...2...1 Borderline clear! Einheit 01 erfolgreich aktiviert. Synchronwert liegt bei“ die kleine Frau stockte kurz. „49,9 Prozent.“ Ritsuko beugte sich über ihre Schulter. „Alle Achtung. Dabei trägt er noch nicht einmal einen Plugsuit.“ Sie drehte sich zu Misato. „Lt. Commander!?“ Die Angesprochene nickte. „EVA 01 startbereit machen!“ „Ja!“ Ein anderer Mann, er trug etwa Schulterlange Haare und war wohl auch so alt wie seine beiden Nebenleute hackte schnell auf seiner Tastatur herum. Im Cage dröhnten Warnsignale durch die Gegend. Durch einen Lautsprecher war die dringende Aufforderung, den Hangar sofort zu räumen. Dann wurde die Kühlflüssigkeit, die den EVA umgab, abgelassen. Schlussendlich wurden die Sicherungen entfernt, die den Evangelion in den Cage banden. Im Kontrollzentrum drehte Aoba sich zu Misato um. „Alle Sicherungen entfernt, EVA wird zu Startrampe transportiert.“ „Sehr gut. Startkanal öffnen!“ „Sofort!“ Maya Ibuki blickte auf ihren Bildschirm. „Startkanal clear, haben grünes Licht!“. Misato schloss kurz die Augen, atmete durch. Dann wandte sie sich zu ihrem Vorgesetzten um. Commander Ikari saß in seiner üblichen Haltung, das Kinn auf die verschränkten Hände aufgestützt. „Soll ich das Startsignal geben, Commander?“ „Natürlich.“ Sie blickte wieder nach vorn. „Evangelion-Unit 01 start!“ Langsam betrat er das Haus und blickte sich um. Er stand in einem kurzem, geradem Flur. Links und rechts waren Türen zu sehen. Aus einer Tür konnte er das Wimmern hören, was ihn her geführt hatte. Ruhig ging er in die Richtung des Geräusches, Mordlust schimmerte in seinen Augen. Er öffnete die Tür. Vor ihm stand ein kleines Mädchen, etwa fünf Jahre alt. Seine Vektoren schoben sich langsam nach vorne, in die Richtung des Kindes, dass zur Wand gewandt am Boden hockte und weinte. Dann zuckte er zurück. Irgendetwas hinderte ihn daran die Kleine einfach zu zerfetzen. Er fasste sich an den Kopf, als hätte er Schmerzen. Ein Gesicht erschien kurz vor seinem inneren Auge. Mit einem leisen, wütendem knurren versuchte er die Erinnerung zu verscheuchen. Shinji wurde plötzlich in den Pilotensitz gedrückt, als Evangelion Einheit 01 mit einer Beschleunigung von nahezu 4G an die Erdoberfläche geschleudert wurde. Mit einem Ruck kam die Maschine zu stehen. Durch die Augen des EVA's konnte er seine Umgebung sehen. Und direkt vor ihm war etwas zu sehen, was er eigentlich nicht sehen wollte. Dort stand eine, ihm bekannte, kopflose und langarmige Gestalt. Er brauchte eine Weile, um zu realisieren, dass Misatos Stimme aus dem Intercom drang. „Alles in Ordnung bei dir Shinji? Gut, dann werden wir jetzt den EVA freigeben.“ Unten im Central Dogma wandte Lt. Commander Misato Katsuragi sich an ihre Untergebenen. „Letzte Sperrvorrichtung lösen, Evangelion Unit 01, lift off!“ Oben konnte man sehen, wie sich die Klammern, die den Roboter an die Schienen banden, welche ihn auf seiner Plattform nach oben geleitet hatten, lösten. Sofort fiel der Oberkörper der Maschine nach vorne. Langsam bekam er seinen Geist wieder unter Kontrolle. Mittlerweile hatte das Kind bemerkt, dass jemand hinter ihm stand. Sie sah ihn aus großen, überraschten Augen an. Wieder brachte er seine Vektoren in Angriffsposition. In Shinji's Kopf herrschte gähnende Leere. Nicht nur, dass er in einem rund 40 Meter hohen Kampfroboter saß und nebenbei keine Ahnung hatte, wie er ihn steuern sollte, ihm gegenüber stand ein nicht minder großes Wesen und starrte ihn aus kleinen, bösartigen roten Augen an. Eine Bewegung in seinem rechten Augenwinkel sagte ihm, dass der Intercom sich geöffnet hatte. Er blickte auf den holografischen Bildschirm. Auf der anderen Seite der Verbindung sah ihm Ritsuko ins Gesicht. „Gut, Shinji. Hör mir gut zu, ich werde dir jetzt erklären, wie du den EVA steuerst.“ Sie mache eine Pause. „Du musst dir einfach nur denken, was er machen soll. Also setze jetzt in Gedanken einen Fuß vor den anderen, klar?!“ Der junge Pilot schluckte. * Also gut, dann einen Fuß... * der EVA hob langsam einen seiner dick gepanzerten Füße und ließ ihn einige Dutzend Meer weiter wieder auf den Boden krachen. * Vor den anderen. * Nun versuchte der Evangelion dies auch mit dem zweiten, scheiterte jedoch und verlor das Gleichgewicht. Shinji rieb sich schmerzhaft den Kopf. Es war keine angenehme Erfahrung, aus vierzig Metern Höhe hin zu fallen. Er sah auf, und schrie in Panik. Mitten in seiner Sicht stand der Engel, starrte auf ihn herab. Er hörte Misatos Stimme, die ihn eindringlich aufforderte, aufzustehen. Dann wurde der EVA gepackt und in die Höhe gehoben. Krampfhaft fasste er sich an seinen Arm, als er merkte, wie er zu brechen begann. Durch den Funk versuchte Ritsuko ihm klar zu machen, dass es nicht sein Arm sei, nur das neuronale Interface teilte ihm den Zustand der Maschine mit. Dann brach der Arm des Evangelion's. Ein scharfer Schmerz durchzuckte den Piloten. „Rechter Arm schwer beschädigt! Schaltkreise werden getrennt!“ „Wo bleiben die Defensivsysteme des EVA's, Maya?!“ Ritsuko beugte sich über die Schulter ihrer Assistentin. „Ich weiß es nicht! Das AT-Feld springt nicht an!“ Plötzlich sprang eine Alarmmeldung auf den Bildschirm. „Der Engel greift die Kopfpanzerung von Einheit 01 an!“ Die Schläge waren kaum auszuhalten. Immer heftiger schlug der Engel mit seiner Violetten Energielanze zu. Durch die Neuroverbindung fühlte Shinji, wie die Waffe seines Gegners wieder und wieder auf das Auge des EVA's einstieß. Dann brach die Kopfpanzerung, und der gewaltige, 8 Meter große Schädel wurde glatt durchschlagen. Mit einem lauten Krachen prallte der EVA auf ein Hochhaus und blieb liegen. „Kopfpanzerung zerstört!“ Mayas stimme klang panisch. „Synapsenverbindungen trennen sich! Keine Lebenszeichen vom Piloten!“ Misatos Blick war ernst. „Wir haben keine Wahl. Operation abbrechen! Evakuiert den Piloten!“ Maya nickte. Sie gab den Befehl in ihre Tastatur ein. Dann erstarrte sie. „Der EVA verweigert den Befehl!“ Plötzlich kam wieder Leben in den Evangelion. Das vorher erloschene rechte Auge glühte wieder auf. Ritsuko's Auge weiteten sich, als die neuen Werte den Hochleistungsrechner erreichten. „Maya, was ist da los?“ „Der EVA hat sich selbstständig reaktiviert!“ „Das ist unmöglich!“ Misato sah ihre Freundin entsetzt an. „Heißt das, der EVA gerät...“ Die Wissenschaftlerin sah nicht minder entsetzt zurück. „Außer Kontrolle!“ Er machte sich bereit den Schmerz des Kindes zu kosten. Langsam glitten die Vektoren nach vorne, auf sein Opfer zu. Ein teuflisches Grinsen legte sich auf seine Lippen. Dann hielt er inne. Die Köpfe beider schossen synchron nach oben, als ein lautes Knirschen von der Decke des Zimmers erklang. Risse begannen sich durch das Mauerwerk zu ziehen. Starr vor Schreck stand das Mädchen vor ihm, sah nach oben. Dann brach der Raum zusammen. Blitzschnell schossen seine Vektoren auf das Kind zu. Memory 1 Erinnerung 1 *Warum? * Fassungslos versuchte er zu realisieren, was er gerade getan hatte. Immer noch hielt er den kleinen, jetzt zitternden Körper an sich gedrückt, während er die Trümmerteile, die sie ansonsten beide unter sich begraben hätten, mit seinen Vektoren festhielt. Die Kleine war ein Mensch, ein Feind! Etwas, was beseitigt werden musste! Dies schienen ihm seine Instinkte ins Gesicht zu schreien. Er achtete nicht darauf, unterdrückte den Blutrausch. Sie war ein Feind, dennoch hatte er sie mit seinem Körper und Leben beschützt. Er blickte nach unten, auf ihren hellbraunen Schopf. Nachdenklich betrachtete er das Kind. Dann schloss er kurz die Augen. Erschöpfung machte sich in ihm breit. Lange würde er die Trümmer nicht mehr halten können. Sein Blick fuhr durch den Raum, auf der Suche nach einem Fluchtweg. Als er eine laute Explosion hörte drückte er das Mädchen, das nun vor Angst laut Aufschrie, an sich. Danach hörte er dumpfe Schläge, gleich den Schritten eines Riesen. Dann war alles Still, nur das Knirschen der Mauerteile war zu hören. Er öffnete die Augen. Immer noch spürte er, wie das Gewicht von Beton und Stein schwer auf seinen lastete. Er musste wohl einen sicheren Ort für die Nacht schaffen, an dem er sich erholen und über eine Lösung nachdenken konnte. Vorsichtig entfernte er einen Vektor aus seiner Stütze und begann, damit eine Grube zu graben. Als sie seiner Meinung nach tief genug schien, kroch er mit dem Kind herein und senkte ein großes Trümmerstück herab, dass er so bearbeitete, dass ein Luftloch blieb, und deckte damit das Nachtquartier ab.Danach ließ er vorsichtig die restlichen Mauerstücke auf die Grube herunter krachen. Mittlerweile weinte das Kind. Langsam wiegte er sie in seinen Armen vor und zurück. Irgendwie erinnerte sie ihn an etwas aus seiner Vergangenheit. Schließlich schlief sie erschöpft ein. Vorsichtig bettete er das Kind, ihren Kopf an eine der Grubenwände gelehnt. Dann legte auch er sich hin und begann über einen Ausweg nachzudenken Doch er merkte bald, dass es nichts brachte. Also schloss auch er die Augen. Langsam ließ auch er sich in die wohlige Dunkelheit des Schlafes gleiten. „Er ist jetzt bei 19 J.“ „Abschussenergie weiter erhöhen.“ Eine Gruppe von Wissenschaftlern stand in einem kleinen, mit Computern und Messgeräten vollgestopften Raum. Durch ein aus Panzerglas gefertigtes Fenster beobachteten sie einen Jungen, ungefähr dreizehn bis vierzehn Jahre alt, mit blau-grün meliertem Haar. Er hockte, mit den Händen an eine klinisch-weiße Kachelwand gefesselt, in einer Lache aus getrocknetem Blut. Ihm gegenüber war eine automatische Großprojektilkanone an die decke montiert, die gerade wieder auf ihn feuerte. Ungebremst raste die Kugel auf seinen Kopf zu, bis sie, als wäre sie auf eine unsichtbare Wand geprallt, direkt vor seinem Gesicht stoppte. „20 J abgeblockt.“ „Leistung weiter steigern.“ Der Wissenschaftler, der gerade gesprochen hatte, wohl de Versuchsleiter, ein Mann mittleren Alters mit dunkelbraunen Haaren, blickte durch das Fenster. Interessiert beobachtete er den laufenden Versuch. Sarah Collins ballte verkrampft eine Faust in der Tasche ihres Kittels, ihre Fingernägel bohrten sich beinahe in ihr Fleisch. Sie hasste diese Versuche, hasste sie, seitdem sie hier angefangen hatte. Die Diclonii. Sie wusste, welche Gefahr sie darstellten, seitdem sie gesehen hatte wie einem Wachmann ohne mit der Wimper zu zucken den Arm ausgerissen hatte. Mit ihren Vektoren. Einfach so. Sie waren brutal, Monster. Dennoch hatten sie so etwas wie das nicht verdient. Sie hatten nicht verdient, dass man sie wie Versuchstiere behandelte, wenn an sie nicht schon kurz nach der Geburt tötete. Manchmal fragte sie sich, wer hier die wahre Bestie war. Sie wandte sich an den Versuchsleiter. „Dr. Kurama, ist es nicht langsam genug?“ Der Angesprochene sah sie durch seine schmale Brille an. „Warum?“ „Es ist viel zu wenig Zeit nach dem letzten Versuch vergangen. Er konnte sich noch nicht erholen. Sie wissen doch, wie wertvoll die Diclonii der ersten Generation sind. Außerdem kann sich seine Vektorleistung seit dem letzten Experiment nicht nennenswert vergrößert haben.“ „Haben sie Beweise für ihre Behauptungen?“ Sarah öffnete den Mund. Und schloss ihn sofort wieder. Natürlich hätte sie mit so einer Aussage rechnen müssen. Dr. Kurama dachte nun mal so. Die Diclonii waren ausschließlich Monster für ihn, nur als Forschungsobjekte wertvoll. Als Versuchskaninchen. „Objekt Nr. 13 getroffen, Schussleistung bei 40 J.“ Kurama notierte die Ergebnisse. „Gut, wir beenden die Versuche an dieser Stelle. Weiter zu Nr. 15.“ Die Forscher verließen den Raum. Allein Sarah stand noch da, kaum unterdrückter Zorn und Verachtung für ihren Vorgesetzten stand ihr im Gesicht. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und durchschritt die Tür. Sie betrat die Zelle. Vor ihr hing der junge Diclonius in den Ketten. Als er den Kopf hob, offenbarte er einige frische Blutrinnsale, die sein Gesicht herabliefen. Müde sah er sie aus seinen burgunderfarbenen Augen an. Sein Blick war schon lange stumpf geworden, entbehrte selbst den Hass, den andere seiner Artgenossen gegenüber Menschen offen zur Schau stellten. Das markanteste Merkmal seiner Art, die Hörner, waren schon vor einiger Zeit bei Versuchen dieser Art abgebrochen. Sarah ging auf ihn zu. Sanft legte sie ihm ihre Hand an seine Wange. Sie war, seitdem sie vor fünf Jahren hier hin gekommen war, seine Bezugsperson gewesen. Sie war der einzige Mensch, den er so nah an sich heran ließ, ohne sie augenblicklich mit seinen Vektoren durch den Raum zu schleudern. „Yúsan.“ Sie lehnte ihre Stirn an die seine. „Wie lange noch, Onee-chan?“ Seine Stimme klang brüchig, schwach. „Bald, Yúsan,bald.“ Seine Tränen mischten sich unter sein Blut. Memory 2 Erinnerung 2 Collins blieb bei ihm, bis er eingeschlafen war. Ihr braunes Haar war mittlerweile von seinem getrocknetem Blut verklebt. Sie blickte auf den Diclonius herab. Selbst zum Schlafen hing er in den Ketten, hockte in seinem eigenen Blut. „Good night, nii-chan.“ Sie wandte sich zum gehen. Der Flur war beinahe menschenleer. Die meisten ihrer Kollegen lagen schon im Bett. Nur hie und da patrouillierten noch einige Wachleute. *Irgendwie deprimierend.* Nicht nur die leere, die Sterilität des Komplexes, die unheimliche Distanz zu jedwedem Leben, war ihr zuwider. Mehr noch widerten sie ihre Kollegen an, ihre anthropozentrische und chauvinistische Art an Experimente heran zu gehen. Am meisten jedoch verachtete und hasste sie sich selbst. Seufzend schüttelte sie den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Mit gesenktem Blick betrat sie ihr Zimmer. Langsam öffnete er seine Augen. Sofort war das Wummern, das von der Kopfverletzung herrührte, wieder da. Er stöhnte leise und ließ sich in den Ketten hängen. Er reagierte nicht, als ein Wagen mit seiner Nahrungsration für diesen Morgen von einem Wachmann herein geschoben wurde. Er wurde von der jungen Frau begleitet, die sich immer um ihn kümmerte. Mittlerweile war sie ein Teil seiner Familie, die er nicht hatte. Mit einem leisen Klacken öffneten sich die Handschellen, die ihn an die Wand fesselten. Der Diclonius sackte auf die Knie und wäre beinahe vorne über gekippt. Sanfte Hände fingen ihn auf. Als er den Blick hob, sah er in ihr Gesicht. *Onee-chan.* Sie lächelte ihn an. „Ganz ruhig, Yúsan. Komm, ich helfe dir.“ Vorsichtig zog sie ihn auf die Beine. Dann führte sie ihn zum Wagen. Der Wachmann zuckte zusammen, als er von dem Jungen fixiert wurde. Allein die Anwesenheit seiner geliebten verhinderte, dass er den verängstigten Menschen mit seinen Vektoren an die Wand schmetterte. Kurz darauf widmete er seine gesamte Aufmerksamkeit der Nahrungsaufnahme. Er schlang seine Mahlzeit gierig herunter. Nachdem er geendet hatte, blickte er wieder den Wachmann feindselig an, der zusammenzuckte und nervös an seinem Halfter herumspielte. Die junge Wissenschaftlerin, die die ganze Zeit daneben gestanden hatte, legte dem Mann eine Hand auf die Schulter. „Ich glaube, es wäre besser, wenn sie jetzt gehen.“ „Aber, der Diclonius! Wenn er Sie angreift?“ Die Frau lächelte sanft. „Das wird nicht passieren.“ Mit diesen Worten schob sie die Wache auf den Gang. Der junge Diclonius sah dem Menschen hinterher. Die Augen hatte er zu einem hasserfüllten Spalt zusammengekniffen. Eine sanfte Hand auf seiner Schulter riss ihn aus seinen Mordphantasien. „Geht es dir besser?“ Yúsan nickte. Sie zog ihn in eine Umarmung. „Yúsan?“ Der Angesprochene sah sie fragend an. „Danke.“ Dann ließ sie ihn los und verließ den Raum. Verwirrt starrte ihr der Diclonius hinterher. Sie schämte sich. Sie schämte sich, weil sie Angst vor ihm hatte. Sarah wusste, dass Yúsan, der ja zu ihr aufsah, ihr nie etwas antun würde. Dennoch hatte sie Angst vor der unglaublichen Kraft, die die Diclonii durch ihre Vektoren erhielten, diese hochfrequent schwingenden, zusätzlichen Gliedmaßen, die stark genug waren, einen Elefanten in Stücke zu reißen, schnell genug um einen Kugelhagel abzuwehren, und die scharf genug waren, dicksten Stahl zu zerschneiden wie ein warmes Messer Butter zerschnitt. Und sie hatte Angst vor dem unglaublichem Hass, den diese neue Spezies den Menschen entgegenbrachte. Ein bitteres Lächeln erschlich sich Zutritt zu ihren Lippen, als ihr durch den Kopf ging, was diesen Hass ausgelöst hatte. *Keiner besser als der andere* Collins hatte zu viele Fehler begangen in der Vergangenheit. Sie hatte ohne Protest dem Leid, dass hier geschah, zugesehen. Nun würde sie endlich handeln, ihre Fehler wieder gut machen. Ihr Schützling würde bald nicht mehr leiden müssen. Sarah hoffte, diesmal keinen Fehler zu begehen. Mittlerweile war er wieder angekettet worden. Er hatte sich nicht, wie sonst üblich, gewehrt,er war zu perplex gewesen, um zu reagieren. Nun hing er wieder an der Wand und dachte über das eben geschehene nach. Sie war wie sonst gewesen. Trotzdem war etwas an ihrem Verhalten, was er nicht einzuordnen verstand. Während er noch seinen Gedanken nachhing, begannen an einem anderen Ort im Institut, einige hundert Meter unter ihm, die Ereignisse ins Rollen zu kommen. Ein wunderbarer Ort, ein Ort, von dem die Zukunft dieses Planeten, dieser armseligen Menschheit ausging. Der alte Kakuzawa verzog die Lippen zu einem eisigen Lächeln. Er war ein Mann um die siebzig, hatte schütteres, graues Haar und trug einen braunen Anzug. Er schloss seine schmalen Augen, als er Schritte hörte. „Ah, mein Sohn, du bist gekommen.“ Der andere, ein Mann Mitte dreißig, hob den Kopf. „Wie du gerufen hast, Vater.“ Jetzt drehte sich der Alte herum. „Tu nicht so gehorsam!“ „Was willst du von mir? Immerhin verschwende ich hier meine kostbare Zeit, die ich auch für den aufwenden könnte.“ Das eiskalte Lächeln des alten Kakuzawas wurde breiter, sadistischer. „Sollten wir nicht unseren baldigen Aufstieg feiern, mein Sohn, an dem Ort unserer Ahnen?“ Er breitete die Arme aus, als wollte er die gigantische Tropfsteinhöhle, mitsamt dem riesigen See, der sich in ihrer Mitte befand, umarmen. „Was ist, hast du keinen Hunger?“ Sarah sah von dem Essen, in dem sie jetzt schon seit fünf Minuten lustlos herumgestochert hatte, auf. Vor ihr saß Mashiro Kisaragi, die Sekretärin von Dr. Kurama, ein kleine, quirlige, etwas hyperaktive Frau. Sarah schüttelte den Kopf. „Nein, es ist nur...“ „Liebeskummer? Oh, ich glaube, da kann ich dir helfen. Wer ist denn eigentlich der Unmensch, der...“ Sarah musste lächeln. Ihre Freundin schaffte es immer wieder, alle dunklen Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben. „Nein, keinen Liebeskummer.“ unterbrach sie den Redefluss ihrer Tischgenossin. „Nicht?“ „Nein..., ich glaube, ich brauche einfach nur Urlaub.“ „Oh, ja, das kann ich verstehen. Weißt du ich würde ja gerne mal wieder einfach nur in der Sonne liegen, auf Okinawa, und dann würde ich...“ Mit einem immer breiter werdendem Lächeln lauschte Collins dem Monolog ihrer Freundin. Nach zwei Stunden pausenlosen Redens sah Kisaragi auf ihre Uhr. „Um Himmels Willen, schon so spät! Ich muss sofort los, sonst reißt mir der Chef den Kopf ab!“ In Windeseile packte sie ihre Sachen zusammen, verabschiedete sich von ihrem ermatteten Opfer und verließ die Kantine. Mit einem müden Seufzen entschied sich Collins, heute ihre Arbeit Arbeit sein zu lassen, und schleppte sich in ihr Zimmer. Sie musste ausgeruht sein, immerhin hatte sie heute noch etwas wichtiges zu erledigen. Es war schon recht spät, als sie aufstand. Sie atmete tief durch und begann, alles für ihren Plan vorzubereiten. Platsch. Langsam löste sich ein Tropfen von dem Schaltpult und landete in einer kleinen Pfütze auf dem Boden. Platsch. Der Raum war vollkommen dunkel, nur das Licht, welches von den Monitoren ausging, offenbarte das grinsende Gesicht des jungen Kakuzawas. Gebannt starrte er auf einen der Überwachungsmonitore. „Du machst dich ganz gut.“ Er ließ ein leises Glucksen vernehmen. „So, Kleine, dann wollen wir dich mal laufen lassen.“ Er drückte einen Knopf, worauf sich einige Meter weiter eine gepanzerte Tür öffnete und den Blick auf eine nackte, junge Frau, die eine stählerne Gesichtsmaske trug, freigab. „Nun geh schon, Lucy. Wir wollen doch nicht, dass du mit dem Alten vorlieb nehmen musst, nicht wahr mein Freund?“ Er tätschelte dem Wachmann, der neben ihm auf dem Pult lag die Schulter. Das schwache Licht, was in seine glasigen Augen fiel, verriet, dass er tot war. Sarah hechtete durch den Gang, als eine laute Alarmsirene ertönte. Ruckartig blieb sie stehen und lauschte auf die Durchsage. „Objekt Nr. 1 ist ausgebrochen, wiederhole, Objekt Nr. 1 ist ausgebrochen. Alle Wachleute haben sich augenblicklich zu bewaffnen und in Position zu begeben, alle Wachleute haben sich augenblicklich zu bewaffnen und in Position zu begeben“ Die junge Wissenschaftlerin sog scharf die Luft ein. Sie wusste, wer dieses Objekt Nr. 1 war, und sie wusste, dass es besser war, die nächste Zeit nicht auf dem Gang zu sein. Trotzdem lief sie weiter, in der Hoffnung, dem Experiment auf dem Weg nicht zu begegnen. Mittlerweile war Chaos ausgebrochen. Überall liefen Wachmänner Kreuz und quer durch die Gänge, in Richtung der Kasernen, um sich Waffen zu besorgen, und in Richtung der Positionen, die sie während des Gefechts einzunehmen hatten. Yúsan nahm in seiner Zelle nichts von dem Tumult, der sich draußen abspielte, wahr. Langsam tappte die nackte Gestalt über die Gänge, auf ihrem Weg jeden tötend, der es wagte, in ihr Blickfeld zu kommen. Langsam zog der Blutgeruch in die Zelle und riss Yúsan aus seinen Gedanken. Er lächelte, als er die Chance witterte, seinem Gefängnis zu entkommen. Sofort begann er mit seinen Vektoren auf den Punkt seiner Fesseln ein zu prügeln, von dem er spürte, dass es der Schwachpunkt der Konstruktion war. Eine viertel Stunde, die ihm wie Jahre erschien, später, gaben seine Fesseln den Schlägen nach. Sein Körper straffte sich, als er sein Gewicht selbst halten musste. Dann erhob sich der Diclonius langsam und ging zur Zellentür, die er mit seinen Vektoren aufbrach. Draußen sah er überrascht auf diverse abgeschlagene Körperteile, die im Flur verstreut lagen, die zugehörigen Leichen waren nicht weit von ihnen entfernt. Er kam nicht umhin, den Verursacher des Blutbades zu bewundern, für die simple Konsequenz, mit der er hier gewütet hatte; niemand, der hier gewesen war, als der andere Diclonius passiert hatte, war noch am leben. Er tastete mit seinem Geist nach seinen Artgenossen. Nun folgte er der Spur, die der Andere hinterlassen hatte. Immer wieder musste er dabei über Leichen hinweg steigen, die wohl in ihrem Leben den Fehler begangen hatten, sich dem Anderen in den Weg zu stellen.Es machte ihm nichts aus, als er aber den ersten kopflosen Körper in weißem Kittel sah, fühlte er etwas, was neu für ihn war. Sorge. Er hatte Angst unter den Körpern den einer Person, die ihm nur zu sehr am Herzen lag zu finden. Als weitere tote Wissenschaftler folgten, von denen die meisten kopflos waren, beschleunigte er seine Schritte. *Onee-chan, wo bist du?!* „Onee-chan!“ Er begann, die Leichen und abgetrennten Köpfe genauer zu untersuchen, hoffend, nicht auf diese eine Person zu stoßen. Aufgeregt hetzte er um die Ecke. Dann zuckte er zurück. Von der anderen Seite des Ganges, die, wie der gesamte Komplex, im Dunkeln lag, konnte er ein leises Wimmern hören. Vorsichtig näherte er sich der Quelle des Geräusches. Vor ihm hockte die junge Wissenschaftlerin im Blut der Anderen und schluchzte. Sie reagierte kaum als er sich ihr näherte und kurz hinter ihr stehen blieb. Nach einer Weile drehte sie langsam den Kopf und sah an ihm hoch. „Yúsan!“ Sie warf sich ihm um den Hals. Erleichterung machte sich in dem Diclonius breit. „Onee-chan.“ Er fasste den Entschluss, das Verhalten, was sie an den Tag gelegt hatte, wenn er nach einem dieser grausamen Experimente am Boden lag, zu kopieren. Langsam und vorsichtig legte er die Arme um sie. Nachdem sie sich beruhigt hatte, fasste sie ihn am Handgelenk. Sanft, aber entschieden zog sie ihn hinter sich her. „Was ist, Onee-chan?“ Der Junge war sichtlich verwirrt, als ihr lächeln sah. Sarah blieb stehen. „Hör mal. Yúsan, du willst doch frei sein, oder?“ Der Angesprochene nickte , immer noch verwirrt. „Dann komm mit, ich bringe dich hier raus!“ Sie rannte wieder los, ihn immer noch im Schlepptau. Kurze Zeit später kamen sie bei Sarahs Räumlichkeiten an. Sofort begann sie, in einem ihrer Schränke zu wühlen. Aus diesem förderte sie ein weites T-Shirt, eine etwas angerissene Jeans und Turnschuhe zutage. Sie drückte ihm die Kleidung in die Hand. Collins musste lachen, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. „Ich glaube nicht, dass du so nach draußen gehen solltest.“ Der Diclonius zog eine Augenbraue hoch. Was meinte sie? „Naja, draußen läuft man in der Regel nicht...“ sie stockte kurz. „nackt rum.“ Yúsan zuckte mit den Schultern und ließ sich von ihr zeigen, wie man sich anzog. Dann drehte sie sich wieder zu ihrem Schrank um und holte eine kleine Kiste hervor. Als sie diese öffnete, kamen unzählige kleiner Utensilien, wohl Erinnerungsstücke, zum Vorschein. Sie nahm ein kleines Foto heraus. Es zeigte eine junge Frau, die ein neugeborenes Kind hielt. Hinter ihr stand ein Mann mit braunem Haar und Vollbart, der seine Arme um die Frau gelegt hatte. Neben den beiden stand ein Mädchen und lachte in die Kamera. Das Auffälligste jedoch war das Bündel, was die Frau hielt. Ein kleine, blauer Haarschopf lugte heraus. „Lies mal, was auf der Rückseite steht, Yúsan.“ Verwirrt starrte er sie an. „Hör mal, ich habe dir doch beigebracht zu lesen. Und jetzt mach schon.“ sagte Sarah ungeduldig. Langsam drehte Yúsan das Foto um. A picture of my beautifull family, to remember a wonderfull time: Richard, Luise, Sarah and John LeFévrier, 3rd of July, 2001 Tränen bildeten sich in den Augen des Diclonius als er den menschenleeren Gang entlang lief, der Freiheit entgegen. Traurig sah Sarah ihrem ehemaligen Schützling hinterher. „Farewell, little one.“ Einen Stockwerk höher erhielt Lucy gerade einen Streifschuss, als sie die panzerbrechende Kugel, die auf ihren Kopf abgefeuert wurde, mit ihren Vektoren ablenkte, und stürzte in das Meer. „Da lebt noch einer!“ Langsam regte sich wieder Leben im Diclonius. John öffnete die Augen. Er brauchte einige Sekunden um sich zu orientieren. Er war immer noch in der Grube, die er gegraben hatte. Das kleine Mädchen hatte sich an ihn gekuschelt. Er kniff die Augen zusammen, als Licht in das Versteck einbrach. Als sich seine Augen wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah er eine Gestalt in orangem Schutzanzug. Er lächelte. Ersteinmal würde er sich wohl bedeckt halten müssen. Sein Lächeln wurde breiter. *Danke, Onee-chan* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)