kyoosha - learning by doing von ivy-company (AoixKanon) ================================================================================ Kapitel 18: Wie man entführt wird --------------------------------- Kapitel 18 Wie man entführt wird Eigentlich machte das richtig Spaß! Es war ein aufregendes Gefühl die Geschwindigkeit so hautnah mitzuerleben und sich in jede kleine Kurve reinzulehnen. Man fühlte sich viel aktiver am Geschehen beteiligt, als wenn man nur in einem Auto saß. Vielleicht sollte er auch mal darüber nachdenken, einen Motorradführerschein zu machen. Dann konnte er mal Aoi mitnehmen. Was aber eigentlich ziemlich schwachsinnig wäre, weil der ja selber ein Motorrad hatte. Kanon schüttelte über seine Gedankengänge den Kopf. An einer roten Ampel drehte sich Aoi wieder einmal leicht zu ihm um. Der Bassist musste sich ziemlich anstrengen, den anderen zu verstehen, denn die Helme und das Geräusch der Motoren machten das schon sehr schwierig. „Hast du heut noch was vor?“ „Was?“, rief Kanon reflexartig. „Ob du noch was vor hast!“ Okay, er hatte sich nicht verhört. Warum fragte Aoi das denn? Er schüttelte den Kopf und schickte dann noch ein „Nein“ hinterher, weil sich der Ältere schon wieder zur Ampel, die mittlerweile grün war, umgedreht hatte und Gas gab. Er gab kein Zeichen, dass er verstanden hatte und Kanon überlegte sich schon, ob er einfach noch mal antworten sollte. Allerdings kam er vor Schreck gar nicht mehr dazu, als Aoi plötzlich und ziemlich rasant die Spur wechselte, um kurzfristig abzubiegen, und sie dadurch ein Hupen vom Auto hinter ihnen erhielten. Der Gitarrist rief irgendetwas, aber Kanon konnte nicht raushören, ob er sich vielleicht für seinen Fahrstil entschuldigte oder sich über den Autofahrer aufregte. Erst als sie schon längst abgebogen waren, bemerkte er, dass er sich bei dieser Aktion völlig panisch an Aoi festgekrallt hatte. Sofort ließ er locker und lief rot an. Zum Glück hatte er aber den Helm auf, sodass niemand seine neue Gesichtsfarbe bemerken konnte. Vor allem Aoi nicht. Sie fuhren noch ein paar Minuten und kamen dann in einen weniger belebten Stadtteil. Zumindest was Fahrzeuge anging. Was machten sie denn hier? Kanon konnte sich nicht daran erinnern, schon einmal hier gewesen zu sein und ganz und gar nicht, dass Aoi und Reita hier wohnten. Vielleicht musste der andere ja noch irgendwas besorgen? Als sie dann allerdings vor einem Café statt vor einem Einkaufsladen zum Halten kamen, war Kanon verwirrt. „Was machen wir denn hier?“, fragte er seinen Fahrer, als dieser auf einem freien Parkplatz angehalten und den Motor ausgeschalten hatte. „Ich dachte, wir trinken hier vielleicht einen Kaffee. Natürlich nur, wenn du willst.“ Für Kanon war es immer eigenartig Unsicherheit in Aois Stimme zu hören. Eigentlich war er doch der Unsichere! Wobei er sich schon denken konnte, dass seine Frage für Aoi ein bisschen abwertend geklungen haben musste. Was sollten sie denn sonst in einem Café machen?! „Klar, ich würde gern mit dir einen Kaffee trinken!“, meinte der Jüngere fröhlich und schwang sich direkt von dem Motorrad, um seine Worte noch zu bekräftigen. Er konnte förmlich sehen wie die Last von Aois Schultern fiel, als dieser merkte, dass er Kanon doch nicht ohne dessen Zustimmung entführt hatte. Der Gitarrist konnte manchmal so niedlich sein! Bei dem Gedanken konnte sich der Jüngere ein Grinsen nicht verkneifen. „Du kannst natürlich auch einen Beruhigungstee haben“, neckte ihn der Ältere, was Kanon mit einem nicht ernst gemeinten Brummen kommentierte und sich umständlich aus dem Helm schälte. Wieso sah das bei Aoi denn so leicht aus? Zum allem Überfluss hörte er von dem Gitarrist ein leises Kichern, als er sich endlich befreit hatte. „Deine Haare stehen ja in alle Richtungen!“ Schon war der Ältere selbst von seiner Maschine gestiegen und versuchte grinsend Kanons Frisur wieder zu richten, was dieser perplex über sich ergehen ließ. Eigentlich musste er sich doch so langsam mal daran gewöhnt haben, dass Aoi kein Problem mit körperlicher Nähe hatte. Wieso war er denn trotzdem immer so nervös? Und dieser liebevolle Gesichtsausdruck verstärkte das Kribbeln nur weiter! Er konnte gar nicht wegsehen! Obwohl ihm das bewusst war, starrte er Aoi weiter an. „Du hast echt deine ganze Frisur ruiniert.“ Der Ältere nestelte noch immer an seinen Haaren herum, aber Kanon scherte sich nicht weiter darum. Er nickte nur leicht und brachte ein geistreiches „Der Helm“ über die Lippen. Ja, der war schließlich Schuld. „Klar“, lachte Aoi leise und zog seine Hände zurück. „So, jetzt bist du wieder hübsch. Obwohl das gerade auch wirklich niedlich aussah!“ Der Angesprochene rührte sich immer noch nicht. Vielleicht sollte er den Helm noch einmal auf- und wieder absetzen. Würde Aoi seine Haare dann noch mal richten? „Wir nehmen die Helme am besten mit rein.“ Kanon nickte daraufhin nur wieder. Stimmt ja. Sie wollten ja einen Kaffee trinken gehen. Oder vielleicht auch zwei? Vielleicht konnten sie ja auch den ganzen Nachmittag hier sitzen. Zu tun hatten sie sonst ja nichts. Zumindest nichts, was sich nicht auch auf den nächsten Tag schieben ließ. Aoi lächelte ihn noch einmal an, bevor er sich umdrehte und auf die Tür des Cafés zusteuerte. Kanon folgte ihm gleich und kam so langsam wieder zu sich. Er fühlte sich irgendwie komisch. Anders. Durch den Wind. Als sie das Café betraten, hüllte es sie gleich in eine angenehme, beruhigende Atmosphäre. Kanon mochte es sofort. Es roch nach Kaffee und etwas, was er nicht so richtig einordnen konnte, aber er musste dabei irgendwie an Schokolade denken. Obwohl das Café relativ gut besucht war, waren die Stimmen der Gäste doch ziemlich leise. Gerade in der richtigen Lautstärke, um sich wohl zu fühlen. Der Drang danach, seine Jacke auszuziehen und sich gleich gemütlich in eine Ecke zu setzen, überkam Kanon, aber er folgte Aoi durch den doch recht großen Raum ohne etwas zu sagen. Dieser nickte der jungen Bedienung auf deren Begrüßung hin freundlich zu und drehte sich anschließend zu Kanon um. „Was hältst du von dort drüben?“ Er deutete auf einen Tisch an der einen Wand des Cafés. Nicht direkt am Eingang, aber auch nicht im hintersten Eck, sodass sie doch noch vom Treiben draußen etwas mitbekommen konnten. „Es ist schön hier“, meinte Kanon als sie sich dann hingesetzt hatten. „Ein Geheimtipp von Uruha. Manchmal ist der auch für was gut.“ Der Jüngere konnte da nur nickend zustimmen. Ein wirklich beruhigender Ort, an dem man die Hektik der Großstadt für eine Weile einfach vergessen konnte. Er bedauerte etwas, dass er nicht schon heute Morgen gewusst hatte, dass sie noch weggehen würden. Dann hätte er etwas von seinen neuen Sachen angezogen und nicht diese alten Klamotten, die eigentlich nur für die Probe gedacht waren. Kanon wusste, dass diese Überlegungen ziemlich lächerlich waren. Sie waren nur in einem Café und nicht bei einem Date! Wobei der Ablauf ihn schon ein bisschen an eine Verabredung erinnerte. Erst wurde er unverhofft von dem Älteren abgeholt. Die aufregende Motorradfahrt. Jetzt noch der überraschende Besuch in dem hübschen Café. Hinzu kam noch wie liebevoll der Ältere ihn behandelte und ihm jetzt einfach nur lächelnd gegenübersaß. Und wie die Frau mit dem Block neben dem Gitarristen stand und ihn ebenfalls anlächelte. Wenn auch etwas verwirrter… Kanon brauchte einen Moment, um sich wieder in der Realität zu Recht zu finden. Während er seinem eigenartigen Tagtraum nachgehangen war, war anscheinend die Bedienung an ihren Tisch getreten. „Ähm… einen Cappuccino, bitte“, nuschelte er und sah peinlich berührt dabei zu, wie die Kellnerin etwas auf ihren Block schrieb und wieder ging. Wie zu erwarten war, hatte sie Aois Bestellung schon aufgenommen gehabt und nur darauf gewartet, dass Kanon aus seinem Trancezustand erwachte. Der Ältere musste jetzt auch für völlig verrückt halten! Dieser zeigte allerdings vollstes Verständnis. „Ich bin auch manchmal nach einer harten Probe ziemlich neben der Spur.“ Kanon nickte. Aoi musste ja nicht wissen, was ihn wirklich abgelenkt hatte. Er wusste schließlich nicht einmal selbst genau, was diese Gedanken sollten! „Das war übrigens eine tolle Probe! Ich hab dich zwar nicht so oft spielen sehen wie Reita, aber du hast Fortschritte gemacht.“ Irgendwie missfiel es Kanon zu hören, dass Reitas schwachsinnige Methoden anscheinend doch etwas gebracht hatten. Erst von seinen Membern und jetzt auch noch von Aoi. „Natürlich fand ich dich davor auch schon toll! Also… als Bassist, mein ich.“ „Aha. Nur als Bassist also.“ Kanon zog die Augenbrauen hoch und blickte demonstrativ auf den Tisch. Nur um den anderen nach einer Sekunde der Stille und des Nachklangs eingeschüchtert anzusehen. Wie die Worte aus seinem Mund gekommen waren, konnte er sich selbst nicht erklären. Er hatte Aoi gerade dazu provoziert, dass dieser sagen sollte, er fand Kanon auch als Menschen toll! Super, wie er den anderen gerade in die Ecke getrieben hatte. Der Gitarrist sah ihn im ersten Moment wirklich sprachlos an, musste dann aber gleich lachen, nachdem sich ihre Blicke getroffen hatten. Er durchschaute Kanon sofort. Viel zu schnell, das hatte dieser schon bemerkt. Wenn es doch nur andersrum genauso wäre! „Erinnerst du dich an Miyavis Party? Als wir im Pool gelandet sind?“ Der Jüngere sah Aoi verwirrt an. Er erinnerte sich ganz dunkel daran. Und das auch nur, weil er noch wusste, dass er gegen Ende ziemlich gefroren hatte, was wahrscheinlich daher gekommen war, dass er unfreiwillig ein Bad genommen hatte. Wie die meisten anderen Gäste auch. „Reita hat uns beide reingeschubst. Du warst ziemlich betrunken und konntest vor Panik nicht alleine schwimmen.“ Aoi musste bei diesem Gedanken leicht schmunzeln, Kanon dagegen senkte peinlich berührt den Blick. Das hatte er doch schon fast erfolgreich verdrängt! Dass ihn der andere so betrunken gesehen hatte. Er war nicht oft so betrunken wie er an diesem Tag gewesen war. Allerdings erinnerte er sich durch den Denkanstoß um einiges besser und er nickte. „Wärst du irgendjemand gewesen, hätte ich dich gnadenlos abgeschüttelt und jemand anderem aufgetragen, dich zu retten, nachdem ich wieder auf dem Trockenen gewesen wäre“, erklärte ihm Aoi freiheraus. „Aber dich konnte ich doch nicht einfach ertrinken lassen.“ „Stimmt“, grinste Kanon. „Teruki hätte dich einen Kopf kürzer gemacht!“ Aber das liebevolle Lächeln, das sich plötzlich auf dem Gesicht des Gitarristen ausbreitete, gab dem Jüngeren mit einem Mal das Gefühl, dass er da irgendwas falsch verstanden hatte. Aoi schien es ihm allerdings nicht erklären zu wollen und nachfragen traute er sich auch nicht. Stattdessen fiel ihm etwas anderes Wichtiges zu diesem Thema ein. „Ich weiß nicht, ob ich dir das an dem Abend gesagt hab weil ich ja ziemlich betrunken war, aber: Danke, dass du mich vorm Ertrinken gerettet hast.“ „Jederzeit wieder.“ Kanon sah zu dem Anderen auf und erwiderte das Lächeln des Älteren ehrlich. Es kam ihm vor als hätte sie Ewigkeiten da gesessen und sich nur gegenseitig angeschaut, als ihre Zweisamkeit von der Bedienung gestört wurde. Dieses Mal hatte der Jüngere allerdings das Gefühl, dass er nicht alleine in irgendeinem Schwebezustand versunken war. Betreten rührte er in seinem Cappuccino rum, um Aoi nach diesem eigenartigen Moment nicht anschauen zu müssen, als der Ältere wieder die Stimme erhob. „Du scheinst dich ja mit Teruki ziemlich gut zu verstehen.“ Etwas verwirrt sah Kanon seinen Gegenüber an. „Ähm… ja“, meinte er, nicht ganz sicher worauf Aoi hinauswollte. „Ihr scheint euch sogar sehr gut zu verstehen.“ „Wir haben früher eine Weile zusammen gewohnt. Das verbindet“, erklärte der Jüngere. Der Gitarrist nickte ernst und schien das Thema auf sich beruhen zu lassen, als er dann doch erneut das Wort ergriff. „Also, Reita und ich wohnen auch zusammen und er hat keinen Kosenamen für mich. Außer man lässt ‚Idiot‘ als Kosename gelten.“ Kanon sah den Älteren überrascht an. „Du glaubst doch nicht etwa, dass Teruki und ich…“ Der Gedanke war so abwegig, dass er ihn nicht einmal aussprechen konnte. Glaubte Aoi wirklich, dass er mit dem Leader zusammen war? Allem Anschein nach schon, denn der Ältere rutschte jetzt nervös auf seinem Stuhl herum und schien sich nicht sehr wohl in seiner Haut zu fühlen. Kanon konnte sich gerade so ein Lachen verkneifen. „Teruki ist für mich wie ein großer Bruder“, beteuerte er dem Älteren und wusste gar nicht, wieso dieser nach der Aussage so viel entspannter aussah. Und wieso es ihm selbst so wichtig war, dass Aoi wusste, dass er nichts mit Teruki hatte. „Ich dachte nur…“, meinte der Ältere verlegen und nahm den Löffel, um in seinem eigenen Kaffee herumzurühren. „Weil ich ja nicht wirklich viel von deinen Freunden weiß und so. Ich hab keine Ahnung, wie eng ihr befreundet seid. Hab euch ja nur eben und auf Miyavis Party so wirklich gesehen…“ „Wir können gern mal zusammen weggehen!“ Aoi war niedlich, wenn er verlegen war. Und Kanon konnte sich einfach nicht vorstellen, dass seine Bandkollegen ihn nicht mögen würden. Egal was für Gerüchte Takuya da verbreitet hatte. Bei diesem Gedanken fiel ihm aber auch gleich Takuyas anderes Gerücht ein. Dass Aoi auf Männer stand. Sofort wurde ihm ganz warm. Das waren gerade eindeutig die falschen Gedanken! Zu seinem Vorteil war der andere immer noch damit beschäftigt in seinem Kaffee zu rühren, sodass er wohl nichts bemerkte. „Wenn ihr mich mitnehmt…“, kam es irgendwann lächelnd von diesem, ganz so als hätte er wirklich eine Weile darüber nachdenken müssen. „Klar!“ Kanon freute sich darüber, dass Aoi anscheinend wirklich mitkommen wollte. Er wusste zwar nicht so genau, ob seine Bandmember sich anständig benehmen konnten, wenn der Gazettegitarrist dabei war, aber denen würde er schon klar machen, dass Aoi kein Objekt zum Anstarren war. Oder dass andeutende Blicke und wissendes Grinsen da fehl am Platz waren. Aber Kanon wollte den Älteren dabei haben. Er mochte es, wenn der Ältere Interesse an seinem Leben zeigte. Wenn er sich für ihn interessierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)