Wo dein Herz schlägt von ChogaRamirez (Star Trek: Classic) ================================================================================ Kapitel 19: Zeig mir ein Wunder! -------------------------------- Sechs Monate später ... Spock stand auf einem Felsvorsprung und starrte in die Ferne, wo die Felsformationen der Berge ein Zick-Zack-Muster in den Himmel zeichneten. Viel war in den letzten Monaten passiert und jedes Mal, wenn er seinen Vater sah, war der ausschlaggebende Punkt, warum er überhaupt noch auf Vulkan war, so präsent, als wäre er gerade erst passiert. =A= Er wollte mit Saavik den Planeten verlassen. Die Meinung seines Vaters ihm gegenüber und Sareks Haltung zur Blutlinie des Surak waren ihm egal. Einzig allein seiner Mutter war es zu verdanken, dass Spock noch auf Vulkan verweilte. Sie hatte sich für ihn eingesetzt und sich ein Wortgefecht mit Sarek geliefert, bei dem sich der Botschafter ihrer erstaunlichen menschlichen Logik geschlagen geben musste. Wochenlang hatte Sarek weder Spock noch Saavik auch nur eines Blickes gewürdigt, was vor allem Saavik schwer zu schaffen machte. Einmal hatte Spock mitbekommen, dass die junge, sensible Halb-Vulkanierin nach einer Begegnung mit Sarek, wo der Botschafter einfach so tat, als wäre Saavik gar nicht anwesend, in Tränen ausgebrochen war. Spock sprach sie nicht darauf an, denn er wollte vermeiden, dass sie sich dann noch unsicherer fühlte, als ohnehin schon. Spock wusste schließlich, wie sehr sich Saavik bemühte, vollkommen Vulkanisch zu sein. Aber er wusste auch, dass ihr das nie gelingen würde. Ebenso wenig, wie es ihm gelingen würde. Der Umstand, dass sie sein Kind erwartete, machte es ihr noch schwerer, ihre Emotionen zu kontrollieren. Es war nach vulkanischem Standard normal, dass vulkanische Frauen in der Schwangerschaft nicht mehr komplett Herr über ihre Gefühle waren. Anscheinend waren diese Gefühlsausbrüche – die Menschen beschreiben diesen Zustand gerne als pränatale Stimmungsschwankungen – bei Frauen, die nur zur Hälfte Vulkanisch waren, sehr viel tiefgreifender. Nach vier Wochen hatte Spock genug von diesem Theater. Er stellte Sarek eines Abends in seinem Arbeitszimmer zur Rede. Er konnte und wollte nicht mehr mit ansehen, wie der Botschafter weiterhin Macht über die Beziehung zwischen ihm und Saavik hatte – wenn auch nur indirekt. Spock hatte sich tagelang akribisch auf dieses Gespräch vorbereitet und war letztendlich als Sieger hervorgegangen. Nach dieser Unterredung änderte Sarek sein Verhalten - sowohl ihm als auch Saavik gegenüber. Der Botschafter wurde sehr viel zugänglicher für die Beziehung seines Sohnes mit der in seinen Augen nicht standesgemäßen Saavik. Er ging sogar so weit, sie als rechtmäßiges Mitglied der Familie zu betrachten und machte dies auch dem Vulkanischen Obersten Rat deutlich. Saavik hatte zwar kein Anrecht auf Suraks Erbe, da sie und Spock nicht verheiratet waren, aber da sich der Captain offiziell zu dem noch ungeborenen Kind bekannte, war zumindest dessen Zukunft gesichert. Spock hatte natürlich vor, Saavik zu einer ehrbaren Frau zu machen, doch er wollte es zu seinen Konditionen machen und nicht nur, weil sein Vater ihm damit in den Ohren lag. Spock wusste natürlich, dass es der vulkanischen Gesellschaft lieber wäre, wenn er Saavik noch vor deren Niederkunft ehelichte, denn uneheliche Kinder gab es bislang nicht auf Vulkan. Allerdings handelte es sich hier um eine noch nie da gewesene Situation, da das Kind gezeugt wurde, als Spocks Körper und Seele voneinander getrennt waren. =A= Spock blinzelte zum Horizont und seufzte lautlos. Der zweite Tag, den er nun schon hier auf diesem Felsvorsprung verweilte. Es würde noch einmal so viel Zeit vergehen, bis die Intention seiner Anwesenheit klar wurde. Er drehte sich um und trat in den wohltuenden Schatten, den ein künstlich geschaffener Gesteinsbogen spendete. Hinter diesem Bogen erstreckte sich eine weitläufige Höhle. Neben Spock war auch Sarek anwesend. Und wie sein Sohn hielt sich auch der Botschafter bereits seit zwei Tagen an diesem eher ungastlichen Ort auf. Das eigentliche Drama spielte sich im Inneren der Höhle ab. In dieser Höhle hatte Amanda vor vielen Jahren Spock zur Welt gebracht. Jetzt war es an Saavik, dieser vulkanischen Tradition Folge zu leisten. Eine vulkanische Geburt dauerte durchschnittlich 96 Stunden. Vulkanische Männer waren dabei nicht zugelassen. Einzig die nahen weiblichen Verwandten der Gebärenden und eine Heilerin waren zugegen. Saavik wurde von Amanda und der Hohepriesterin T'Pau begleitet. Spock würde nur zu gern in diese Höhle gehen und Saavik zur Seite stehen. Aber nach der vulkanischen Tradition war es ihm untersagt, auch nur einen Fuß in die Höhle zu setzen, bevor das Kind auf der Welt war. =A= Wieder gingen viele Stunden ins Land. Der Dämmerung schloss sich die kühle Nacht an, gefolgt vom Aufsteigen der vulkanischen Sonnen. Spock war es leid, zu warten. Ab und zu verließ Amanda für ein paar Minuten die Höhle, um Spock von den Fortschritten zu unterrichten und ihn - unter der Oberfläche der vulkanischen Kultiviertheit war er sehr nervös - zu beruhigen. Saavik schlug sich nach Amandas Erzählung sehr gut. Sie befolgte das vulkanische Mantra, dass man alle Gefühle mit Disziplin kontrollieren konnte. Und Schmerzen waren Gefühle. Spock kannte sich zwar nicht so gut mit humanoider Anatomie aus wie ein Arzt, aber er wusste aus diversen Erzählungen und Berichten, dass die Geburt eines Kindes mit teilweise großen Schmerzen verbunden war. Durch die Besonderheiten humanoider Spezies, bei denen die Vulkanier keine Ausnahme bildeten, war der Geburtsschmerz größer, als im Tierreich. Zu diesen Besonderheiten gehörten der große Kopfumfang des Kindes, der mit dem relativ großen Gehirn verbunden war, und die Form des Beckens, die verantwortlich für den aufrechten Gang war. Als auch die dritte Sonne über den Horizont trat, vernahm Spock in der Nähe Stimmen. Sie kamen näher und je näher sie waren, desto genauer konnte Spock sie identifizieren. Mit dem Gefühl der Erleichterung verließ Spock den geschützten Bereich unter dem Gesteinsbogen. "Warum müssen es immer Höhlen auf einem Berg sein?", hörte Spock die etwas ungehaltene Stimme von McCoy. Er hatte die Enterprise kontaktiert, als bei Saavik die Wehen eingesetzt hatten. Als Kirk und McCoy vor sechs Monaten Vulkan verlassen hatten, musste Spock ihnen versprechen, dass sie bei der Geburt zugegen sein durften. "Beschwer' dich nicht, Pille, sondern beeil' dich lieber. Ich will das nicht verpassen." "Ich bin Arzt und keine Bergziege ..." Wie Spock feststellte, waren Kirk und McCoy immer noch dieselben geblieben. Er ging den beiden Männern entgegen, die gerade die letzten Stufen erklommen. "Ich hoffe, wir sind noch rechtzeitig da?", fragte Kirk, der durch die Anstrengung der langen, in den Berg geschlagenen Treppe rot im Gesicht war. Er ging grinsend auf Spock zu und klopfte ihm auf die Schulter. "Die Geburt hat erst vor 58 Stunden angefangen", erklärte Spock sachlich. "Erst?", erwiderte McCoy erstaunt. "Wie lange dauert das denn bei Vulkaniern?" Er war zwar Arzt, aber bei weiten nicht so bewandert mit der vulkanischen Physiologie, als dass er sich als Experten bezeichneten würde. "Im Durchschnitt 96 Stunden", antworte Spock nüchtern. "Vier Tage!" McCoy sah den Vulkanier schockiert an. "Na zum Glück habe ich meinen medizinischen Koffer mitgenommen." Der Arzt klopfte fast liebevoll auf den Koffer in seiner Hand. "Ich werde mir das mal ansehen. Wo ist Saavik?" Spock deutete auf den Höhleneingang. "Männer sind dabei nicht erwünscht." "Ich bin Arzt. Es ist mir egal, ob ich erwünscht bin, oder nicht." Mit Enthusiasmus und Neugier ging McCoy auf die Höhle zu und nickte Sarek nur flüchtig zu. Der ältere Vulkanier wollte den Arzt zwar daran hindern, die Höhle zu betreten, aber McCoy war schneller und schon darin verschwunden, bevor Sarek ihn davon abhalten konnte. Spock sah McCoy mit sorgenvoller Miene nach. T'Pau würde es sicher nicht tolerieren, dass sich ein menschlicher Arzt in die uralte vulkanische Tradition einmischte. Kirk sah die Sorgen im Gesicht seines alten Freundes, interpretierte sie aber falsch. "Pille weiß, was er tut." Normalerweise würde Spock jetzt erklären, was die Besonderheiten dieser Situation waren, aber er hatte momentan nicht die Nerven dafür, Kirk die Feinheiten der vulkanischen Kultur darzulegen. So zog er es vor, stumm zu nicken. Kirk klopfte Spock erneut auf die Schulter. "Wie fühlst du dich, alter Freund?" Der Vulkanier wandte seinen Blick kurz zu Sarek, um sich zu vergewissern, dass sein Vater nichts von diesem Gespräch hört. Sicherheitshalber entfernte er sich mit Kirk ein paar Schritte, ehe er antwortete. "Ehrlich gesagt bin ich nervös. Ich weiß nicht, was passiert." "Das ist vollkommen normal, Spock. Ich denke, jeder werdende Vater spürt diese Anspannung. Immerhin wird in Kürze dein komplettes Leben auf den Kopf gestellt." Wieder konnte Spock nur wortlos nicken. Insgeheim freute er sich darauf, das Wunder der Fortpflanzung hautnah zu erleben. Er fand es sehr aufregend zu erleben, wie das Ungeborene sich im Körper von Saavik bewegte und konnte es kaum erwarten, bis er seinen Sohn oder seine Tochter das erste Mal in den Armen hielt. Noch wusste niemand, welches Geschlecht das Kind hatte. Es gehörte zur vulkanischen Tradition, dass die Eltern erst nach der Geburt erfuhren, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Spock hätte es gern im Vorfeld gewusst, um sich besser auf seine Vaterrolle vorbereiten zu können. =A= Erneut vergingen die Stunden ereignislos. Spock hatte anfangs versucht, Kirk zu ignorieren, der angespannt und ziellos auf dem Felsvorsprung hin und her lief. Er machte den Eindruck eines Tigers, der in seinem Käfig auf und ab ging. Und Spock musste sich eingestehen, dass Kirks Verhalten ihn ebenfalls nervös machte. Deswegen fing auch der Vulkanier irgendwann damit an, hin und her zu laufen und sich schließlich Kirks Rhythmus anzupassen. Hin und wieder blieb Spock stehen, um zu lauschen, aber er konnte nichts hören. Jedes Mal war er versucht, einfach in die Höhle zu marschieren und nach dem Rechten zu sehen. Aber er durfte sich nicht diese Blöße geben. Nach weiteren Minuten des orientierungslosen Umherwanderns, verließ Amanda die Höhle. Spock blieb sofort stehen und sah seine Mutter fragend an. Amanda trat zu ihrem Sohn und lächelte. "Es ist fast geschafft", sagte sie feinfühlig. "Wie kann das sein?", fragte Spock und hob eine Augenbraue. "Es waren noch nicht einmal ganz drei Tage." Amanda grinste. "Doktor McCoy hat nach einer hitzigen Diskussion mit T'Pau die Zügel in die Hand genommen und Saavik dann mit seiner freundlichen Art dazu animiert, dass sie in der Höhle herum läuft. Und jetzt setzen jeden Moment die Presswehen ein." Spock war sprachlos. Nicht mehr lange, und der dürfte endlich die Höhle betreten. =A= Nachdem das Neugeborene auf der Welt war und Spock von T'Pau unmittelbar danach darüber informiert wurde, betrat er die Höhle. Neugierig, aber auch vorsichtig, näherte er sich dem Lager, wo vor wenigen Augenblicken die Frau, die er liebte, die Niederkunft erlebt hatte. McCoy und Amanda traten respektvoll einen Schritt zur Seite und ließen Spock zu Saavik. McCoy hatte ihr das Baby in den Arm gelegt und die junge Vulkanierin machte ein wenig den Eindruck, dass sie sich nicht sicher wäre, was sie mit dem Neugeborenen anfangen sollte. Spock sah sofort, wie erschöpft Saavik war. Die vielen Stunden der Entbindung hatten sie entkräftet. Ihr langes dunkles Haar war scheißnass und als sie Spock bemerkte, sah sie ihn mit einem kurzen müden Lächeln an. Spock schlug das Herz bis zum Hals, als er sich neben Saavik niederließ und sie und das Baby betrachtete. "Ich bin stolz auf dich", sagte er leise und strich ihr vorsichtig über den Kopf. Dann beugte er sich vor und küsste sie sanft auf die Stirn. McCoy trat leise neben Spock. "Herzlichen Glückwunsch", sagte der Arzt mit gedämpfter Stimme. "Du bist jetzt Vater eines wunderschönen kleinen Mädchens. Pass gut auf sie auf." E-N-D-E © Choga Ramirez & Calvin Cat Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)