Das Attentat von David_Turman ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- „Er kann doch nicht von der Wand gefressen worden sein“, stellte George fest. „Wohl kaum“, stimmte ihm sein Bruder zu. „Aber wo ist er dann hin?“ Die Zwillinge gingen zurück in die Große Halle, in der die Schüler aufgeregt durcheinander sprachen. Aber auch hier war nichts von Lee zu sehen. „Haben wir Kürbisse auf den Augen?“, wollte Fred wissen. „Komm, wir gucken noch mal auf dem Gang.“ Fred wollte protestieren, aber da ihm auch kein besserer Vorschlag einfiel, verließen die beien Jungen die Große Halle wieder. Und plötzlich öffnete sich rechts von ihnen eine Tür und Lee trat auf den Gang. „Lee“, rief Fred, doch sein Freund beachtete ihn gar nicht, sondern wandte sich nach rechts und ging den Korridor entlang, wobei er sich weiter von der Großen Halle entfernte. Fred wollte ihm nachlaufen, aber George hielt ihn am Arm fest. „Warte doch mal. Weißt du, wo er gerade ’rausgekommen ist?“ „Klar, das ist doch das Büro von …“ Fred verstummte und man konnte förmlich sehen, wie der Sickel bei ihm fiel. „Simon Wight“, ergänzte George. „War Lee nicht bei Wight, bevor er das Klo geflutet hat?“ „Genau, da hat er sich seine Strafarbeit abgeholt. Und gestern abend hat er uns verraten, dass er Wight bei irgend etwas geholfen hat. Kurz bevor er dich angriff.“ „Vielleicht sollten wir uns bei unserem neuen Lehrer ein paar Antworten holen.“ „Könnte nicht schaden“, meinte George und entschlossen gingen die drei auf die Tür zu, aus der eben Lee Jordan spaziert war. Sie klopften an und traten in Simon Wights Büro. „Professor, dürfen wir Sie einen Moment sprechen?“ Wight klappte ein Buch zu, in dem er offenbar gerade gelesen hatte und blickte die Zwillinge an. „Jetzt? Merlin, Sie sollten nebenan in der Großen Halle sein. Mr Scrimgeour wird gleich da sein. Alle Schüler sind dort versammelt.“ „Nein, nicht alle“, stellte Fred fest. „Lee Jordan beispielsweise ist nicht dort. Den haben wir nämlich gerade aus Ihrem Büro kommen sehen. Und er ist auch nicht in die Halle gegangen“, sagte George. „Wissen Sie vielleicht, wo Lee hin wollte?“ Wight lächelte sie freundlich an, drehte sich um und stellte das Buch zurück ins Regal. „Nein, woher soll ich das wissen? Er sollte eigentlich…“ Blitzschnell drehte Wight sich um, seinen Zauberstab in der Hand, doch Fred und George waren schneller. „Expelliarmus!“ „Incarcerus!“ Der Zauberstab wurde Wight aus der Hand gerissen. Fast im selben Moment schlangen sich dicke Seile um seinen Körper. Er verlor das Gleichgewicht und knallte hart auf dem Boden auf. Wights Zauberstab fiel klappernd hinter einem Schrank auf den Boden. Die Zwillinge gingen zu Wight und bedrohten ihn mit ihren Zauberstäben. „Wo ist Lee?“ „Der Zaubereiminister wird sehr interessant finden, was Sie mit mir anstellen“, sagte Wight. „Veritaserum?“, fragte Fred und George nickte. Fred griff unter seinen Umhang und holte eine kleine Flasche hervor. „Da Sie es garantiert nicht freiwillig trinken werden, werden wir Sie dazu bringen, dass Sie den Mund aufmachen und es Ihnen dann zu schlucken geben.“ Entschlossen blickten die beiden Teenager auf den gefesselten Lehrer, der hektisch schluckte. „Also gut, ich werde Ihnen alles erzählen.“ Aber offenbar wusste Wight nicht, wo er anfangen sollte, denn er sagte eine Zeit lang gar nichts. George trat ihm in die Seite und er stöhnte auf. „Wir sind nicht damit einverstanden, dass Scrimgeour die Nachfolge von Cornelius Fudge antritt. Der Kerl taugt einfach nicht zum Minister. Daher beschlossen wir, dass wir ihn loswerden müssen.“ „Wer ist wir?“, wollte George wissen. „Dazu komme ich noch“, sagte Wight hastig und blickte zur gegenüberliegenden Wand seines Büros. Dann sah er schnell wieder die Zwillinge an und fuhr fort. „Zuvor mussten wir aber einen Test machen, um sicher zu gehen, dass unser Plan funktioniert. Ich stellte mich als Versuchskaninchen zur Verfügung und ich hatte ziemliche Angst. Aber es ging alles glatt. Wir haben den Zauberstab eines Geschäftspartners manipuliert, so dass er keinen Schaden damit anrichten konnte. Die Begleiterscheinungen eines Zaubers blieben dieselben, aber der Zauber hatte eben keine Wirkung. Dann ließen wir das Geschäft unter fadenscheinigen Erklärungen platzen.“ „Schön und gut, und was hat das alles mit Lee zu tun?“ Wight leckte sich über die Lippen. „Wir haben Lee Jordan auserwählt.“ Fred wurde unruhig. „Wozu auserwählt? Was soll er tun?“, fragte er, obwohl er sich die Antwort denken konnte. „Er soll Rufus Scrimgeour umbringen. Er wird ihn töten.“ Georges Magen krampfte sich zusammen. „Wie?“ „Mit dem Avada Kedavra“, antwortete Wight. „Nein“, sagte Fred laut. „Lee würde niemals den Zaubereiminister umbringen.“ „Das ist richtig“, stimmte Wight ihm zu. „Allerdings glaubt Mr Jordan nicht, dass es der Zaubereiminister ist. Er denkt, es handelt sich um einen getarnten Todesser. Er glaubt, dass die gesamte Schule in Gefahr sei und nur er die Schüler retten kann.“ „Sie elender Mistkerl“, knirschte George. „Seit wann steht Lee bereits unter dem Imperius-Fluch?“ Wight sah ihn verständnislos an und begann dann zu lachen. „Aber das tut er doch gar nicht. Wir sind sehr vorsichtig. Einen Imperius-Fluch kann man aufspüren. Ein solches Risiko können wir uns nicht leisten.“ „Aber wieso sollte er dann Scrimgeour umbringen?“, wollte Fred wissen. „Weil wir es ihm suggeriert haben“, antwortete Wight. „Kurz vor Beginn der Schule hat einer von uns sich mit Hilfe des Vielsafttrankes als Junge getarnt, der eine Geschmacksumfrage für Kaugummis durchführte. Natürlich war das alles Teil unseres Plans. Nur Mr Jordan wurden diese Kaugummis angeboten, die präpariert waren. Eine Stunde nach dem Verzehr bekam Mr Jordan unerträgliche Zahnschmerzen. Er ist also zu seinem Muggelzahnarzt gegangen. Wir haben ihn ständig beobachtet und als er das Haus verließ, klebten wir einen Zettel an die Tür des Zahnarztes. Auf ihm stand, dass sein Zahnarzt geschlossen hatte und wir lotsten ihn zu einer anderen Adresse, an der wir eine provisorische Praxis eingerichtet hatten. Wir beseitigten das Loch in Mr Jordans Zahn und pflanzten gleichzeitig tief in sein Unterbewusstsein ein Schlüsselwort, auf das er reagieren würde, wenn man es ausspricht. Hier in Hogwarts habe ich dann einige Tests mit ihm durchgeführt, um zu sehen, ob er auch zufrieden stellend arbeitet.“ „Indem Sie ihm gesagt haben, er solle eine Toilette fluten und sich an einer Rüstung im Kerker zu schaffen machen“, knirschte George. „Richtig“, nickte Wight. „Nachdem er diese Arbeiten erledigt hatte, würde er sich an nichts mehr erinnern. Und ich hatte ihm eingetrichtert, sich auf gar keinen Fall stören zu lassen und alles zu unternehmen, um eventuelle Störungen zu beseitigen.“ „Aber diesmal wird es nicht klappen“, meinte Fred. „Die Große Halle ist voller Menschen. Es werden genug Augenzeugen da sein, die Lee garantiert von seiner Tat abhalten werden. Er kann nicht so einfach auf Scrimgeour zumarschieren und ihm den Todesfluch …“ Fred unterbrach sich, denn mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie Lee den zukünftigen Minister umbringen würde. Er wurde bleich. „Die Kammer oberhalb der Großen Halle“, hauchte George, als auch er begriffen hatte. Fred sah, wie Wight lächelte und seinen Blick wieder auf die Wand richtete. Der Blick des Gryffindor huschte ebenfalls zur Wand, doch alles, was er sah, war eine Uhr. „Er versucht, Zeit zu schinden“, rief er George zu, beugte sich über Wight, hob ihn am Kragen hoch und schüttelte ihn. „Wie kommt Lee wieder zu sich? Was muss man tun, um ihn aus dieser Suggestion zu befreien?“ Wight schüttelte den Kopf. „Ihr werdet es nicht aufhalten können. Es ist zwecklos.“ Fred schlug ihm zweimal hart ins Gesicht. „Reden Sie endlich!“, schrie er. „Wodurch wird die Suggestion gebrochen?“ Wight lächelte kalt. „Durch den grünen Blitz und das Sirren des Todesfluchs.“ Fred und George hatten das Gefühl, als habe man sie mit Eiswasser übergossen. Dann sprang George auf. „Ich versuche, Lee daran zu hindern. Sieh du zu, dass Scrimgeour irgendwie aus der Schusslinie kommt. Egal wie, tu alles, was du kannst.“ Und damit stürmte er aus dem Raum. „Es hat keinen Sinn mehr“, rief Wight hinter George her. „Er ist schon so gut wie tot.“ „Petrificus totalus“, sagte Fred und Simon Wight erstarrte. „Nicht weglaufen, du Dreckschwein“, ermahnte Fred ihn und rannte hinüber zur Großen Halle, in der Dumbledore gerade eine Rede hielt. Jeden Augenblick würde Scrimgeour vortreten und ein hervorragendes Ziel abgeben. Hastig blickte Fred in die Richtung, in der sich der Raum befand, zu dem sein Bruder unterwegs war. Dann schaute er zu Dumbledore und den übrigen Lehrern. Momentan war Rufus Scrimgeour noch vom Direktor verdeckt, doch sobald Dumbledore auch nur einen Schritt zurück machte, konnte man Scrimgeour nicht mehr verfehlen. Und Fred hatte keine Ahnung, wie er es verhindern sollte. „Macht Platz. Lasst mich durch.“ Rücksichtslos schob er die dicht beieinander stehenden Schüler zur Seite und drängelte sich zwischen ihnen immer weiter nach vorne. Protestschreie wurden laut. Und dann steckte Fred fest. Er war von Schülern umringt, die so dicht gedrängt standen, dass kein weiteres Vorwärtskommen möglich war. „… übergebe ich nun das Wort an Rufus Scrimgeour.“ „NEIN!“, schrie Fred, doch sein Wort ging im Applaus der Schüler unter. Mit Entsetzen sah Fred, wie sich Dumbledore zurückzog und der zukünftige Minister an seine Stelle trat. Was sollte er nur tun? Wie sollte er es verhindern? Panik durchflutete den Jungen und er hob den Zauberstab hoch über seinen Kopf, so dass die Spitze auf Scrimgeour zeigte. „STUPOR!“, brüllte er. Scrimgeour kippte nach hinten und verschwand aus seinem Blickfeld. In diesem Moment brach Panik aus. Schüler schrieen und kreischten auf und trampelten rücksichtslos auf den Ausgang zu. Niemand nahm Rücksicht auf den anderen. Fred wurde nach hinten gerissen, kämpfte sich aber wieder ein wenig nach vorne. Seine einzige Sorge war, dass jemand Scrimgeour helfen würde, wieder zu sich zu kommen und aufzustehen. Das durfte nicht passieren. Der Teenager schob sich seitlich bis an den Rand der Halle. Voller Panik stürzten Mädchen und Jungen durch die Halle, die sich langsam aber sicher leerte. Und dann spürte Fred, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte und ihn brutal gegen die Wand presste. Die andere Hand drehte ihm den Zauberstabarm auf den Rücken, so dass er vor Schmerzen aufschrie und die Hand öffnete. Sein Zauberstab fiel auf den Boden und als Fred den Kopf etwas drehte, erkannte er Snape, der ihn in einem eisernen Griff gepackt hielt, so dass er sich kaum rühren konnte. „Mehr brauchen wir nicht, um Sie nach Askaban zu bringen, Weasley“, zischte der Lehrer. Voller Verzweiflung versuchte Fred Widerstand zu leisten, doch als ein entsetzlicher Schmerz durch seine Schulter zuckte, ließ er es sein. Er schaute nach oben, weil etwas seine Aufmerksamkeit erregt hatte, und bekam gerade noch mit, wie ein grünes Licht schwächer wurde und verlosch. „Merlin, nein“, flüsterte er unhörbar, um im nächsten Augenblick wie unter Schmerzen zu schreien. „NEIN! GEORGE!“ ***** George hetzte wie ein Wahnsinniger die Treppen hinauf und verfluchte dabei mehrmals, dass man in Hogwarts nicht apparieren konnte. Immerhin hatte auch Lee nicht apparieren können, sondern hatte ebenfalls den Weg zur Kammer zu Fuß zurücklegen müssen. Dies allerdings hielt George für keinen allzu großen Trost. Als er endlich vor der Tür zur Kammer stand hatte er tausend glühend heiße Nadeln in seiner Lunge. Er legte die Hand auf die Brust, gönnte sich zwei Sekunden Pause und riss die Tür auf. Mit einem Blick erfasste er die Situation. Lee kniete auf dem Boden und hatte den Zauberstab durch eine kleine Öffnung gesteckt. Ohne zu zögern hechtete George auf ihn zu und riss ihn zu Boden. Keuchend rollten die beiden auf dem Boden herum, bis George unter Lee zu liegen kam. Sein Kopf wurde zur Seite geschleudert, als Lee ihm einen Kinnhaken versetzte. George wollte seinem Freund nicht weh tun, aber er hatte keine andere Wahl. Er krallte seine Finger in Lees Seite und drehte das Fleisch in seiner Hand herum. Lee heulte vor Schmerz laut auf. Mit aller Kraft schob er den dunkelhäutigen Jungen von sich. Lee fiel zu Boden, der Zauberstab rollte davon. George rollte sich auf den Bauch und robbte nach vorne, um zum Zauberstab zu gelangen, doch Lee warf sich auf ihn und riss ihn am Umhang zurück. Dann krallte er die Finger in Georges Haar und riss seinen Kopf empor, um ihn im nächsten Moment mit der Stirn auf den Boden zu schmettern. Vor Georges Augen zerplatzten bunte Sterne. Er spürte wie Lee von ihm abließ und wusste genau, was sein Freund vorhatte. Verzweifelt mühte er sich ab, sich so schnell wie möglich wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch es dauerte viel zu lange. Er kniete auf dem Boden und warf sich zur Seite, als er Lees Fuß auf sich zukommen sah. Mit einem lauten Geräusch stampfte Lee genau an der Stelle auf, an der soeben noch sein Knöchel gewesen war. George wuchtete sich nach vorne und prallte gegen Lee, der an die Wand gepresst wurde. Der rothaarige Junge umklammerte die Hand seines Gegners und stieß mit der Stirn gegen Lees Nase. Lee jaulte auf, biss jedoch die Zähne zusammen und drückte den Kopf von George mit seiner freien Hand nach hinten. George spürte, wie ihn die Kraft verließ. Er konzentrierte sich nur auf sein Vorhaben und zwang sich zu einem festen Willen. In Gedanken sprach er den Todesfluch und richtete Lees Hand dabei auf irgendeine Stelle im Zimmer. Ein grüner Blitz flammte auf, ein helles Sirren war zu hören. George schob Lees Hand von seinem Kinn und sah seinem Freund ins Gesicht, der ihn verwirrt ansah. „Wo bin ich? Was ist passiert?“ „Nichts“, keuchte George und zog seinen Freund in eine Umarmung. „Es ist alles in Ordnung“, sagte er, während er Lee fest an sich drückte. ***** Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors herrschte eine ausgelassene Stimmung. Die Weasley-Zwillinge und Lee waren froh, alles überstanden zu haben. „Das hat Snape gar nicht gefallen, dass er dich nicht nach Askaban stecken konnte“, stellte George fest und nippte an seinem Butterbier. „Ja, da hat er leider wieder einmal Pech gehabt. Als Scrimgeour erfahren hat, dass ich ihm das Leben retten wollte, wollte er mich sogar für den Merlin-Orden zweiter Klasse vorschlagen.“ „Und du hast abgelehnt?“, fragte Lee erstaunt. „Klar“, meinte Fred. „Was bringt mir so ein altes Stück Blech? Da kann ich mir auch gleich einen Konservendosendeckel an die Brust heften.“ Alle lachten. „Zum Glück wurden alle gefasst“, atmete Lee auf. „Ja, unter Veritaserum wurde Wight noch redseliger, als er ohnehin schon war. Die Hintermänner und alle anderen Beteiligten dürfen demnächst auf einer Insel in der See Urlaub machen. Sie hat zwar nur ein Gebäude, aber das ist so groß, dass Platz für alle vorhanden ist.“ „Und mir kann wirklich nichts mehr passieren?“, fragte der Freund der Zwillinge skeptisch. „Gar nichts mehr“, bestätigte George. „Der Zwang, auf dieses Wort zu reagieren, wurde sozusagen aus deinem Hirn gelöscht.“ „Und das gefällt uns überhaupt nicht“, meinte Fred mit finsterer Miene. Lee sah ihn erschrocken an. „Aber warum denn nicht?“ „Na, jetzt müssen wir uns unser Butterbier weiterhin selbst holen“, antwortete Fred und wurde von Lee mit Schlägen auf seinen Arm eingedeckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)