Birthday Origins von Sky- (Beyond Birthdays ganze Geschichte) ================================================================================ Kapitel 6: Hoffnung? -------------------- Beyond Birthday hatte Wammys House heimlich über Nacht verlassen und war bis zur nächsten Stadt gelaufen und dort per Anhalter nach London gefahren. Sein Ziel war die medizinische Fakultät. Zwar wies man ihn zuerst ab, weil er kein Zeugnis einer staatlich anerkannten Schule vorweisen konnte, doch als er den Namen Wammys House erwähnte, wurde er für die Aufnahmeprüfung zugelassen und bestand zur Überraschung aller Studenten und Professoren als Bester, trotz seiner 15 Jahre. Dies war noch nie zuvor vorgekommen und man betrachtete Beyond als eine Art Wunderknaben. Diese Meinung teilten aber nicht alle. Die eine Seite hielt Beyond für interessant und begabt, die andere Hälfte traute dem Braten nicht. Für sie stand fest, dass es bei der Prüfung nicht mit rechten Dingen zugegangen war und sie vermuteten, dass dieser frühreife Neuling betrogen hatte. Jedenfalls war Beyond, der zu der Zeit den Decknamen Rue Ryuzaki annahm (dessen Name er auch später im Mordfall Los Angeles benutzte), in den kommenden drei Wochen das Gesprächsthema der Fakultät. Freunde hatte er keine, die brauchte er auch nicht. Die meisten von ihnen waren zwar intelligent genug, um sich an der medizinischen Fakultät über Wasser halten zu können, aber zum größten Teil benahmen sie sich wie Affen und hormongeplagte Teenager, sodass er es auch nicht als nötig betrachtete, sich welche zu suchen. Außerdem waren zum größten Teil alle viel älter als er und wenn jemand Sympathie für ihn empfand, dann höchstens, weil man ihn als eine Art kleinen Bruder betrachtete. All diese Studenten widerten ihn an und er redete nur ein Wort mit ihnen, wenn es die Umstände so erforderten, beispielsweise wenn er für Nachforschungen und Projekte die verschiedensten Geräte benutzen musste. Und da er noch nicht volljährig war, brauchte er immer einen Projektpartner, der notfalls eingreifen oder helfen konnte. Es waren nach seiner Meinung Zustände wie im Kindergarten und er hatte keine Lust, mit auch nur einem von ihnen seine wertvolle Freizeit zu vergeuden, sondern kniete sich lieber in die Arbeit. Im Vergleich zu Wammys House war das alles viel entspannter und entlastender, weil er zum größten Teil den Unterrichtsstoff im Waisenhaus durchgearbeitet hatte und somit nicht viel zu lernen hatte. Dass er wenig lernte und dabei die besten Prüfungen und Tests schrieb, blieb natürlich nicht lange unbemerkt. Immer mehr Studenten begannen über diesen Ryuzaki, den sie auch „Kleiner“ oder „Zwerg“ nannten, zu tratschen und immer mehr Gerüchte in die Welt zu setzen. Es dauerte nicht lange, da kam es zu ersten Hänseleien und Beyond wurde schnell zur Zielscheibe des Unmuts der Studenten. Man stellte ihm ein Bein, sodass er einmal beinahe die Treppen hinuntergestürzt wäre und man stieß ihn zu Boden. Seine Tasche wurde aus dem Fenster geworfen und die Seiten seiner Hefte zugeklebt. Auch heute war es wieder extrem geworden. Er war nur kurz auf den Gang gegangen, um einen Studenten wegen eines Projektes anzusprechen, da hatte man Kakerlaken in seine Tasche gesteckt und in seiner Jacke Reißnägel befestigt, sodass er sich beinahe den ganzen, eh schon vernarbten Arm aufgerissen hätte. Er wurde schließlich von einer Studentin darauf aufmerksam gemacht. Ihr Name war Naomi Stone, mit der er schon einmal zusammengearbeitet hatte. Auch sie war eine Waise und verdiente sich ihr Geld, indem sie Pizzen auslieferte. Sie trug meist schwarzes Leder und besaß ein Motorrad, welches sie von ihrem Onkel geschenkt bekam, nachdem dieser nach einem Unfall querschnittsgelähmt war. Naomi war eine 19-jährige, sehr hübsche Studentin mit kurz geschnittenem brünetten Haar und tiefschwarzen Augen. Ihrer Lebenszeit nach zu urteilen würde sie in einem Alter von 80 Jahren sterben. „Alles in Ordnung?“ fragte sie, nachdem sie ihm half, das Ungeziefer aus seiner Tasche zu entfernen. „Diese Mistkerle sind so was von unmöglich. Immer auf die Schwächeren!“ In ihrem Charakter erkannte Beyond ein Stück von A wieder. Sie war ebenfalls sehr besorgt und hatte einen sehr fürsorglichen Charakter. Doch anders als bei seinem verstorbenen Freund schien sie mehr Stärke und Selbstbewusstsein zu besitzen. Doch ganz traute Beyond dem Braten nicht. „Wir sollten besser nicht zusammen gesehen werden, sonst wirst du ebenfalls genauso behandelt wie ich.“ Jetzt geht sie weg, dachte er und schluckte den aufkeimenden Ärger über dieses Kindergartenniveau hinunter. Doch Naomi schüttelte den Kopf. „Ist mir doch egal, was diese Idioten denken. Ich für meinen Teil finde es einfach ungerecht, auf einen loszugehen, nur weil er mit jüngerem Alter einen höheren Intellekt hat. Wir sind doch nicht mehr im Kindergarten, oder?“ Beyond merkte bereits, dass er einiges mit Naomi gemeinsam hatte. Auch sie schien von den Zuständen abgeneigt zu sein und sich nicht gerne mit so einem Haufen Subjekte abzugeben, die mehr Affen als Menschen zu sein schienen. Zwar war sie ein paar Jahre älter als er selbst, doch sie schien ihm sympathisch zu sein. Nach dem Unterricht verabredeten sie sich zum Essen in einem kleinen Imbiss. Beyond ging zuerst jedoch in seine Studentenunterkunft, die er sich mit zwei anderen teilte, die die meiste Zeit nur mit ihren technischen Erfindungen zugange waren und sich nicht für die Gerüchte und Geschichten um Beyond interessierten. Sie waren typische Nerd-Studenten, bei denen sich zum größten Teil alles um alle Serien drehte, die mit „Star“ anfingen oder dieses Wort beinhalteten. Wie also Star Trek, Star Gate oder ebenhalt Battle Star Galactika. Zwei ziemlich klischeehafte Studenten… Beyond ging ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Seine dunklen schwarzen Augen stachen förmlich hervor und waren das Unheimlichste an seiner Erscheinung. Er hatte dicke Augenringe, was an dem Schlafmangel lag, den er seit Wammys House hatte. Es lag zumal an dem Lerndruck, die Angst um A’s Tod und jetzt aufgrund quälender Alpträume, bezüglich seines Selbstmordes, den er nicht verhindern konnte. Sein schulterlanges schwarzes Haar hatte er sich letztens schneiden lassen und er hatte immer wieder das Problem gehabt, dass sein Haar so widerspenstig war. Egal wie oft er es frisierte und wusch, es half nichts. Also ließ er es einfach und akzeptierte, dass er ein richtiger Zottelkopf war. Auch seine Kleidung war fürchterlich. Da er nur ein Student war, der sein Geld damit verdiente, dass er anderen Nachhilfe gab, konnte er sich nichts Außergewöhnliches und Schickes leisten. Die meiste Zeit über trug er nur eine Jeans und einen weißen Pullover. Socken trug er nur äußerst ungern und lief die meiste Zeit barfuß. Wenn er Schuhe trug, dann hauptsächlich bequeme Sneakers. Er machte einen etwas verschrobenen und ärmlichen Eindruck. Sein Körper sonst war weder gut durchtrainiert noch unansehnlich. Eher so ein Zwischending… Er war zwar 180cm groß, wirkte aber dennoch um einiges kleiner, da er stets gebeugt lief. Außerdem hatte er es sich angewöhnt, die Hände in den Hosentaschen zu stecken und mit einem Katzenbuckel durch die Gegend zu laufen. Seine Arme hatten Narben von den Schnitten, die er sich bei seinem Nervenzusammenbruch kurz nach A’s Tod zugefügt hatte und Operationsrückstände am Fuß, den er sich im Alter von sieben Jahren bei einem heftigen Sturz vom Fahrrad gebrochen hatte. Alles in einem: Er war kein sehr attraktiver und gut aussehender Junge, der noch nicht einmal einen Ansatz von ersten Barthaaren hatte, aber er war auch nicht abstoßend hässlich. Man konnte höchstens von ihm sagen, dass er sehr eigen und verschroben wirkte. Wie eine Art verrückter Professor oder so in der Art. Nach einer Stunde trafen sich die beiden in „Marvins Imbiss“, einem kleinen Laden etwas abseits der Londoner Meile, wo alles zu teuer für einen bescheidenen Studenten war. Beyond hatte sich einen schwarzen, gebügelten Pullover und eine ordentliche Jeans angezogen, damit Naomi sich nicht schämen musste. Zumindest so viel Mitgefühl wollte er entgegenbringen. Das mit seinen Haaren konnte er jedoch nicht ändern. Nicht einmal mit dem Glätteisen hatte er Erfolg und eine Glatze wollte er sich auch nicht scheren lassen. Naomi trug einen beigefarbenen Rollkragenpullover, eine Kette mit bunten Glasperlen und einen Parker. Ihre Haare waren wild frisiert wie sonst auch und sie winkte Beyond lächelnd zu. „Ah Ryuzaki, schön dass du doch noch gekommen bist.“ „Ich bin pünktlich auf die Sekunde. Dann bist du eben zu früh gekommen.“ Sie saßen zusammen etwas weiter abseits der großen Fenster, durch die man auf das wilde Leben der Straße sehen konnte. Naomi erzählte einiges von sich, dass sie ihre Eltern durch einen Banküberfall verloren hatte und eine Zeit lang bei ihrem Onkel lebte, der bereits einen Schlaganfall hinter sich hatte, sich aber sehr schnell wieder erholt hatte. Er war leidenschaftlicher Motorradfahrer gewesen und hatte einige regionale Wettrennen gewonnen, bis er dann durch einen Unfall seine Beine nicht mehr gebrauchen konnte und im Rollstuhl saß. Er hatte einen Großteil seiner Ersparnisse für Naomis Bildung und Versorgung ausgegeben und da sie ihm nicht weiter zur Last fallen wollte, ging sie selbst jobben und unterstützte ihn nebenbei noch. Auch Beyond erzählte höflicherweise seine Geschichte, verschwieg jedoch zunächst seine Gabe und als er zu dem Punkt kam, an dem er das Waisenhaus verlassen hatte, beendete er die Geschichte. Naomi sah ihn mit einem sehr bemitleidenswerten Blick an. „Du hast wirklich eine sehr schwere Zeit hinter dir. Das mit deiner Mutter und deinem Freund…“ „Und es ist mit unter anderem meine Schuld, weil ich ihren Tod nicht verhindern konnte.“ Naomi schüttelte den Kopf und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Weißt du, ich glaube, dass niemand das Schicksal ändern kann, was einem vorbestimmt ist. Man kann das Leben nicht verändern, höchstens verkürzen... glaube ich. Ich habe mich einige Zeit lang mit dem Tode beschäftigt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass man nur unter dem Einsatz seines eigenen Lebens das Leben eines anderen retten kann.“ Wie wahr Naomis Aussage doch war, wenn man auf das wahre und endgültige Ende von Beyond Birthday hinblickt, nachdem er die Hinrichtung Kiras überlebte und durch die Opferung seines Lebens einen anderen retten konnte. Doch das liegt in ferner Zukunft und der 15-jährige Beyond Birthday hatte keine Ahnung, was zehn bis fünfzehn Jahre später geschehen würde. Der Nachmittag endete damit, dass sie beide sich immer näher kamen und sich prächtig verstanden. Sie beschlossen, den Abend mit einem Kinobesuch abzurunden, einen Actionfilm wohl gemerkt und gingen danach wieder in ihre eigene Studentenwohnung. Sein Herz fühlte sich ungewohnt leicht an und eine positive Energie ging von ihm aus. Es war ein ungewohntes Gefühl und wenn er seine Gefühle nicht schon längst verschlossen hätte,, dann würde er sagen, dass er glücklich war. Er ging ins Bad und sah in den Spiegel. „Soll ich es noch einmal wagen? Einen Menschen ins Herz zu schließen?“ fragte er sein Spiegelbild und wusch sich sein Gesicht mit eiskaltem Wasser ab. Er war unsicher, ob er ein letztes Mal seine Gefühle „freilassen“ sollte, um es sich zu ermöglichen, für einen Menschen Gefühle zu entwickeln. Was sollte schon schief gehen? Naomis Zeituhr lief erst in einigen Jahrzehnten ab und sie waren sich sehr ähnlich vom Charakter. Er lächelte, zog seinen Pyjama an und ging ins Bett. „Vielleicht ist ja doch nicht alles verloren…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)