Love and Ice von -HyukJae- (YunJae) ================================================================================ Kapitel 6: Morgen ----------------- Der nächste Morgen. Nur widerwillig öffne ich meine Augen. Die Sonne scheint durch die Ritzen im Rollladen in mein Zimmer, erfüllen es mit einem seltsamen Zwielicht. Vor dem Fenster kann ich die Vögel zwitschern hören, ein beruhigendes Geräusch. Im Haus ist alles still, wie jeden Morgen. Immer bin ich es, der als Erster aufsteht. Es ist schön noch einen Moment der Ruhe zu genießen, bevor das Leben um mich herum beginnt, die Hektik. Es ist schön, das Badezimmer für sich allein zu haben, ohne dass ein anderer vor der Tür steht und einen zur Eile antreibt, weil er selbst duschen möchte. Es ist schön alle begrüßen zu können wenn sie verschlafen aus ihren Zimmern tapsen. Es ist schön wenn sich alle mit großer Vorfreude an den Tisch setzen und ich zu sehen kann, wie sie genüsslich das Frühstück verschlingen. Es ist schön dich morgens noch etwas müde im Schlafanzug zu sehen. Seufzend atme ich aus. Doch das alles wird ab heute andres sein. Du wirst nicht mehr jede Nacht hier verbringen, oder sie wird hier sein, wie gestern. Wie soll ich es schaffen sie neben dir zu sehen? Wie soll ich es schaffen nicht darauf zu reagieren und einen gelassenen Eindruck zu machen? Wie soll ich mich für dich freuen, wenn ich dich selbst so begehre? Ohne eine Antwort auf all diese Fragen zu finden, krieche ich aus dem Bett, strecke mich und mache mich auf den Weg ins Badezimmer. Vielleicht sollte ich mir einfach eine eigene Wohnung suchen, geht es mir durch den Kopf. Ich würde mir viel Kummer und Ärger ersparen, aber ich würde dich noch viel seltener sehen, ich könnte nicht mehr an deinem Alltag teilhaben, wir wären nur noch bei Auftritten zusammen. Ich blicke mein Spiegelbild an, starre mir in die Augen. Was siehst du in mir, frage ich mich. Was bin ich für dich? Jetzt wo du sie hast… ein Bandmitglied, ein Freund. Reicht mir das? Kann ich damit leben nur dein Freund zu sein? Kann ich das? Ich reiße meinen Blick los, beginne mich auszuziehen und steige in die Dusche. Das warme Wasser fühlt sich gut auf meiner Haut an. Ich schließe die Augen und lasse es auf mich wirken. Ich stelle mir vor es wären deine Hände, die mich so warm berühren, meinen Körper umfangen, mich streicheln. Schnell öffne ich meine Augen wieder, bevor mich die Erregung packt. Ich dusche zu Ende, föhne meine Haare und ziehe mir frische Kleider über. Noch immer ist alles still im Haus. Ich mache mich auf den Weg nach unten um das Frühstück vorzubereiten. Noch bevor ich die letzte Stufe genommen habe, ertönt ein lautes Scheppern aus der Küche. Erschrocken frage ich mich wer so früh auf ist. Das ist ungewohnt. Ich sehe nach. Bleibe im Türrahmen stehen und starre nur auf das Chaos vor mir. Alles Geschirr von gestern Abend stapelt sich auf der Arbeitsfläche. Alle Essensreste befinden sich noch auf den Tellern, Platten oder in den Schüsseln. Alle leeren oder halb vollen Flaschen stehen wild durcheinander auf dem Tisch. Plötzlich regt sich etwas und ich blicke direkt in das beschämte und schüchterne Gesicht eines jungen Mädchens. Sie. Verlegen senkt sie den Blick und streicht sich nervös durch die Haare. Ich sehe sie an, nicht im Stande auch nur ein Wort zu sagen. Es muss ein langer Abend gewesen sein, den Spuren nach zu urteilen. Augenscheinlich war keiner mehr im Stande abzuspülen oder wenigstens alles in den Geschirrspüler zu tun. Das alles wäre nicht so schlimm gewesen, wäre sie nicht hier. Sie hat bei dir übernachtet, mit dir in einem Zimmer geschlafen. Durfte sie auch bei dir im Bett schlafen? „Ich…“, beginnt sie zaghaft, „wollte etwas aufräumen und Frühstück machen. Entschuldige, dass ich dich geweckt habe.“ Frühstück machen, echot es in meinem Kopf, das ist meine Aufgabe. „Ich … bitte geh wieder schlafen.“, fordert sie mich auf. Ich starre auf das Chaos hinter ihr und schätze, dass sie das alles niemals in einer Stunde aufgeräumt bekommt und zusätzlich das Frühstück macht. Ich sehe sie an. Sie kann nichts dafür, rede ich mir wie gestern schon ein. Aber sie hat sich auch selbst in ein besseres Licht gestellt, erinnere ich mich, sie hat sich auf meinen Lorbeeren ausgeruht, als sie sagte sie hätte gekocht. „Ich werde dir helfen“, die Worte verlassen meine Lippen noch bevor ich wirklich entschieden habe was richtig ist. Ich sehe ihr freudiges Lächeln und bin mir sicher, dass das der richtige Weg ist. Doch schon nach 10 Minuten bereue ich mein Angebot. Schon 2 Teller sind ihr beim Abtrocknen aus der Hand gefallen und auch eine Schüssel wäre zu Bruch gegangen, wäre sie nicht aus Plastik gewesen. Also entscheide ich, dass sie den Tisch decken soll und ich weiter abspüle. Als sie die Flaschen vom Tisch nimmt, zerspringt prompt eine auf dem Boden in 1.000Teile und eine rote Flüssigkeit verbreitet sich in Windeseile in der halben Küche. Rotwein. Verdattert steht sie daneben und sieht zu wie die Pfütze immer größer wird. Plötzlich fährt ein Ruck durch ihren Körper, als hätte ihr Gehirn erst jetzt erkannt was passiert ist. Sie geht in die Knie um die Scherben aufzusammeln. Ich ziehe sie an der Schulter zurück. „Nicht, dass du dich schneidest.“ Ich hole die Kehrschaufel und beginne selbst den Schaden zu beheben. Sie geht aufgelöst in der Küche auf und ab und fragt sich wie das passieren konnte. Plötzlich spüre ich einen kurzen scharfen Schmerz am Finger, hebe die Hand und sehe mir die betroffene Stelle an. Ich habe mich geschnitten. Das Blut drängt sich in großen, dicken Tropfen heraus und rinnt über meine Hand den Arm hinab. Ich greife nach einem Handtuch und drücke es darauf. Sie bemerkt das alles nicht, ist so sehr mit sich selbst beschäftigt. Was findest du nur an ihr? Sie ist hübsch, aber kann das alles sein, was wichtig ist? Ich sammle mit der unverletzten Hand die restlichen Glassplitter ein und schmeiße sie in den Müll. Verpflastere meine Wunde und beginne den Boden zu putzen, dann trockne ich das Geschirr ab und helfe ihr, nachdem sie sich wieder beruhigt hat, den Tisch zu decken. Du trinkst Pfefferminztee, Junsu trinkt grünen Tee und Yoochun bevorzugt schwarzen, also bereite ich für jeden eine Teekanne mit dem entsprechenden Tee vor. Changmin und ich trinken Kaffee weshalb ich auch die Kaffeemaschine einschalte. Dann nehme ich das Brot aus dem Brotkasten und schneide es mit der Schneidemaschine in Scheiben, lege sie in ein Körbchen und platziere es in der Mitte des Tisches, wo es alle erreichen. Dazu stelle ich Marmelade, Honig, Butter, einen kleinen Teller mit abgepacktem Frischkäse (ich weiß, den magst du gern) und eine gefüllte Obstschale. Zum Schluss stelle ich den Zucker und die Milch dazu. Ich habe alles ohne Hilfe in der Zeit geschafft, erkenne ich als mein Blick auf die Uhr fällt. Sie steht im Türrahmen und betrachtet mein Werk. Ein wenig stolz bin ich schon. Und sie? Ist sie neidisch? „Ich bin gleich zurück, ich möchte noch Blumen aus dem Garten holen.“, sage ich und gehe nach draußen. Ich kann mich nicht entscheiden ob ich Rosen oder Margeriten nehmen soll, wähle dann jedoch letztere, schneide einige Blüten ab und kehre zurück. Unser kleiner Vielfraß Changmin, Junsu und du, ihr sitzt schon am Tisch und wartet auf uns andere. Sie hat ebenfalls Platz genommen, dort wo ich immer sitze. Ich bleibe stehen und halte inne. Warum lässt du das zu? Du weißt doch, dass das mein Platz ist. Ich gehe ins Wohnzimmer um eine Vase zu holen. Warum sagt keiner etwas zu ihr? Wir haben genügend Stühle und ich habe auch für sie gedeckt. Ich suche im Schrank nach einer passenden Vase und bemerke deshalb nicht, dass Yoochun die Treppe herab kommt. Ich lausche eurem angeregten Gespräch. „…und wer hat heute Morgen schon alles so tip top aufgeräumt?“, fragst du plötzlich. Gemurmel setzt ein. Dann höre ich ihre helle Stimme sagen „Das…war ich, ich hoffe das war in Ordnung?!“ Mein Kopf schnellt nach oben, knallt gegen das Regal über mir. Ich fluche leise und reibe die schmerzende Stelle. „Also hast auch du den Frühstückstisch gedeckt?“, möchte Junsu wissen. „Ja“, sagt sie. Ich drehe mich in Richtung Küche, blicke durch die offene Tür auf ihr lächelndes Gesicht. Ich habe mich verhört, ich muss mich verhört haben, rede ich mir ein. Das hat sie nicht wirklich behauptet. Ich war es, der alles allein aufgeräumt hat. Ich war es, der den Tisch gedeckt hat. Ich sehe ihr Lachen, höre das anerkennende Gemurmel der anderen. Aus Fassungslosigkeit fällt mir die Vase aus der einen Hand, geht mit einem lauten Knall auf dem Fließenboden zu Bruch. Aus der anderen gleiten mir die Blumen. Ich kann es nicht fassen, kann nicht glauben, dass sie das alles wirklich behauptet hat. Keinen Handgriff hat sie getan und wenn doch, ging alles, was sie anfasste kaputt. Ihretwegen habe ich mich verletzt und ihr glaubt diesem Mädchen auch noch. Woher sollte sie wissen welchen Tee wer bevorzugt? Woher sollte sie wissen wie ICH jeden Morgen den Tisch decke? Seid ihr so blind? Oder bin ich euch so egal, dass ihr mich und das was ich tue so wenig wahrnehmt? Bei diesem Gedanken steigen mir Tränen in die Augen, ich drehe mich um und stürze weinen die Treppe nach oben in mein Zimmer. Unterwegs pralle ich mit Yoochun zusammen, der mich traurig ansieht. Warum, frage ich mich noch, bin aber nicht mehr in der Lage nach einer Lösung zu suchen. Ich will nur noch weg. So überflüssig wie ich für die anderen scheine, würde es nicht einmal auffallen wenn ich gar nicht mehr da wäre. Ich schließe die Tür hinter mir und lehne mich mit dem Rücken dagegen, wische mir die Tränen aus den Augen, nur damit wieder neue diese wieder füllen, als jemand an die Tür klopft… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)