Tiefrote Küsse von abgemeldet (An deiner Seite) ================================================================================ Kapitel 17: Kapitel 17 ---------------------- Sie erwachte, doch öffnete sie nicht sofort ihre Augen. Langsam erinnerte sie sich wieder daran, dass sie im Haus von Liam Noxus war. Sie hatte sich sofort wieder hingelegt, als Liam sie wieder hier her gebracht hatte und der Schlaf hatte ihr offensichtlich gut getan, denn die Kopfschmerzen waren vollkommen verschwunden. Außerdem war das Hungergefühl, welches sie vorhin empfunden hatte ebenfalls wie ausgelöscht. Leila legte sich zur Seite und kuschelte sich wieder in das Kissen, als sie eine Melodie hörte. Sie klang wunderschön und drang sehr leise zu ihr. Sie konnte diese Melodie keinem ihr bekannten Lied zu ordnen, aber es klang wunderschön. Sie wusste, dass sie nicht eher einschlafen würde, bevor sie wusste, wer diese Musik machte. Also schob sie die Bettdecke zur Seite und stand auf. Sie zog sich über ihr Nachthemd ihren Pullover, mit dem sie heute das Haus verlassen hatte und bemerkte dabei, dass sie ein Pflaster auf dem Handrücken hatte. Hatte man ihr, während sie geschlafen hatte, wieder eine Infusion gegeben und die Nadel selber wieder rausgezogen? Das alles wurde immer verwirrender. Sie wollte nun aber erst mal den wundervollen Klängen auf den Grund gehen, die sie hörte. Der Flur war still und kein Licht brannte. Sie nahm an, dass alle schliefen, bis auf die Person die diese Klänge machte. Sie glaubte nicht, dass sie von einer CD stammen. Es klang so, als würde jemand selber diese Klänge produzieren. Sie tapste barfuß die Treppe herunter und sah, dass im Wohnzimmer Licht brannte. Das Licht trat den Türspalt und die tiefen, aber sehr schönen Klänge, kamen eindeutig aus dem Wohnzimmer. Leila zögerte trat dann die letzten Stufen aber auch noch herunter und stand vor der Flügeltür der Wohnzimmers. Sie legte ihr Kopf gegen die Tür und lauschte den Klängen. Es war eine wundervolle Musik. Jemand konnte dieses Musikinstrument verdammt gut spielen. Sie selber hatte nie eins gelernt, ihre Mutter hatte es gerne gewollt, aber sie war zu unmusikalisch gewesen. Man konnte aber auch sagen, dass sie einfach nicht die Geduld dazu gehabt hatte. Mehr als drei Lieder auf der Blockflöte konnte sie nicht und Notenlesen konnte sie noch nie. Sie hatte im Nachhinein keine Ahnung davon, wie sie sich durch den Musikunterricht gemogelt hatte. Aber anscheinend hatte das ziemlich gut geklappt, denn sie hatte immer gute Noten gehabt, in jedem Fach. Sie musste bei den Klängen lächeln. Es war eine wundervolle Melodie, auch wenn sie ihr vollkommen fremd war. Die Töne klangen tiefer als eine Violine. Sie würde allerdings nicht versprechen wollen, dass diese Aussage stimmte. Sie wusste nicht, ob sie einfach das Wohnzimmer betreten konnte, aber schließlich hatte sie die Hand auf die goldene Klinke gelegt, bevor sie noch länger darüber nach dachte. Sie trat ins Wohnzimmer und war überrascht, als sie Liam sah. Sie hätte nicht gedacht, das Liam ein Musikinstrument spielte. Und wenn dann hätte sie ihn nicht mit einem Cello erwartet. Er saß in einer Ecke auf einem Stuhl und nur das Kaminfeuer spendete ihm Licht. Er bewegte den Kopf leicht hin und her, während er den Bogen über die Saiten strich. Liam schien sie noch nicht bemerkt zu haben, zumindest hörte er nicht auf mit seiner Musik. Sie fand, dass er unglaublich sexy aussah, auch wenn das vermutlich verrückt war, wenn man wusste, dass er hier mit einem Instrument musizierte, das bestimmt schon verdammt alt war. Er trug ein schwarzes, langärmeliges Hemd und eine schwarze Hose, was ein starker Kontrast zu der weißen Wand hinter ihm darstellte. Er sah so modern und doch so antik aus. Als wäre er eigentlich schon verdammt alt und doch war er nur ein paar Jahre älter als sie. Genauso leise wie sie die Tür geöffnet hatte, versuchte sie die Tür wieder zu schließen. Erleichtert stellte sie fest, dass das auch klappte, doch dann hob Liam den Kopf und sah sie an. Er hielt den Bogen an und die Musik stoppte. „Hör bitte nicht auf“, bat sie ihn mit einem Lächeln. „Ich möchte mich nur zu dir setzen und dir zuhören.“ Liam sah sie fragend an, sagte aber nichts, sondern sah wieder auf das Cello und fing wieder an mit dem Bogen über die Saiten zu streichen. Sie lächelte und setzte sich auf die Couch und sah ihm zu. Irgendwie fand sie es wundervoll ihm einfach zuzuhören. Sie war schon immer eine gute Zuhörerin gewesen und das war sie jetzt auch. Das Stück das Liam spielte, kannte sie nicht, aber es war einfach nur schön mit anzuhören. Er wirkte voll und ganz konzentriert, sah sie nicht an, sondern spielte nur seine Musik. Die warmen Klänge die eine wundervolle Melodie ergaben, fühlten sich schön an, als wären sie aus einer besseren Welt. Wütend starrte sie zum Kamin, als sie von dort ein Ticken vernahm. Doch es war nur die Uhr und die zeigte ihr, dass es gerade mal fünf Uhr in der früh war. Warum war er wach? Und warum spielte er um diese Uhrzeit Cello? Sie lächelte und schloss die Augen um die Klänge noch mehr zu genießen. Sie war Liam dankbar, dass er ihr erlaubte, dass sie hier sein konnte. Sie stellte sich vor wie diese Klänge sie umarmten oder sie zudeckten. „Leila, es tut mir Leid, dass es mir so schwer fällt, dir zu sagen was mit dir los ist.“ Leila öffnete überrascht die Augen wieder sah, das Liam sie anblickte, aber dennoch weiter musizierte. „Ich habe Angst vor deiner Reaktion.“ Seine Worte wurden von seiner Musik regelrecht unterstrichen. „Ich habe Angst davor, dass du dich von mir abwenden wirst. Du bist mir sehr wichtig, auch wenn ich das nicht so richtig in Worte fassen kann.“ Seine Worte überraschten sie vollkommen, trafen sie unerwartet. Sie hätte nie gedacht, dass er so etwas für sie empfand. Natürlich war da dieser Kuss, den es zwischen ihnen gegeben hatte. Aber keiner von beiden hatte bisher darüber gesprochen, was das nun eigentlich zu bedeuten hatte. Der Kuss war im Eifer des Gefechts entstanden, zumindest hatte sie das sich eingeredet, wenn sie daran gedacht hatte. Doch seine Worte sagten ihr nun etwas ganz anderes und sie selber fand gar keine Worte dafür. Liam stand auf und lehnte das Cello an die Wand, legte den Bogen auf den Stuhl und trat auf Leila zu, die auf der Couch saß und ihn mit großen Augen ansah. „Doch ich weiß, dass ich jetzt alles riskieren muss. Dass du heute einfach gegangen bist, hat es mir gezeigt. Ich muss jetzt alles auf eine Karte setzen und darauf hoffen, dass du dich nicht von mir anwenden wirst.“ Er setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. „Wenn ich dich aber ansehe, vergesse ich jedes Wort, dass ich mir zu Recht gelegt habe.“ Sie hatte schließlich nur ein Nachthemd an, auch wenn sie einen Pullover drüber gezogen hatte, ihre Beine waren deswegen dennoch ziemlich nackt. „Ich verwirre dich also?“, fragte sie ihn und versuchte sich selber nicht von seinem Daumen, der ihren Handrücken streichelte, verrückt werden zu lassen. Doch das war verdammt schwer. „So könnte man es auch sagen“, meinte Liam mit einem Lächeln und streichelte mit der anderen Hand über ihre Wange. Ja, er hatte sich vorgenommen mit ihr Tacheles zu reden, wenn sie aufgewacht war. Allerdings wurde dieser Gedanke in seinem Kopf immer kleiner und zerplatzte in einer Seifenblase. Sie hatte eine rosige und weiche Haut und seine Augen wanderten von ihren himmelblauen Augen zu ihren vollen Lippen. „Was… hast du vor?“ „Weißt du das nicht?“, fragte er sie mit einem Lächeln. „Ich habe dich für intelligenter gehalten.“ Liam grinste frech und sie mochte dieses Lächeln. Diesen frechen Blick in seinen Augen, die sie aufblitzen ließ. Sie sah ihr Gesicht in seinen Augen, was irgendwie komisch war. Aber auch verdammt schön. Er kam näher mit seinem Gesicht auf das von Leila zu und ihre Lippen trafen sich darauf sehnsüchtig. Liam unterbrach den Kuss und stütze seine Stirn gegen Leilas. Beide sahen sich tief in die Augen. Leila wollte gerade was sagen, aber Liam legte seinen Finger auf ihren Lippen und brachte sie so zum Schweigen. „Bitte sag nichts. Mir ist aufgefallen, dass du ziemlich viel redest.“ Leila musste bei diesen Worten grinsen. Sie nahm sie ihm nicht übel. Sie hatte sich ihren Traummann schon immer so vorgestellt, dass er sie küsste, um ihre unnötigen Worte zu stoppen und genau das tat Liam. Das waren immer die besten Szenen in Filmen. Sanft begann Liam mit seinen warmen Lippen, kleine Küsse auf ihrem Mund zu verteilen. Er streifte, ganz zärtlich mit seiner Zunge über ihre Lippen und bat somit um Einlass. Leila schlang ihre Arme um seinen Nacken und öffnete langsam ihren Mund. Sie wusste nicht was sie hier tat, aber das brauchte sie auch gar nicht. Sie wollte nur ihn. Als sich ihre Zungen trafen zuckten beide leicht zusammen, denn es fühlte sich an, als ob tausend Blitze durch ihre Körper fahren würden. Sie küssten sich ganz sanft, erforschten gegenseitig ihre Mundhöhlen, denn es war ihr erster Kuss. Liams Hände wanderten von ihren Wangen hinunter zu ihrer Hüfte. Er zog Leila fester an sich und ihre Küsse wurden leidenschaftlicher und wilder. Sie lösten sich immer wieder, um dann erneut zusammen zu finden. Beide vergaßen alles um sich herum, es gab nur noch sie und ihn. „Ich habe mal davon gelesen, das Vampire gut küssen sollen, aber das hier… Wow“, meinte Leila mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Liam legte den Arm um sie, grinste breit und zog sie an sich, so dass sie mit ihrem Kopf auf seiner Schulter ruhte. „Du glaubst mir also nun?“ War es denn wirklich so wichtig, dass er ihr alles bis ins kleinste Detail heute sagte? „Ich weiß nicht. Vielleicht.“ „Vielleicht?“ Ein Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit, sie sah auf ihre Hand, die mit seiner verschränkt war. Sie wusste ehrlich gesagt nicht so recht, warum sie hier auf der Couch saß. Mit einem Vampir. Zumindest einem, der glaubt ein Vampir zu sein. Es gab doch auch die Menschen, die glaubten Werwölfe zu sein. Wie hieß dieses Krankheit noch mal. Lykanthropie, genau. Vielleicht gab es so was ja auch als Vampir-Version. Werwölfe und Vampire lagen doch gar nicht so weit voneinander entfernt. „Na ja, du musst schon zu geben, dass es ziemlich verrückt klingt.“ „Vieles im Leben klingt verrückt“, erwiderte er mit ruhiger Stimme. „Das mag stimmen.“ Diese Aussage war gar nicht so verkehrt, dennoch grinste sie immer noch. Es war schön sich mit Liam zu unterhalten. Sie hatte sich immer einen Partner gewünscht, der sie verstand, mit dem sie reden konnte, der ihr zuhörte. Natürlich hatte sie im Verlauf eines Tages einen großen Verschleiß an Wörter, es sei denn ihre Stimme war mal nicht da. Aber Liam schien ihr dennoch zuzuhören. „Und du bist sicher, dass du nicht so was wie Lykanthropie hast?“ Sie musste diese Frage einfach stellen. „Nein, da bin ich mir ziemlich sicher.“ „Na ja nicht direkt Lykanthropie. Eher die Vampir-Version davon.“ Er küsste sie auf den Kopf und ihre blonden Haare kitzelten angenehm an seiner Lippe. „Nein, Leila. Ich leide nicht darunter, weder an Lykanthropie, noch an der Vampir-Version davon.“ „Verstehe“, meinte sie nur und sah ihre Hände an, sie verspürte absolut nicht den Drang, seine Hand loszulassen oder ihn von sich zu schieben. Dieser Kuss war absoluter Wahnsinn. Sie war sich hundertprozentig sicher, dass sie noch nie in ihrem Leben so geküsst wurde. Von keinem Mann. Liam war so sanft zu ihr und doch wusste sie, dass es auch eine wilde, animalische Seite an ihm gab, die sie aber nicht abschreckte. Nicht mehr zumindest. „Wir haben uns geküsst“, warf sie dann schließlich einfach in den Raum. Sie hasste ihre Gedanken und ihre Sorgen und sie machte sich nun mal wegen alles Gedanken. Aber sie wollte darüber reden und wer war dafür besser geeignet, als derjenige, den sie geküsst hat. „Ja, das haben wir.“ Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht wieder. „Und es war ein sehr schöner Kuss.“ Sie konnte ihn nicht ansehen, denn obwohl sie den Drang hatte, mit ihm darüber zu reden, war sie doch etwas peinlich berührt. Sie konnte ihn aber auch nicht ansehen, weil sie Angst hatte, dass er sah, wie unsicher sie war. Unsicherheit war kein gutes Zeichen, nicht ihrer Meinung nach. Also versuchte sie es so gut es ging von ihm zu verbergen, „Ja, das würde ich auch nie abstreiten…“ „Nein?“ Irgendwie wurde er das Grinsen gar nicht wieder los und das konnte nur an Leila liegen. Es fühlte sich wundervoll an, sie in seinen Armen zu haben. Aber es war schön zu wissen, das Leila den Kuss nicht abstreiten würde und sie ihn auch genauso intensiv und aufregend fand wie er. Leila senkte den Kopf und wendete ihr Gesicht seinem Blick ab, weil ihre Wangen erröteten. „Nein. Es war sehr schön.“ „Ja, das fand ich auch“, stimmte er ihr zu. Natürlich sah Liam, dass Leilas Wangen sich rot färbten und er liebte diesen Anblick. Nun wusste er zumindest auch schon mal, dass er sie nicht immer aufregen musste, um diese gefärbten Wangen zu Gesicht zu bekommen. Er sah wie Leila den Kopf hob und an ihm vorbei sah, er folgte ihrem Blick, als er ihre Frage hörte. „Sag mal, was ist das für ein Instrument, was du da eben gespielt hast? Wenn ich mich richtig erinnere ist es ein Cello. Aber ich würde mich nicht so sehr auf diese Aussage verlassen, da ich in Musik eine Niete war.“ Eigentlich wollte sie über den Kuss reden und über das was es nun bedeutete. Wenn es überhaupt etwas bedeutete. Es würde ihm doch etwas bedeuten, oder? Sie erkannte sich aber nicht wieder, wusste nicht, warum sie unbedingt mit Liam über diesen Kuss reden, es verstehen wollte. Also sollte sie eindeutig das Thema wechseln, wenn sie sich nicht vollkommen zum Narren machen wollte. Liam war etwas überrascht als Leila das Thema wechselte, er hatte gedacht, dass sie nun über sich reden wollte. Aber er ließ diese Ablenkung ruhig zu und schaute zu seinem Instrument. „Genau das ist ein Violoncello. Die Kurzform dazu ist Cello.“ „Es klang echt toll.“ Sie sah ihm kurz in die Augen und dann wieder zu dem Instrument. „Wie lange spielst du das Cello schon?“ „Seit dem es das Violoncello außerhalb von Norditalien gibt.“ Leila sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“ Liam holte Luft und wusste, dass er damit wieder auf das Thema kam, was schwer zwischen ihnen lag. „Dieses Instrument entstand nach 1535 in Norditalien. Allerdings gab es mit der Zeit kleine Korrekturen an dem Gerät. Zum Beispiel bekam das Cello erst um die 1850 herum den Stachel, auf dem es heute steht.“ Die Blonde sah ihn immer noch skeptisch an. „Du meinst das mit der Vampir-Sache also ernst.“ Liam nahm ihre Hand und führte sie zu seinen Lippen, um ihren Handrücken zu küssen. „Leila, ich bin ehrlich zu dir und ja, es ist mein Ernst.“ „Aber es klingt so absonderlich.“ „Ich weiß“, stimmte er ihr zu und legte ihre Hand an seine Wange. „Aber ich bin echt. Genauso wie meine Geschichte.“ Leila seufzte und sah ihn. Sie würde ihn verdammt gerne für verrückt erklären, aber sie konnte es nicht. Nicht mehr. Alles um sie war verrückt geworden, doch irgendwie gab es zwischen all dem eine Verbindung. „Es ist schwer zu verstehen und ich verlange auch gar nicht, dass du es sofort verstehst, aber akzeptiere es zuerst ein Mal.“ „Akzeptieren?“, fragte Leila ruhig. Liam sah in ihren Augen Verzweiflung. Aber sie schien sich nicht mehr über seine Worte so dermaßen aufzuregen, wie es bei den vorigen Gesprächen der Fall gewesen war. Dennoch schien ‚akzeptieren’ auch ein zu großes Wort in dieser Angelegenheit zu sein. Es schien ihr sichtlich schwer, doch schien sie es zu versuchen. Sie hätte schreien, ihn ohrfeigen oder auch einfach nur den Raum verlassen können. Doch saß sie hier immer noch bei ihm und sah ihn mit großen Augen an. „Wie alt bist du?“ „453 Jahre“, antwortete er ihr schließlich. „Wow.“ In ihrem Kopf fing es an zu rattern. Sie rechnete rückwärts und wollte herausfinden, wann er dann geboren war. „Dann hast du ja den zweiten und den ersten Weltkrieg, den dreißigjährigen Krieg… oh Gott, das ist verdammt alt“, meinte sie zu ihm. „Mein Alter hat dich aber eben beim Küssen nicht abgeschreckt.“ Er lächelte und strich ihr eine Strähne hinters Ohr. Sie zuckte nicht zurück, was für ihn ein gutes Zeichen war. „Da hast du es mir aber auch noch nicht verraten. Du bist also im Jahr…“ Sie war immer noch am Rechnen. „Ich wurde im Jahr 1556 geboren.“ „Verstehe.“ Dabei war sie sich gar nicht so sicher, ob sie verstand, was er ihr damit sagte. „Hat sich denn der Kuss angefühlt als hättest du einen alten Greis geküsst?“ „Erstens weiß ich nicht wie es ist, einen alten Greis zu küssen.“ Liam grinste bei dieser Aussage. „Und nein, deine Lippen waren…“ Sie starrte auf seinen Lippen und ein Seufzer trat über ihre eigenen. „Erzähl mir etwas, was in dem Jahr passier ist. Damit ich ein Gespür für das Jahr kriege.“ „Ein Gespür?“, fragte er Leila mit einem Lächeln und küsste sie nun auf die Stirn. Er ahnte, dass es jetzt etwas unangebracht war, sie auf die Lippen zu küssen, auch wenn sie verführerisch auf ihrer Unterlippe biss, was ihm nicht entgangen war. Er musste nicht lange überlegen, was in dem Jahr passiert war, als er geboren wurde. Es hatte ihn selber einmal sehr interessiert, deswegen erinnerte er sich noch sehr gut daran. „In diesem Jahr wurde der Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der Geistliche hatte sich Jahre zuvor päpstlichem Willen widersetzt und die Ehe von König Heinrich VIII. mit Katharina von Aragon als geschieden erklärt und dessen Ehe mit Anna Boleyn akzeptiert. Die Geschichte kennst du bestimmt oder?“ „Ja, ich habe das Buch gelesen und den Film gesehen“, antwortete sie grinsend und lehnte sich gegen seinen Oberkörper. „Lass mich mal überlegen, was noch passier ist.“ Er versuchte sich wirklich zu konzentrieren, was angesichts des süßen Dufts der von Leila kam, nicht so einfach war. Aber sie versuchte ihn zu verstehen, das alles zu akzeptieren, also sollte er es nicht gleich wieder kaputt machen. Ein Glück, dass er gar nicht wirklich nachdenken musste, bis ihm die nächste Sache einfiel. „Karl V. trat von all seinen Ämtern zurück und übergab das habsburgische Erbe seinem Sohn Philipp II. und das Heilige Römische Reich seinem jüngeren Bruder Ferdinand I. während er sich ins Kloster von Yuste in der spanischen Extremadura zurückzog.“ Leila reagierte nicht, deswegen sprach er direkt weiter: „Oh, das ist vielleicht etwas für dich: Georgius Agricola verfasst in Chemnitz das Werk De re metallica libri XII über die Chemie der Metalle.“ „Ich habe davon zwar noch nie gehört, aber es klingt interessant. Du weißt richtig viel über dieses Jahr. Selber viel davon mitbekommen hast du aber nicht, oder?“ „Nein, ich war ja noch ein Baby.“ Sie musste etwas schmunzeln, als sie sich Liam als Baby vorstellte. „Es gibt also bei Vampire auch so was wie Babys?“ Dieses Gespräch lief besser als er erhofft hatte. Dennoch fiel es ihm nicht so einfach. Es war schwierig die richtigen Worte zu finden um sie langsam in diese Welt, die ihr so fremd war hineinzubringen. Er wollte es einfach nicht noch mal vermasseln. „Ja, Leila. Ich war auch mal ein Baby gewesen. Genauso wie du.“ „Ich dachte Vampire werden durch einen Biss zu einem.“ Sie sah ihn fragend an. „Ich habe ja auch nur gesagt, dass ich das bin, was du einen Vampir nennen würdest. Ich habe nicht gesagt, dass ich der Beschreibung, die ihr dafür habt, komplett entspreche. Ich habe zum Beispiel kein Problem mit Weihwasser, Knoblauch oder christlichen Kreuzen. Außerdem verpuffe ich nicht zu Staub wenn ich ins Tageslicht gehe. Ich ernähre mich auch nicht nur von Blut, sondern auch von anderen Lebensmitteln.“ Auch wenn er das kaum tat. Blut langte meistens um ihn fit zu halten, deswegen hielt er sich meistens nur daran. Da Liam schon lange keine normalen Lebensmittel mehr gegessen hatte, war auch nichts im Haus gewesen, deswegen hatte seine Mutter auch einkaufen gehen müssen. Für Leila war es nicht leicht, jedem seiner Worte zu folgen. Es war interessant und sie wollte noch mehr hören, von ihm und von seiner Familie, von seinem Leben als Vampir. Sie freute sich sehr darüber, das Liam ihr soviel darüber erzählte. So langsam glaubte sie seinen Worten, zumindest akzeptierte sie diese. Verstehen war noch eine andere Sache. Dafür gab es einfach noch zu viele unbeantwortete Fragen. Ihre Augen wanderten von seinem Gesicht zu ihrer Hand, die auf seiner Brust lag, unbewusst war diese dort wohl hingewandert. Sie sah das Pflaster darauf und schon kam ihr eine Frage in den Kopf. „Liam, hat man mir während ich geschlafen habe, wieder eine Infusion gegeben?“ Er sah auf ihren Handrücken, die auf seiner Brust ruhte, nahm sie in die Hand und küsste sie auf das Pflaster. „Ich muss dir ehrlich gesagt noch mehr sagen.“ „Oh“, gab Leila nur von sich, als seine Lippen vom Pflaster zu ihren Fingern wanderte und er jede einzelne Fingerkuppel küsste. Es fühlte sich wundervoll an und in ihrem Bauch fing es an zu flattern. Sie hatte dieses Gefühl das letzte Mal vor sehr langer Zeit gespürt. Es fühlte sich einfach wundervoll an. Es kam ihr so vor, ein Summen zu hören, dass aus ihrem Inneren kam. Ein Summen, das einer fröhlichen Melodie gleich kam. Sie fühlte sich in Liams Nähe wirklich wohl. Sie schloss die Augen und kuschelte sich wieder an seine Brust, dabei rutschte sie etwas nach hinten um bequemer zu liegen. Liam legte wie automatisch den Arm um sie und hielt sie fest. „Ich fühle mich in deiner Nähe sehr wohl, Liam“, gab sie flüsternd zu und hatte das Pflaster vollkommen vergessen. „Das freut mich.“ Es freute ihn wirklich. Sie war ehrlich, deswegen wusste er, dass ihre Worte nicht gelogen waren. Er griff nach der Wolldecke, welche über der Lehne lag, zog sie zu sich und legte sie über Leila. Sie hatte die Augen geschlossen und fühlte sich bei ihm sehr wohl. Liam fand diese Situation sehr schön, es war ein wundervolles Gefühl Leila in seinen Armen zu haben und zu sehen zu können, wie sie langsam in den Schlaf dämmerte. Er konnte ihr alles auch noch später erklären, nun sollte sie sich erst mal ausruhen. „Ich bin müde. Es tut mir Leid.“ Liam musste über diese Entschuldigung lachen. Er fand sie einfach süß und dass sie sich dafür entschuldigte, dass sie müde war, sorgte nicht gerade dafür, dass er von dieser Überzeugung abwich. Sie war eine wundervolle Person und er mochte sie sehr. Ja, dessen war er sich inzwischen nur zu genau bewusst. Er mochte ihr Lachen und das Glitzern in ihren Augen, ihre impulsive Art und wie sie nun so friedlich neben ihm liegen konnte, ihre Klugheit genauso wie ihre Sturheit. Der Hausherr küsste Leila auf den Haarschopf und ließ sie an seiner Brust weiter einnicken. Er hatte nicht vor sich auch nur einen Zentimeter von ihr zu rühren, sich von der Stelle zu bewegen. Irgendetwas in ihm befahl ihm einfach, dass er diesen Platz nie wieder verließ. Besser gesagt, den Platz an ihrer Seite. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)