Emerald von Akahoshi (Akuroku, RikuSora) ================================================================================ Kapitel 2: Nice to meet you --------------------------- Wenn man in dem richtigen Bezirk wohnte, so wurde es niemals Nacht. Die leuchtenden Schilder, die blinkende Reklame, die laute Musik der Kneipen. Es wurde nicht dunkel und es wurde nicht Still. Nie. Doch als ich Naminés blasse Hand unter dem schwarzen Stoff, den die Ermittler über ihre Leiche ausgebreitet hatten, heraushängen sah, verlor die Welt mit einem Schlag ihre Lebendigkeit und das beschäftigte Gebrumme, Gehupe und Geplapper verstummte. Ihre langen Finger hingen schlapp hinab, der durchsichtige Nagellack glänzte im Licht der Scheinwerfer und ein einzelner Tropfen Blut rann an ihrem kleinen Finger hinab. Schwarz wie Ebenholz, weiß wie Schnee und rot wie Blut, kam es mir in den Sinn. Ein Beamter diskutierte wild mit einem angetrunkenen Mann, der gemeint hatte den Täter gesehen zu haben, sich aber nicht mehr sicher war, wie er ausgesehen hatte. Abwesend hob ich das Absperrband an, sodass ich locker darunter hindurchschlüpfen konnte und ging langsam auf den leblosen Körper zu. Niemand bemerkte mich, die Polizei war damit beschäftigt die Zeugen zu befragen. Starr starrte ich auf das schwarze Bündel hinab, kniete mich vorsichtig in die rote Pfütze und packte den Stoff. „Hey! Es ist niemandem gestattet den abgesperrten Bereich zu betreten!“, schrie jemand hinter mir, der wohl bemerkt hatte, dass ich die Regeln verletzt hatte. Während seine festen Schritte lauter wurden, riss ich das Tuch von dem Gesicht unseres einzigen weiblichen Mitgliedes: Sie starrte mit trüben Augen gen Himmel, die Lippen blau und leicht geöffnet, als wollte sie einen erschreckten Laut von sich geben. Vorsichtig strich ich ihr das blonde Haar aus Augen und Stirn um ihre Schläfen betrachten zu können. Tatsächlich. Ein langer Schnitt verunstaltete Naminés weiche Züge, wenn sie noch am Leben gewesen wäre und die Wunde ausgeheilt wäre, dann wäre auch die gleiche Narbe wie bei den Straßenkötern entstanden. Ein Polizist packte mich fest am Arm und zog mich mit einer rustikalen Bewegung auf die Beine. Während er mich von der Leiche fortzerrte brummte er ein barsch klingendes Kauderwelsch vor sich hin, von dem ich einzelne Wortfetzen wie ‚Spurensicherung’, ‚verwischen’ und ‚unvernünftig’ aufnahm. Ich würde ihnen nicht sagen, wer der Mörder war. Die Polizei hatte eh keine Chance gegen dieses hinterhältige Pack von verwesenden Straßenkötern. Außerdem war es unsere Aufgabe Rache zu üben, nicht die der Polizei. Scheiße! Scheiße, scheiße, scheiße, scheiße, scheiße! Gefickte Scheiße, verdammte Scheiße, verfluchte Scheiße und heilige Scheiße!! Moment, Scheiße konnte nicht heilig sein… Zumindest hatte ich noch nie einen Pfarrer gesehen, der Scheiße gesegnet hatte… EGAL!! Ich überschlug mich fast als ich mit einem Affenzahn die Rampe emporschoss, absprang und über die Mauer flog. Meine Füße kamen mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden auf und ein stechender Schmerz zog sich durch meine Knochen die Waden empor. FUCK! In einem irrsinnigen Tempo hatte ich mich aufgerichtet, ignorierte den brennenden Schmerz und stolperte weiter, das blutige Messer in meiner verkrampften Hand und das unstetige Atmen meines Verfolgers im Ohr. Im Nacken. Ich spürte den heißen Atem schon fast auf meiner Haut. Der Tod spielte Katz und Maus. Allein die Panik in mir ließ mich rennen, als wäre ich eine Kreuzung aus Marathon- und Kurzstreckenläufer, muskelnbepackt ohne ende und ausdauernd wie… ja keine Ahnung was! Es war egal! Ich musste rennen!! Cifer jagte mich durch die Gassen, ließ mich zackige Bögen schlagen, ließ mir keine Pause. Weil ich Naminé umgebracht hatte. Horror kochte in mir hoch und überschwemmte meine Gedanken wie eine heiße, schwarze, blubbernd brodelnde Masse aus dem Kessel einer alten Hexe. Vernebelt durch Erinnerungen an das Blutbad stürzte ich zu Boden, rollte mich auf den Rücken und wich so dem tödlichen Messerstich Cifers aus. Sein Knie rammte in meinen Magen, sodass meine Muskeln verkrampften und mein Oberkörper nach vorn ruckte, ehe mich Cifer mit seiner freien Hand am Hals packte, auf das Pflaster zurückpresste. Die Klinge seines Messers hatte sich durch den Spalt zwischen den Steinen in den lehmigen Boden gegraben. Die rauen Hände kratzten auf meiner Haut als er langsam die lebensnotwendige Luftröhre zusammenquetschte und mir damit die Sauerstoffzufuhr abschnitt. Würgend und gurgelnd packte ich sein Handgelenk, realisierte erst, als es schon fast zu spät war, dass ich ebenfalls ein Messer zur Hand hatte, und rammte dieses in seinen Unterarm. Gequält schrie er auf als das Metall durch seine Haut glitt, Sehnen und Nerven durchtrennte. Rasch zog ich mein Bein an und stieß den Älteren unter großen Mühen von mir runter, sodass er auf den kalten Steinen landete, seine Hand um die Verletzung geschlungen und vor Schmerz keuchend. Ehe er sich dem Schock entziehen konnte, war ich schon verschwunden und hechtete atemlos durch die Gassen. Bei Axels haarigem, widerlichem Arsch, ich hatte es geschafft! Hayner, wer nicht wenn du? Stolz verringerte ich mein Tempo und schritt durch die stinkenden Gassen. Obwohl mein Herz noch raste und ich kaum Luft bekam, weil ich so schnell gerannt war, fühlte ich den Triumph, die Überlegenheit, fühlte mich besser. Doch dieses Gefühl würde sich schon bald legen und an seine Stelle würde die erdrückende Gewissheit treten, einen Menschen umgebracht zu haben. Meine Augen schweiften über den Asphalt, auf der Suche nach einem sicheren Schlafplatz, obwohl ich genau wusste, dass ich nie wieder ein Auge zumachen würde. Der Morgen war kühl, feucht und grau. So wie jeder Morgen. Der Tau lag in winzigen Tropfen auf der Fließdecke, in die ich eingerollt war. Meine Augen waren verklebt, weshalb es einige Minuten dauerte, bis ich sie frei gerieben hatte und die Kondensschwaden des Wassers betrachten konnte. Durchsichtig wie Geister wabberte der Nebel um die blauschwarzen Laternen, über das Pflaster, über die sanft schwingenden Grashalme, dämpfte jedes Geräusch und ließ den Morgen ruhig und friedlich erscheinen. Ächzend richtete ich mich auf und fuhr mit meinen steifen Fingern durch das nasse, strubbelig abstehende Haar und blickte mürrisch zum Horizont. Ich hatte am Fluss übernachtet, im vergilbten Gras, und betrachtete nun die Autobahnbrücke, die in der Ferne die beiden wichtigsten Stadteile miteinander verband. Das Motorengeratter und Rauschen der Fahrzeuge reichte nicht bis an meine Ohren. Sora schlief wahrscheinlich noch am Spielplatz, doch wo sich Hayner herumtrieb, das wusste ich nicht. Widerwillig streifte ich die wärmende Decke von meinen Beinen und befahl meinen klammen Gelenken sich in Bewegung zu setzen, damit ich hinunter ans Ufer gehen konnte um mir das Gesicht zu waschen. Starr wie ein Roboter machte ich mich auf den Weg, doch ich sollte niemals das Wasser erreichen. Etwas Hartes knallte gegen meine Schädeldecke, der Schmerz malte schwarze Schleier vor meine Augen, ließ meine Knie weich werden und ich sackte zu Boden. Das nächste, was ich sah als ich meine schweren Lider wieder anhob, war ein abgedunkelter Raum, dessen schwere, rote Vorhänge vor den Fenstern das kalte Morgenlicht verbannten. Mein Hinterkopf dröhnte, als hätte jemand mit einem Presslufthammer versucht die harte Schädelwand zu öffnen um in meinen Kopf sehen zu können. Träge schaute ich mich in dem Zimmer um und bemerkt erst nach wenigen Augenblicken, dass ich gefesselt auf dem Boden einer gemütlich eingerichteten Stube saß. Gefesselt, an etwas Warmes, Weiches. Mit dieser Erkenntnis war jegliche Schlaftrunkenheit verschwunden. Mein Kopf ruckte herum, meine Augen scannten die schlaffen Körper, die an mich gebunden waren. Sora. Hayner. Verdammt! Ich bäumte mich auf, zerrte und zog an den rauen Seilen, sodass sie mir tief ins Fleisch schnitten, strampelte und fluchte, doch es nütze nichts. „Aber Roxas.“ Das triefende Säuseln schnitt mir meine Verwünschungen ab, trocknete meinen Hals aus und weitete meine Augen, sodass die blauen Iriden von weiß umrandet waren. Ich musste mich nicht zwingen meinen Blick starr auf die dunkelroten Vorhänge zu heften und Axel nicht anzuschauen, seine Präsenz war so widerwärtig, dass ich keine Sekunde das Verlangen hatte, ihm in die smaragdgrünen Augen zu sehen. Der Rothaarige lehnte im Türrahmen und flötete weiter: „Es ziemt sich nicht solche schmutzigen Ausdrücke in den Mund zu nehmen. Vor allem nicht, wenn du zu besuch bei ‚Freunden’ bist.“ Verbissen starrte ich auf den roten Stoff, zuckte allerdings leicht zusammen, als sich etwas an meinem Rücken regte. Sora hob seinen Kopf an, spähte durch seine halb geschlossenen Augen Richtung Axel und murmelte abwesend ein paar Worte vor sich hin, die ich nicht verstehen konnte. „Sora“, wisperte ich so ruhig wie es meine angespannten Nerven erlaubten „du träumst ein bisschen. Mach die Augen wieder zu und denk an was Schönes.“ Der Braunhaarige war grade dabei meinen Rat zu befolgen, als Axels gellendes Lachen ihn ganz und gar aus seinem benebelten Zustand riss. „Guten Morgen, meine kleine Heulsuse, na wie geht’s denn deinem Schwesterlein, habt ihr sie schon auf der Müllhalde verscharrt?“ Ich versuchte meine aufkommende Wut zu unterdrücken. Ja nicht auf Provokationen eingehen, lautete die Devise, doch Sora, mit seinen unkontrollierbaren Emotionen und seinem fehlenden Verstand, schmiss seinen Oberkörper nach vorne, streckte sich Axel entgegen und schrie ihm abertausend Dinge entgegen, die in dem lauten Lachen des Rothaarigen untergingen. Da es nun eh zu spät war, wollte auch ich eine verbale Attacke auf den Grünäugigen loslassen, wurde jedoch von einer rauen Stimme unterbrochen: „Na, habt ihr schon Naminé entsorgt?“ Hayner hörte sich an als hätte er sich erkältet, als die zynischen Worte zwischen seinen Zähnen hindurchgepresst wurden und Axels Gelächter mit einem Schlag verstummte. Ich konnte fühlen wie sich ein schäbiges Grinsen auf Hayners Lippen ausbreitete. Aber ich bemerkte auch, wie sein Herz in Reue schneller schlug. Mit einem Schnippen erschienen zwei weitere Gestalten neben Axel im Türrahmen. Ich bemerkte sie aus dem Augenwinkel heraus. Aller Wahrscheinlichkeit nach Riku und Cifer. Sora wurde plötzlich stocksteif. Er hielt die Luft an, wahrscheinlich war er grade käsebleich. Kein Wunder, er sah dem Mörder seiner Schwester in die Augen. „Wieso habt ihr sie getötet?“, knurrte Rikus tiefe Stimme und ließ die Luft im Raum vibrieren. „Weil ihr Kairi ermordet habt!“, zischte ich zurück. „Das haben wir nur getan weil ihr Cloud abschlachten musstet!“ „Verdammt!“ ich konnte mich nicht mehr halten und brüllte los. „Wir haben niemanden abgeschlachtet! Cloud und Leon haben sich GEMEINSAM entschieden ihrem Leben ein Ende zu bereiten!!“ Diesmal war ich es, der sich nach vorn warf und rasend vor Wut in die Iriden des Rothaarigen starrte. Das Grün in seinen Augen machte mich noch wütender. „Cloud hat es dir vielleicht nicht erzählt, weil er dir kein Bisschen vertraut hat, aber er und Leon, sie waren Freunde, Geliebte! Sie wollten nicht dass wir uns bekämpfen, sie wollten uns einander näher bringen und sind daran verzweifelt!!“ Während ich brüllte flog Speichel aus meinem Mund und benetzte den weißen Teppich, auf dem wir saßen. Es kümmerte mich nicht, ich ertrank in meiner Raserei. Plötzlich hörte ich wie ein Seil riss. Es war ein scharfes Geräusch und dann ein leises Ploppen, irgendwer hatte ein Messer bei sich gehabt. Hayner hatte ein Messer bei sich gehabt. In stillem Einverständnis blieben wir regungslos sitzen und taten so, als wären wir noch immer aneinander gebunden. Die Snobs hatten es nicht bemerkt. Vorsichtig schob mir Hayner seinen Schlagring in die Hand, die Axel, Riku und Cifer von der Tür aus nicht sehen konnten. Wieder einmal war ich glückselig, dass der Blonde mit den nach hinten gegeelten Haaren seine kleine Waffenkammer in seiner schmutzigen Weste verstaute. Angeregt durch mein Gebrüll, kam der Leader der Truppe auf mich zu, kniete sich vor mich und kniff mir mit einem zuckersüßen Lächeln in die Wange. Seine gepflegten Fingernägel bohrten sich in mein Fleisch, ich spürte wie sie durch die Haut drangen und sich die Hitze der Verletzung ausbreitete. Dann holte ich aus. Hayner und Sora sprangen auf. Ein klickendes Geräusch signalisierte mir, dass einer von beiden eine Pistole entschärft hatte, ein weiteres Klicken bedeutete mir, dass jemand sein Klappmesser geöffnet hatte. Axel sackte bewusstlos zusammen, als der kalte Stahl gegen seinen Unterkiefer geschmettert wurde. Mir wurde schlecht als die Knochen des Grünäugigen brachen und sich sein Gesicht bizarr verformte. Zertrümmert, dachte ich, sprang auf und machte einen Satz zur Seite, als der Braunhaarige einen Schuss abfeuerte. Die Pistole hatte keinen Schalldämpfer und wir hatten keine Oropax die uns vor Hörschäden bewahrt hätten. Der zerreißende Schmerz in meinen Ohren ließ mich taumeln, meine Sicht verschwamm kurzeitig und ich blickte zu Sora hinüber. Mein Körper bebte, war außer Kontrolle. Es schüttelte mich, hüllte mich in eiserne Kälte und raubte mir jede Hoffnung. Rikus blaugrüne Augen. Ich bemerkte erst, dass ich geschossen hatte, als sich der Schmerz in mein Trommelfell bohrte. Trotzdem schoss ich noch einmal. Roxas neben mir taumelte, wirbelte zu mir herum und versuchte die Pistole zu packen. In seinem Schwindelanfall griff er daneben. Sein Arm glitt vor die Pistole, als ich ein drittes Mal abfeuerte. Die Kugel bohrte sich in wenigen Sekunden durch das Fleisch meines besten Freundes. Ich sah wie das Blut spritzte. Ich sah Roxas fassungslosen Gesichtsausdruck und wusste, dass es sein Ende bedeuten könnte. ________________________ Hallo :3 Danke für die lieben kommis, ich hoffe, dass es euch weiterhin gefällt x3 *kekse hinstell* viele liebe grüße aka :3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)