Deidaras Kunst von astala7 (Fortsetzung zu "Sasoris Kunst") ================================================================================ Prolog: Schlachtfeld -------------------- Wenn es regnet, beginnt Metall nach einer Weile zu rosten. Der Regen ist es auch, der nasses Holz verfaulen lässt. Die Natur holt sich so das zurück, was der Mensch ihr einst genommen hat. Bevor das Holz aber verfault und bröckelig gewordenes Metall zu Staub zerfällt, fängt es an zu knacken. Kleine Erschütterungen können das morsche Holz zum Knarren bringen. Es waren diese Geräusche, die das monotone Fallen der Regentropfen auf den Erdboden als einzige durchdrangen. Aber sie waren nicht das Ergebnis der Zeit und der Feuchtigkeit, die an den über 100 hölzernen Kampfpuppen nagte, die dort in der Einsenkung beim Fluss vergessen und zurückgelassen worden waren. Das Holz brach nicht, weil es morsch war. Metall scharrte über Metall, ohne dass die Bewegung natürlichen Ursprungs war. Die Puppen lagen noch nicht lange dort. Es war erst ein Tag vergangen, seit sie ihren letzten großen Auftritt gehabt hatten. Das Geräusch stammte von Schritten. Schwere, traurige Schritte, die auf dem kreisrunden Platz nach irgendeiner Art von Lebenszeichen suchten. Ein durchnässter, schwarzer Mantel mit rotem Wolkenmuster darauf hing steif und schwer vom Regen von einer hochgewachsenen Gestalt herunter. Nasse blonde Haare umrahmten ein schmal geschnittenes Gesicht mit einem strahlend blauen Auge und einem, das hinter einer technischen Vorrichtung verborgen war. Es war Deidara, Mitglied der Verbrechnerorganisation Akatsuki und Spezialist für Bomben. Und es war der Teampartner Sasori no Akasunas. Hier, auf diesem Schlachtfeld, hatte sein Meister seinen letzten Kampf gefochten. Seine Puppen waren besiegt, genau wie er selbst. Sasori war tot. Und er hatte nicht einen einzigen von seinen Feinden mit sich ins Jenseits genommen. Geschlagen von einer alten Hexe und einem jungen Gör. Deidara reckte den Kopf in den Himmel und ließ sich den Regen ins Gesicht fallen. Seine Mission hatte er erledigt. Der Jinchuuriki war gefangen, der Dämon aus ihm entfernt. Ihr Auftrag erledigt. Aber um welchen Preis! Der Iwa-nin konnte es noch immer nicht so recht glauben. Wie hatte sich Sasori so einfach besiegen lassen können? Es war schlichtweg unmöglich. Das war keine Untertreibung. Deidara kannte seinen Partner gut. Gegen diese beiden Frauen hätte er nicht verlieren dürfen. Es war keine Arroganz, die da aus ihm sprach und auch nicht die Verzweiflung und Trauer über den Verlust des Rothaarigen, für den er seit einiger Zeit weitaus intimere Gefühle zu hegen begonnen hatte. Es war eine Tatsache. Sasori konnte nicht so einfach gestorben sein. Er war zu stark. Etwas musste ihn gestört haben. Verwirrt. Aus der Konzentration gebracht. Oder vielleicht hatte er das sogar geplant. Vielleicht hatte er etwas mit seinem Tod bezwecken wollen. Oder war das nur Einbildung? Weigerte sich Deidara einfach nur aus Trotz, anzunehmen, dass sein Meister, den er immer so verehrt, den er bewundert, respektiert, gehasst und gefürchtet, dem er vertraut, den er verflucht und geliebt hatte, dass diese Person einen so erbärmlichen Tod gestorben war? War er so betroffen, dass er nicht mehr rational beurteilen konnte, was hier wirklich geschehen war? Nein. Nein, es war Deidaras besondere Fähigkeit, auch unter größten Schmerzen noch klar denken zu können. Und die Schmerzen, die jetzt sein Herz zerrissen, waren so riesig, dass er wohl verrückt geworden wäre, hätte er diese Fähigkeit nicht gehabt. Sasori hatte seinen Tod gewünscht. Vielleicht nicht geplant, vielleicht nicht berechnet. Aber Deidara war sich sicher, dass der Suna-nin ihn hätte verhindern können, hätte er den nötigen Willen dafür gehabt. Doch den hatte er nicht gehabt. Nun war er tot. Und Deidara war allein. Der Akatsuki ließ seinen Blick schweifen, bis er schließlich zwischen all den zerstörten Puppen eine rothaarigen Gestalt entdeckte. Kurz stockte ihm der Atem. War das Sasori? Er beschleunigte seine Schritte und die letzten Meter rannte er sogar. Nun stand er vor einer Felswand. Dort bot sich ihm ein grausiges Bild. Ja, es war Sasori. Sein Oberkörper war entblößt, das Stahlseil hing schlaff neben dem künstlichen Körper, den er sich geschaffen hatte, herab. Viel mehr konnte man von ihm nicht erkennen, denn ein riesiger, runder Gegenstand, der an den Kopf eines gezähnten Ungeheuers erinnerte, nagelte seinen Meister an die Wand. Deidara taumelte noch einige Schritte näher. Er spürte, wie etwas in ihm hochkommen wollte. Sein Magen verkrampfte sich und er erkannte mit Schrecken, dass er den Tränen nahe war. Vorsichtig hob er die Hand und fuhr damit an Sasoris Gesicht entlang. Leblos gab sein Kopf den Bewegungen nach. Doch dann fiel dem Explosionsfanatiker etwas auf: Die Augenhöhlen des Marionettenspielers waren leer. Auch die Stelle an seiner Brust, wo normalerweise ein kreisrundes Etwas mit dem Schriftzeichen für Skorpion zu sehen war, ersetzte nun ein schwarzes Loch, durch das man vage noch in den hohlen Körper hinein sehen konnte. Dieser Körper war nicht lebendig – aber er war auch nicht gestorben. Er war einfach nur verlassen. Konnte der Akasuna etwa seinen Körper verlassen? Einmal hatte er ihm doch gesagt, dass er selbst noch einen menschlichen Kern besaß, den er brauchte, um sein Chakra zu produzieren. Ließ sich dieser Kern etwa herausnehmen? Gar in eine andere Puppe überführen? Und war es dann möglich (Deidaras Herz schlug bei diesen Gedanken immer höher), dass Sasori noch am Leben war? Deidara wirbelte herum. Zum Glück hatte er erst vor kurzem Zetsu getroffen, der ihm seine beiden Arme, die ihm während der Mission abgerissen worden waren, notdürftig wieder am Körper befestigt hatte. Nur solange, bis er auf Kakuzu traf, der sie besser mit seinem Körper würde verbinden können. Beide Arme schmerzten höllisch und er konnte sie mehr schlecht als recht bewegen. Aber er konnte Schmerz gut aushalten. Mühsam zwang er seine zerrissenen Muskeln sich zu bewegen. Er hob die Hand zu der technischen Vorrichtung an seinem einen Auge und begann dort an den Knöpfen und Rädchen herum zu werkeln. Nun konnte er den Platz vor sich genaustes untersuchen und auch an ferne Orte heran zoomen. Er wusste nicht genau, wonach er suchte, aber irgendwann hatte er es gefunden. Eine Blutlache. Sasoris Gift brauchte nur sehr wenig Zeit, um sich im Körper zu verteilen und war dann sofort tödlich. Meist reichte schon ein kleiner Kratzer seiner vergifteten Klingen aus, um seinen Gegner unschädlich zu machen. Aber sowohl die alte Hexe als auch das Gör waren lebend davon gekommen. Von wem stammte dann das Blut? Deidara eilte zu der Stelle hinüber, die nicht sehr weit entfernt war. Dort lagen keine menschlichen Leichen, doch die Formation der zerstörten Puppen ließ ihn aufmerksam werden. Einige weißgewandete Marionetten schienen einen Strahl von Schriftzeichen ausgespien zu haben, die ein Muster bildeten, in dessen Mitte drei weitere Kampfpuppen lagen. Zwei davon hatten rote Haare. Der Iwa-nin drehte die am Boden liegenden Marionetten um. So konnte er jetzt sehen, dass die mittlere von ihnen zwar eindeutig nur eine von vielen Meisterwerken seines Dannas war, sie jedoch gezielt von den anderen angegriffen worden sein musste. Zwei Schwerter durchbohrten seine Brust, auf der das selbe Bildnis wie auf Sasoris zu sehen war. Das Blut tropfte daraus hervor. Es bestand nun kein Zweifel mehr. Sasori war in Bedrängnis geraten und hatte sich in eine seiner vielen Puppen flüchten müssen. In dem neuen Körper hatte er vermutlich seine 100 Puppen nicht mehr gleichzeitig lenken können und war selbst zum Angriff über gegangen, anstatt zu fliehen. Aber die Formation um ihm herum... Sie war so offensichtlich. Deidara konnte sich nicht vorstellen, dass Sasori das nicht gesehen hatte. Er hätte doch einfach nur ausweichen müssen! Der Blonde sank vor den drei Puppen auf die Knie und gab sich für einen Moment still seiner Trauer um seinen Teamkameraden hin. Warum hatte Sasori sterben müssen? War es vielleicht Deidaras eigene Schuld gewesen? Schließlich war es zwischen ihnen in letzter Zeit nicht immer ganz so gut gelaufen. Der Suna-nin hatte von den Gefühlen erfahren, die er für ihn zu hegen begonnen hatte, und er hatte ihn abgewiesen. Das hätte er eigentlich voraussehen müssen. Trotzdem hatte er sich ihm immer wieder aufgedrängt, hatte Hoffnung geschöpft aus kleinen Momenten der Schwäche seines Dannas. Manchmal hatte es wirklich so ausgesehen, als wollte er es auch, aber irgendetwas hinderte ihn daran. Doch warum das so war, hatte der Rothaarige ihm nie gesagt. Seit dieser einen Nacht in der Höhle hatten sie kein längeres Gespräch mehr miteinander geführt, sah man von ihren Streitereien über Kunst einmal ab. Er hatte nie gewusst, was wirklich in seinem Meister vorging... Nun war er tot und er würde es nie erfahren. Deidara wünschte sich, er wäre an seiner Stelle. Der Blonde fuhr abermals mit der Hand über das Gesicht seines Partners. Diesmal waren die Augen der Puppe geschlossen. Seine Finger wanderten weiter zu der Brust des Anderen und verweilten schließlich dort, wo die Schwerter seinen menschlichen Kern zerstört hatten. Sie färbten sich rot von seinem Blut. Deidara spürte den Verlust schwer an sich nagen. Er hatte sich oft mit dem Marionettenspieler gestritten und ihn eigentlich nie sonderlich gemocht. Doch auf ihrer letzten Mission, wo sie Informationen über einen Bijuu sammeln sollten, da hatte Sasori seine Puppe Hiroku, in der er sich normalerweise verbarg, nicht mitgenommen, um in der großen Stadt nicht aufzufallen. Da hatte irgendwie alles seinen Anfang genommen. Dass Sasori die ganze Zeit in seiner jugendlichen, rothaarigen, scheinbar harmlosen Gestalt verweilte, hatte Auswirkungen auf Deidaras Verhalten ihm gegenüber gehabt und so natürlich auch auf Sasoris. Und ja, irgendwann im Laufe dieser Mission musste der Iwa-nin sich in ihn verliebt haben. Deidaras Hand auf der Brust seines toten Kameraden zitterte. Was war das für eine Kälte, die da auf ihn über zu gehen schien? Kam sie vom starren Körper neben ihm, oder vom prasselnden Regen? Er wusste es nicht. Aber er war froh über den Regen. Im Regen sah niemand seine Tränen. Ein weiteres Zittern ging durch seine Hand. Verwirrt starrte der Iwa-nin darauf. Hatte er seinen Körper so wenig unter Kontrolle, dass er in merkwürdigen Zuckungen auslief? Er hob die Hand wieder von dem Körper und stellte fest, dass sie nun gar nicht mehr zitterte. Mit großen Augen sah Deidara auf den durchbohrten, fleischlichen Teil seines Meisters. Wenn nicht er selbst es war, der da zitterte... Konnte es sein... dass er soeben einen Herzschlag gespürt hatte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)