Christopher und Ich von SummoningIsis ================================================================================ Kapitel 44: 44 -------------- 44 Frank schleppt mich nach der Uni in den neuen Cocktailladen in der Nähe des Hauptbahnhofes und ich bin froh, dass Christopher meine Wangen gestern ausreichend mit abschwellender Salbe behandelt hat. Weder meine Kommilitonen noch mein alter Schulfreund können heute auch nur erahnen, dass mein Freund mich am Vortag so heftig ins Gesicht geschlagen hat – und somit kann dieses Treffen, dem ich regelrecht entgegengefiebert habe, auch stattfinden: Frank will mir heute endlich seine neue Freundin vorstellen und ich kann das kaum erwarten.   Im Gegensatz zu seiner damaligen unterbelichteten Partnerin Sarah ist seine neue Flamme pünktlich. Die Bedienung hat es noch nicht einmal geschafft, uns nach der herzlichen Begrüßung die Karte mit den Drinks zu bringen, da steht Lisa schon an unserem Tisch und Frank springt begeistert auf, nimmt sie mit einem schüchternen Kuss auf den Mund in Empfang und ich schwöre: beide laufen dabei ein wenig rot an.   Ob Christopher und ich auf andere in unserer Anfangszeit auch so verknallt gewirkt haben?   „Hi, ich bin Lisa, Franks Freundin“, stellt sich die junge Frau gar stolz vor und ihr Handschlag ist fest. Sie hat schulterlanges, naturrotes Haar und ihr Gesicht ist voller Sommersprossen, die kein Makel sind, sondern ihre Schönheit unterstreichen. Sie trägt kein Make-up, hat sich offensichtlich nur die Wimpern etwas getuscht, aber mehr braucht sie meiner Meinung auch nicht. Sie ist schlank, oder eher gesagt sportlich, und hat ein ansteckendes, natürliches Lachen. Sie ist furchtbar nett, ohne aufgesetzt zu wirken und erscheint mir gebildet, ohne sich darauf etwas einzubilden.   Wir trinken einen Mai Tai und sprechen über die hässlichen Räumlichkeiten der Uni – Lisa studiert Deutsch und Englisch auf Lehramt – und den seltsamen Flashmob, den der Asta vergangene Woche organisiert hat, der aussah wie eine Mischung aus Yoga und Ausdruckstanz zu seltsamen indischen Klängen und dessen Hintergrund wir noch immer nicht so ganz kapiert haben. „Lisa steht übrigens auch auf Horrorfilme“, verrät Frank plötzlich – und dann sind wir nicht mehr zu bremsen. Es ist ein schönes, lockeres Gespräch, das wir hier führen. Ich bin sofort warm geworden mit Lisa und sie offenbar auch mit mir. Doch eine Sache bringt mich bei unserem netten Plausch fast um den Verstand – und sie hat nicht direkt mit der Herzdame von Frank zu tun.   So angenehm unsere Konversation auch ist, bin ich doch die ganze Zeit etwas angespannt. Zum einen, weil Sitzen mir immer noch nicht wirklich leicht fällt und ich mein Gewicht ständig von einer Seite auf die andere Seite verlagern muss, um es wirklich auszuhalten, und zum anderen, weil ich bei jeder dieser Bewegungen die Strapse unter meiner Hose spüre, die leicht verrutschen, sowie die dünnen knielangen Strümpfe, die von ihnen in Position gehalten werden und sich seltsam an meiner Haut anfühlen.   Der Gedanke daran, dass ich diese peinliche Unterwäsche in einem öffentlichen Raum trage – und dann noch in Begleitung von Menschen, die ich kenne – ist furchtbar aufregend und macht mich ziemlich nervös. Insbesondere, als ich zur Toilette gehe und Dank des Automatismus meines Körpers oder Hirns zunächst das Pissoir ansteuere, um mich dann sofort auszubremsen und in eine der Kabinen zu huschen.   Ich frage mich, was wohl Franks Reaktion wäre, würde er mich in den Strapsen sehen. Kaum habe ich diesen Gedanken in meinem Inneren formuliert, läuft es mir eiskalt den Rücken runter und etwas zieht sich unschön in meiner Brust zusammen. Ich bin sicher, dass ich nun rot anlaufe.   Das wäre so unheimlich peinlich… Das darf einfach niemals passieren.   Als ich zum Tisch zurückkehre sammelt die Bedienung unsere leeren Gläser ein und wir bestellen eine weitere Runde. Lisa erzählt etwas von ihrer Katze Ruby, als mein Handy vibriert. „Sind die Cocktails in der Lemon Lounge wirklich so gut wie die Google-Bewertungen suggerieren?“, fragt mich mein Freund in einer Textnachricht, und ich bin im ersten Moment perplex, dass er weiß, wo wir sind. Den Namen der Bar hatte ich ihm nämlich noch gar nicht genannt, weil Frank mich mit dem Besuch ja überrascht hat und ich noch gar nicht dazu gekommen bin, Christopher meinen Aufenthaltsort mitzuteilen; und dann fällt es mir wieder ein: die GPS-Überwachung.   Ich muss grinsen und antworte gehorsam, dass der Mai Tai hervorragend schmeckt. Dann kribbelt es regelrecht in meinen Fingern, als ich meinen Herren frage: „Wie viele Cocktails darf ich heute eigentlich trinken?“   Christopher braucht nicht lange, um mir zu antworten. „Einen, Niko.“   Mein Herz beschleunigt sein Klopfen. „…hab aber gerade schon den zweiten bestellt…“   „Dann stornierst du diese Bestellung, überlässt ihn Frank oder lässt den Drink unangerührt stehen.“   Diese Situation, in die mein Master mich manövriert hat, ist eine etwas Heikle, denn natürlich werden Frank und Lisa irritiert sein, egal, welche dieser Optionen ich wähle. Schließlich habe ich das weitere Getränk eben euphorisch geordert. Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera, die Christopher mir lässt – und das weiß er. Allerdings hätte ich ihn ja auch vor dem Ausflug in die Bar fragen können, wie viele Drinks ich mir genehmigen darf. Und habe ich das getan? Nein. Jetzt habe ich also den Salat…   Mit was für einer Erklärung kann ich überhaupt um die Ecke kommen, frage ich mich, als ich zum Tresen blicke und erkennen kann, dass unsere Getränke bereits in der Mache sind. Option eins ist somit vom Tisch. Höchstwahrscheinlich hätte ich mich aber sowieso nicht für jene Variante entschieden, weil sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und mich umgehend in Erklärungsnot bringen würde.   Mein alter Schulfreund erzählt etwas von seinem Studium, und ich wäge meine weiteren Möglichkeiten ab. Die unausgesprochene Option wäre, meinen beiden Abendkameraden wahrheitsgemäß zu erklären, dass mein Freund mir den zweiten Cocktail verboten hat. Aber was wäre wohl die Reaktion darauf? Empörung, Unglaube und Wut auf Christopher? Ohne weit auszuholen und die Natur unseres Zusammenseins zu erklären – wahrscheinlich. Und dies zu tun steht nun mal außer Frage. Die Drinks wandern auf unseren Tisch und die Bedienung füllt die kleine Snackschüssel mit neuen Erdnüssen. Die Strapse fühlen sich seltsam an meiner Haut an und ich frage mich, ob man mir ansieht, wie unangenehm mir das Ganze momentan ist.   Während unserer folgenden Konversationen nippe ich nur ein paar Mal an meinem Getränk, sodass es nicht sofort auffällt, dass ich nicht mehr weitertrinken will, und lasse es dann irgendwann einfach unkommentiert auf dem Tisch stehen. Frank und Lisa haben ihren Cocktail fast leer, als mein Schulfreund mich schließlich etwas irritiert fragt, ob etwas mit meinem nicht stimme. Schließlich ist mein Glas im Grunde genommen noch voll. Ich zucke mit den Schultern. „Irgendwie macht mein Magen das plötzlich nicht mehr mit“, lüge ich, und das Konstrukt wird von den beiden angenommen. Frank schnappt sich mein Glas, um es zu letztendlich statt meiner zu leeren.   Als ich mich dann zeitnah verabschiede, ist das Power-Pärchen ziemlich enttäuscht. Aber sie wissen ja auch nicht, dass mein Master mir eine Deadline gesetzt hat, und dass es beim Nichteinhalten unangenehme Konsequenzen für mich geben würde…   Ich spüre beinahe schon einen Schub Euphorie, als ich auf die Minute genau die Tür aufschließe und unsere Wohnung betrete. Christopher wartet bereits auf mich, hat wahrscheinlich per App meinen Nachhausweg verfolgt, lehnt lässig an der Wand im Flur, die Arme vor der Brust verschränkt. Hält den Kopf schief und beobachtet mich, während ich mich meiner ganzen Kleidung entledige. Als ich die Strapse lösen will, hält mein Master mich auf. „Die behältst du erstmal brav an“, instruiert er, und ich spüre schon wieder, wie sich ein dezenter Rotschimmer auf meine Wangen legt.   Vielleicht mögen diese Dinger ja an Frauen toll aussehen, ich kann das nicht so gut beurteilen, weiß nur eines: Ich sehe in Strapsen einfach nur dämlich aus; gepaart mit dem knappen Damenhöschen, aus dem meine Hoden rausrutschen, einfach nur furchtbar lächerlich. Ein bisschen wie eine super schlecht gemachte Anfänger Drag-Queen, die es einfach noch nicht draufhat und die ersten Frauenklamotten anprobiert, ohne den Rest ihres Auftretens anzupassen.   Ein kleiner, tröstlicher Gedanke streift jedoch mein Hirn, während ich in diesem halbnackten Aufzug auf Knien darauf warte, dass mein Master aus dem Schlafzimmer wieder zu mir kommt, wo er gerade meine abgestreiften Klamotten deponiert: Immerhin zwingt Christopher mir nicht dazu, High Heels zu tragen.   …im nächsten Augenblick frage ich mich allerdings, ob mein Freund meine Gedanken wohl lesen kann, denn als Herr Lang sich wieder vor mir aufbaut, lässt er etwas Schweres direkt vor mir auf den Boden fallen. Der dumpfe Knall erschreckt mich, und als sich meine Augen automatisch auf das betreffende Objekt richten, fallen sie mir fast aus dem Kopf: Christopher hat mir tatsächlich ein Paar dunkler Damenhalbschuhe mit einem Zehnzentimeter-Absatz vor die Nase geknallt.   …das ist doch nicht sein Ernst…?!   Ist es doch.   „Anziehen.“   Christophers Stimme ist so unheimlich dunkel und streng, und ich kann diesem Klang einfach nicht widerstehen. Er könnte mir in diesem besonderen Tonfall befehlen, meine Schnürsenkel zu essen oder den Mensaboden abzulecken oder von mir aus auch, mir einen Kerzenständer reinzuschieben – und ich würde es automatisch tun. Und so gehorche ich auch jetzt.   Allein in die Schuhe zu steigen, die sich meiner Meinung nach Pumps schimpfen, ist ein regelrechter Drahtseilakt und ich benötige die Hilfe des Schuhlöffels und muss mich an der Wand abstützen. Christophers prüfenden Blick dabei auf mir zu spüren, macht die Sache nicht leichter, steigert nur meine Nervosität sowie mein Schamgefühl. Die Dinger quetschen meine Zehen unbarmherzig zusammen und mein Fußballen beginnt fast sofort zu schmerzen durch diese seltsame Streckung dank der hohen Absätze. Ich bin noch nicht einmal einen Schritt gelaufen und fühle mich schon so, als würde ich mich gleich auf die Fresse legen. Ich kann kaum mein Gleichgewicht halten, meine Beine wackeln regelrecht, als wäre ich ein Anfänger auf Stelzen.   „Komm her, Schätzchen“, zieht mein Freund mich mit gespielt zuckersüßer Stimme auf und streckt die Hand nach mir aus.   Ich hole tief Luft, ehe ich den ersten Schritt mache – und sehe dabei wahrscheinlich wie ein Storch aus, der sich seinen Bauch nicht mit Kröten, sondern fermentierten Früchten vollgeschlagen hat und nun nicht mehr weiß, wo unten und oben ist, und besoffen durch die Gegend auf seinen viel zu langen Beinen mit seinem viel zu langen Schnabel taumelt. Ich versuche die Balance zu halten mit weit ausgestreckten Armen, die mich aussehen lassen, als würde ein Kleinkind ein Flugzeug imitieren, doch es gelingt mir nicht. Nach zwei, drei, vier Schritten, gibt mein Körper einfach auf, schwingt von nach links und rechts, wie eine Boje auf unruhiger See. Meine Arme wirbeln in alle Richtung, und dann verliere ich vollends das Gleichgewicht. Ehe ich auf dem Boden aufprallen kann, ist Christopher mit einem Satz bei mir und fängt mich auf. Instinktiv klammere ich mich an ihn, als er mich mit seinen starken Armen wieder auf meine Beine manövriert und… sich dabei totlacht. „Ungefähr so hatte ich mir das vorgestellt…“, gesteht er fies.   „Ich dachte, das soll sexy sein…!“, zicke ich ihn in meiner Frustration über das Beinahe-Hinfallen regelrecht an, und frage mich im nächsten Moment, inwieweit Christopher diesen verbalen Ausbruch wohl bestrafen wird, mir auf die Zunge beißend.   Sein Lachanfall ist mittlerweile verebbt, aber auf seinen Lippen hängt noch immer ein seichtes Grinsen nach. „Das soll nicht sexy sein, Niko“, korrigiert er mit dunkler Stimme, in der auf jeden Fall Erheiterung mitschwingt – und etwas Düsteres. „Das soll degradierend sein. Und das ist es, oder nicht…?“   „…ja, Christopher“, antworte ich wieder gehorsam und schlucke. Christopher scheuert er mir eine – und muss mich abermals harsch am Arm packen, damit ich von diesem heftigen Hieb nicht erneut fast umkippe. „Entschuldigung, Christopher“, murmele ich und starre den Boden an.   „Hast du wirklich nur einen Cocktail getrunken?“, erkundigt er sich dann, gar nicht mehr auf meinen Fast-Sturz oder Kommentar eingehend.   „Ja, Christopher.“   „Gut. Wie bist du den zweiten losgeworden?“   „Ich habe nur ein paar Schlücke davon genommen und ihn dann einfach auf dem Tisch stehen lassen mit der Ausrede, der Alkohol würde meinem Magen nicht guttun. Irgendwann hat Frank sich ihn geschnappt.“   Christopher schweigt, und je länger er das tut, desto nervöser werde ich, weil das ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass etwas nicht stimmt und Herr Lang unzufrieden ist. „Sieh mich an“, fordert er mit strenger Stimme und ich hebe meinen Blick, wenig überrascht, in erzürnte Augen zu blicken. „Das heißt, du hast mich eben angelogen, Niko“, stellt er nüchtern fest.   „…was? Nein! …Christopher“, kommt es schwach von mir. Im nächsten Augenblick zische ich schon laut auf, weil er mir forsch ins Haar greift und meinen Kopf an meinen Strähnen schmerzhaft nach hinten zieht. Er schließt die minimale Distanz zwischen uns durch einen einzigen Schritt, und mein fast gänzlich entkleideter Leib kollidiert mit seinem. Instinktiv kralle ich mich auf meinen wackeligen Beinen erneut an seinem weißen Hemd fest und blicke in das arktische Meer, das so oft meine Sinne betört.   „Du wagst es tatsächlich, mir zu widersprechen…“, entgegnet er, seine Worte ein gefährlicher Sing-Sang, der meine Kehle beinahe unmittelbar austrocknen lässt. „Niko, sagtest du nicht eben, du hättest nur einen Cocktail getrunken?“   „…ja, Christopher“, hauche ich angestrengt, weil seine Finger noch immer an meinen Haaren ziehen.   „Und hast du danach nicht direkt zugegeben, du hättest dann noch vom zweiten Cocktail getrunken…?“   „…das waren aber nur ein paar kleine Schlücke“, wende ich schwach ein.   „Und wie viele genau?“   Ich krame panisch in meinem Gedächtnis. „Zwei… oder drei?“   „Denk nach…“ Seine Fingernägel der linken Hand bohren sich jetzt zusätzlich in meine Seite.   „Drei!“, schreie ich beinahe schon und der Druck auf meine Seite gibt nach.   Ich kann Christophers heißen Atem an meinen Lippen spüren. Durch den Absatz der Höllenschuhe muss er sich dafür kaum zu mir herunterbeugen. „Und seit wann ist drei gleich null?“, zieht er mich auf – und ich verstehe. „Brauchst du jetzt auch noch Nachhilfeunterricht in Mathe…?“   „Nein, Christopher. Entschuldige, dass ich nicht präzise war.“   Christopher gibt einen genervten Zischlaut von sich und stiert mich giftig an. „Ich habe dir gesagt: einen Cocktail und dir sogar mehrere Wege aufgezeigt, den zweiten wieder loszuwerden. Aber du ignorierst meinen Befehl und bedienst dich schamlos an einem weiteren Drink – und lügst mich auch noch an“, trägt er mir meine Vergehen im belehrenden Ton vor.   „Entschuldige, Christopher. Das war nicht richtig.“   „Für Reue ist es jetzt ein bisschen zu spät.“   „…ich weiß…“   „Wenn du das weißt, warum hast du dann überhaupt gegen meine Anweisungen verstoßen?“   „…weil ich ungehorsam bin…“   „Und was macht man mit ungehorsamen Bengeln?“   „…sie bestrafen…“   „Bingo. Ergo wirst du in den nächsten zwei Monaten nur Alkohol trinken, wenn ich dabei bin, und auch dann nur, wenn ich es dir ausdrücklich erlaube. Hast du das verstanden?“, haucht er bedrohlich gegen meine Lippen   „Ja, Christopher!“   …die ganzen anstehenden Sommertreffen mit Markus, Paul und Co werden hart. Aber: Ich habe es nicht anders verdient.   „Gut. Und jetzt komm mit in die Küche. Aber zieh vorher lieber die Schuhe aus“, fügt er leicht amüsiert hinzu. „Ich will nicht, dass du dich aus Versehen noch umbringst.“ Christopher ist ein harter Master, aber eben auch ein guter: Wenn etwas zu unsicher wird, bricht er es ohne zu Murren ab. Egal, ob ihm das gefällt oder nicht. „...ist alles okay, oder tut irgendetwas weh?“, erkundigt er sich dann noch.   Ich schüttel den Kopf. „Nein, alles okay, Christopher.“ Er nickt.   Mit hochrotem Kopf steige ich also aus den Höllenpumps, ein wenig enttäuscht, dass ich es nicht hinbekommen habe, in ihnen zu laufen, und folge meinem gnädigen Herrn in die Küche, wo schon die nächste, höchst unangenehme Überraschung auf mich wartet. Ich muss dieses Mal zwar nicht kochen, dafür hat Christopher mir etwas so Horrendes kredenzt, dass sich mein Magen nur beim Anblick und Geruch zusammenzieht. Die grüne Pampe im Suppenteller ist genau das, was ich befürchte: Brokkoli-Creme-Suppe.   Brokkoli. Eine Anspielung auf unser beklopptes Safeword. Das Gemüse, das ich am meisten hasse.   Ich lache beinahe auf, als Christopher mir einen guten Appetit wünscht und erinnere mich an seine Worte aus unserer Anfangszeit: „Ja, ich bin dein Master, aber ich bin dadurch ja kein Unmensch, der dich zu irgendwelchen Sachen zwingen wird. Weder, dass du deinen Spinatauflauf aufisst, noch, dass du dich in einen Ganzkörperlatexanzug zwängst.“   Spinat hasse ich in der Tat noch immer. Ganzkörperlatexanzüge dagegen nicht. Und diese anfängliche softe Behandlung meiner haben wir Gott sei Dank auch schon längst hinter uns gelassen, bereits etliche Grenzen gemeinsam durchbrochen. Mein Master zwingt mich mittlerweile zu Dingen, die mir nicht gefallen – weil ich es will. So wie jetzt.   Die Suppe ist in der Tat grässlich. Aber ich befolge seinen Befehl, den ganzen Teller gefälligst aufzuessen, zwinge mir mein verhasstes Lebensmittel mit versuchter stoischer Miene rein. Auch, weil ich heute Abend nichts anderes zu essen bekommen werde – so lautet eine weitere Androhung Christophers, die er definitiv in die Tat umsetzen wird – und weil mein Herr mir eine Nacht in der Box angedroht hat, sollte ich sein mit so viel Liebe zubereitetes Gericht verschmähen.   Ins Bett lässt er mich diese Nacht dennoch nicht: Eine Strafe fürs Anzicken nach meinem Beinahe-Sturz, wie er sagt, die ich stillschweigend und ohne jeglichen Protest ertrage. Der Schlafzimmerboden ist zwar hart und der Schlaf darauf alles andere als erholsam, aber es ist ja auch nicht so, als würde ich zum allerersten Mal auf ihm nächtigen – und verdient habe ich diese Behandlung.   ~~~   Als ich am kommenden Tag durch das Weckerklingeln erwache, überkommt mich eine große Welle freudiger Aufregung, wie damals als Kind am Weihnachtsmorgen, als alles noch einigermaßen in Ordnung war innerhalb unserer keinen Familie, die schon längst keine mehr ist. Doch die Gedanken an meinen Vater, der weiterhin schweigt, schiebe ich ganz schnell wieder beiseite und fokussiere mich stattdessen auf den Ursprung meiner morgendlichen Emotionen. Christopher scheint meine Wünsche nach einer insgesamt härteren Behandlung rigoros durchzuziehen, und so frage ich mich natürlich: Was hat mein Master als Nächstes mit seinem frechen Sklaven vor?   Die Antwort lautet: So einiges.   Zum einen bestückt er meinen nackten Oberkörper nach unserer schnellen gemeinsamen Dusche, die dieses Mal tatsächlich einzig und allein der Körperhygiene dient, mit einer wunderschönen Seilkonstellation. Die schwarze Schnur, die einen herrlichen Kontrast zu meiner hellen Haut bildet, windet sich um meine Schultern und mehrfach um meine Brust, samt ästhetischer Knoten. Sie schränkt mich in keiner Weise in meiner Bewegung ein, ist einfach nur besondere Zierde – und soll mich, versteckt unter einem weiten T-Shirt, den ganzen Tag daran erinnern, wer ich bin: Christophers Sklave.   Als ich mich im großen Spiegel in unserem Flur kurz vor unserem gemeinsamen Start in den Uni- und Arbeitsalltag betrachte, frage ich mich, ob meine Kommilitonen die Seilkonstruktion unter meiner Kleidung erahnen können. Doch selbst ohne die dünne Strickjacke, die ich später bei angekündigten 25 Grad ablegen werde – den ersten, fast schon verzweifelt erwarteten sommerlichen Temperaturen des Jahres – muss man schon ganz genau hinsehen und das Shirt auch dementsprechend über meine Haut spannen, um die Abdrücke der Schnur zu erkennen, finde ich.   Christopher tritt von hinten an mich heran und unsere Blicke treffen sich im Spiegel. Seine Lippen formen ein verheißungsvolles Grinsen, ehe er seine Hände auf meine Hüften legt und dann ohne Vorwarnung in meinen Hals beißt. „Ahhh…!“, zische ich auf, und mein Master beginnt an der sensiblen Haut zwischen seinen Zähnen zu saugen. Sein Mund löst sich erst nach einer gefühlten Ewigkeit mit einem schmatzenden Geräusch, und erst dann begreife ich so richtig, was er soeben getan hat: Christopher hat mich markiert – mit einem während der nächsten Minuten und Stunden wachsenden Knutschfleck.   „Wir müssen los“, bestimmt er und schiebt mich, seine Hand schwer in meinem Nacken ruhend, einfach aus der Wohnung.   …ein dämliches Frauenhöschen trage ich natürlich auch heute. Einen blauen Tanga aus Spitze, der sich fies in meine Ritze frisst und mein noch immer verpacktes Geschlecht eher schlecht als recht im Zaum hält. Aber ich ertrage das, will Christopher mit Stolz erfüllen, protestiere nicht, zicke nicht rum. Es reicht, dass ich ihm am Vortag so schamlos wegen der Cocktails angelogen habe, anstatt den Drink, wie vorgeschlagen, einfach unangerührt stehen zu lassen. Das war falsch und meine Strafe ist angemessen.   Christopher setzt mich an der Uni ab, und als er beim Anhalten auf sein Mobiltelefon schaut, erkenne ich, dass das Display keine Risse mehr hat. „Dein Handy ist ja wieder heile“, kommentiere ich, und mein Freund streift mich mit einem kurzen, eher desinteressierten Blick, ehe er ihn wieder auf den intakten Bildschirm richtet. „…war es sehr teuer?“   „Knapp 200 Euro“, entgegnet mein Master blasiert und ohne mich anzusehen.   „Mist…“ Doppelt so viel wie erwartet. Ich möchte mich am liebsten selbst ohrfeigen dafür. „Tut mir leid…“   „Ich weiß. Und jetzt beweg deinen Arsch zur Vorlesung, du undankbarer Bengel!“, schimpft er und löst demonstrativ meinen Anschnallgurt. Seine Augen strahlen absolute Kälte aus, was sich unmittelbar in meiner Mitte entlädt, und ich fliehe regelrecht aus dem BMW, bevor ich ernsthafte Probleme zwischen meinen Beinen bekomme.   ~~~   Die erste Vorlesung zieht sich wie Kaugummi und Paul scheint schon wieder Frustsaufen wegen Mareike betrieben zu haben, pennt tatsächlich ein und wird vom Prof vor die Tür gesetzt. Als Markus – der mich natürlich wegen der deutlichen Markierung an meinem Hals aufzieht und fragt, ob Christopher und ich dämliche Teenager seien – mit mir zum nächsten Seminar schlendert, brechen wir am Ende vor Freude fast in Tränen aus: es ist gecancelt, weil besagter Prof krank ist. Und weil wir auch die nachfolgenden Veranstaltungen mit ihm gehabt hätten, bedeutet dieser Umstand, dass wir den Rest des Tages frei und somit enorm viel Zeit zur Verfügung haben.   Markus fragt mich, ob wir was unternehmen wollen, doch ich verneine. Denn ich möchte die freigewordenen Stunden für meinen Herren nutzen, meinen verkackten Kochversuch wiedergutmachen. Das Handy in der Hand und darum betend, dass Christopher meinen Standort nicht checkt und sich damit meine geplante Überraschung für ihn selbst versaut, steuere ich den Supermarkt unweit unseres Wohnhauses an und freue mich wie blöde, als ich zwei Schalen frischer Blaubeeren ergattere, die herrlich duften.   Eine halbe Stunde später lege ich alle benötigten Zutaten sowie Backutensilien bereit und gehe noch einmal das Rezept durch. Im Grunde genommen ist es sehr einfach und alles ist einleuchtend. Es klingt jedenfalls deutlich einfacher als der ganze Jamie-Oliver-Kram und ich muss hier auch nur einen Timer stellen. Meine Mutter hat mir gesagt: Halt dich genau ans Rezept und die Backzeit, und es wird nichts schief gehen – und ich glaube ihr.   Zwei Stunden später mache ich mich mit den Öffis auf den Weg, bewaffnet mit zwei riesigen Tupperware-Behältern die mein Backwerk enthalten: Blaubeermuffins mit Streuseln. Ich möchte mich ja nicht selbst in den Himmel loben, aber ich musste gleich zwei davon selbst verspeisen, weil sie nicht nur göttlich riechen, sondern auch genauso schmecken. Ich bin aufgeregt wie vor einer Fahrt mit der weltgrößten Achterbahn, je näher ich Christophers Büro komme.   Glück habe ich auch, denn mein Master hat weder einen Kontrollanruf getätigt noch über meinen Standort gemeckert. Höchstwahrscheinlich hat Herr Lang heute zu viel um die Ohren. Die Bestätigung dieser Theorie hole ich mir wenige Augenblicke später in der Kanzlei ab, die momentan einer Baustelle gleicht. Überall stehen Umzugskartons herum. Irgendwelche Menschen im Blaumann tragen Leitern durch die Gegend, Leute in Anzügen Akten und Elektronik, und ich checke schnell, dass die Anwälte die Räume nebenan dazu gemietet haben, wo vorher noch eine Versicherung ihr Unwesen getrieben hat.   Johanna beendet gerade ein Telefonat mit angestrengtem Seufzen und schreit dann eine junge blonde Frau an, dass sie den falschen Monitor in den Händen hält, und der zu Hans und nicht zu Henning ins Büro soll, ehe sich ihre müden Augen auf mich legen und ihr Blick umgehend weicher wird. Als ich vor ihr stehe, lächelt sie schon herzlich. „Mensch, Niko! Was für eine Überraschung! Ich habe dich gefühlte Ewigkeiten nicht mehr gesehen“, begrüßt sie mich. Ich sehe, wie ihr Blick zu meinem Hals wandert. Ein Kommentar folgt dem allerdings nicht.   „Ich dachte, ich schaue mal, was bei euch so geht. Ich habe auch Nervennahrung mitgebracht.“   Ich lasse sie in meine Tasche blicken und ernste ein entzücktes: „Wie lieb von dir!“ Die Dame sichert sich umgehend zwei der Muffins und weist mich an, den Rest gleich in der Küche zu deponieren. „Das ist der einzige Raum, in dem momentan kein Chaos herrscht…“, bemerkt sie mit einem schweren Seufzen. „Ich mache drei Kreuze, wenn das alles hier vorbei ist!“   Sie stellt das Telefon ab und nimmt es sich raus, kurz mit mir zu schnacken, informiert mich, was genau hier passiert, weil Herr Lang ja kaum ein Wort darüber verliert, und Johanna unheimlich gerne tratscht. In der Tat sind die angrenzenden Räumlichkeiten hinzugemietet worden. Die Steuerberater, von denen es nun zwei gibt, ziehen dort samt ihrer Angestellten ein. Die nunmehr vier Anwälte, erweitert durch Christophers Kommilitonen Henning, teilen sich die alten Räume neu auf. „Dein Mann behält natürlich sein Büro, aber der Pausenraum wird jetzt zum Konferenzzimmer und die Azubis ziehen um, weil Henning sich da jetzt einrichtet. Das ist vielleicht ein arroganter Schnösel! Und so herrschsüchtig. Ich weiß gar nicht, wie das sein kann, dass sich Christopher so gut mit ihm versteht. Nun ja. Ich muss ihn ja nicht mögen. Dafür ist die Gehilfin, die er mitgebracht hat eine ganz Liebe. Jedenfalls: Alles ist in Bewegung und nimmt einfach kein Ende. Und dann noch der ganze Papierkram, fürchterlich!“, meckert sie und futtert bereits ihren zweiten Muffin, den sie mit warmen Worten lobt und mich bittet, doch öfter mit solchen Leckereien vorbeizukommen.   Am Ende legen sich Johannas Augen erneut auf Christophers Hinterlassenschaft, und dieses Mal kann sie einfach nicht den Mund halten. „Hier, mein Süßer“, sagt sie und kramt etwas aus ihrer Schublade heraus. „Ich glaube nicht, dass Christopher unbedingt will, dass die Meute dich mit… diesem Ding an deinem Hals sieht…“ Sie bindet mir tatsächlich ein dünnes schwarzes Tuch um – und ich lasse das einfach mal so geschehen. Denn zugegebenermaßen hat Christopher mir diesen Knutschfleck mit der Absicht verpasst, dass ich so an der Uni rumlaufe, nicht aber in seinem Büro. Und auch wenn mein Master keinen Hehl daraus macht, dass er schwul und fest mit einem deutlich jüngeren Mann liiert ist, so hat er doch gewisse Grenzen, wenn es ums Berufliche geht.   Irgendwie fühle ich mich ein schlecht, dass ich nicht selbst daran gedacht habe…   Auf dem Weg in die Küche treffe ich auf einige bekannte Gesichter, und die dort schon beim Kaffeeautomaten versammelte Mannschaft stürzt sich direkt auf die mitgebrachten Muffins. Drei davon – die größten – bugsiere ich auf einen kleinen, für meinen Master vorgesehenen Teller und steuere, nachdem sich mir gleich zwei Fremde vorgestellt haben, deren Namen ich sofort wieder vergessen habe, endlich Christophers Büro an. Ich klopfe laut und es dauert zwei Sekunden, ehe das harte und zum Teil auch extrem genervte „Herein“ ertönt.   Als Christopher mich erblickt, blinzelt er und schleudert mir ein „…was machst du denn hier?!“ entgegen. Er klingt nicht gerade erfreut, mich zu sehen – aber auch nicht gerade erbost. Ich schiebe diese seltsame Tonlage einfach mal auf seinen aktuellen Stresspegel, den ich in diesem Umzugs- und Umbauchaos wohl auch hätte.   „Dich überraschen“, entgegne ich und Christopher blinzelt erneut.   „…hast du etwa die Uni geschwänzt, Freundchen?!“, faucht er und ich verziehe das Gesicht.   „Nein, habe ich nicht!“ Ich klinge zu patzig und bereue den Klang meiner Stimme unmittelbar, senke den Blick und füge eine ernsthafte Entschuldigung an. „Meine Vorlesungen sind ausgefallen, und da dachte ich mir, dass ich die Zeit nutzen und dir den Tag im wahrsten Sinne des Wortes versüßen könnte…“, erkläre ich, gehe zu seinem Schreibtisch, schiebe ihm dann den Teller mit den Muffins vor die Nase und wage es im selben Zuge, meinen Master wieder anzusehen.   Christopher beäugt das Gebäck und seine Gesichtszüge entspannen sich wieder. „Sorry“, murmelt er, „ich wollte dich nicht so anfahren.“   „Das ist dein gutes Recht“, entgegne ich und schenke ihm ein kleines Lächeln, das er auf der Stelle erwidert.   „Komm her“, weist er mich milde an, rutscht mit seinem Stuhl ein Stückchen vom Schreibtisch weg und deutet auf seinen Schoß, auf den ich mich nur wenige Sekunden später niederlasse und meine Arme um meinen Freund lege. Christopher tut es mir gleich und zieht mich gleichzeitig in einen zaghaften Kuss. Seine Augen bleiben an meinem Hals haften. „Ist das nicht Johannas Tuch?“, fragt er und ich nicke. „Hm…“, macht er nachdenklich. „Hat sie was Bestimmtes zum Knutschfleck gesagt?“   „Nur, dass du wahrscheinlich nicht möchtest, dass mich deine Kollegen damit sehen.“   Er seufzt. „Das stimmt wohl… Die Gute denkt einfach an alles“, murmelt er dann und sein Blick wandert irgendwann wieder zurück zu den Muffins. „Die sehen übrigens wirklich toll aus…“, kommentiert er. „Warte erst, bis du sie gekostet hast…!“ Ich greife nach einer der süßen Sünden und halte sie Christopher vors Gesicht, der nicht eine Sekunde zögert und direkt abbeißt. Ich muss dümmlich grinsen, weil das… Weil das einfach so total niedlich ist, wie sich mein Master hier von mir füttern lässt, und wie seine Augen strahlen, als er anfängt zu kauen.   „O Gott…!“, stöhnt er dann genüsslich, als er den ersten Bissen runtergeschluckt hat. „Woher hast du die?! Die sind… der absolute Hammer! Sind die von Borcherts?“ Er meint den Bäcker unten am Gebäude.   „Nein“, entgegne ich, lasse ihn ein weiteres Mal von meiner Kreation abbeißen und grinse dann triumphierend, als Christopher sogar die Augen beim Kauen schließt und total zufriedene Schnurrgeräusche von sich gibt, die mich zum lachen bringen.   „Jetzt sag schon. Woher hast du sie?“, fordert er mich auf, als er auch den zweiten Bissen vertilgt hat.   „Rate.“   Genieße ich diesen Moment gerade und möchte ihn deshalb in die Länge ziehen? Absolut.   Christophers Hirn rattert, ich kann das regelrecht sehen. „Hm“, macht er. „Irgendein neuer Bäcker in der Nähe des Campus?“   „Nein.“   „Hmmm… Konditorei Stehnmanns in der Innenstadt?“   „Nein.“   „Feinkostladen?“   „Nein.“   „…hat irgendeiner deiner Kommilitonen gebacken?“   „Nein. Aber… du bist schon mal auf dem richtigen Weg.“   Mein Freund runzelt die Stirn und ich kann mein dämliches Grinsen nun wirklich nicht mehr aus meinem Gesicht radieren. Plötzlich ist er ganz still. Die Puzzleteilchen scheinen sich in seinem Innern zusammengefügt zu haben und er fragt mich direkt: „…hast du die etwa gebacken?“ Ich nicke und platze dabei fast vor Stolz, bin so gespannt, was er dazu sagen wird. Dass sie ihm schmecken hat er mir ja nun mehr als deutlich klargemacht.   „Hab das Rezept von meiner Mutter bekommen. Ist super, oder?“   Christopher schweigt und betrachtet mich. Er scheint überrascht, und das kann ich ihm noch nicht einmal wirklich übelnehmen. „…die hast wirklich du gebacken…?“, wiederholt er etwas ungläubig.   „Ja, Christopher. Für dich, um das vermasselte Kochen wiedergutzumachen. Naja, und für deine Kollegen. Der Rest steht in der Küche. Ich dachte, ich tu euch allen Mal was Gutes. Ihr habt ja gerade so viel Stress…“   Mein Freund schweigt und ich werde langsam nervös. Wieso sagt er denn nichts? Glaubt er mir etwa nicht…? Als ich noch einmal beteuern will, dass ich ihn nicht anlüge und die Muffins wirklich selbst hergestellt habe, lächelt Christopher endlich. „Niko… die sind einfach nur köstlich. Wie… wie um alles in der Welt hast ausgerechnet du das hinbekommen?! Ich meine: Das ist nicht böse gemeint, aber du weißt ja selbst, dass du miserabel in der Küche bist…“   Wir lachen beide, und ich nehme ihm seinen Kommentar auch nicht böse. Er hat ja recht, und ich bin ja selbst total überrascht, dass ich das so gut gemeistert habe. „Irgendwie war das Backen echt einfacher. Vor allem, weil ich hier alle Zutaten einfach nur vermischen und in den Ofen packen musste.“   „…das macht man bei Kartoffelgratin allerdings auch, und wir wissen beide, wie das bei dir ausgegangen ist…“   Wir lachen erneut, und ich bin einfach so happy, dass die Muffins meinem Master so schmecken. Insbesondere nach dem aktuellen Kochdesaster… „Irgendwie scheint mir das Backen wohl mehr zu liegen.“   Christopher haucht mir einen Kuss auf die Wange. „Deine Muffins sind der Hammer, Baby“, flüstert er dann gegen meine Lippen, die er im nächsten Moment dann auch sofort mit seinen in Anspruch nimmt. Er schmeckt nach Blaubeeren und Vanille und ich genieße jede Sekunde, in der seine Zunge über meinen nassen Muskel streicht. Christophers Hände fahren währenddessen unter mein Shirt, streichen über die von ihm am Morgen platzierte Fesselung, gleiten zärtlich über meinen Rücken sowie meinen Unterleib, in dem es unmittelbar anfängt zu brodeln – definitiv ein Resultat der strikten Keuschhaltung meines Masters.   Unsere kleine Make-Out-Session wird vom klingelnden Telefon auf Christophers Schreibtisch unterbrochen und unsere Lippen trennen sich mit einem lauten Schmatzgeräusch. Christopher schiebt mich von seinem Schoß und die Reibung tut ein bisschen an meinem Hintern weh, aber ich beschwere mich nicht. Auf dem Display steht Johannas Name, die wahrscheinlich einen Anruf durchstellen will.   „…aha… ja… nein, jetzt nicht… in zehn Minuten… danke.“   Christopher legt auf und bedeutet mir, mich wieder auf seinen Schoß zu setzen, was ich natürlich umgehend tue. Seine Hände wandern wieder unter mein Shirt und sein Mund zu meinem Ohr. Er beginnt, an meinem Ohrläppchen zu knabbern und haucht dann lasziv in meinen Gehörgang: „…am liebsten würde ich dich jetzt direkt hier auf meinem Schreibtisch ficken…“   Liebe, oder in diesem Fall wohl eher Lust, geht wohl tatsächlich durch den Magen.   Seine Worte zaubern mir ein verruchtes Grinsen ins Gesicht. „Dann tu es doch…“, wispere ich, obschon ich weiß, dass Christopher es nie durchziehen würde. Meine Hosen in seinem Büro runterzulassen, um ihm einen Blick auf meinen beispielsweise keusch gehaltenen Schwanz zu gewähren – das ist etwas gänzlich anderes und durchaus hier schon öfter geschehen. Richtig angefasst hat mein Dom mich in seinem beruflichen Umfeld aber noch nie – oder selbst den Anzug abgelegt, um sich von mir anfassen zu lassen. Christopher ist zwar schon freizügig und küsst mich in der Öffentlichkeit, auch stürmisch, und führt mich in explizite Etablissements wie die Gerte aus, aber er hat – wie schon erwähnt – seine professionellen Grenzen, die er nicht durchbrechen wird. Egal, wie viel Zeit vergeht. Und das ist vollkommen verständlich. Er selbst würde seinen Kollegen, der es mit wem auch immer im Büro treibt, sicherlich auch direkt entlassen wollen…   „Werde ich. Allerdings zu Hause…“, säuselt Christopher und löst mit seinem Finger den lockeren Knoten des Tuches um meinen Hals, um sein morgendliches Kunstwerk zu bewundern, streicht mit seinen Fingerkuppen zärtlich über die gereizte Stelle, während es sich in meinem Unterleib verführerisch zusammenzieht.   Hat mein Master mir da tatsächlich Sex für heute Abend angekündigt? Ist dies eine Belohnung für die Muffins?   Oder spielt er gerade nur mit mir?   Gefühlt tausend Fragen schießen mir durch den Kopf, während Christopher mich schon wieder von seinem Schoß schiebt und nach dem angebissenen Muffin greift, um ihn im Rekordtempo zu vernichten. Ich schaue ihm dabei zu, während ich das Tuch wieder um meinen Hals binde. Dass ich richtig agiert habe, verrät mir Christophers zufriedenes Nicken, als er mich mustert – und sich dabei verführerisch die winzigen Kuchenreste von den Fingern leckt.   Will er mich damit scharf machen? Selbst wenn keine Intention dahintersteckt – er hat es getan.   „Danke für die Muffins, Niko“, wendet er sich wieder verbal an mich und seine Worte verursachen ein angenehmes Prickeln auf meiner Haut. Ich fühle mich wunderbar, bin so froh, dass ich meinem Master etwas Gutes tun konnte und mache beinahe Freudensprünge, als er mich ein weiteres Mal mit seiner warmen Stimme lobt. „Ich bin schwer beeindruckt von deinen Backkünsten.“   Ich weiß, dass diese Worte noch Stunden, wenn nicht Tage lang, in meinem Innern wiederhallen werden, dass ich sie wie eine Schalplatte immer und immer wieder in meinem Gedanken abspielen werde, weil sie so wunderschön sind.   „Danke, Christopher…“   „Ich würde dir ja jetzt gerne noch Henning und David vorstellen, aber ich erwarte ein sehr wichtiges Gespräch und die Jungs sind selbst gerade schwer beschäftigt“, erklärt mein Freund mir und wird vom klingenden Telefon unterbrochen. Er wirft mir einen entschuldigenden Blick zu und ich hebe beschwichtigend die Hand und deute gen Tür, was so viel heißen soll wie: Kein Problem, ich haue jetzt einfach ab und lasse dich in Ruhe arbeiten.   Mein Freund hat das Gespräch bereits begonnen, als ich die Tür leise hinter mir zuschließe und später im Flur beinahe mit Johanna zusammenstoße. Sie lacht und sagt mir, ich solle das Tuch erstmal behalten. Ich bedanke mich bei ihr und verabschiede mich, entfliehe diesem Chaos und kann ein Stück weit verstehen, warum mein Master in letzter Zeit so gestresst war.   Im Bus vibriert mein Handy, und ich lache beinahe laut auf – denn mein Freund hat mir ein Foto seines leeren Kuchentellers geschickt mit drei weinenden Smileys und der Nachricht: „Ich hab sie verputzt und in der Küche gab es keine mehr.“ Er ist echt süchtig nach Blaubeermuffins… und das veranlasst mich, einen erneuten Zwischenstopp beim Supermarkt einzulegen und zu Hause angekommen, ein weiteres und nur für meinen Master bestimmtes Blech zu backen. Dieses Mal sogar mit Streuseln und Glasur – weil ich weiß, was für ein Zuckermäulchen der süße Chris doch ist…   Wenn er wüsste, wie ich ihn in meinen Gedanken bezeichne, würde er wahrscheinlich einen harten Klaps auf den Po geben. Oder mir einen ebenso festen Schlag auf den Hinterkopf verpassen. Beides wäre mir recht.   Christopher ruft mich am frühen Abend an. Kurz nachdem ich meine Haushaltsrunde beendet und mir abermals vor Augen geführt habe, dass ich keine Putzfrau bin, sondern Christophers Sklave. Und auch keiner, der hier einfach nur sauber macht, sondern einer, der das Herz seines Masters erobert hat – so wie keiner zuvor. Nicht einmal Adrian.   Mein inneres Zusprechen bringt mir eine gewisse Genugtuung und erstickt sämtliche Anflüge von seltsamer Eifersucht direkt im Keim. Auch wenn da immer noch ein Teil von mir ist, der bei dem Gedanken an die Beichten meines Freundes vor wenigen Tagen weiterhin leidet und eine gewisse Kälte verspürt, wenn die Tatsache, dass mein Freund mir von Anfang an etwas verschwiegen hat, an die Oberfläche tritt, und…   Nein, ich will jetzt wirklich nicht mehr darüber nachdenken. Herrgott nochmal…!   „Was machst du gerade?“, erkundigt sich mein Freund.   „Ich wollte mir gerade den Fernseher anstellen.“   „Hast du die Wohnung geputzt?“   „Natürlich.“   „Gut.“   „Wann kommst du nach Hause?“   „Ich stelle hier die Fragen“, kommt es hart von meinem Master und ich halte beinahe schon die Luft an, gespannt, wohin diese Konversation uns führen wird. „Hast du schon was Warmes gegessen?“   „Nein.“   „Ist Thailändisch in Ordnung?“   „Thailändisch ist toll.“   „Dann hole ich uns was unterwegs raus.“ Es raschelt kurz in der Leitung und dann höre ich, wie eine Autotür zuknallt. Christopher ist also wohl gerade in seinen Wagen gestiegen. „Ich möchte, dass du in der Zwischenzeit eine Spülung machst.“ Es kribbelt überall und ich denke an seine verheißungsvolle Ankündigung im Büro. „Verstanden?“   „Ja, Christopher.“   „Dann weitest du deinen Arsch mit einer Extraportion Gleitgel und verschließt ihn mit einem Plug. Kapiert?“   „…ja, Christopher“, bestätige ich, meine Stimme nicht viel mehr als ein Hauchen, weil sich eine Unmenge verruchter Bilder in meinem Kopf abspielt. Ich bin schon eine ganze Weile nicht mehr gekommen und kann an kaum etwas anderes mehr denken als an dreckigen, harten Sex mit Christopher – der mich heute Abend offenkundig erwartet.   Ist es wirklich wegen der Muffins? Habe ich mir den Weg tatsächlich in sein Bett gebacken?   Grinsend mache ich mich ans Werk und warte einige Zeit später, wie angewiesen, kniend, nackt und mit einem hübschen Plug im Po an der Haustür auf die Heimkehr meines Masters. Christopher begrüßt mich nicht. Ich weiß nicht einmal, ob er mich ansieht, weil ich den Boden anstarre. Lausche, wie er aus seinen Schuhen schlüpft und sie achtlos in die Ecke pfeffert, damit ich sie später wegräume und vielleicht vorher sogar sauber mache, und dann den Flur hinabgeht Richtung Küche. Der Geruch des mitgebrachten Essens steigt mir kurz in die Nase und ich merke jetzt erst, wie hungrig ich eigentlich bin. Ich frage mich, wie Christopher wohl reagieren wird, wenn er die Muffins neben dem Herd entdeckt… Wenige Sekunden später bekomme ich meine Antwort.   „Steh auf und komm zu mir in die Küche“, befiehlt er, und als ich den Raum betrete, baut er sich vor mir auf, legt seine Finger unter mein Kinn und hebt meinen Kopf an. Unsere Blicke treffen sich und er lächelt zufrieden. „Ich sehe, du hast noch ein paar deiner Backwerke für mich aufgehoben…?“   „Ich habe sie nach meinem Besuch in der Kanzlei frisch gebacken, weil sie dir so gut geschmeckt haben und ich dich erneut überraschen wollte“, verrate ich ihm und sein Blick wird noch liebevoller. Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich.   „Du bist wundervoll, weißt du das eigentlich?“, murmelt er, und ich lege meine Arme um seinen Nacken, und küsse ihn erneut.   „…ich weiß“, antworte ich dann keck, und Christopher legt seine Hände auf meine Hüften.   „Ich werde dich für deine Mühe belohnen. Allerdings mit einem kleinen Abzug“, kündigt er mit samtiger Stimme an und wendet dabei meinen Körper um 180 Grad, sodass ich ihm nun mit meinem Rücken zugewandt stehe. Im nächsten Moment schubst er mich leicht nach vorn und ich stolpere gegen den Küchentisch, über den mich mein Master brüsk beugt, seine linke Hand in meinem Haar, die rechte an meiner Hüfte. Mein Vorderkörper und mein Gesicht kollidieren mit einem leichten dumpfen Knall mit der harten Oberfläche und leichter Schmerz zieht durch meine Wange, als mein Gesicht gegen die Platte gedrückt wird. Die Holzkante des Tisches presst unangenehm gegen mein eingesperrtes Geschlecht und Christopher tritt meine Beine auseinander. Dann verlassen seine Hände meinen Körper, und er braucht mir gar keinen verbalen Befehl zu erteilen: Ich weiß auch so, dass ich in der Position, in die er mich gebracht hat, verweilen soll.   Keine zwei Sekunden später presse ich automatisch die Lippen in heißer Erwartung zusammen, als ich höre, wie Christopher die Schnalle seines Gürtels löst und den Reißverschluss seiner Anzugshose öffnet. „Ich werde dich jetzt ficken, Niko“, erklärt er mit ruhiger, tiefer Stimme und in meinem Unterleib zieht es sich ohne Umschweife feurig zusammen, „aber der Keuschheitsgürtel bleibt an seinem Platz. Weißt du auch, wieso?“ Bei dieser gesäuselten Frage beginnt Christopher, meine Pobacken bedächtig zu kneten.   „…nein, Christopher“, antworte ich und klinge heiser, habe da aber so eine Ahnung…   „Weil es zwar unheimlich süß von dir war, diese köstlichen Muffins für mich zu backen und vorbeizubringen, du allerdings nicht von allein auf die Idee gekommen bist, meine Markierung an deinem Hals zu verstecken, obwohl du weißt, dass mir das im Büro unangenehm ist, und du mich mit so einem großen Knutschfleck an deinem Hals in diesem Umfeld blamierst und nicht zufriedenstellst“, trägt er mit bittersüßer Stimme vor, während er ganz langsam den Plug aus meinem Eingang herauszieht, der bei dieser Bewegung kurz meine Prostata streift und ganz kurz einen angenehmen Impuls durch meine Mitte schießen lässt.   „Es tut mir leid… Ich war wohl zu aufgeregt wegen der Muffins.“   „Das Warum ist egal, mein Kleiner…“, haucht mein Master und platziert den glitschigen Plug direkt vor meinem Gesicht.   Danach spricht Christopher nicht mehr, er agiert nur noch, und ich verstehe, warum er eine Extraportion Gleitgel verlangt hat, denn mein Master schiebt seinen harten Schwanz unvermittelt in mich komplett hinein und baut, begleitet von seichten, genüsslichen Geräuschen aus seinem Mund, umgehend einen starken Rhythmus mit seinen tiefen Stößen auf.   Ist es geil, ihn in mir zu fühlen? Ja. Weil er sich nimmt, was er will, und mich spüren lässt, dass ich nur sein Sex-Toy bin. Ist es befriedigend? Nicht wirklich. Denn auch wenn Christophers Schwanz sich in mir bewegt und meinen süßen Punkt streift, fehlt etwas Essenzielles: komplette Erregung und damit der eigentliche Höhepunkt.   Die gänzliche Entfaltung des ersteren wird allein durch die Existenz des Penistresors unterbunden. Es ist ein bisschen so, als würde dieses phänomenale Gefühl, ausgelöst durch die Prostatastimulation, einen Korridor entlang fließen mit einem ganz bestimmten Ziel, um sich in abgefahrene Lust zu verwandeln: gefühlt ist es die Spitze meines Schwanzes. Doch der Tunnel dorthin ist blockiert, und die Regung kommt nicht weit, kann sich nicht entfalten, nicht entladen. Und dadurch kann ich es in sexueller Hinsicht nicht gänzlich genießen, dass mein Freund mich gerade hingebungsvoll auf unserem Küchentisch durchrammelt. Kann nicht kommen.   Auf psychischer Ebene geht mir dagegen, wie man das so schön sagt, voll einer ab.   Ich spüre, wie mein Master sich seinem Höhepunkt entgegenfickt. Wie seine Stöße an Beständigkeit verlieren, wie das schwere Atmen sich in ein süßes Stöhnen verwandelt, wie sich seine Finger fester in meine Haut bohren und ein schönes Ziehen verursachen, auf das ich so abfahre – und wie er dann seine heiße Ladung mit drei letzten harten Stößen in mir verteilt und dabei die Luft geräuschvoll aus seinen Lungen entlässt.   Es kribbelt in meinem Magen. Frustration und Freude gehen Hand in Hand und erschaffen diese exotische Mischung. Christopher hat mich wie ein Objekt benutzt und meinen Wunsch, mich erst einmal nicht kommen zu lassen, respektiert. Das stimmt mich zufrieden. Aber natürlich kann ich durch die anhaltende Keuschhaltung an nichts anderes denken als ans eigene Abspritzen, und das lässt mich fast durchdrehen.   Aber ich werde nicht um einen Orgasmus betteln. Ich werde weiterhin versuchen, gehorsam zu sein, bis mein Herr entscheidet, dass ich es verdient habe, zu kommen.   Mein Freund greift nach dem Plug, und verschließt meinen Eingang damit wieder, sofort nachdem er sich aus mir herausgezogen hat – damit sein Sperma erst einmal in mir bleibt. Eine weitere kleinere Erinnerung daran, wer ich bin: sein Lustknabe.   Ist das abgefahren? Total.   Christopher verlässt die Küche und ich erfülle einen weiteren seiner Befehle und wische den Tisch gründlich ab, an dem wir dann schon wenige Minuten später das von ihm mitgebrachte Essen verspeisen, so als wäre nie etwas davor an jenem Ort passiert, das absolut nichts mit Nahrungsaufnahme oder Putzen zu tun hat. Aber das leichte Ziehen meines Hintereingangs sowie die dickflüssigen Samen meines Masters in meinem Innern sprechen Bände. Und dann wäre da noch Christophers zufriedenes Grinsen, das ihn unfassbar sexy aussehen lässt, und mir Genugtuung verschafft. Der Gedanke daran, dass ich ihm mit meinem Körper Befriedigung verschafft habe, erfüllt mich mit Stolz und einer großen Portion Glück.   „Sex auf einer öffentlichen Toilette gibt es aber erst, wenn du etwas wirklich leckeres gekocht hast“, spricht mein Freund mich plötzlich an, nachdem wir eine ganze Weile schweigend unseren Gedanken nachgegangen sind, und ich richte meinen Blick wieder auf ihn. „Deine Muffins sind weltklasse und ich bin wie gesagt schwer beeindruckt. Aber wir haben uns darauf geeinigt, dass es diese, nennen wir sie mal, besondere Belohnung fürs Kochen gibt – nicht fürs Backen.“   Ich nicke automatisch. „Ja, Christopher, ich weiß.“   „…nichtsdestotrotz kannst du die Muffins gern öfter kredenzen…“, fügt er schelmisch grinsend an und ich spüre, wie mein Gesicht wieder anfängt zu glühen. Christophers Lob ist mein Lebenselixier, gibt mir Kraft, macht mich glücklich und treibt mich an, ist Inspiration und Preis in einem. Und die Tatsache, dass er, was diese besondere Belohnung angeht, so genau ist und keine Ausnahme macht, Kochen und Backen nicht einfach mal gleichsetzt, macht in meinen Augen mal wieder deutlich, dass Christopher mein extrem strenger Herr ist – und das beruhigt meine innere Welt besser als jegliches verfügbare Medikament. Christopher ist süchtig machende Droge und erstrebenswerte Heilung zugleich.   Christopher ist wirklich meine Welt – und das ist gleichzeitig wunderschön und auch ein bisschen erschreckend. Aber: Meinem Master geht es seinen Worten zufolge ja nicht anders. Vielleicht sind wir beide voneinander abhängig, können und wollen nicht ohne den anderen, fokussieren all unsere Emotionen auf den Partner, priorisieren einander in jeglichen Belangen, leben für den anderen. Und je länger ich darüber nachdenke, stellt sich mir eine bedeutende Frage: Ist das denn so schlimm?   „Woran denkst du?“, reißt mich Christophers Stimme zurück in die Realität.   „Dass ich dich unheimlich liebe“, entgegne ich ehrlich und mein Master lächelt.   „Das hast du mir heute auf jeden Fall gezeigt…“, sinniert er und blickt dabei auf meine Hände, die seine offenkundig neue Lieblingssüßigkeit kreiert haben, und ich freue mich über die Wärme, die bei seinen liebevoll geäußerten Worten durch meine Brust strömt.   „Ich möchte dir das jeden Tag zeigen.“   Christopher schaut mir wieder in die Augen und sein Lächeln wandelt sich zu einem Grinsen. „Wie wäre es dann, wenn du dich endlich mal zusammenreißt und meine Anweisungen hundertprozentig ausführst?“   „Ich gebe mein Bestes“, beteure ich und senke meinem Blick gehorsam.   „Dann ist dein vermeintlich Bestes nicht gut genug, und musst du eben noch mehr geben, Niko“, kontert er, mal wieder in seinem überheblichen Ton, der mir durch Mark und Bein geht und so oft Gänsehaut verursacht, und fügt an: „Und du musst auch mal selbst an gewisse Dinge denken.“ Christopher spielt auf die heutige Tuch-Episode in seinem Büro an und ich schäme mich sofort ein bisschen, weil er natürlich recht hat.   „Ja, Herr. Du solltest mich dafür bestrafen.“   „Das habe ich so eben getan: Hättest du deinen Hals bedeckt, hätte ich dir den Käfig beim Sex abgenommen, vielleicht hätte ich sogar deinen harten Schwanz angefasst. Wer weiß das schon? Hast du aber nicht.“   „Ich finde, ich verdiene eine deutlichere Strafe für diese Unachtsamkeit.“   Christopher schweigt einen Moment lang, ehe er sich mit harter Stimme wieder an mich wendet. „Sieh mich an Niko“. Ich tue es. Auf Christophers Lippen liegt immer noch ein Grinsen, aber es ist nur vage und strahlt eher Kälte als Amüsement aus. „Du tust es schon wieder“, sagt er.   „…was, Christopher?“   „Meine Anweisungen missachten. Ich habe dir gesagt, dass du mich um weitere Strafen bitten darfst. Jetzt kommst du aber wieder mit Suggestionen um die Ecke, willst mir reinreden, mir vorschreiben, wie ich dich zu züchtigen habe, als wärst du hier der Master. Findest du nicht, dass das absolut frech ist? Vergisst du jetzt etwa völlig deine Position, Sklave?“   Unmittelbar verlasse ich den Stuhl und sinke vor Christopher auf die Knie, mein Blick gen Boden gerichtet. In meinem Innern tobt ein kleiner Sturm, den ich zu bekämpfen versuche. Ebenso, wie ich probieren muss, meinen Herren zu besänftigen, der mit allem, was er mir soeben vorgetragen hat, natürlich absolut recht hat: Ich habe mich mal wieder viel zu weit aus dem Fenster gelehnt.   „Nein, Sir“, entgegne ich also untertänig.   „Dann sag mir: Wer beziehungsweise was bist du?“   „Ich bin dein Sklave, Christopher.“   „Und was ist deine Aufgabe als mein Sklave?“   „Dir zu dienen.“   „Und…?“   „Dich zu befriedigen.“   „Und was noch…?“   „…und jeden deiner Befehle auszuführen.“   „Und warum machst du das dann nicht?“   Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe, fühle mich irgendwie ertappt und deswegen unfassbar beschämt. „Weil ich unwürdig bin“, schaffe ich es nach einer Weile, meine Antwort leise zu formulieren und starre dabei weiterhin die Küchenfliesen an. Ich erschrecke regelrecht, als ich Christophers Finger plötzlich in meinem Haar spüre, wie sie sanft über mein Haupt fahren.   „Du musst dich einfach nur ein bisschen mehr anstrengen, Niko…“, spricht mein Master mit milder Stimme zu mir, während er mich weiter streichelt. „Das erwarte ich von dir. Und du wirst mich nicht doch nicht enttäuschen, oder?“   „Nein, Christopher!“, bestätige ich umgehend und klinge ein wenig verzweifelt und gleichzeitig auch enthusiastisch. Er hebt meinen Kopf an und bringt mich dazu, ihm in die Augen zu blicken. „Ich verspreche dir, ich werde mein Allerbestes geben!“, fahre ich fort. „Ich werde brav und gehorsam sein, und wirklich alles tun, was du von mir verlangst. Alles! Ich will dich wirklich nicht enttäuschen, Herr…! Ich will dich stolz machen!“   Christophers Hand wandert zu meiner Wange, die er zärtlich mit seinen Fingerkuppen umspielt. Ich warte auf einen harten Schlag, aber er bleibt aus. Stattdessen streicht mein Master mit seinen Daumen vorsichtig über meine Lippen, und plötzlich werde ich mir des Plugs in meinem Hintern wieder richtig bewusst, der das Sperma meines Herren in meinem Innern hält.   „Gut“, quittiert Christopher dann kurz und knapp und zieht seine Hand wieder zurück. „Jetzt gehst du aber erstmal in die Ecke, weil du ein ungezogener Junge warst.“   ~~~   Ich weiß nicht, wie lange ich die kahle Wohnzimmerwand auf Knien stumm anstarre. Rechts neben mir läuft der Fernseher. Christopher schaut sich gerade eine Nachrichtensendung an, vorher lief eine Doku. Allerdings bin ich mehr als überzeugt, dass er dem Programm nur halbwegs folgt und sein Blick immer wieder zu meiner nackten Erscheinung hier in der Zimmerecke wandert und er sich an meinem kläglichen Anblick ergötzt, den er forciert hat.   Meine Knie fangen langsam an zu schmerzen, und meine Glieder schreien danach, eine andere Position einzunehmen – aber das darf ich nicht. Ich muss es aushalten, es ertragen und über meine Vergehen nachdenken. Und so kreisen meine Gedanken unentwegt um unser Gespräch in der Küche, in der mein nicht vollendetes Essen wahrscheinlich immer noch auf dem Tisch steht.   Dort, wo Christopher mich vorhin so rücksichtslos genommen hat.   Ich stehe dazu, was ich gesagt habe: Ich möchte meinen Master stolz machen. Und ich werde alles daran setzen, dies zu erreichen. Als seine lobenden Worte bezüglich meiner Muffins in meinen Erinnerungen erklingen, huscht ein Lächeln über mein Gesicht, und ich weiß: Ich kann das erreichen. Es ist, wie mein Herr es mir vorgetragen hat: Ich muss mich einfach nur ein bisschen mehr anstrengen.   Erneut stelle ich in diesem Zuge fest, wie glücklich mich die Tatsache macht, dass Christopher derzeit rigoros diese harte Schiene mit mir fährt und mich komplett auf mein Dasein als Sklave reduziert.   Sagte ich schon, dass ich das unheimlich brauche?   Christopher knipst den Fernseher aus und ich halte instinktiv die Luft an. Ich höre, wie er von hinten auf mich zukommt. „Steh auf“, erklingt seine strenge Stimme im nächsten Augenblick schon und ich möchte am liebsten sofort aufspringen und seinem Befehl Folge leisten. Problem: Meine Beine sind eingeschlafen.   Ich stütze mich an der Wand ab, kippe beim Versuch aufzustehen ähnlich wie in den High Heels zur Seite, wackele mit den Zehen, um die Prozedur des Gliedererwachens zu beschleunigen, stelle mich an wie ein dämliches Rehkitz, das zum allerersten Mal auf den eigenen Beinen stehen soll – und ich erhalte absolut keine Hilfestellung von meinem Master.   Christopher wartet stillschweigend und betrachtet mein erbärmliches Treiben. Erst, als ich es endlich geschafft habe, mich zu erheben, gibt er einen Ton von sich: Es ist ein genervtes Schnalzen mit seiner heißen Zunge. Dann packt er mich schmerzhaft an meinem Ohrläppchen und schleift seinen ungehörigen Schuljungen durch den Flur ins Spielzimmer, in das er mich letztendlich hinein schubst. Taumelnd erreiche ich die Mitte des Raumes, und just in dem Moment, in dem ich auf die Knie gehen will, packt Christopher mich am Oberarm und manövriert mich stattdessen in Richtung der Liege, auf der ich mich dann rücklings positionieren muss.   Dann erlebe ich ein kleines Déjà-vu: Wie schon vor wenigen Tagen greift mein Master zunächst nach den Handschellen und befestigt meine Handgelenke an einer speziellen Vorrichtung über meinem Kopf. Dann finden sich abermals zwei Seile in seinen Händen wieder und seine Finger kneifen schmerzhaft in mein Fleisch, als er meine Beine spreizt und anwinkelt. Wieder packt er zunächst meinen rechten Knöchel und schiebt ihn so weit an meinen Körper heran, dass sich die Innenseite meines Unter- und Oberschenkels berühren und mein Fußballen auf meinen plattgedrückten Hintern trifft. So wie vor einigen Tagen, bindet er auch jetzt meinen Fuß an meinen Oberschenkel und wiederholt diese Prozedur auf der linken Seite; auch dieses Mal zieht er den Knoten fest zusammen und ich zische leise dabei auf.   Ich betrachte beinahe in Trance, wie Christopher sich dann von der Liege erstmal wieder entfernt und zu einer der Schubladen stolziert und abermals Latexhandschuhe und Gleitgel herausholt. Nur eines ist dieses Mal anders: Mein Schwanz steckt noch immer in seinem Gefängnis und mein Master erweckt nicht gerade den Anschein, dies ändern zu wollen. Ich schlucke und betrachte, wie er eine größere Menge der transparenten Flüssigkeit in seine offene Handfläche drückt und dann seine in Latex verpackten Finger damit einschmiert. Er tritt von links an mich heran und mir wird schnell bewusst, dass ich recht behalte und Christopher mein Geschlecht heute tatsächlich nicht anfassen wird.   Er ignoriert meinen Schwanz komplett.   Einer seiner glitschigen Finger wandert direkt zu meinem Eingang. Er entfernt den Plug und ich spüre, wie sein Saft Portionsweise aus mir heraussickert. Dass ich derjenige sein werde, der diese Schweinerei später aufräumen muss, steht außer Frage. Aber… ich freue mich sogar ein bisschen darauf. Das Putzen ist schließlich eine meiner Hauptaufgaben als Christophers Sklave in unserem 24/7-Haushalt, halte ich mir zum wiederholten Mal vor Augen. Und ich mag das.   Ein überraschter Laut entkommt meiner Kehle, als mein Master seine Finger plötzlich in meinen Hintern drückt und dann ohne Umschweife beginnt, meine Prostata mit kreisenden Druckbewegungen zu massieren. Das Ganze hat… absolut nichts Erotisches an sich.   Christopher hat zum einen keine Musik aufgelegt, um für eine bestimmte Atmosphäre zu sorgen. Im Laufe unserer Beziehung haben wir zusammen mehrere Playlists erstellt, unsere Lieblingshits herausgefunden und im Spiel erprobt. Allein bei deren Erklingen kann ich schon mal geil werden, weil die Beats mit abgefahrenen Erinnerungen verknüpft sind. Wenn wir im Zimmer sind, läuft eigentlich immer irgendeine Melodie. Mal lauter, mal leiser, mal auftreibender, mal entspannter – je nach Christophers Laune. Angepasst ans Spiel, die vorgesehene Bestrafung. Diese jetzige Stille ist seltsam. Irgendwie… klinisch.   Zum anderen ist der Blick meines Masters alles andere als erregt. Auch nicht betörend-kühl wie so oft, sondern einfach nur… gelangweilt. Nicht so, als würde er eine aufregende, sexuelle Handlung an seinem Partner durchführen, sondern eher, als würde er… sein Auto tanken, weil er sonst nicht mehr nach Hause kommt. Oder einkaufen, weil der Kühlschrank leer ist. Oder ein Formular für einen neuen Perso ausfüllen. Und eigentlich ist mir sofort klar, warum das so ist: Das hier soll nämlich gar nicht erotisch sein, kein schönes Event für mich darstellen, keine erregende Strafe. Das hier ist eine Zwangsentsamung – und ich weiß noch nicht so richtig, wie ich das finde.   Normalerweise drehe ich durch, wenn Christopher seine Finger in meinen Arsch schiebt und meinen süßen Punkt reizt. Doch normalerweise bin ich dann schon enorm erregt, und mein Schwanz ist frei und hart, und mein blutgefülltes Geschlecht reibt dabei gegen Haut oder Matratze oder verschwindet in Christophers Mund. Doch momentan ist es so wie auf dem Küchentisch: Die eigentlich schönen Empfindungen durch die Stimulation können sich nicht gänzlich entfalten, erreichen meine Männlichkeit, mein Innerstes nicht. Und jetzt, wo mein Master so kalkuliert vorgeht und durchgehend meine Prostata reizt, ist das Stimulationsgefühl – und dadurch die Frustration – noch intensiver.   Es ist geil – und gleichzeitig unfassbar unbefriedigend. Ich keuche – und im selben Zuge möchte ich wimmern. Ich schwitze – und mir ist währenddessen kalt.   Christophers Finger sind umbarmherzig. Mein Master variiert seine Bewegungen, streicht über sie, vollführt Kreise, doch der Druck bleibt gleich. Wie lange er mich so gezielt massiert, kann ich bei bestem Willen nicht bestimmen. Es fühlt sich an wie eine ganze Ewigkeit, und als mein Dom dann plötzlich ein „Na, bitte…“ murmelnd von sich gibt, und sich mein Blick auf das richtet, auf das auch Christopher dabei blickt – meinen gefangenen, schlaffen Schwanz – bin ich selber ganz überrascht, als aus ihm weiße Flüssigkeit gemächlich, Tropfen für Tropfen, fließt.   Ich spritze nicht ab. Es fühlt sich auch nicht an wie ein normalerweise von Christopher Lang herbeigeführter, phänomenaler Orgasmus. Es ist kein Höhepunkt.   …und ich kann mittlerweile sagen, dass es mir dennoch unheimlich gefällt. Weil es mich gleichermaßen frustriert wie zufriedenstellt.   Mein Nicht-Orgasmus dauert eine ganze Weile, und mein Master hört auch erst auf, meine Prostata zu stimulieren, nachdem wirklich nichts mehr rauskommt; in meinem Unterleib zieht es sich mittlerweile fast schon schmerzhaft zusammen, und gleichzeitig verspüre ich nach der Prozedur einfach überhaupt gar keine Lust mehr. Christopher hat meine Erregung gekillt ohne mir Genugtuung zu verschaffen. Dieser süße Schuft…!   Mein Master zieht die Handschuhe aus, die dabei wieder dieses ekelhafte Quietschen von sich geben und befördert sie in die Mülltonne, wäscht sich die Hände, und tritt erst danach wieder an mich heran, um meine Fesselungen zu lösen. „Mach hier sauber“, trägt er mir auf, „und danach die Küche. Dann nimmst du eine Dusche und kommst zu mir ins Bett.“   „Ja, Christopher.“   Ich gehorche. ~~~   Mein Freund liest etwas auf seinem Handy, als ich nach dem Erfüllen meiner Aufgaben wie von ihm gefordert zu ihm stoße. Als ich mich an ihn kuschele, erhasche ich einen kurzen Blick auf das reparierte Display – und möchte schon wieder kotzen. Er hat gerade mit Adrian gechattet. Ein ungewolltes lautes Seufzen entfährt meinem Mund und Christopher legt das Mobiltelefon beiseite; er hat natürlich sofort gecheckt, was Sache ist.   „Sieh mich an“, weist er mich an – und zwei Seiten kämpfen in meiner Brust. Zum einen möchte ich ja meinen Master zufriedenstellen und alles tun, was er mir sagt. Ich habe ihm schließlich vorhin erst mehr oder weniger geschworen, alles zu tun, was er von mir verlangt – was sowieso immer mein Credo sein sollte. Zum anderen ist da aber diese seltsame eifersüchtige Zicke, die in mir erwacht ist und jetzt auf stur schalten möchte; zu mir meint, ich sei verletzt und solle schmollen und eine Entschuldigung von Christopher forcieren.   Die emotionale Schlacht ist hart, aber sie dauert nicht lang. Es gelingt mir, mich mit einem metaphorischen Schwerthieb schnell auf mein wahres Ich zu besinnen: Ich bin keine Zicke – ich bin Christophers devoter Sklave, und so blicke ich wie angewiesen meinen Herren an und entschuldige mich im fügsamen Ton, dass ich auf sein Handy geschaut habe und versichere ihm, dass das keine Absicht war, ebenso wie das Seufzen. Eigentlich ist alles geklärt, was Adrian angeht. Was soll das Ganze also, frage ich die besiegte Zicke in mir, die in einer dunklen Ecke bewusstlos geschlagen liegt und deshalb wahrscheinlich nicht antworten kann.   „Adrian hat mir eben nur geschrieben, dass er einen Amazon-Gutschein für seine Nichte geholt hat und schon eine Drogerie rausgesucht hat, in die er sie zum Make-up-Shoppen ausführen wird“, erklärt Christopher mit milder Stimme, während er mich fester gegen seinen Körper presst und mein Kopf auf seiner Schulter ruht. „Mehr war das nicht. Und jetzt möchte ich nichts mehr dazu hören, verstanden?“   „Ja, Christopher“, entgegne ich gehorsam, schließe die Augen und atme seinen Duft ein, während er mir einen Kuss auf die Stirn haucht und das Licht löscht. Doch an Schlaf kann ich momentan noch nicht denken. Nicht wegen Adrian. Diesen Wichser sperre ich jetzt erstmal wieder aus meinen Gedanken aus. Weil er nicht würdig ist, in ihnen zu erscheinen, und weil mein Master mir das auch mehr oder minder befohlen hat. „…woher hattest du eigentlich die High Heels?“, frage ich stattdessen.   „Von Holger.“   „Hätte ich mir denken können“, entgegne ich grinsend. „…hast du ihm erzählt, dass…“   „…dass du dich damit fast auf die Schnauze gelegt hast?“, beendet Christopher amüsiert meinen Satz.   „…ja…“   „Habe ich. Ist das schlimm?“   „…nein“, antworte ich und meine es auch so. Tatsächlich finde ich diesen Umstand auch eher amüsant als alles andere und… irgendwie scheine ich wirklich so etwas wie eine gespaltene Persönlichkeit zu besitzen, wie Christopher das schon öfter selbst formuliert hat. Auf der einen Seite möchte ich natürlich immer noch, dass die Mehrheit der Dinge, die zwischen Christopher und mir passiert, reine Privatsache bleibt. Auf der anderen Seite genieße ich im Moment die Tatsache, dass es zu Holger dringt, wie hart mein Master gerade zu mir ist, wie er mich behandelt und kleinhält und degradiert.   Ist es der Umstand, dass sich der Riss in der herrischen Fassade durch diese Zementierung seines Master-Daseins – auch in den Augen anderer – schließt? In meinen Gedanken jedenfalls klingt das plausibel…   „Kann Martin darin laufen?“, höre ich mich fragen und spüre Christopher nicken.   „Sogar ziemlich gut.“   „…bist du enttäuscht, dass ich es nicht kann?“   Mein Freund gluckst. „Nein, Niko, alles gut. Ich wollte dich nur in eine unangenehme Situation bringen – sie haben ihren Zweck also erfüllt.“   „Das heißt, ich muss sie nicht noch einmal tragen?“   „Das kann ich dir noch nicht sagen.“   „Okay …hast du Holger auch vom Abmelken erzählt?“   „Nicht direkt. Er weiß aber, dass ich dich gerade eine lange Zeit keusch halte – er kann sich also denken, dass das unter anderem gerade bei uns passiert. Er macht dasselbe übrigens gerade mit Martin…“   Ich grinse. „Und wer hält sich besser?“   „Hmm…“, macht Christopher und klingt dabei ein wenig verspielt. „Gute Frage. Wir haben alle Zeit der Welt, das rauszufinden…“   Was so viel bedeutet wie: Du wirst noch eine ganze Weile weggesperrt bleiben, Niko…   Meine Hände streicheln über Christophers warme Brust und er zieht die Luft hörbar ein, als ich meine Finger über seine Warzen streicheln lasse, die sich unter diesen Berührungen beginnen zu verhärten. Ich rutsche noch dichter an ihn heran und küsse seinen Hals, beginne, seine sensible Haut dort zu lecken und Herr Lang seufzt leise und genüsslich, als ich meine Hand letztendlich in seine Shorts wandern lasse und sein Geschlecht damit umschließe, das sich unter dieser Behandlung in nur wenigen Sekunden komplett versteift. Wir knutschen und Christopher stöhnt in meinen Mund, als er letztendlich von meinem spontanen Handjob das zweite Mal an diesem Abend kommt – und schläft ganz schnell ein, nachdem er mir erneute Liebesbekundungen ins Ohr gewispert hat. Und ich? Ich liege noch eine ganze Weile einfach so da, bis mir beinahe schlecht wird von dem Gedankenkarussell, aus dem es ohne Christophers expliziten Befehle offenbar kein Entfliehen für mich gibt.   Ich denke leider Gottes schon wieder an Adrian, an die Putzsklaven, an die Tatsache, dass Christophers unordentlich ist und mir das alles so lange verschwiegen hat. Ich denke an meine Mutter und frage mich, ob ich dem Frieden trauen kann, und wann ich wohl ihre Stieftochter kennenlernen werde. Frage mich, ob sie sie behandelt wie ihr eigenes Kind, so wie Udo es mit dem Nachwuchs seiner zweiten Frau tut. Udo, der weiterhin schweigt und mir nur Geld aufs Konto schiebt, damit ich dieses beschissene Studium zu Ende bringe. Ob ich jemals meinen Halbbruder kennenlernen werde? Ob ich mal auf Adrian treffen werde? Ob ich schon mal mit Chrissies ehemaligen Putzsklaven unbewusst auf einer Party gesprochen habe? Ob Christopher mir noch was verschweigt?   Mein Herz rast und ich finde keinen Ausschaltknopf für dieses grauenhafte Fahrgeschäft. Also versuche ich, die Inhalte dieses gedanklichen Kreises auszutauschen. Ich denke daran, wie mein Freund mich das Telefonat mit dem Italo-Macho hat mithören lassen, an all seine süßen Worte, mit denen er mir seine Liebe ausgedrückt und mir klargemacht hat, dass es nur noch mich für ihn gibt und das seit Jahren, an das Angebot, ihn einfach nur zu fragen und dann alle Details zu erfahren – und es hilft. Der Gedanke, dass mein Freund mir möglicherweise noch etwas verschweigt, fliegt aus dem Karussell.   Ich denke an die letzten Tage, an Christophers Bestrafungen – an die Sache mit den High Heels und die ekelhafte Suppe, und die Gedanken an Adrian sind komplett ausradiert. Ich rufe mir den zu Bruch gehenden Küchenteller ins Gedächtnis, und Udo Klaas fliegt wie das Porzellan aus dem imaginären Kirmesgeschäft. Ich denke an Christophers belehrende Worte, an seine Hand, die unliebsam an meinen Haarsträhnen zieht, und die Fragen rund um meine Mutter lösen sich in Luft auf. Ich denke an die Zwangsentsamung – und die Gedanken an die Putzsklaven sind wie weggefegt.   Die Gedanken an Christophers befehlshaberische Stimme und seine harte schlagende Hand sind die letzten, die ich habe, ehe ich in einen wunderschönen, erholsamen Schlaf gleite, und als ich am nächsten Morgen erwache, ist ein neuer Gedanke geboren worden. Einer, der mich überrascht, und der gleichzeitig so beruhigend und wundervoll ist, dass ich den Unitag so entspannt wie schon lange nicht mehr überlebe.   Nervös werde ich erst, als ich am Abend auf meinen Master warte und in meinem Kopf nach den richtigen Worten suche, um ihn meinen neuen Wunsch mitzuteilen, um seine Erfüllung zu bitten. Christopher ist gut drauf, hat zwei Nudelgerichte vom Italiener mitgebracht, öffnet uns eine Flasche Rotwein, erzählt am Küchentisch sogar ein bisschen was von dem Kanzleiausbau.   „Die Arbeiten sind durch, jetzt müssen wir nur noch Kleinkram verschieben und dann stehen schon mal die Räumlichkeiten komplett. Allein dadurch wird der Alltag jetzt wieder entspannter. Ende nächster Woche machen wir dann noch eine Gesamtkonferenz, damit sich alle noch einmal in Ruhe kennenlernen und wir der gesamten Belegschaft erklären können, wohin die Reise geht“, erklärt er und ich starre seine Hände an und stelle mir vor, wie er mich beim knallharten Sex damit würgt. „Hörst du mir überhaupt zu, Niko?“   „Natürlich, Christopher“, antworte ich gehorsam und blicke in seine hübschen Augen. „Freut mich, dass du bald weniger Stress hast.“   Mein Freund runzelt die Stirn. „Was ist eigentlich los?“, will er dann wissen und ich schlucke. Er kennt mich einfach viel zu gut.   „Ich möchte etwas mit dir besprechen, Herr“, beginne ich und lege meine Gabel beiseite, senke den Kopf.   Christopher nimmt einen Schluck Wein und starrt mich an. „Dann sprich.“   „Ich würde mich äußerst freuen, wenn du mich übermorgen während unseres Besuchs bei Kilian rein als Sklaven behandelst.“   Natürlich bin ich 24 Stunden am Tag Christophers Sklave. Er kann seine Macht überall über mich einfordern. Aber ich bin eben auch sein Freund, Partner, Lebensgefährte – deswegen ist es wichtig, dass wir vor bestimmten Events im Vorweg darüber sprechen, falls eine dieser Positionen für einen bestimmten Zeitraum komplett wegfällt, und wie genau das Ganze dann ablaufen soll. Wenn wir beispielsweise auf explizite BDSM-Partys gehen, finden solche Gespräche vorab statt, und wir besuchen sie grundsätzlich als Dom und Sub. Bei den Stammtischtreffen ist es eine Mischung aus beidem, weil diese Zusammenkünfte eher legerer sind. Und bei privaten Treffen? Eine noch softere Mischung aus BDSM und Liebespaar – doch genau das will ich erstmals ändern.   Mein Freund leckt sich leicht über die Lippen. „Holger und Martin sind da?“, hakt er nach und ich nicke.   „…und Dominik…“, füge ich mit klopfendem Herzen an und suche seinen Blick. „Ich hab vorhin noch einmal mit Kilian geschrieben.“   Ich denke an Christophers Worte bezüglich des Doms in Uniform, der uns beiden im Endeffekt diese krasse Session verschafft hat, und den mein Freund eigentlich auch sympathisch fand – auch wenn ihn mein Aufeinantreffen mit diesem Mann, wie er erst letztens zugegeben hat, verunsichert hat, Stichwort: Eifersucht und dumme Gedanken. Unter anderem ist das anstehende Wiedersehen deshalb die perfekte Möglichkeit, diesem Menschen noch einmal zu zeigen, dass mein Arsch und mein Herz nur Christopher gehören, und was für ein abgefahren guter Master Herr Lang ist – das ist auch im Grunde genommen der zentrale Kern meines Gesamtanliegens: Jedem Anwesenden, und dadurch vor allem mir selbst, klarzumachen, dass Christopher mein strenger Herr ist.   „Hm…“, macht mein Freund, nimmt einen weiteren Schluck Alkohol und stellt das Glas dann erstmal beiseite. Er schweigt eine Weile und ich kaue schon nervös auf meiner Unterlippe rum. „Warum das Ganze?“   „Weil ich es momentan extrem brauche, dass du mich auf meine Position des Sklaven reduzierst. Das hilft mir, alles zu verarbeiten, was in den letzten Tagen und Wochen angefallen ist“, erläutere ich. „Ich muss spüren, dass du mein harter Dom bist – und irgendwie glaube ich, dass das besonders gut klappt, indem du mich halt… vorführst, und anderen deutlich zeigst, dass du mein Herr bist. Ich meine: Ich mache jetzt keine Rolle rückwärts und will plötzlich von dir irgendwie auf Partys wie Martin öffentlich bloßgestellt oder sogar an andere Master verliehen werden oder was weiß ich, darüber haben wir schon etliche Male gesprochen, daran ändert sich nichts. Aber… Jetzt mit der kleinen Runde – das ist halt ein bisschen was anderes. Und mit Dominik ist auch nur ein ‚Fremder’ dabei, der Rest, das sind unsere Leute und… Also. Ja.“, antworte ich und weiß am Ende meines Wortschwalls gar nicht mehr, ob ich überhaupt verständlich bin.   „…hat das mit dem, wie sagtest du noch gleich, Riss in meiner herrischen Fassade zu tun…?“   „…auch“, gebe ich zu.   „Und was genau stellst du dir vor?“, hakt Christopher nach einer Weile nach – und das bedeutet, dass er der Idee nicht abgeneigt ist. Im Grunde genommen ist das ja alles auch nicht unbedingt etwas Neues, und mein Freund steht auch total auf diese Machtdemonstration. Ich denke daran, wie oft er mich auf Partys als Fußbank benutzt, oder vor den Augen anderer zwischen seine Beine auf den Boden drängt, mich an seinen Stuhl kettet, mich den ganzen Abend vor sich knien und kriechen lässt – um deutlich zu machen, dass ich sein Eigentum bin und er mit mir tun und lassen kann, was er will; dass ich kein Mitspracherecht habe, dass ich sein Sklave bin. Also ja: Alles nichts Neues; bis auf ein winziges, essenzielles Detail, das ich ihm noch verklickern muss…   „Ich würde es zum Beispiel begrüßen, wenn du mich des Tisches verweist und ich, wie auch während der ganzen Partys, auf dem Boden bleiben muss.“   „Wärst du damit einverstanden, alle Mahlzeiten aus dem Napf zu dir zu nehmen, auch die Getränke?“   Die Verhandlungen laufen. „Absolut.“   „Halsband und Leine?“   „Gern.“   „Du sprichst nur, wenn ich dich dazu auffordere.“   „Ja, Christopher.“   „Möchtest du Kilian, Holger und auch Dominik mit dem Zusatz ‚Master’ ansprechen?“   „…ich möchte wenn, dann nur dich so ansprechen.“   „Okay.“   „Du kannst mir ins Gesicht schlagen, wenn du willst.“   „In Ordnung. Bestimmte Kleidung?“   „Was auch immer du dir für mich aussuchst.“   „Kilian will für uns kochen. Du wirst ihm beim Servieren helfen und dich natürlich auch um Abwasch und Co kümmern.“   „Na klar.“   „Es gelten die normalen Safewords?“   „Ja.“   „Hm“, macht Christopher und klingt dabei relativ zufrieden. Er nippt erneut an seinem Wein und ich tue es ihm gleich. „Sonst noch irgendwelche Details, die wir vorab klären sollten, oder läuft der Rest, wie sonst auch, spontan übermorgen?“   „Eine bestimmte Sache wäre da noch…“   „Ich höre…?“   Ich nehme einen großen Schluck Wein, stelle das Glas ab und schaue Christopher tief in die Augen. „Ich möchte, dass du mir vor den Augen der anderen meinen blanken Arsch versohlst – mit der Hand, dem Paddel oder von mir aus auch deinem Gürtel.“   Christopher verschluckt sich an seinem Wein.   „...wie bitte?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)