Fragmente von SamAzo (One Shot Sammlung) ================================================================================ Besuch ------ Alleine saß Quint auf dem Dach und schaute sich die nächtliche Stadt an. Einige Etagen weiter unten war eine Party, auf die auch er eingeladen war, aber er hatte dringend eine Pause von dem ganzen gebraucht. Die Leute, die Musik, das Gedränge... Immer in solchen Momenten setzte er sich alleine irgendwohin, wo normalerweise kaum einer hin kam. Da war es immer so schön ruhig. Außerdem genoss er die Aussicht. Die vielen Lichter der Stadt und die Leute, die kostümiert durch die Straßen zogen, um ihre Partylocation zu wechseln. „Alte Angewohnheiten bekommt man nicht so schnell wieder weg, was?“, hörte er plötzlich neben sich. Kurz darauf setzte sich ein blonder, junger Mann neben ihn auf die Kante und strich sich einige Haare aus der Stirn um seinen Sitzpartner ansehen zu können. Er sah aus wie früher. Vor dem Fluch und als sie noch wirklich gute Freunde waren. „Einiges muss halt konstant bleiben“, antwortete der Vampir, der erst seinen Gast ansah und dann wieder auf die Stadt schaute. „Wann hatten wir schon einmal so einen Ausblick, damals?“ Sein Nebenmann lachte leise. „Da gab es mehr hohe Bäume als so riesige Gebäude. Das war eines der Dinge, die ich wirklich gemocht habe, an der jetzigen Zeit.“ Quint nickte. Das konnte er gut verstehen. Es war einfach atemberaubend schön. Vor allem der Sonnenunter- und aufgang, auch wenn er davon nie alles mitansehen konnte. Es war wunderschön. „Warum bist du hier?“, wollte der Vampir wissen. „Ich... wollte einfach einem alten Freund Gesellschaft leisten“, erklärte sich der andere. „Nach all den Jahren und dem, was zuletzt zwischen uns passiert ist, wollte ich ein wenig was wieder gut machen. Mich... entschuldigen.“ „Jirko...“ „Nein Quint. Ich meine das ernst. Du hattest recht, mit allem.“ Der Vampir lachte leise und schüttelte den Kopf. „Natürlich hatte ich recht! Sonst hätte ich nicht jahrelang versucht eine Lösung zu finden, obwohl du mich... gehasst hast.“ Jirko nickte und zog schließlich ein Knie an, um sein Kinn darauf zu stützen. „Und dennoch ... warst du immer ein Freund. Egal was ich getan oder wie sehr ich dir dein Leben erschwert habe.“ „Dafür sind Freunde doch da, oder?“ Der Blonde nickte und schaute weiter auf die Stadt. „Wie lange kannst du bleiben?“, wollte der Vampir wissen. „Ich weiß nicht“, erwiderte sein alter Freund. „Die Nacht über... vermutlich.“ Quint schaute zu seinem Sitzpartner und hob eine Hand, um ihm eine Haarsträhne hinter das Ohr zu streichen. Doch er fasste ins Leere. „Scheiße, was?“ Jirko lächelte und tat nun das, was Quint hatte machen wollen. „Da werde ich mich auch noch ein wenig dran gewöhnen müssen. Aber ist ja nicht für lange. Nur heute Nacht.“ „Und vielleicht nächstes Jahr wieder?“ Noch immer blickte er zu seinem Freund. Bester Freund... Bruder... „Wir könnten eine Tradition draus machen!“ Jirko grinste. Er hatte keine Ahnung, ob er das so einfach sagen konnte, aber er würde es versuchen. Es fiel ihm zwar schwer es zuzugeben, aber er hatte Quint vermisst. All die Jahre schon, tief unter seinem Hass verborgen... Nein, eigentlich irgendwo in dem Gefühlswirrwarr, das er bis zu seinem Tod nicht hatte verstehen können. Hass auf sich, auf Quint... Verzweiflung... Schmerzen... Aber das war alles vorbei. Es würde nie wieder so sein, denn er war nun irgendwo zwischen allem. Ob es besser war, konnte er noch nicht sagen. Das würde sich wohl auf die Dauer zeigen, aber er fühlte sich wesentlich besser, als zu der Zeit, als er noch gelebt hatte. Nein, als er untot gewesen war. Wie auch immer. „Es wäre toll, wenn wir eine Tradition daraus machen könnten“, riss ihn die Stimme seines Freundes aus den Gedanken. „Vielleicht kannst du mal den ein oder anderen mitbringen.“ „Nein, ich glaube, das wird nicht gehen.“ Da sollte er mal keine Hoffnungen schüren. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es zum anständigen Geist schaffe“, scherzte er weiter. Sie lachten beide leise. Es tat gut. „Quint?“ Der Vampir drehte sich zu dem Besitzer der Stimme, die eben seinen Namen gesagt hatte. „Oh, Miles...“ Er hatte ihn gar nicht bemerkt. „Mit wem redest du?“, wollte der Jüngere wissen. Als Quint sich zu Jirko drehte, war dieser verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)