Fragmente von SamAzo (One Shot Sammlung) ================================================================================ Freunde ------- Nicht wirklich begeistert schaute sich Quint die einzelnen Gegenstände auf dem Tisch an. Miles hatte ihn zu sich eingeladen weswegen er nun hier stand und Plätzchen backen durfte. Womit hatte er das verdient? Was hatte er angestellt, dass er nun tatsächlich etwas Essbares zubereiten sollte?! Immerhin hatte er nicht einmal einen blassen Schimmer, wie gut die Hälfte der ganzen Dinge dort benutzt wurde. Wozu hätte er sich auch damit beschäftigen sollen? „Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass du keine Ahnung hast, wie man Plätzchen macht?!“ „Warum sollte ich das wissen?“, antwortete der Vampir während er einen Messbecher begutachtete und versuchte herauszufinden warum er die Maßeinheit nicht kannte. Miles legte den Kopf schief und beobachtete den Untoten eine Weile. „Na, wenn du es absolut nicht willst... Gleich kommen noch ein paar Freunde von mir.“ Quint wurde hellhörig und schaute zu seinem Gegenüber. „Freunde?“ „Ja, wir backen jedes Jahr zusammen.“ Miles wog gerade die Butter ab, die er brauchte um einen Teig vorzubereiten. „Du kannst doch nicht einfach deine Freunde einladen, wenn ich hier bin!“ „Wieso nicht? Du bist mein Freund, oder nicht? Also gehörst du auch dazu. Auch wenn du dich weigerst mitzuhelfen.“ „Ich kann nicht backen oder kochen. Woher auch? Ich hab das nie gemacht. Außerdem will ich nicht unnötig Kontakt zu deinen Freunden haben.“ „Es sind meine Freunde! Sie machen sich Sorgen um mich und sie wollen wissen ... Ob ich mir dich nur einbilde. Also ... du verstehst?“ Quint schaute mit etwas entgleisten Gesichtszügen zu Miles. Er ging ganz schön locker damit um, dass seine Freunde seinem Geisteszustand nicht wirklich trauten. Nun war er es, der sein Gegenüber beobachtete. Schweigend rührte der junge Mann seinen Teig, sodass der Vampir sich letztendlich aus langeweile einem Rezept widmete. „Was ist eine 'Prise'?“ „Soviel wie zwischen zwei Finger passt.“ „Dann ist das aber eine ungenaue Mengenangabe.“ „Da kann ich nichts zu. Immerhin hab ich die nicht gemacht.“ Noch immer stand der Vampir eher fehl am Platz in der Küche. Statt zu helfen roch er am Marzipan, dann an den Gewürzen, die für irgendeinen Kuchen dort standen, und zu guter letzt drückte er auf den Tasten der Küchenwaage herum. „Hey, du verstellst doch alles!“ „Quatsch, ist noch genau so wie es war.“ „Das hoffe ich für dich.“ Quint grinste Miles an. Davon, dass der Kleine jemals Angst vor ihm gehabt hatte, konnte man nichts merken. Die Türklingel zerriss den Moment und, ohne dass es einer Aufforderung bedurfte, verschwand der Vampir Richtung Tür. Immerhin konnte er sich so vor dem Plätzchen Wahn retten. Mit Schwung öffnete er die Tür und wurde direkt von drei verwirrten Augenpaaren angestarrt. „Hi!“, begrüßte er die Unbekannten. Zuerst dachte er, dass sie vergessen hätten, dass sie hinein wollten, da sie sich nicht rührten. Doch nachdem er die Tür noch weiter geöffnet und sie mit einer Geste herein gebeten hatte, wurden Miles Freunde auch wieder lebendig. „Ehm, du bist Quint?“ „Ja, ich bin das Hirngespinst! Nett euch kennenzulernen. Der Konditormeister ist in der Küche.“ Ohne auf die Neuankömmlinge zu warten ging er zurück zu Miles. „Deine Freunde sind da – was kaum zu überhören war. Ich bin dann mal im Wohnzimmer...“ „Hey, nein. Bleib hier! Wir backen doch.“ „Genau deswegen. Ich kann den Kram doch eh nicht essen. Warum soll ich dann hier bleiben?“ „Weil ich dich darum gebeten habe?“ Der Vampir schnaubte leise, ließ jedoch jeden weiteren Kommentar, da nun auch die Anderen den, gefühlt, viel zu kleinen Raum betraten. Sie hatten sich ihrer Jacken, Handschuhe und Mützen entledigt und begrüßten nun jeder einzeln Miles mit einer kurzen Umarmung. „Hi, ich bin Chloe!“ Stellte sich die Braunhaarige nun auch Quint vor. Sie schaute ihn mit einem schüchternen Rehblick an, der mit ihren braunen Augen wunderbar zusammen passte, und reichte dem Untoten die Hand. Dieser nickte nur und lächelte freundlich, was er bei den anderen wiederholte. Was sollte er auch sonst tun? Einfach abhauen kam nicht in Frage und da dieses kleine Grüppchen sich bestimmt nicht so einfach abwimmeln ließ, musste er wohl eine Weile diese unangenehme Situation aushalten. Chloe, Rachel und Kyle entschieden sich ihre verkühlten Finger kurz an einem heißen Getränk zu wärmen. Wobei natürlich jeder etwas anderes wollte. Rachel einen warmen Kakao, Chloe einen Tee mit Milch und Kyle einen Kaffee. Allerdings musste Miles nicht einen Finger rühren um seine Gäste zu versorgen, da sie sich bestens auskannten und während der Gastgeber fleißig weiter den Teig knetete, machte Rachel die gewünschten Getränke. Chloe hingegen ging sich die Hände waschen und half Miles, ohne dass er, wie bei Quint, x- Mal fragen musste. Einzig Kyle interessierte sich mehr für den Vampir. Immerhin hatte sich soeben herausgestellt, dass sie ihren Freund zu Unrecht verdächtigt hatten sich Menschen einzubilden. Was dem Dunkelblonden offensichtlich am wenigsten gefiel, war, dass Quint genau wusste was sie gedacht hatten. Schon an der Tür hatte er ihnen das unter die Nase gerieben. Eigentlich war diese Vermutung über Miles' Geisteszustand schon Grund genug diese Leute nicht zu mögen. Aber es waren nicht seine Freunde und somit konnte es ihm egal sein. Oder zumindest sollte es ihm egal sein. War es nur leider nicht. Aus irgendeinem Grund gefiel es ihm ganz und gar nicht. „Ihr habt euch also in der Klinik kennengelernt?“, fragte Kyle. Quint nickte. „Warum warst du da?“ Der Vampir schaute zu dem etwa gleichgroßen, dunkelblonden, jungen Mann. Nahm der etwa gerade an er wäre dort Patient gewesen? Der Unterton der Frage ließ kaum einen anderen Schluss zu. Quint lehnte sich an den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist schon ok, wenn du es nicht sagen willst. Kann ich schon, irgendwie verstehen.“ Der Vampir schüttelte den Kopf und lachte leise. „Ich war da um jemanden zu besuchen.“ „Oh... oooh“, traf Kyle die Erkenntnis. Rachel und Chloe hörten zu, genauso wie Miles. Letzterer tat so als wäre er zu sehr damit beschäftigt um etwas mitzubekommen, doch Quint wusste es besser. „Wobei ... ich manchmal befürchte ein Arzt könnte mir auch nicht schaden.“ Das entlockte Miles einen kurzen Blick, was der Vampir mit einem kleinen Nicken quittierte. Kyle schaute zwischen den Beiden hin und her. „Und warum? Wenn ich fragen darf“, hakte er nach. „Darfst du nicht.“ Kyle kratzte sich verlegen an der Stirn und hatte wohl irgendwie den Faden seiner Fragenserie verloren. „Du Quint, willst du nicht auch helfen?“, wollte darum Chloe wissen. Der Gefragte schüttelte den Kopf. „Nein danke.“ „Ich glaube er will nicht mitbacken, weil er keine Plätzchen essen ... darf“, erklärte Miles darauf. „Darfst du nicht? Wieso nicht?“ „Zuviel Zucker... und Fett. Das passt nicht in ... meine spezielle Diät!“ „Spezielle Diät?“ Miles schaute zu Quint. „Naja, es war wohl eine blöde Idee ihn zum backen einzuladen. Wo ich es doch weiß“, erklärte er kurz für alle. „Ich kann es auch verstehen, wenn du gehen willst.“ Doch der Vampir schüttelte den Kopf ein weiteres Mal. „Ich bin im Wohnzimmer und schau mal was du an Musik da hast. Nur fragt mich bitte keiner, ob ich etwas probieren will.“ Chloe nickte, während Kyle das ganze etwas merkwürdig vorkam. „Oh hey, wenn du magst. Ich hab hier was, da kannst du dich eintragen. Miles steht auch drin.“ Rachel kramte kurz in ihrer Handtasche, die von der Größe her auch ein Koffer hätte sein können, und reichte Quint ein Buch. „Was ist das?“, wollte er wissen, als er es in der Hand hielt. „Da tragen sich Leute ein. Freunde. Nur, falls dir sonst zu langweilig wird“, erklärte Rachel. „Und da steht Miles drin?“ Sie nickte. Der Untote grinste schief und verschwand mit dem Buch ins Wohnzimmer. Dort angekommen, setzte er sich gemütlich auf das Sofa und blätterte einfach drauf los. Schon nach wenigen Seiten fand er den Namen nach dem er schauen wollte. In einer unsicheren, krakeligen Schrift stand er auf dem abgegriffenen Papier. Vollständiger Name: Miles Howell Geburtstag: 17.09.1987 Alter: 13 Augen/Haarfarbe: Braungrün/Braun Was ist dein Lieblingsschulfach? Geschichte Was ist deine Lieblingsfarbe? Grün Was ist dein Lieblingsgame? - Was sind deine Hobbies? Lesen, Musik hören Wie oder wo stellst du dich in 10 Jahren vor? Keine Ahnung, ich weiß nicht einmal wie ich mir nächste Woche vorstellen soll. Was isst du am liebsten? Pizza Mit wem würdest du zusammenziehen? - Wer würdest du gern mal für 1 Tag sein? Jemand normales. Wohin würdest du gern mal verreisen und wen würdest du mitnehmen? Einmal um die Welt mit meinen Freunden. Möchtest Du gerne Kinder haben? Nee, hab genug mit mir zu tun. Welchen Beruf willst du mal machen? Hubschrauberpilot Spielst Du ein Instrument, wenn ja, welches? Nein Mit wem aus Deiner Familie bist am am liebsten zusammen? Meinem Onkel Was würdest du machen, wenn du einen Tag lang unsichtbar wärst? Was ändert sich dann? Wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, was würdest du dann anders machen? Wäre ich dann auch krank? Dann will ich dieses Leben nicht nochmal leben. Was war das bis jetzt schönste Erlebnis in deinem Leben? Der Urlaub in Peru. Welcher Religion gehörst du an? Christ... Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Weiß nicht Glaubst du an Aliens/Ufos/...? Es wäre cool wenn es welche gäbe. Aber ich glaube nicht wirklich daran. Was würdest du mir einem Lottogewinn machen? Ausgeben! Wer ist deine große Liebe? Bis jetzt niemand. Hast du schon mal etwas gesetzlich Verbotenes getan? Wenn ja, was? Hab mal eine Chipstüte geklaut. Ohne wen/was kannst du nicht überleben? Meine Medikamente ... so fühlt es sich zumindest an. An wen/was denkst du wenn du allein bist? ... Quint blätterte weiter. War das schon alles? Allerdings war dieser kleine Einblick schon interessant. Vor allem, was man zwischen den Zeilen herauslesen konnte. Der Vampir schaute in den Flur und lauschte dabei in die Küche. Sie redeten und versuchten dabei so viel wie möglich über Quint heraus zu finden. Er musste lächeln. Miles dachte sich wirklich plausible Dinge aus. Könnte er sich das auch alles merken falls sie es jemals wieder fragen sollten? Der Untote schlug das Buch zu und legte es auf den Tisch. Er würde wohl besser nicht dort hinein schreiben. Also was konnte er stattdessen tun? Beim Plätzchen backen helfen fiel schon einmal weg. Nur leider konnte man sonst nicht viel anderes tun. Er legte sich auf das Sofa, schaute weiterhin in den Flur und lauschte. Etwas hatte sich geändert. Die Atmosphäre war nicht mehr so gelassen. Den Mädchen schien auch etwas aufgefallen zu sein, denn er hörte Rachel, wie sie Miles fragte ob alles in Ordnung sei und Chloe bemerkte, dass er ganz schön blass war. Von dem Angesprochenen kam hingegen nichts. Doch anders als die Beiden, konnte Quint selbst von hier aus in den Kopf des Jungen sehen. Und das was er da sah, oder besser hörte, gefiel ihm nicht wirklich. Das ganze Wirr Warr machte selbst ihm Kopfschmerzen und dabei konnte er den Lärm ausblenden. „Ich lege mich mal besser hin“, hörte er ihn dann. „Irgendwie ist mir nicht besonders gut. Vermutlich habe ich mich erkältet, so kalt wie es draußen ist, wäre das ja kein Wunder.“ Da log der Kleine doch glatt seine Freunde an. Vermutlich wollte er nicht, dass sie wussten, was gerade in seinem Kopf vorging. Nur dass sie es sich auch denken konnten, so nervös wie er inzwischen war. Das nannte man wohl 'herben Rückschlag'. Die Drei ließen ihn gehen und waren auch danach noch eine Weile merkwürdig ruhig. Sie wussten auf jeden Fall was los war. Was das darauf folgende Geflüster bewies. Quint stand auf, ging ungesehen über den Flur, betrat leise Miles Schlafzimmer und betrachtete den jungen Mann auf dem Bett. Miles saß, mit angezogenen Beinen, auf seiner Decke und presste sich die Hände auf die Ohren. Es war unnütz und das wusste er nur zu gut. Tränen rannen ihm über die Wangen, während er leise zu sich murmelte. Der Vampir presste die Lippen aufeinander und schloss die Tür hinter sich. Er mochte den Jungen einfach zu sehr, als dass er ihn so sehen wollte. Langsam ging er um das Bett und setzte sich vor Miles. „Hey Kleiner.“ Obwohl Miles ihn ansah, war er sich nicht sicher, ob er ihn auch erkannte. „Oh Mann, Miles...“ Quint seufzte, schloss die Augen und lehnte seine Stirn an die des Menschen. Irgendwie musste er ihm diesen Lärm aus dem Kopf filtern, auch wenn er so etwas noch nie getan hatte – zumindest nicht in diesem Maße. Wie lange es dauerte wusste er nicht, sein Zeitgefühl war sowieso nicht mehr normal, doch Miles entspannte sich und lehnte sich dabei immer mehr an den Untoten. Wusste er denn nicht wie gefährlich so etwas sein konnte? „Ist es jetzt besser?“, fragte der Vampir flüsternd. Er bekam ein Nicken und als nächstes spürte er die Arme des jungen Mannes um seinen Hals. „Ehm, was wird das?“ „Gemütlicher!“ „Willst du dich dann nicht lieber hinlegen?“ Auch wenn er Miles mochte, er wollte ihn nicht um seinen Hals haben. Eigentlich wollte er niemanden so nah an sich. Das weckte Erinnerungen, die besser weiter verborgen blieben. Ganz, ganz tief versteckt im hintersten Teil seines Kopfes. Da wo niemals jemand nachsieht. Die Wärme des lebenden Körpers war nun jedoch der Grund, weswegen sich dieses Stück Vergangenheit zurück meldete. Warum tat er also nichts dagegen? Er musste ihn doch einfach von sich schieben. Miles rutschte näher und legte seinen Kopf auf Quints Schulter, sodass dieser nun auch noch den Atem an seinem Hals spüren konnte. Hätte der Vampir noch einen Herzschlag gehabt, er würde rasen. So blieb er jetzt einfach bewegungslos sitzen und wusste nicht so recht was er tun sollte. Miles einfach weg zu schieben, kam nicht wirklich in Frage. „Miles?“ Ein leises Klopfen und dazu Rachels Stimme. „Miles, ist alles OK bei dir?“ Quint blieb still. Er war nicht gemeint und Miles konnte sehr wohl für sich antworten. Nur tat er es nicht. Wohl aus Sorge öffnete Rachel die Tür und fand so einen ihrer Freunde an diesen noch recht unbekannten jungen Mann gelehnt. Nein, eigentlich schon an ihn gekuschelt! Doch das was sie am meisten erschreckte, waren die Augen jenes Mannes, die das Licht ungewöhnlich reflektierten als er zur Tür schaute. Sie war perplex, fand aber schnell ihre Stimme wieder. „Wie machst du das mit deinen Augen?“, fragte sie ihn beinahe sofort. „Kontaktlinsen!“, nuschelte Miles plötzlich. Er war also doch wach, wenn er auch schläfrig klang. Rachel schien mit der Antwort zufrieden zu sein, denn sie fragte nicht weiter nach dem Thema, genauso wenig, wie sie weiter in das Zimmer kam. „Wie geht es dir jetzt, Miles?“ „Ganz OK“, antwortete er und schaute nun auf um sie anzusehen. „Dann ist gut. Ich habe euch nicht... irgendwie gestört, oder?“ Miles schüttelte den Kopf. „Nein. Natürlich nicht.“ Quint sagte und tat einfach nichts. Er hatte, dank dieser Umarmung genug mit sich selber zu tun. Die Erinnerung die Miles, unbeabsichtigt, geweckt hatte war hartnäckig und schlich sich gerade in all sein Denken. So bekam er nicht mit wie Rachel das Zimmer verließ und Miles ihn wieder ansah. „Warum schaust du so traurig?“, wollte dieser wissen. „Hm?“ „Du siehst aus als wärst du grad auf einer Beerdigung.“ Quint nickte nur leicht. Immerhin traf diese Beschreibung so etwa auf das zu wie er sich fühlte. „Was ist denn?“ Miles setzte sich auf und löste somit die Umarmung. „Ich musste nur an jemanden denken.“ „Wen?“ Dieses Mal war es der Vampir, der die Arme um und die Stirn auf die Schulter des Anderen legte. Sein Magen krampfte sich zusammen und das war der einzige Grund dafür. Miles hatte mit so einer Reaktion nicht gerechnet. Zwar ließ Quint viele Berührungen zu, aber ansonsten war er eher distanziert. Es gab gerade keinen Moment, an den Miles sich spontan erinnern konnte, in dem der Vampir die treibende Kraft gewesen war. „An wen hast du gedacht?“, fragte er noch einmal leise. Vielleicht sollte er es lieber nicht, doch es interessierte ihn zu sehr. Gerade weil Quint so ungewöhnlich reagierte. Der Vampir bewegte nur den Kopf und Miles deutete es als ein Kopfschütteln, was jede Antwort ausschloss. Miles lehnte seinen Kopf an den des Untoten. Er wusste nicht ob es gut oder schlecht war, doch es war das, was ihm am meisten half, wenn er sich schlecht fühlte. Minuten vergingen. Minuten in denen der junge Mann anfing durch die Haare seines Gegenübers zu streichen. Ebenfalls etwas, das er selber sehr gerne hatte, wenn es ihm nicht gut ging. Plötzlich, nach einer unendlich scheinenden Stille, rührte sich Quint. Er sah auf und Miles direkt in die Augen. Noch immer war sein Blick traurig, nur jetzt war dort ein rötlicher Schimmer, den der junge Mann noch nicht gesehen hatte. „Besser?“, fragte er flüsternd und ließ seine Hand auf die Schulter des Vampirs sinken. „Ich... ich weiß nicht“, gab Quint ehrlich zu. „Aber was ist denn überhaupt?“ „Eine Erinnerung. Mehr nicht – nichts Wichtiges!“, versuchte er sich heraus zu reden. Doch Miles legte, wenig überzeugt, den Kopf schief. „Nichts Wichtiges und du bist ... so?“ Wieder verging etwas Zeit, in der keiner der Beiden etwas sagte, doch bei diesem Mal, war es kürzer und sie hielten Augenkontakt. „Ich hatte eine Frau“, fing Quint dann an. „Ja, das hattest du mal erwähnt. Und ein Kind, richtig?“ Der Untote nickte. „Sie waren alles was ich jemals wirklich geliebt habe. Niemand anderes hat jemals annähernd ein ähnliches Gefühl bei mir ausgelöst.“ Miles blinzelte und wollte wieder etwas sagen, doch Quint deutete ihm ruhig zu sein. „All die Jahre war es schmerzhaft. Es gab genügend Momente, in denen ich einfach aufgeben und ... Na, du kannst es dir denken. Aber seit einiger Zeit ist da diese ... Wärme.“ „Wärme?“ „Ja, das Gefühl gebraucht zu werden. Wie damals, als ich noch gelebt habe. Bevor alles um mich herum zu einem matten Schleier der Realität und ich lediglich ein Beobachter des Lebens wurde.“ Der junge Mann hielt dem Blick des Vampirs noch immer stand, so schwierig es ihm auch fiel den Schmerz in seinen Augen auszuhalten. Ohne Vorwarnung rutschte Quint von Miles weg und löste somit jede Berührung die sie hatten. Im nächsten Moment wurde erneut geklopft und die Tür sofort geöffnet. „Hey, Rachel hat eben vergessen dich zu fragen ob du auch deine Tablette genommen hast. Vielleicht war dir deswegen nicht gut.“ Chloe schaute zu den Beiden und lächelte breit. Quint wusste was sie dachte. Sie wollte wissen ob das, was Rachel ihnen erzählt hatte, der Wahrheit entsprach. Er erwiderte ihren Blick kurz, schweifte dann jedoch zu dem Buch ab, das sie in der Hand hatte. „Die habe ich genommen“, log Miles. Genau das hatte er vergessen was Quint eindeutig noch einmal ansprechen musste, sobald Chloe wieder die Tür geschlossen hatte. „Ist das dieses komische Buch von eben? Ich hatte keinen Stift um mich einzutragen.“ Chloe sah kurz auf das Objekt in ihrer Hand und dann wieder zu Miles und Quint. „Das ist es und ich kann dir gerne einen holen, wenn du das noch machen möchtest.“ „Ja, möchte ich!“ Quint lächelte und schaute wieder zu Miles, kaum das Chloe verschwunden war um einen Kugelschreiber zu besorgen. „Du hast sie vergessen!“ Miles lächelte verlegen und nickte leicht. „Ja, das wollte ich nachholen, als es zu ... unübersichtlich wurde.“ „Mach es jetzt! Meine Konzentration ist auch nicht unerschöpflich. Eigentlich war es eben schon schwer genug.“ Der junge Mann schaute zwar einige Augenblicke schuldbewusst, stand dann jedoch auf um sein Medikament zu holen und auch zu nehmen. In der Zeit, in der Miles im Bad war, kam Chloe wieder herein und reichte Quint das Buch und einen Stift. Neugierig musterte sie den noch immer eher Fremden, der es sich auf dem Bett gemütlich gemacht hatte. „Irgendwie glaube ich, dass ich dich schon einmal gesehen habe. Nur fällt mir nicht ein wo.“ „Keine Ahnung. Vielleicht habe ich ein Allerweltsgesicht und du verwechselst mich einfach?!“ „Hm, wäre möglich. Naja, pass etwas auf ihn auf, OK? Wir machen noch den Rest fertig. Bevor wir die Plätzchen dekorieren, sagen wir aber Bescheid, das macht er so gerne.“ „Das mache ich!“, erwiderte Quint freundlich und fing bereits an zu blättern als Chloe wieder verschwand. Miles war froh darüber seine Freundin verpasst zu haben. Er mochte sie, doch sie übertrieb manchmal mit ihrer Beschützerrolle, die sie sich alle Drei irgendwann angewöhnt hatten. Chloe war dabei jedoch die 'sorgsamste', was in einigen Fällen dafür sorgte, dass sie mütterlicher agierte als seine richtige Mutter. Sofort fiel sein Blick auf sein Bett, dessen Attraktivität derzeit in enormen Höhen schwebte, und auf den Vampir, der auf jenem Bett saß und sich an das Kopfende lehnte. Es sah aus, als wolle er etwas schreiben, könnte sich jedoch nicht wirklich dazu durchringen. „Hast du deinen Namen wieder vergessen?“, stichelte Miles darum und hoffte, dass der Vampir es ihm nicht übel nehmen würde. „Hm, doch. Genaugenommen ist mir mein richtiger Name wieder eingefallen. Nur überlege ich gerade ob ich ihn deinen Freunden anvertrauen soll.“ Der junge Mann setzte sich genauso wie der Untote auf sein Bett und schaute auf die noch unbeschrieben Seiten, die der Vampir wohl bald füllen würde. „Also heißt du nicht Quint?“ „Nein! Mein Name war Finnvaror Thorirsson. Aber den verrate ich nur dir.“ Quint zwinkerte Miles zu und sah dabei nicht im geringsten niedergeschlagen aus. Wie machte er das? „Dann schreib Quint T. Das ist doch OK und ich werde niemandem deinen unaussprechlichen Namen sagen!“ „Wird auch schwer wenn er unaussprechlich ist.“ „Oh, ja!“ Quint trug seinen Namen ein nur um dann wieder zu grübeln. „Was ist jetzt?“ „Mein Geburtstag...“ Miles rutschte näher. „Weißt du den nicht?“ „Naja, nach so vielen Jahren. Da gibt es einige kleine Probleme wegen dem Kalender. Ach egal, ich schreibe einfach das was am nächsten daran kommt.“ Der junge Mann beobachtete wie der Vampir neben die Angabe 'Geburtstag:' den 7.05. eintrug. „Mein Alter lasse ich mal weg.“ „Och, du siehst aus wie 22 oder 23, schreib das hin.“ „Das sagst du ja nur, weil sie mir 1200 und ein paar Jährchen nicht glauben würden!“ „Stimmt“ Miles lächelte und lehnte sich an Quint, beinahe so, dass er Probleme hatte zu schreiben. „Augen und Haarfarbe ist dann mal nicht so schwer zu beantworten: Braun und Dunkelbraun.“ „Dunkel würd ich das nicht nennen. Eher Mittelbraun.“ Der Untote schaute kurz zu ihm, änderte seinen Eintrag aber nicht. Immerhin sah er seine Haarfarbe sehr wohl jedesmal, wenn er in den Spiegel schaute. Bei den anderen Angaben sah der junge Mann dann still schweigend zu. Er wollte sich nicht unbeliebt machen. Wie oder wo stellst du dich in 10 Jahren vor? So weit denke ich nicht. Was kochst du am liebsten? - Mit wem würdest du zusammenziehen(Star oder Freund/in)? Ich wohne gerne allein. Was war dein Lieblingsschulfach? Hab nie eine Schule besucht. Was ist deine Lieblingsfarbe? Rot Was sind deine Hobbies? Musik, hören und machen. Was ist dein Lieblingsgame? - Wer würdest du gern mal für 1 Tag sein? - Wohin würdest du gern mal verreisen und wen würdest du mitnehmen? Hab alles gesehen was mich interessierte. Möchtest Du gerne Kinder haben? Nicht mehr möglich. Welche Berufsvorstellungen hast Du? Musiker Spielst Du ein Instrument, wenn ja, welches und warum? Einige, weil es Spaß macht. Mit wem aus Deiner Familie bist am am liebsten zusammen? - Was würdest du machen, wenn du einen Tag lang unsichtbar wärst? Das würde ich dann spontan entscheiden. Wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, was würdest du dann anders machen? Bei gewissen Entscheidungen anders handeln. Wobei ich dann einige, inzwischen sehr wichtige Leute in meinem Leben vermutlich nie kennenlernen würde. Was war das schönste Erlebnis in deinem Leben? Die Geburt meiner Tochter. Welcher Religion gehörst du an? - Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Oh ja! Glaubst du an Aliens/Ufos/...? Nein, aber an mystische Kreaturen. Was würdest du mit einem Lottogewinn machen? Vermutlich nichts Besonderes. Wer und wann war deine erste große Liebe? Elina Skulisdotta, da war ich wohl um die 12. Hast du schon mal etwas gesetzlich Verbotenes getan? Wenn ja, was? Ja, aber was verrate ich besser nicht. Ohne wen/was kannst du nicht überleben? Die Welt. An wen/was denkst du wenn du allein bist? Elina, Jodis und ein, zwei andere. Während des Ausfüllens hatte Miles absichtlich nichts gesagt. Doch jetzt, wo Quint fertig war, konnte er sich nicht mehr beherrschen. „Welche Entscheidungen meinst du? Die, die dich zum Vampir gemacht hat? Wie ist das eigentlich passiert?“ Der Untote überflog noch einmal das Geschriebene. Einige Dinge sollte er vielleicht besser weg lassen, doch dafür war es zu spät. Jetzt stand es dort und Kugelschreiber konnte man nur so schlecht beseitigen. „Das ist die zweite Entscheidung die ich verneinen würde“, beantwortete er Miles Frage. „Was ist die Erste?“ „Ich würde kein Kind mit Elina bekommen.“ „Wieso nicht?“ „Es hat sie getötet.“ „Oh...“, hauchte Miles. „Andererseits liebe ich meine Kleine. Sie war so aufgeweckt und immer fröhlich. Mein kleiner Sonnenschein. Naja, solange bis dann auch ihr Vater starb.“ Quint seufzte und rieb sich über die Augen. „Darüber möchte ich jetzt allerdings nicht reden. Vielleicht ein anderes Mal, OK?“ Miles nickte verstehend und lehnte seinen Kopf an Quints. „Aber du erzählst es mir wirklich, ja?“ Der Vampir nickte leicht als es bereits wieder klopfte. Auch dieses Mal war es Chloe, die Miles sagen wollte, dass die Plätzchen fertig waren zum dekorieren. Sie schaute nicht schlecht als sie die Beiden nun so nah zusammen sah. Quint konnte in ihren Gedanken lesen wie sie Rachels Vermutungen zustimmte. Etwas das sie von Miles nicht gedacht hätten und darum recht geschockt waren. Warum hatte er ihnen denn nichts gesagt? Und wieso musste es unbedingt dieser komische Fremde sein? „Sind die Plätzchen schon fertig?“, fragte Miles Chloe, da sie schweigend in der Tür stehen geblieben war. „Ehm, ja... Ja, sind sie.“ „Gut, ich bin sofort da.“ Er lächelte ihr nach und sah dann wieder Quint an. „Bleibst du noch?“ Der Vampir nickte. „Natürlich, ich muss mir doch ansehen wie du die Lebkuchenmännchen verziert hast. Kleiner Konditormeister!“ ___________________________________ Anm: Natürlich hat Quint die Seiten in dem Buch nicht so gelassen. Nachdem Miles gegangen ist, hat er seine beschriebenen Seiten herausgetrennt und das ganze noch einmal neu geschrieben. In einer Version die keine merkwürdigen Fragen aufkommen lässt. (Wie zB: Warum es ihm nicht mehr möglich ist Kinder in die Welt zu setzen oder wo seine Familie steckt.) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)