Dienen von Foe (Glaube, Liebe, Tod) ================================================================================ Kapitel 10: Zerbrochen ---------------------- Als die Dämmerung schließlich einsetzte, entschloss ich mich dazu, es für heute gut sein zu lassen. Bald würde ich sowieso nichts mehr erkennen können. Meine Energie und Zeit hatte ich heute auf die westliche und südliche Seite der Eisenhütte verwendet. Mir war ganz schwindelig geworden, als ich das Labyrinth aus schmalen Gassen durchkämmt hatte. Zwischenzeitlich hatte ich mich gefragt, wie ich um alles in der Welt zurück zu finden hoffte. Die Eisenhütte war tatsächlich ein dreckiges Monstrum. Mein Streifzug hatte zwar meinen Horizont erweitert und meine Abscheu vergrößert, doch die erhofften Ergebnisse waren ausgeblieben. Ich war die ganze westliche und südliche Mauer entlang gegangen, doch sie war makellos gewesen. Sie war von Kratzspuren überzogen, die vermutlich von allerhand Werkzeugen stammten. Allerdings konnte ich mein Gehirn nicht davon abhalten sich einzubilden, wie Menschen mit bloßen Händen versuchten diese Mauer zu überwinden. Mir drehte sich bei dieser Vorstellung, dass diese Kratzer von menschlichen Fingernägeln stammten, regelrecht der Magen um. Wie auch immer, ich würde etwas mehr einsetzen müssen, um in die Freiheit zu gelangen. Vielleicht ein Jutsu oder Sprengstoff. Allmählich wurde mir bewusst, dass eine leise Flucht ausgeschlossen war, zumindest der Erkundung dieses Tages zufolge. Bei nächster Gelegenheit würde ich mir dann noch den Norden und Osten vorknöpfen, aber optimistisch gestimmt war ich nicht gerade. Doch ich wagte es bloß schwerlich im Stillen auszusprechen. Ein Aufstand schien die einzige Lösung im Augenblick zu sein. Falls Nowaki jeden selbst aus weiter Entfernung töten konnte, dann musste selbstverständlich erst einmal dieses Hindernis aus dem Weg geschafft werden. Allein war ich nicht dazu in der Lage, vor allem wenn Nowaki Augen und Ohren überall hatte. Ich konnte allenfalls Natsuko vertrauen. Doch ihr Vertrauen war relativ nutzlos, da sie bloß ein kleines Mädchen und dadurch keine Hilfe war. Rein rational betrachtet, war sie weiterer Ballast, emotional gesehen von großer Bedeutung. Es war vollkommen sinnlos jetzt zu überlegen, welche Betrachtungsweise für mich besser war. Dazu war es noch zu früh. Nicht lohnenswert sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wenn mir gerade erst aufgefallen war, dass die Flucht noch schwieriger werden würde, als ich es mir bislang ausgemalt hatte. Auf dem Rückweg vergeudete ich keine weiteren Minuten mehr. Ich hatte mich für heute an dieser hässlichen Stadt satt gesehen. Verständlich, dass Natsuko sich so auf das kommende Festival freute. Wahrscheinlich war es das einzige, das das Leben hier für eine kurze Dauer lebenswert, oder zumindest einigermaßen normal machte. Ich schnaubte verächtlich bei diesem Gedanken. Natsuko war ein kleines Kind. Was wusste sie schon? Wenn wir erst einmal von hier weg waren, dann würde ich ihr all die schönen Orte zeigen, die ich kannte. Schöne Tempelanlagen, das Meer und Städte mit Festlichkeiten, die ihr wirklich den Atem verschlagen würden. Ich lächelte müde. Meinen Erwartungen gemäß fiel es mir schwer mich zu orientieren. Alle Gebäude glichen sich im Halbdunkeln. Nach einer Weile hielt ich schließlich inne. Es machte keinen Sinn umher zu wandeln ohne einen Hauch von Ahnung zu haben, wohin ich gehen musste. Ich seufzte und lehnte mich ratlos an eine Hauswand. Aus östlicher Richtung drangen die Geräusche der Werke zu mir herüber. Ihr Lärm sollte geradezu ohrenbetäubend sein, doch hier an meinem Standpunkt klangen sie wie ein kleines Flüstern. Ich konnte nicht fassen, dass sie so fern schienen. Ich schaute mich um und hoffte, dass ich vielleicht jetzt, wo ich mich beruhigt hatte, einen kleinen Anhaltspunkt finden würde, der mich zu Tamakis Anwesen geleitete. Doch die Umgebung war vollkommen unbekannt und ich wurde panisch. Ich überlegte, ob Tamaki es möglicherweise eigenartig vorkommen würde, wenn ich erst sehr spät zurückkehrte. Zugegeben, ich plante die Flucht und hatte heute die Stadt nach möglichen Fluchtwegen abgeklappert, aber trotzdem… Ich konnte nur hoffen, dass Tamaki nicht fälschlicherweise glaubte, ich hätte die Chance genutzt und die Flucht ergriffen. Gewiss würde er mir Nowaki und seine Männer auf den Hals hetzen. Es war von Anfang an klar gewesen, dass diese Besorgungen mich bis zum Abend beanspruchen würden, doch die Geschäfte schlossen lange vor Sonnenuntergang. Mittlerweile war ich umgeben von Dunkelheit und bloß ein paar wenige kleine Laternen erhellten die Straße. Ich fasste mir an den Kopf und knurrte. Warum konnte ich mich nicht erinnern, wo es lang ging? Du musst rechts gehen bis zum Ende der Straße, dann links. Danach die nächste Straße schon wieder rechts… Ich erstarrte und lauschte. Beabsichtigte der Fuchsdämon mir tatsächlich zu helfen? Etwas misstrauisch verharrte ich noch einen Augenblick an Ort und Stelle. Allerdings setzte ich mich dann rasch in Bewegung. Manchmal war ich es einfach Leid nach einer Erklärung für sein launisches Verhalten zu suchen. Ich folgte Kyuubis Wegweisungen stumm und gehorsam bis ich aus dem Nichts ein Schluchzen vernahm. Geh weiter, wies mich der Fuchsdämon barsch an und ich konnte ein Seufzen hören. Tatsächlich kämpfte ich kurz dagegen an den Ursprung ausmachen zu wollen, doch letztendlich gelang es mir nicht es zu ignorieren. Denn bald wuchs das leise Wimmern zu einem elendigen Jammern an. Es brach mir das Herz, auch wenn es mir gleichzeitig merkwürdig erschien. Anscheinend wollte der Unglückliche gefunden werden. Aber war ich dumm genug nachzusehen? Ich zögerte einen Moment, dann drehte ich mich um. Wenn ich mich nicht täuschte, dann hockte das Häufchen Elend irgendwo in der Gasse zu meiner linken. In der Dunkelheit konnte ich mich allein auf mein Gehör verlassen und Kyuubi, doch der war nun wieder verstummt. Es bedurfte nicht einmal großer Anstrengung die Person zu orten, denn das penetrante Gejammer war deutlich zu hören. An meinem Ziel angelangt fand ich Mio, Ashikagas Muse, vor. Vermutlich starrte ich sie völlig entgeistert an, bevor ich mich zu ihr herunterkniete. Sie schüttelte wie von Sinnen ihren Kopf, während sie ihre Schuhe auf mit all den Kräften, die ihr zierlicher Körper aufzubringen vermochte, auf den Bürgersteig. Ich betrachtete sie. Ihr Kimono war vollkommen verdreckt, als habe sie sich auf dem Boden gewälzt. Ich war überrascht festzustellen, dass ihre Schuhe ebenfalls hinüber waren. Sie besaß mehr Kraft in ihren Armen, als man auf den ersten Blick annahm. Vielleicht hatte ihr aber auch ihr Gemütszustand zusätzliche Stärke geschenkt. »Ich glaube nicht, dass das der geeignete Ort für Euch ist«, sprach ich sie höflich an. Ihr Zustand war tatsächlich besorgniserregend und da sie jeden Passanten mit Leichtigkeit hierher locken hätte können, war ich froh, dass ich sie zuerst gefunden hatte. Was trieb sie um diese Uhrzeit auf der Straße? Sie schniefte und sah zu mir auf. Ich gestehe, ich war entsetzt ihr Gesicht zu sehen. Mio war in diesem Augenblick nicht die strahlende Schöne, die ich vor kurzen kennen gelernt hatte. Sie weinte nicht schön, wie man verführt war zu glauben. Sie weinte, wie ein kleines Kind. Dicke Tränen kullerten unkontrolliert ihr Gesicht herab und es kümmerte sie offenbar herzlich wenig, dass ihre Nase lief. Ihr Anblick versetzte mir einen Stich ins Herz. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, griff ich in meine Hosentasche und reichte ihr ein Stofftaschentuch. Sie entriss es mir ohne zu zögern und versteckte ihr kleines, zierliches Gesicht dahinter und schnaufte hinein. Es war ein sehr lautes, unangenehmes Geräusch. In diesem Augenblick schien sie nicht die Porzellanpuppe zu sein, sondern ein Mensch. Als wäre ihre Hülle aus Porzellan zersprungen und hätte ihr wahres Gesicht hervorgebracht. Ich empfand eigenartiges Unbehagen darüber. Nach einer Weile erweckte es den Anschein, als ob sie sich allmählich beruhigte. Obwohl es mich brennend interessierte, verkniff ich mir die Frage nach dem Grund für ihren Zusammenbruch. Stattdessen schlug ich ihr vor, sie nach Hause zu bringen. »Bitte, nicht«, flehte sie mit schriller Stimme, dann stockte sie ganz plötzlich. Mio schien erschrocken über sich selbst zu sein. Ihr Blick wanderte zum Boden und sie erklärte mir rasch, dass sie ihm in ihrem derzeitigen Zustand nicht unter die Augen treten könne. Also war Ashikaga nicht ihr Problem? »Mio-sama, ich denke, es wäre nichtsdestotrotz besser, wenn ich Euch zu Eurem Hause begleite. Es ist schon spät und äußerst gefährlich«, erwiderte ich und erhob mich. Aufmunternd lächelnd bot ich ihr meine Hand, damit sie sich daran hochziehen konnte, doch sie schlug sie plötzlich erzürnt weg. »Ich sagte, dass ich so nicht zurückkehren werde. Wenn du mir keine Gesellschaft leisten willst und nicht unbedingt einen weiteren Kimono bei dir trägst, dann schlage ich vor, dass du gehst«, Mio wandte den Blick von mir ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du bist schließlich nicht verantwortlich für mich«. Ich begriff ihre Sturheit nicht. Am liebsten wäre ich jetzt wirklich gerne ohne ein weiteres Wort verschwunden – sollte sie doch sehen, wie sie allein zurechtkam. Aber erstens hatte sie mich noch nicht so sehr abgestoßen und zweitens kam mir eine Idee. Warum die reizende Mio nicht als Alibi benutzen? »Mio-sama, Seid bitte nicht so…stur«, murmelte ich zögerlich. Kaum hatte ich begonnen zu sprechen, schnitt sie mir das Wort – sehr wütend- ab. »Du kannst dir diese höfliche Anrede sparen, Naruto! Meine Stellung in dieser abscheulichen Gesellschaft ist die gleiche wie deine!«, fauchte sie. »Aber…«, ich täuschte einen letzten Widerspruch vor und wartete auf ihre Reaktion. »Na fein, wenn du dich unbedingt aufdrängen willst. Doch ich will nicht zu Ashikaga, also denk dir was Besseres aus«, meinte sie und seufzte ausgiebig. »Dann kommt doch einfach zum Haus meines Herrn; er wird sich gewiss freuen Euch zu sehen«, sagte ich lächelnd. Sie hob eine Augenbraue und legte den Kopf schief. Schließlich stand sie auf und folgte mir. __________________________ Danke für's lesen :D Ich hoffe, es hat euch gefallen. Tut mir leid, dass es wieder einmal so lange gedauert hat, doch irgendwie konnte ich nichts zu Blatt bringen. Liebe Grüße Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)