Nur ein einziger Kuss von Christine_Wonderland ================================================================================ Kapitel 1: Curiousity kills the cat... -------------------------------------- Vergleiche..., erklang Lizzys Stimme immer wieder wie ein Mantra in Ciels Kopf, während er sich aus dem Bett erhob und langsam zum Fenster seines Schlafzimmers wankte. Vergleichen mit was? Eine andere Person zu küssen? Sie konnte doch nicht ernsthaft von ihm verlangen ihn zu küssen und sich zwischen ihnen beiden zu entscheiden, ...konnte sie? Alleine der Gedanke daran war nicht nur vollkommen abstrus, es war absolut ausgeschlossen. Sicherlich, er und Sebastian standen sich wohl näher als sonst jemand auf dieser Welt und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis dies auch Außenstehenden auffallen würde, aber daß gerade Lizzy denken konnte er würde ihn lieben... Schließlich war er sein Butler. Und ein Dämon. Ein Dämon, der nicht zögern wird, seine Seele zu verspeisen, sobald er es wagte zu sterben... hallte es hinter seiner Stirn wieder. Bei dem Gedanken daran, fröstelte es ihn. Der Kopf des jungen Grafen schoß erschrocken hoch, als er das leise aber bestimmte Klopfen an der Tür vernahm. Nun, wenn man vom Teufel spricht... Ohne auf seine Antwort zu warten, öffnete sich die Tür. Ciel mußte sich nicht erst umdrehen um zu wissen, daß er es war. Ein irritierendes Kribbeln auf seiner Haut, womöglich verursacht durch das Band ihres Vertrags, stellte sich sofort ein, wann immer er sich in Sebastians Nähe befand. Langsam drehte sich Ciel zu ihm um und fand seinen dämonischen Butler in höflicher Verbeugung hinter sich stehen. „Ihr seid bereits erwacht, Bocchan? Es ist etwas ungewöhnlich für Euch, bereits so früh am Morgen aufzustehen, wenn Ihr mir die Bemerkung gestattet. Habt Ihr denn nicht wohl geruht?“, fragte Sebastian mit honigsüßer Stimme auf seine übliche tadellose Art. „Es ist nichts worüber du dir Gedanken machen müsstest, Sebastian“, antwortete Ciel nachdenklich. „Darf ich Euch dann Euer Frühstück servieren? Oder wünscht Ihr Euch zuvor anzukleiden?“ „Das Frühstück bitte, Sebastian.“ „Wie Ihr wünscht, Bocchan.“ Der Butler verbeugte sich erneut und wandte sich bereits zum gehen, als er doch noch einmal inne hielt. „Gibt es denn wirklich nichts das Euch beschäftigt, Bocchan? Oder habe ich mich etwa nicht angemessen verhalten?“ Irritiert über den ernsten Ausdruck seines Masters, sah Sebastian prüfend an sich herab. In diesem Moment wurde Ciel auf einmal bewußt, daß er den Mann die ganze Zeit sehr undezent angestarrt hatte. Er errötete heftig als seine für gewöhnlich feste Stimme leicht zu zittern begann. „N-nein, ich sagte doch, es ist nichts. Du bist absolut perfekt. I-Ich meine, du verhälst dich tadellos wie immer, Sebastian. Du kannst jetzt gehen.“ „Ja, Mylord.“, antwortete dieser höflich. Doch als er sich zum Gehen wandte, war Ciel sich sicher, daß sich eine seiner eleganten Brauen hob und ein undeutbares Lächeln sein ebenmäßiges Gesicht zierte. Erneut allein mit seinen Gedanken, mußte er sich eingestehen, daß sich seine Beziehung zu Sebastian über die Jahre hinweg leicht verändert hatte. Das Band, daß der Vertrag zwischen ihnen festigte war genauso intensiv wie jeher, es waren eher die kleinen kaum merklichen Dinge des Alltags, die sich verändert hatten. Während er älter wurde, ertappte er sich immer öfter dabei, daß es ihm peinlich war, von Sebastian an- und ausgekleidet, geschweige denn gebadet zu werden – etwas, daß zu gewissem Grad sicherlich normal war für einen Jungen in der Pubertät. Es war allerdings ganz und garnicht normal, daß es ihm peinlich war, weil er Sebastians Berührungen genoß. Er mochte das Gefühl, wie Sebastians behandschuhte Finger kaum merklich über seine Haut strichen während er ihn an- und auszog. Und er mochte es noch mehr, wenn er ihn während des Badens mit bloßen Händen berührte. Manchmal ertappte er sich dabei, daß er sich unbewusst Sebastians Berührung entgegenlehnte, um die kurze Zeitspanne des Kontakts um Augenblicke zu verlängern – nur um sich danach ganz entsetzlich dafür zu schämen. Nicht, daß sich Sebastian je dazu geäußert hätte. Manchmal schien es Ciel sogar so, als wäre es der Dämon selbst, der seine Hände einen fast unbemerkbaren Moment zu lange auf seinem Körper ruhen, sie noch bedächtiger als früher über seine Haut schweifen ließ, während er ihr tägliches Morgen- und Abendprocedere abspulte. Natürlich ging er dabei seiner Aufgabe so stoisch und tadellos nach wie eh und je, nur daß sich der tägliche Ablauf aufgrund dieser Veränderungen konstant um wenige Minuten nach hinten verschoben hatte. So betrachtet, waren diese wenigen privaten Augenblicke des Tages, die sie miteinander verbrachten, über die Zeit immer intimer geworden. Zumindest kam es ihm so vor, denn selbst nach vier Jahren des engen Zusammenlebens wirkte Sebastian noch immer undurchschaubar auf ihn. Das war es , daß Ciel letztendlich solche Angst machte. Nein, Er war es, der Ciel solche Angst machte... Auch wenn Sebastian sich ihm gegenüber stehts wie eine treuer und vertrauenswürdiger Diener verhielt, so war sich Ciel nur allzu sehr bewußt, daß auch nur die kleinste Andeutung von Schwäche seinerseits ein fataler Fehler wäre. Er war sich absolut sicher, der Dämon würde keine Sekunde zögern, diese zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Und genau das war der springende Punkt, warum er Lizzys Bitte auf keinen Fall erfüllen durfte. Er mußte eine gewisse Distanz zu seinem dämonischen Butler wahren und würde auf keinen Fall erlauben, daß dieser noch weiter in seine Privatsphäre eindrang. Zumindest so lange nicht, wie Ciel nicht herausgefunden hatte, ob es sicher für ihn war. Es gab da etwas, daß er schon seit Anbeginn ihrer Abmachung von Sebastian wissen wollte, doch er fürchtete sich zu sehr vor der Antwort, um ihn tatsächlich danach zu fragen. Für Lizzy jedoch, war er bereit es zu riskieren. Was hatte er denn schließlich außer ihr noch zu verlieren? Ein weiteres Klopfen an der Tür und Sebastian war mit einem Tablett voll köstlich duftendem Earl Grey, französischen Croissants und selbst gemachter Marmelade aus Himbeeren des Phantomhive Gartens zurück. Er richtete in Ruhe das Frühstück auf dem kleinen mit Intarsien verzierten Holztisch unter dem Fenster an und schob dem jungen Grafen einen Stuhl zurecht. „Das Frühstück ist serviert, Bocchan. Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?“, fragte er höflich. „Danke Sebastian. Es gibt tatsächlich etwas, daß du heute für mich tun könntest.“, antwortete Ciel so unberührt wie er es anbetracht der Situation vermochte. „Bitte leiste mir ein wenig Gesellschaft. Es gibt da etwas, worüber ich mit dir sprechen möchte.“ Vom bestimmendem Tonfall seines Masters leicht irritiert, zog der Butler kaum merkbar die Augenbrauen zusammen, schlug seinem Master die Bitte jedoch nicht aus. „ Würde der junge Herr so gütig sein und mir erklären, was ihn schon so früh am Morgen so mißmutig stimmt?“ Sebastians dunkle Stimme, so beruhigend und wohlklingend sie auch war, ließ erahnen, daß Ciel seine Geduld auf eine harte Probe stellte. Der Butler hatte schließlich noch andere Dinge zu tun, als untätig den Morgen im Schlafzimmer des jungen Herren zu verbringen. Mit Bedacht an dem heißen Tee nippend, antwortete Ciel leise: „Es gibt da etwas, daß ich dich schon lange fragen wollte.“ „Und das wäre, Bocchan?“, fragte Sebastian sanft und höflich wie immer. „Wenn ich...“. Gegen seinen Willen versagte seine Stimme bei dem Gedanken daran, was nun folgen würde. Er mußte sich eingestehen, daß er wirklich Angst davor hatte. „Wenn...wenn ich einmal sterben werde, wie genau wirst du vorgehen wenn... .. ., wenn du meine Seele verschlingst?“, brach es schließlich doch aus ihm heraus. Über den Tisch hinweg konnte er sehen, wie sich der Dämon anspannte, sein Gesicht für einen kurzen Augenblick ein Spiegel seiner Überraschung, bevor er wieder zu seiner ausdruckslos lächelnden Maske zurück fand. „Aber Bocchan,...“ antwortete er mit einer Stimme wie aus flüssigem Gold, sein Blick auf einmal so einnehmend samtig weich und irgendwie doch wieder nicht, „...ich denke nicht, daß dies etwas ist, worüber Ihr Euren jungen Kopf zerbrechen solltet. Ist es wirklich das, was Euch beschäftigt?“ Ciel, dessen Stolz und Unwille, wie ein kleines Kind behandelt zu werden, größer waren als seine Furcht, sah Sebastian mit unverhohlenem Ärger an. „Antworte mir, Sebastian. Das ist ein Befehl!“, gebot er aufbrausend, während er energisch seinen Stuhl vom Tisch wegschob. Der Dämon lachte leise in sich hinein. „Habt ihr etwa in den Unterrichtsstunden der Religionslehre nicht aufgepasst? Was hatte ich Euch noch gleich über den Sitz der Seele erzählt?“, fragte er spöttisch. „Mach dich nicht über mich lustig, Sebastian! Meinst du etwa, ich schenke ausgerechnet einem Dämon Glauben in Religionslehre?“ stieß Ciel nun ernsthaft verärgert über das unangemessene Verhalten seines Butlers in herrischem Ton aus. „Nicht doch, Mylord. Betrachtet es stattdessen als Informationen aus erster Hand. Wie könnte Ich denn irren? Aber, da Ihr meinen Worten keinen Glauben schenken wollt, muß ich es Euch anbetracht Eures eigenen Wunsches wohl zeigen.“, gab Sebastian kühl zurück. Sein Master, unachtsam aufgrund seines plötzlich aufwallenden Temperaments, realisierte den Sinn von Sebastians Worten erst, als sich dieser plötzlich dicht hinter seinem Stuhl befand und sich mit einer Hand an der Lehne abstützend tief über ihn beugte. Das Herz des jungen Grafen wagte einen entsetzten Sprung und es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung, nicht augenblicklich aufzuspringen und aus dem plötzlich so beengt wirkenden Raum zu fliehen. Er wußte, er konnte Sebastian augenblicklich befehlen zu gehen, aber instinktiv wagte er es nicht zu sprechen. Stattdessen richtete er den Blick demonstrativ von seinem Butler weg auf den gegenüber hängenden Vorhang. „Spürt Ihr sie, Mylord?“, sprach Sebastian mit seidig glatter, verlockender Stimme und Ciel konnte fühlen, wie er mit einer Hand langsam die Linie unterhalb seines Ohres bis zum Kinn nachzog. Ja, und wie er etwas spürte. Da war etwas auf seiner Zunge, direkt oberhalb des Rachens. Etwas, daß sich heftig pulsierend zu wehren begann und ihm nach und nach die Luft abschnürte. Um sich keine Blöße zu geben, schüttelte Ciel langsam den Kopf, dabei konnte seinem Gegenüber das nervöse Schaudern seines plötzlich von Grauen gepackten Körpers kaum entgehen. Ein nahezu höhnisches Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Dämons aus, als dieser behutsam den Zeigefinger auf Ciels Lippen ruhen ließ. „Sebastian!“ stieß der junge Graf erschrocken durch die zusammengepressten Zähne aus, als sich der Druck verstärkte. Wieder hörte er das leise Lachen dieser betörend samtigen Stimme, als sein Butler ihn katzenhaft umkreiste, bis er sich schließlich in dem schmalen Raum zwischen Ciels Stuhl und dem Tisch befand und seinem Master eindringlich in die Augen sah. „Eure Seele ist hier, Bocchan.“ Zufrieden lächelnd unterstreichte er seine Worte, indem er ein paar Mal sanft und spielerisch mit dem Zeigefinger auf Ciels Lippen tippte. „Hier, direkt in eurem Mund.“ Ciel schluckte. Leise und darauf bedacht, die Lippen sicherheitshalber nicht allzu weit zu öffnen, erwiederte er gedankenverloren: „Wenn dem so wäre, wäre das Letzte was mir bliebe also dein ewiger Kuss...“ „Mein... Kuss?“ Der Dämon legte sichtlich erheitert den Kopf ein wenig schief, als er die Hand von Ciels Gesicht zurück zog und stattdessen für einen kurzen Augenblick bedächtig seine eigenen Lippen damit berührte. „Wenn Euch dieser Gedanke zusagt Bocchan, möchte ich Euch nicht wiedersprechen.“ Einen Moment herrschte eine drückende Stille zwischen Ihnen, in der der junge Herr versuchte diese neue Information ein wenig sacken zu lassen, während ihn sein Butler ganz entgegen seiner üblichen Art mit unverhohlener Neugier musterte. „Sag, Sebastian, geht es nur wenn ich tot bin, oder...“ „Nur wenn Ihr im Begriff seid zu sterben, Bocchan.“, antwortete Sebastian nüchtern. Ciel spürte, wie ihm bei dem Gedanken schwindelig wurde. Er mußte aufpassen, nicht vor Sebastian die Fassung zu verlieren. Wie ein Dompteur, der in der Manege einem großen schwarzen Panther gegenüber stand, fühlte er, daß jeder unbedachte Schritt und jedes unpassend gewählte Wort sein letztes sein könnte. Aber jetzt wo seine Neugier erwacht war, konnte er sich nicht zurückhalten, der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Langsam und intensiv ließ er den Blick über seinen Butler schweifen, der nun, da seine alltägliche tadellose Maske leicht ins Wanken geraten war, auf eine morbide und doch so unwiderstehlich verlockende Art und Weise eine noch größere Anziehungskraft auf ihn ausübte als sonst. Er war wirklich makellos schön, nahezu perfekt, kam es Ciel in den Sinn. Schon lange fragte er sich, wie es wohl sei, diese glatte weiße Haut zu berühren. Fragte sich, wie sein Sebastian wohl sein würde, sobald er das Kostüm des tadellosen Butlers ablegte... Als Ciel sich erhob und damit fast auf Tuchfühlung vor Sebastian stand, begannen die Augen des Dämons vage innerlich zu glühen, während sich ein kühles selbstzufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht andeutete, das ganz und garnicht von dieser Welt zu sein schien. Obgleich er nur abwartend beobachtete was sein junger Herr wohl vorhatte, war der Hunger in seinen Augen kaum zu übersehen. Gefahr!, schrie plötzlich etwas schrill und verzeifelt im Kopf des jungen Grafen auf, und wieder meldete sich das eigenartige rhythmische Pulsieren an der Pforte seines Rachens. Seltsamerweise, stelle Ciel erstaunt fest, verschaffte es ihm an Stelle der Angst, die hierbei wohl angemessen gewesen wäre, eine angenehme innere Genugtuung. Und so wagte er es, sich leicht an Sebastians Schulter abstützend auf die Zehenspitzen zu stellen und mit gesenkten Lidern ebenso behutsam und unschuldig wie damals bei Lizzy, seine Lippen federleicht auf die des Dämons zu legen. Es war die gleiche Geste und doch hätte die Erfahrung nicht unterschiedlicher sein können. Es war keine große Überraschung für ihn, daß sich nicht nur die Hände sondern auch die Lippen seines Butlers kühl und glatt wie geschliffener Marmor anfühlten. Und nicht nur das. Der sanfte Atem war nicht etwa von der einladenden Süße wie der von Lizzy, sondern rein und kalt wie Tau in einer verschneiten Winternacht. Er mochte es. Es gab ihm auf eigenartige Weise mehr denn je das Gefühl zu leben. Doch gleichzeitig war da wieder diese beunruhigende Vibration in ihm, als wolle etwas sein Innerstes nach Außen zerren. Gefahr!, erklang es wieder panisch und schriller denn je in seinem Kopf. Es war, als würde seine Seele beginnen zu schreien und jetzt plötzlich wurde Ciel auch bewusst, warum ihn dieser Gedanke so gar nicht ängstigen wollte. Er genoß es. Er genoß es von ganzem Herzen diese lügnerische Seele, die schon so lange verlernt hatte zu lachen, so lange verlernt hatte zu lieben, in purer Verzweiflung Aufschreien zu hören. Für ihn, der kaum mehr wußte, wieviel Bedeutung den Worten Gewissen und Reue überhaupt beizumessen war, war dies keine Tortur, sondern ein eisig brennendes reinigendes Feuer! Aber so sehr er sich danach sehnte dieses Gefühl zu intensivieren, so trat er doch von Sebastian zurück. Die Tatsache, daß sein dämonischer Butler ihm zwar „zur Verfügung“ stand aber so garnicht auf ihn reagierte, verunsicherte ihn zutiefst. Den Silberlöffel jedoch, der gewaltsam in der Mitte zerbrochen versteckt unter einer Serviette hinter Sebastian lag, konnte er nicht sehen. Also war diese intime Art der Anziehung wohl doch einseitig gewesen..., schoß es ihm durch den Kopf, während er zu seinem Unmut bemerkte, daß es ihn auf gewisse Weise traurig stimmte. „Entschuldige, Sebastian.“, murmelte er mit gedämpfter Stimme. „Ich muß mich entschuldigen, Bocchan. Eurem Gesicht nach zu urteilen, habe ich etwas getan, daß Euch verstimmt hat.“ Im ersten Moment klang die weiche dunkle Stimme wieder nach seinem immer loyalen, tadellosen Sebastian und doch entging Ciel nicht die leicht mockierende Betonung, die im Schatten der unterwürfigen Worte verborgen lag. „Ich hätte dich fragen sollen. Ein Wesen, so wie du es bist, tut so etwas anscheinend nicht ohne Zweck.“ „Wie kommt Ihr darauf, Bocchan?“, antwortete der Butler mit einer Stimme wie aus nachtschwarz glänzendem, zuckersüßen Honig. „Nun ja, mein unbedachtes Handeln scheint dir nicht gerade gefallen zu haben.“, murmelte der junge Graf in sich hinein. „Keineswegs, Bocchan.“, ...und der Honig begann in samtigen Wellen zu fließen..., „ Lasst es mich so beschreiben: Stellt Euch vor, dort unten in der Küche steht Euer allerliebstes Dessert, doch ihr wisst genau, ihr müßt noch lange warten bis ihr es bekommt...“ Die Augen des Dämons nahmen einen abwesend verträumten Ausdruck an, während er die kurze Distanz zu seinem Master überbrückte und ihm mit einer behandschuhten Hand sanft über die Wange strich. So wie ich es bei Lizzy getan habe... dachte Ciel irritiert. „... Eines nachts jedoch gelingt es Euch, Euch auf Zehenspitzen am Personal vorbei in die Küche zu schleichen und heimlich eine Fingerspitze voll davon zu naschen. Multipliziert das Gefühl, daß ihr dabei empfindet um ein tausendfaches und ihr könnt ansatzweise erahnen, wie es sich für einen Dämon anfühlt, von einem wissenden Menschen aus freiem Willen und so reinen Motiven wie Euren geküsst zu werden.“ Ciel sah Sebastian aus ungläubig geweiteten Augen an. „Warum...?“, weiter kam er nicht, so sehr spürte er seine Wangen glühen. Die Gänsehaut, die seinen Körper erzittern ließ, war dieses Mal vollkommen anderer Ursache... „Ich möchte Euch nicht weh tun, Bocchan. Das widerspräche unserem Vertrag.“ Wieder begannen Sebastians Augen in unheimlich rotem Licht zu erstrahlen. Ciel trat augenblicklich einen Schritt zurück, bis er mit den Kniekehlen gegen den momentan für ihn sehr ungünstig positionierten Stuhl stieß. „W-weh tun?“, fragte er unsicher. „Euer Körper wehrt sich, Bocchan. Ihr habt es doch gespürt, nicht wahr? Je enger und je ausgiebiger der Kontakt ist, desto mehr werdet ihr sie leiden hören - sie sogar leiden fühlen - Eure Seele.“ 'Bocchan' wollte nicht wissen, was in Sebastian vor sich ging, als sich bei seinen Worten ein unheimliches Grinsen über das fein geschnittene Gesicht zog, während die Augen des Dämons aufleuchteten wie zwei in Flammen stehende Rubine. Ciel erschauerte und dennoch war die Versuchung, die in den Worten steckte für ihn unbeschreiblich. Um seinen flatternden Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen, atmete er noch einmal tief durch, bevor er entschlossen auf den Mann, der gerade mehr Dämon als Butler zu sein schien, zutrat, so daß sich der Stoff ihrer Kleidung raschelnd berührte. „Bedenkt, der Schmerz Eurer Seele kann schrecklicher sein als jede körperliche Pein. Ich werde mich nicht zurückhalten können, Bocchan. Auch nicht, wenn ihr Eure Meinung ändern werdet.“, warnte Sebastian ihn mit hungrig rauchiger Stimme vor. Verstehst du nicht, daß ich genau das will?... dachte Ciel von einer Welle nervöser Euphorie erfasst, die wohl auf einen natürlichen Schutzmechanismus seines protestierenden Geistes zurück zu führen war. So bedeckte er erneut Sebastians Mund mit dem seinen, wagte es diesmal jedoch, die Lippen einladend ein wenig zu öffnen. Gleißend schrill wie Metall auf einer Schiefertafel schrie dabei seine innere Stimme auf und jagte sengendes Feuer verpackt in Strömen reinen Adrenalins durch seine Adern. Es war absolut verrückt, aber er liebte es. Und als Sebastian schließlich reagierte, den Kuss vertiefte und mit seiner warmen Zunge, die in so starkem Gegensatz zur Kälte seiner Marmorhaut stand, vorsichtig aber bestimmt in das Versteck seines Innersten vordrang, war es Ciel, als würde er auf köstlichste Weise erfrieren und verbrennen zugleich. Den innigen Kuss des Dämons zu spüren, zu fühlen, wie dieser genüßlich den dunkelsten Teil seiner Seele kostete, während er ihn eng an sich zog, war mit nichts zu vergleichen, was er je zuvor gefühlt, sich je zuvor erträumt hatte. Es weckte ein unbestimmtes Grauen in ihm, aber gleichzeitig auch ein sengendes Verlangen, das wie ein Flächenbrand ausgehend von seinem Geist in Sekunden Bruchteil auf seinen Körper übergriff. Ob wohl jedes Raubtier derart unwiderstehlich auf seine Beute wirkte? Wäre Ciel nicht mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, hätte er in diesem Moment wohl laut aufgelacht. Dennoch kam er nicht umhin, zu bemerken, daß die Kälte um ihn herum die Oberhand gewann. Etwas, – und es war nicht der Schrei in seinem Kopf, der inzwischen wie eine tosende Kakophonie seinen Geist heimsuchte und den er nach wie vor mit tiefster Genugtuung ignorierte -, etwas an Sebastians Nähe fühlte sich anders an als sonst, begann sich nach und nach zu intensivieren. Als der Dämon ihre innige Position nach einer gefühlten Ewigkeit brach, um federleichte Küsse über seinen Hals zu hauchen und kurz darauf mit der Zungenspitze genüßlich den rasenden Puls seines Masters entlang zu streichen, war es Ciel, als hätte alles um ihn herum auf wundersame Art und Weise aufgehört zu existieren – als gäbe es nichts außer seinem Bewußtsein, daß vollkommen von Sebastians dunkler Präsenz umschlossen war. Durch einen Spalt seiner geschlossenen Lider konnte Ciel beobachten, wie Sebastian sich veränderte und er war sich überhaupt nicht sicher, ob er es wirklich sehen wollte, als sich ein zweifelnder Anflug von Furcht in seiner Magengegend auszubreiten drohte. Seine ganze Gestalt hüllte sich in eine massiv wabernde Wand aus reiner Dunkelheit, die ab und an in großen Tropfen wie schwarzer Tau zu Boden zu fallen schien. Doch auch Sebastians Erscheinung an sich hatte sich verändert. Seine Züge blieben die gleichen, doch erschien er Ciel nun um Einiges größer. Die sonst so blasse, unnatürlich glatte Haut seines Butlers schien nunmehr aus schwarz schimmerndem, frisch gegossenem Stahl zu bestehen, und als ein flatternes Geräusch seine Aufmerksamkeit erregte, nahm er am Rande seines stark eingeschränkten Sichtfelds die Schatten riesiger nachtschwarzer Schwingen wahr. Sebastian, dem der kurze Moment des zögerns seines tapferen jungen Herren – seiner tapferen jungen Seele -, nicht verborgen blieb, sah Ciel mit hypnotisierend rot strahlenden Pupillen eindringlich an. „Es war Euer Wunsch, Bocchan. Ich hatte Euch gewarnt.“, stellte er mit dunkler kühler Stimme fest, während Ciel nicht anders konnte als die weiß strahlende Reihe messerscharfer, spitzer Zähne zu fixieren, die sich nun subtil drohend direkt in seinem Blickfeld befanden. Ciel atmete tief durch, als er allen Mut zusammen nahm, um mit sicherer Stimme zu antworten: „Natürlich Sebastian. Er ist es immernoch!“ Ein stolzes, anerkennendes Lächeln zierte das nach wie vor von perfekter Schönheit gezeichnete Gesicht der teuflischen Gestalt, als er sich erneut zu seinem Master herablehnte und dessen Lippen in einem weiteren leidenschaftlich marternden Kuss gefangen nahm. Erneut dem intensiven Zwiespalt ausgesetzt, glaubte Ciel, den Boden, nein, sein ganzes Bewusstsein in der mitreißenden Leidenschaft des Dämons zu verlieren. Doch wenn das hier letztlich sein Ende sein sollte, empfang er es mit offenen Armen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)