Die Wut der Wüste von SFX (Digimon in Afrika...) ================================================================================ Kapitel 3: Trübsal ------------------ Am nächsten Morgen wachte Tai erst spät vormittags auf. In seinem Kopf brummten unzählige Stimmen, die ihn davon überzeugen wollten, noch weiter zu schlafen… doch eine sehr laute Stimme ließ das nicht zu. Diese Stimme stammte jedoch nicht aus seinem Kopf, sondern von seiner Schwester Kari, die ihn lautstark zum Aufstehen aufforderte. „Tai! Taaaaiii!! Es ist schon halb 12! Aufstehen… du verpennst sonst noch den ganzen Tag!!“ Die 15-Jährige hielt gebürtigen Abstand von ihrem Bruder… dessen Alkoholfahne war deutlich wahrzunehmen. Der Braunhaarige murmelte verschlafen: „Grmpf, der Tag kann mir eigentlich gestohlen bleiben…“ Kari grinste verschmitzt. Diese Antwort hatte sie schon erwartet, aber diesmal hielt sie eine passende Gegenantwort parat, die ungefähr so wirkte wie eine morgendliche kalte Dusche: „Wenn du meinst… dann liest du Soras Mail wohl erst später…“ Mit diesem Satz ging sie aus seinem Zimmer. Der Braunhaarige drehte sich mit dem Rücken zur Tür und zog die Decke über seinen Kopf. „Mannomann, die hat Nerven…“ Doch plötzlich klickte es in seinem Kopf. In kürzester Zeit schalteten sich alle Muskeln seines Körpers in den Aktivzustand um und Tai saß mit einem Male kerzengerade. Nahezu im Eiltempo stand er auf, zog sich Hose und T-Shirt an und rannte aus seinem Zimmer. Das Erste, was er danach sah, war seine Schwester, die sich vor Kichern kaum noch halten konnte. „Hihihi, hattest du nicht sonst immer gesagt, noch 5 Minuten? Hat ja keine 30 Sekunden gedauert!“ Tai verdrehte die Augen genervt: „Spar dir den Sarkasmus! Was ist mit Soras Mail?“ Kari grinste ihn hämisch an: „Das war nur ein kleiner morgendlicher Scherz! Hat’n ziemlich hohen Wirkungsgrad, findest du nicht?“ Mit einem Male erschlafften jegliche Muskeln des Braunhaarigen wieder zurück in den Passivzustand. Am liebsten hätte er jetzt seiner Schwester den Hals verdreht, aber seine Müdigkeit hielt ihn davon ab. Was soll’s, ans Schlafengehen war jetzt nicht mehr zu denken und er torkelte brummend und fluchend ins Bad. Kari verkniff sich einen weiteren Lachanfall und schaute ihm belustigt hinterher. Irgendwie tat er ihr schon Leid… Nach dem Frühstück begab sich Tai stillschweigend in sein Zimmer zurück und schloss die Tür. Er brauchte an diesem Tag nun etwas Ruhe… und deshalb legte er sich vorerst wieder auf’s Bett zurück. Gestern hatte Matt zwar seinen Tag gerettet, indem er ihn zum Konzert mitgenommen hatte. Aber seine Ohren und seine Leber waren ihm nicht wirklich dankbar gewesen… auch das Pfeifen im Ohr hatte er immer noch. „Alles nur, damit ich nicht an sie denke…“ Dabei konnte er das bei bestem Willen nicht von sich verlangen. Sora war nun einmal Teil seines Lebens. Die beiden waren immer füreinander da gewesen, schätzten sich sehr, halfen einander aus, spielten und lernten zusammen, spendeten sich gegenseitig Trost… die Liste könnte sich unendlich lang strecken! Viele Leute in der Schule – unter ihnen sowohl Schüler als auch Lehrer – meinten schon, die beiden seien Zwillinge… oder zumindest sonst irgendwie verwandt. Jedenfalls prophezeiten jene Leute, die ein genaues Auge auf die beiden geworfen hatten, dass da mehr laufen würde als reine Freundschaft. Und sie hatten auch Recht. Es war mehr als das gewesen… was dem Braunhaarigen erst relativ spät bewusst wurde, weil sie sich schon so lange kannten und schon immer sehr fürsorglich miteinander umgingen. Aber jeden Teenager holte das Thema Liebesbeziehung irgendwann ein… und es kam auch wirklich dazu, dass Tai sich kopfüber in seine beste Freundin verliebte. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er damit womöglich alles auf den Kopf stellen und er die so gefestigte Freundschaft auf’s Spiel setzen würde. Er tat es trotzdem… und war überglücklich darüber, dass Sora genauso fühlte und seine Liebe erwiderte. Diese Bilder von diesem einen Tag, an dem sie zusammenkamen, ließ Tai gedanklich mehrere Male Revue passieren. Sie waren ganze 2 Jahre zusammen gewesen… und bei diesem Gedanken wiederum wurden viele andere schöne Erinnerungen in ihm wach. Die vielen Ausflüge zu zweit, oder die unzähligen Schmusestunden… nicht zu vergessen die vielen kleinen Streitereien, die die beiden oft hatten wegen oftmals unwichtigen Dingen. Aber das war normal bei Beziehungen, und das wussten die beiden auch. Bei der Versöhnung fiel nicht allzu selten das Wort „Haarspange“, was bei den beiden ein bestimmtes Ereignis in der frühen Jugend in ihren Gedächtnissen hervorrief. Soras Weggang bedeutete nun vorerst das Ende der sicher geglaubten Liebesbeziehung. Leider stellte sie aber auch die Liebe selber auf eine harte Bewährungsprobe. Denn durch ihre Entscheidung wurde Tai schmerzlich klar, dass Liebe nicht die höchste Priorität in Soras Leben hatte. Obwohl sie die Trägerin des Wappens der Liebe war, entschied sie sich doch gegen diese ihr zugeschriebene Eigenschaft. Zwar war ihre Absicht, Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder der Welt zu betreiben, schon fast ein Non-plus-Ultra an Ehrenhaftigkeit. Trotzdem war das nun eine bittere Erkenntnis, die er machen musste… Ein Klopfen an der Zimmertür brachte den gedankenversunkenen 18-Jährigen wieder zurück ins Bewusstsein. „Hey, Bruderherz! Darf ich reinkommen?“, ertönte Karis Stimme. Sie klang sehr besorgt, das konnte man sehr deutlich heraushören. Einen Moment überlegte der Braunhaarige, ob er sie nicht fortschicken sollte, aber es war nun mal nicht seine Art… schon erst recht nicht, wenn sie besorgt um ihn war. Also ließ er sie herein. Kari trat zögerlich in Tais Zimmer und sah ihn an. Er hielt seinen Kopf gesenkt… eigentlich schon, seitdem er tausend Gedanken über seine nunmehr Ex-Freundin hatte… „Du bist schon seit einer Stunde alleine in deinem Zimmer…“ Ihr großer Bruder schaute erst sie ungläubig und dann die Uhr an. Sie hatte Recht: So lange hatte er schon mit den Gedanken um Sora verweilt! Es kam ihm vor, als wären nur ein paar Minuten vergangen… „Du kannst sie nicht aus deinen Gedanken kriegen… hab ich Recht?“, meinte die Braunhaarige schließlich. Tai seufzte und gab ein Nicken von sich: „Ach, Kari… es ist einfach… ein Jammer. Dabei will ich doch nicht die ganze Zeit an Sora denken, aber man lässt mich nicht. Mein… mein Inneres lässt mich nicht. Es ist einfach zu viel… zu viel geschehen…“ Kari setzte sich zu ihm auf’s Bett. Sie verstand ihren Bruder zu gut. Sie wusste, wie stark das Band zwischen den beiden war. Dieses Band konnte nichts… absolut gar nichts zerschneiden! Auch an geschätzten 10000 Kilometer Entfernung würde ein solches Band nicht scheitern. Aber dieses starke Band könnte jetzt das Verhängnis für die psychische Verfassung des Braunhaarigen werden. Sie überlegte fieberhaft, wie sie ihm helfen könnte. „Könnte Izzy nicht ein Tor zu Sora öffnen?“ Tai schüttelte den Kopf: „Kari, das ist nicht so einfach…“ „Aber bei Mimi hat es doch geklappt! Wir könnten doch von hier auf jetzt Mimi besuchen gehen! Wieso sollte es nicht bei Sora klappen?“ Tai sah seine Schwester an… sie hatte damals nur von dieser Möglichkeit, schnell von einem Platz der Erde über die Digiwelt zu einem anderen Punkt der Erde zu gelangen, mitbekommen. Jedoch wusste sie nicht, was diese Aktion technisch voraussetzte. Er selbst hatte etwas länger gebraucht, bis er verstand, warum es weiterhin schwierig bleibe, diese durchaus komfortable Möglichkeit, von einem Ort zum anderen zu reisen, vielseitig zu nutzen. Der Braunhaarige versuchte es nun, ihr zu erläutern. „Weißt du, Izzy braucht ganz genaue Daten über den Ort, wo die Reise hingehen soll. Jedes Tor zur Digiwelt, das auf der Erde geöffnet wird, hat spezifische Datenwerte in Form von Koordinaten. Von Mimi haben wir diese Werte, weil wir sie doch vor einem halben Jahr besucht hatten… weißt du noch?“ Seine Schwester nickte. „Da hat Davis doch kurzerhand ein Tor zur Digiwelt geöffnet und die benötigten Daten hatte Izzy auf seinem Laptop abgespeichert. Seitdem können wir problemlos zur ihr und sie zu uns gelangen.“ Kari versuchte, die Informationen zu verwerten. Begabt war sie leider nicht in diesem Gebiet… was Izzy meistens von sich gegeben hatte, war für sie gleichzusetzen mit Hieroglyphen. Dennoch fragte sie weiter: „Und was bedeutet das jetzt für den Fall mit Sora?“ Der 18-Jährige stand auf und ging zum Zimmerfenster. Orientierungslos blickte er durch die Scheibe. „Über Soras Ort liegen uns leider keine Koordinaten vor… und Izzy kann sie auch nicht ohne Weiteres herausfinden…“ „Wieso nicht?“ „Weil dafür ein Tor zur Digiwelt geöffnet werden muss! Die Werte lassen sich nur empfangen, wenn das Tor selber aktiv und offen ist…“ „Und warum kann Sora kein Tor von dort aus öffnen?“ „Weil sie kein D3-Digivice besitzt…“ Kari schluckte. Die Frage hätte sie sich auch selber beantworten können. Bisher hatten die Digiritter nur die Möglichkeit gehabt, über die D3-Digivices die Tore zur Digiwelt von hier auf jetzt zu öffnen. Sie wusste noch, welche Umstände bestanden, als vor 4 Jahren die Gruppe Digimon auf der ganzen Welt einfangen mussten. Jede Mannschaft musste mindestens einen Digiritter der 2. Generation dabei haben, damit man überhaupt die Möglichkeit bekam, die Digimon zurück in die Digiwelt zu befördern… Nun hatte sie verstanden, warum es schwierig bleiben würde, zu Sora zu kommen. Sie versuchte, ihrem großen Bruder dennoch Mut zu machen. „Kopf hoch! Blas nicht so einen Trübsal! Du wirst sie doch spätestens in einem halben Jahr besuchen gehen! Da nimmst du Izzy und mich dann mit und wir werden das Problemchen lösen, okay? Jetzt mach dir nicht zu viele Gedanken! Das wird schon! Ich muss nun aber mal Hausaufgaben machen!“ Kari drückte ihrem Bruder noch ein Kuss auf die Backe, bevor sie aus dem Zimmer ging. Während sie sich entfernte, wurde Tai bewusst, dass sie Recht hatte mit ihrem Vorschlag. Dann würde wiederum das Problem der Distanz gelöst werden… über die Digiwelt zu reisen war erstens viel schneller und zweitens kostete das viel weniger… nämlich gar nichts! Nur ein paar läppische Koordinaten… Ein paar „läppische“ Koordinaten… Bis die zu kriegen waren, würde es noch 6 Monate dauern… Wenigstens besserte der Gedanke eines vorhandenen Lösungsansatzes die Laune des grummeligen Braunhaarigen. Er würde später nochmal mit Izzy darüber sprechen… Ach was! Er musste es jetzt tun! Gerade wollte der Braunhaarige zum Telefon laufen, heulte es laut auf. Vater Susumu hatte das Telefon mit einer merkwürdigen Mikrofonaufnahme gespeist und eine sehr komische Mischung aus Klaviermusik und dazu improvisierten Lauten („OINK!“; „GRUNZ!“; „PUPS!“; „SCHNARCH!“ etc.) ertönte… Tai musste sich ein Lachen verkneifen, ehe er den Hörer abhob und die leicht schwachsinnige Melodie verstummte. „Tai Yagami hier… wer spricht da?“ „Komm bitte sofort her, Tai! Wir haben ein Problem!“ Eine in Panik versetzte Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung. Der 18-Jährige brauchte nicht dreimal zu raten, wem die Stimme gehörte. „Hey Izzy! Was ist denn los? Ich wollte dich gerade…“ „Frag nicht, komm einfach! Und nimm Kari auch gleich mit! Es geht um die Digiwelt!“ Klick! Damit hatte Izzy aufgelegt und Tai stand etwas perplex vor dem Telefon. „Oh nein, nicht schon wieder!“, entfuhr es ihm genervt und er ging in Karis Zimmer, um sie zu holen… Dabei hatte der Tag schon schlimm genug begonnen… ------------------------------- „Die starken Schwingungen dieser Interaktion nehmen nicht ab! Da baut sich was gehörig auf!“ „Was denn für eine Interaktion? Ich kann diesen Vorgang nicht auswerten, das können nur Ihre Instrumente! Sie sind doch zuständig für Analyseergebnisse und…“ „Nur die Ruhe, mein Junge! Ich habe ja nicht gesagt, dass ich das nicht längst getan habe…“ „Bitte?! Warum haben Sie dann 10 Minuten um den heißen Brei gelabert? Was ist denn jetzt überhaupt geschehen?!“ „Das ist schnell erklärt…“ An der Zimmertür pochte es plötzlich zweimal und sie ging auf. Vor der Tür schauten 8 Augenpaare mit einem fragenden Blick in das Zimmer hinein… und richteten sich auf den Monitorbildschirm, auf dem ein recht bekannter alter Mann zu sehen war. „Genai!“ Der Angesprochene wandte sich von der rothaarigen Person vor dem Bildschirm ab und begrüßte die beiden Ankömmlinge: „Seid gegrüßt, Digiritter! Ich bin froh, dass ihr euch schnell hier versammeln konntet! Es wartet Arbeit auf euch! Etwas Furchtbares ist passiert!“ Aus der Menge stieß Davis hervor und fragte: „Was ist denn passiert? Nach los, Izzy, sag’s schon! Was hat Genai von der neuen Gefahr berichtet?“ Izzy schüttelte den Kopf: „Das versuche ich ihm schon seit 10 Minuten zu entlocken! Aber bis jetzt hat er mir nur komplizierte Detailfetzen abgeliefert…“ „Mit solchen Fetzen konntest du doch immer am Besten arbeiten…“, meinte Yolei und musste leicht lachen. „Hör auf mit den Scherzen, Yolei“, meldete sich nun Tai zu Wort. „Erzählen Sie uns jetzt lieber, was Sache ist, Genai!“ „Wie ihr wollt, Digiritter! Also passt gut auf: In den letzten 4 Jahren hatte ja die Digiwelt eine durchaus friedliche Phase durchlebt und auch das Gleichgewicht der Welten blieb weitestgehend erhalten! Doch seit geraumer Zeit machen uns ungewöhnliche Störungen an den Instrumenten zu schaffen… und auch die Messgeräte schienen eine Zeit lang nicht zu funktionieren. Wir wagten einige softwaretechnische Reparaturen, die jedoch keinen Erfolg zeigten und so vergingen einige Tage. Schließlich versuchten wir es bei den Herzstücken der Maschinen selber… und kamen schließlich darauf, dass es sich um Sabotage an den Geräten handelte! Leider verstrichen bis zur Wiederinbetriebnahme weitere wertvolle Tage. Als wir die Funktionen wiederhergestellt hatten, fingen auf einmal alle Maschinen an, Alarm zu schlagen. Rasch wurde eine Analyse der Probleme durchgeführt und die Geräte spuckten folgendes Ergebnis aus…“ Genai deutete auf ein Stück Papier, auf dem eine stupid wirkende Rechenformel stand. Mehrere Zahlen und Buchstaben waren darin verstrickt und auch der Rechenweg schien sinnlos zu sein. Izzy kratzte sich verlegen den Kopf: „Ähm… tut mir Leid, Genai… aber daraus werde ich auch nicht schlau…“ Der alte Mann fuhr fort: „Das sind nur spezifische Datenwerte der Störungswelle! Dadurch war es uns zwar nicht möglich gewesen, den Ursprung der Störungswelle zu bestimmen, dafür aber die Art! Das Ergebnis ist eindeutig: Es handelt sich um ein Weltentor!“ „Als hätte ich das nicht schon befürchtet“, verdrehte Izzy die Augen, während die anderen im Raum hörbar entsetzt stöhnten. „Wo befindet sich denn das Tor, Genai? Können wir es wieder schließen?“, fragte Matt. „Stopp! Ihr wisst ja noch nicht, um was für ein Tor es sich handelt! Und ihr wisst auch nicht, was für Gefahren sich daraus ergeben!“ „Na dann sagen Sie uns doch, um was für ein Tor es sich handelt!“, erwiderte Davis mit einer Spur Ungeduld in der Stimme, weil er allmählich verstand, weshalb Izzy von Genai so genervt war. „Wartet… ich zeige es euch…“ Plötzlich wurde der Bildschirm schwarz. Für ein paar Sekunden starrten die Digiritter auf die dunkle Leere im Bildschirm, bis ohne Vorwarnung ein kalter Schauer zwei Personen im Raum den Rücken runter liefen. Tai bemerkte den angespannten Gesichtsausdruck von Kari… und Davis wiederum entdeckte Schweißperlen auf Kens Gesicht… Auf einmal hörte man ein Plätschern aus den Lautsprechern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)