Lady Georgie... von abgemeldet (...eine Fortsetzung zum Manga) ================================================================================ Kapitel 2: Arthur POV --------------------- „Georgie müsste auch gleich hier sein, sie wollte nur noch Mutter’s Grab besuchen.“, antwortete ich auf Onkel Kevin’s Frage, während ich musternd auf den kleinen Jungen blickte, dem Onkel Kevin nun die vom Regen völlig durchnässten Klamotten behutsam auszog. Auch ich tat nichts anderes und wärmte mich daraufhin am Kamin auf. Ich schaute ins Feuer und musste mich erinnern, wie wir früher zu dritt noch als kleine Kinder vor diesem Kamin standen und die Wärme genossen, wenn es draußen mal so regnete und frisch war wie jetzt. Dieser Gedanke bereitete mir ein Lächeln und die Tatsache, dass Georgie wieder hier war erfüllte mich unendlich. Doch mich beunruhigten gleichzeitig noch immer die Worte, die sie vor nicht mal einer Stunde sagte, dass etwas geschehen sei, das sie verletzt habe und dass es ihr weh täte darüber zu sprechen. >Oh Georgie, ich möchte, dass du mir deine Gedanken, dein Leid, einfach alles anvertraust und mit mir teilst!<, würde ich ihr am liebsten sagen. Ja, ich wünschte, dass sie nie wieder mehr traurig sein müsste. Ich wollte sie glücklich machen, sie lachen hören, sie ansehen und ihr endlich gestehen, wie sehr ich sie noch liebte. „Papa, ich habe Hunger!“, unterbrach der kleine Junge meine Gedanken. Er schaute mich lächelnd an, während er an meiner Hand zog. Ich schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln und streichelte seinen Kopf, denn dieses Kind weckte… nun ja, väterliche Gefühle in mir, auch wenn ich gar nicht wissen konnte, wie es war einen Sohn zu haben. Schließlich kam ich wieder zur Besinnung und antwortete: „Aber ich bin doch gar nicht dein Papa, Kleiner!“ Als hätte ich ihm eine Lügengeschichte erzählt, gab er grimmig von sich: „Doch, du siehst nämlich genauso aus wie der Mann auf meinem Bild und der ist mein Papa!“ Plötzlich durchfuhr es mich wie ein Stromschlag. Bereits erahnte ich fassungslos, wer dieser kleine Junge war. Ich duckte mich, damit ich mit ihm auf Augenhöhe war und fragte: „Wie heißt du?“ Stolz antwortete er: „Ich heiße Abel Jr. und du bist Arthur, nicht wahr?“ Meine Augen weiteten und meine Vermutung bestätigte sich: Dies war Abels und Georgies Sohn, dem ich nun ins mir bekannte Gesicht starrte. Ich hatte vorhin noch genau gehört, wie er Georgie Mama nannte, doch erst jetzt glaubte ich an die Wahrhaftigkeit seiner Worte. Außerdem hätte ich gleich darauf kommen können, denn er glich seinem Vater wie ein Ei. Im selben Moment öffnete sich die Tür und Onkel Kevin legte einen üppig gefüllten Stoffsack auf den Tisch: „So, ich habe tatsächlich noch alte Kleidungsstücke von dir und deinem Bruder gefunden, Arthur. Hier dürfte sich sicherlich auch etwas für den kleinen Dreikäsehoch finden. Du kannst natürlich etwas von mir anziehen, auch wenn es vielleicht nicht deinem Geschmack entspricht, aber dir ist sicherlich frisch, trotz des Feuers. Bis deine eigenen Sachen trocken sind dauert es noch. Hier.“ Er lachte vertraut und hielt mir die Kleidung bereits entgegen, welche ich widerstandslos mit einem „Danke.“ entgegennahm. Darauf half er dem Jungen beim Anziehen, worauf ich wieder einmal in meinen Gedanken umherschweifte. Wo war Abel und wieso nannte mich sein eigener Sohn andauernd Papa? Da konnte doch etwas nicht stimmen. Der Kleine wird seinen Vater doch wohl jeden Tag, zumindest jede Woche, zu Gesicht bekommen haben? Trotzdem scheint er ihn doch nur von einem Bild zu kennen! Mein Blick ruhte auf Abel Jr. Er war so klein und lieb, dass jeder ihn ins Herz schließen würde. Und so ein Junge hatte auch einen Vater verdient, doch Abel, was ging nur in ihm vor? Hat er vielleicht sogar Georgie und ihr gemeinsames Kind verlassen? Ist Georgie möglicherweise deshalb so bedrückt gewesen? Das unschuldige Lachen des kleinen Jungen und seine strahlenden Augen, ließen eine Wut in mir heranwachsen. Wie konnte man so einem unschuldigen Kind nur das Herz brechen? „Sag mal Arthur, weißt du, was es mit diesem Kind auf sich hat? Ist das etwa Georgie’s Sohn?“, unterbrach Onkel Kevin das vorherrschende Schweigen und das Flackern des Feuers im Kamin. Abwesend, wie ich war, antwortete ich zögerlich mit abgewandtem Blick: „Ja, so ist es… Sein Name ist Abel Jr.“ Ich sah aus meinem Augenwinkel heraus, wie überrascht Onkel Kevin in das Gesicht des Jungen schaute, als hätte er, im Gegensatz zu mir, irgendetwas übersehen. „Was? Aber heißt das etwa…? Aber ja! Sein Gesicht kam mir gleich so bekannt vor.“ Er begann erstaunt zu lachen: „Das ist doch unglaublich! Abel und Georgie haben einen Sohn, wer hätte das gedacht?!“ Ich senkte enttäuscht und wütend meinen Kopf und spürte gleichzeitig die Blicke Onkel Kevins in meinem Nacken, der ruckartig verstummte. Ich hörte wie er sich mir näherte und schließlich seine Hand auf meine Schulter legte. Leicht vorgebeugt flüsterte er mir zu: „Du liebst sie noch immer, nicht wahr? Und jetzt bist du enttäuscht, dass sie sich für Abel entschieden hat und glücklich mit ihm ist, oder?“ Ich hebte meinen Kopf wieder und blickte unverstanden in die wässrigen und vertrauten Augen des alten Mannes: „Nein, solange Georgie glücklich ist, ist mir alles recht! Aber sie bedrückt etwas… Ich habe sogar die Befürchtung, dass Abel sie verlassen hat, warum auch immer und das enttäuscht mich und macht mich traurig und gleichzeitig wütend…“ Abel, was nur, was hast du ihr und deinem Sohn nur angetan? Onkel Kevin war sichtlich geschockt, über das, was ich ihm gerade erzählt hatte. Es schien, als müsste er noch einmal überlegen, was ich überhaupt gesagt hatte und schließlich holte er für einen Satz aus, als sich plötzlich die Tür öffnete: „Puh, endlich bin ich bei euch angekommen! Das es auch ausgerechnet heute so regnen muss!“ „Mami, Mami, guck mal was ich anhabe!“, lachte der Kleine und rannte geradewegs in die Arme seiner Mutter. „Du siehst ja genau so aus, wie Arthur, als er noch klein war!“, musste sie lachend feststellen. Onkel Kevin ging auf sie zu und begrüßte Georgie herzlich. Ich jedoch blieb wie angewurzelt am Kamin stehen und genoss diesen unbeschwerten Augenblick, wie sie verlegen lachte, weil ihr Kleid ganz nass war, wie sie rot wurde, wie sie strahlte und ihre Sorgen zu vergessen schien. Genau wie früher, Georgie, genau wie früher. „Wie ich annehme, hat sich Abel Jr. euch bereits vorgestellt!“, grinste sie auf eine erleichterte Art, als sie an ihrem Kleid zupfte. Nickend und lachend erwähnte Onkel Kevin: „Nun ja, was soll man sagen, seine Ähnlichkeit mit Abel ist verblüffend und spricht für sich! Ach ja und dein Gepäck habe ich in das Zimmer dort gestellt, Georgie, ich war mir sicher, dort hätte ich auch etwas für den kleinen Abel zum Anziehen gefunden, aber ich dachte, es gehört sich nicht in den Sachen einer Dame herumzuwühlen!“ Grinsend ging Georgie auf Onkel Kevin zu und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn: „Danke Onkel Kevin, aber ich hätte wirklich nichts dagegen gehabt, außerdem bin ich doch gar keine richtige Dame! Schließlich bin ich hier auf dem Lande aufgewachsen!“, sie zwinkerte ihm zu und setzte ein schelmisches Grinsen auf, worauf sie mit Abel Jr. in einem anderen Zimmer verschwand. Und erst jetzt schienen sich die Wurzeln, die ich geschlagen hatte, zu lösen. Nachdenklich setzte ich mich zu Onkel Kevin an den Tisch. „Ach ja, unsere Georgie, sie wird sich wohl nie ändern. Auch als junge Frau ist sie noch immer sehr aufgeweckt und liebevoll. Sie schien mir überhaupt nicht so traurig, wie du sie mir vorhin beschrieben hast, Arthur. Was veranlasst dich denn dazu, zu denken, Abel hätte sie vielleicht verlassen?“ Ich faltete meine Hände und überlegte kurz als ich sagte: „Ach… es wäre wohl am Besten, wenn wir sie jetzt einfach selbst fragen.“ Ich musste meine Hände plötzlich zu Fäusten ballen und meine Worte kamen mir nur schwer über die Lippen. „Ich ahne, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, aber ich möchte mir nicht mehr die schrecklichsten Dinge ausmalen müssen, sie soll jetzt endlich selbst sprechen und sagen, was sie bedrückt!“ Ich wollte nicht schreien und schlug mit einer Hand auf den Tisch und wusste gleichzeitig, dass ich ungewohnt überreagierte, was Onkel Kevin sicherlich auch dachte. Erschrocken über meine Reaktion starrte er mich schweigend an. Trotzdem konnte Georgie mich nicht mehr so lange auf die Folter spannen. Nach wenigen Minuten gesellte sie sich wieder zu uns. Gerade schloss sie die Zimmertür, als ich meinen Blick auf sie warf: Wie in Zeitlupe drehte sie sich langsam zu uns, ihr Haar legte sich schwungvoll über ihre schmalen Schultern und ihre Augen öffneten sich Stück für Stück, worauf ihr wunderbares Glänzen und das schöne Blau zum Vorschein traten. In ihrem einfachen Kleid, das sie nun trug, sah ich nicht mehr meine kleine süße Schwester vor mir, nein, vor mir stand nun eine junge sinnliche Frau. „Was schaust du denn so, Arthur?“, unterbrach Georgie verblüfft die Zeitlupe. Sie schaute auf meine Kleidung und musste lachen: „Oh je, wie ich sehe, hat sich dein Geschmack in der letzten Zeit total verändert und nun ist es dir peinlich so vor mich zu treten!“ Ganz durcheinander brach ich nur wenige Worte heraus: „W…Was? Peinlich? Wieso denn?“ Jetzt lachte sie nur noch mehr und hielt sich eine Hand vor ihren Mund: „Sonst wärest du jetzt nicht so rot im Gesicht!!“ Nun lachte auch Onkel Kevin, aber ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte und blieb einfach ruhig stehen. Dann hatte ich die Eingebung, ich müsste jetzt noch etwas dazu sagen, doch die beiden hatten sich bereits beruhigt und saßen schon an dem gut gedeckten Tisch. Auch ich setzte mich endlich hin und begann mich zu bedienen, während Onkel Kevin sich bei Georgie erkundigte: „Jetzt erzähl uns doch Georgie, wie geht es dir? Du warst lange Zeit in England, was ist in den letzten Jahren alles passiert?“ Sie nahm einen Schluck Obstsaft und berichtete mit einem Lächeln: „Nun, ich habe meinen richtigen Vater in London gefunden! Außerdem…“ Glücklich erzählte sie von den Geschehnissen der Vergangenheit, dass sie neue Freunde gefunden, viele Städte Englands bereist hatte und noch vieles mehr, aber sie verlor kein einziges Wort über Abel. Noch nicht einmal indirekt nannte sie ihn. Ich dachte, sie würde nun endlich sagen, wo er war, was er all die Jahre getan hatte und warum er jetzt gerade nicht hier war. „… aber letztendlich bin froh, wieder hier zu sein! Australien ist eben doch mein wahres Zuhause und ich fühle mich hier einfach am Wohlsten!“ Sie grinste zuckersüß und Onkel Kevin nickte zufrieden, als hätte ihm Georgie - auch wirklich - alles gesagt. Aber meine Miene blieb gleich, ich starrte eiskalt und ausdruckslos auf den gedeckten Tisch. Es blieb ruhig und keiner sagte irgendwas. Diese Stille machte mich verrückt, ich konnte einfach nicht mehr warten, ich musste sie jetzt nochmal fragen, wo Abel war! Ich schaute sie an, aber sie erwiderte meinen Blick nicht, als wüsste sie, worauf ich wartete. Warum machte sie der Gedanke an Abel nur so unglücklich? Ich musste es wissen, und zwar jetzt. Nach einem Schluck heißen Tee fragte ich schließlich ungeduldig: „Georgie, du hast mir versprochen sobald wir hier wären, würdest du uns erzählen, wo Abel ist.“ Als hätte ich zu leise gesprochen wandte sich Georgie ihrem Sohn zu, schenkte ihm Tee ein und aß, als wäre nichts gewesen, weiter. Am liebsten hätte ich geschrien, aber ich wollte dem Jungen keine Angst einjagen: „Georgie! Schau mich bitte an: W o i s t A b e l ? Du hast es mir versprochen.“ Ich schaute sie musternd an, um noch besser verstehen zu können, was in ihr vorging, denn jetzt hörte sie auf zu kauen und starrte auf ihren Teller. Genau dieser Gesichtsausdruck ließ mein Herz fast in tausend Stücke zerbrechen. Ich sprang auf und kniete mich neben ihr hin und nahm vorsichtig ihre Hand, die zuvor in ihrem Schoß geruht hatte. Noch immer schaute sie mir nicht in die Augen. Wehmütig blickte ich tief in die ihren, die sich bereits mit ihren kostbaren Tränen füllten. Ich hoffte darin lesen zu können, was sie innerlich aufzufressen schien. „Georgie, bitte weine jetzt nicht. Ich bin doch bei dir! Aber nun sag doch endlich, was passiert ist!“ Sie vergoss ihre warmen Tränen und öffnete langsam ihren Mund: „Onkel Kevin…? Könntest du vielleicht Abel Jr….? Ich möchte nicht, dass er…“, wie selbstverständlich sprang dieser auf und verließ mit dem Jungen besorgt das Zimmer: „Komm mein Kleiner, deine Mutter und dein Onkel haben noch etwas Wichtiges zu besprechen!“ Ich wartete noch bis er die Tür schloss und wandte mich dann wieder Georgie zu, die mir plötzlich um den Hals fiel und lauthals weinte. Ich war überrascht und legte meine Arme tröstend um ihren zierlichen und zitternden Körper. Noch ein kleines Stückchen und wir lägen auf dem Boden. „Oh Arthur…! Ich mache mir schon die ganze Zeit darüber Gedanken, wie ich es dir sagen soll, aber mir fällt einfach kein Weg ein!“ Ich streichelte ihr sanft durch ihr wohlriechendes Haar, während ich sie zu beruhigen versuchte: „Psst Georgie, ich verstehe ja kaum, was du sagst! Hör bitte auf zu weinen, Georgie! Das macht mich sonst ganz traurig…“ >…und wütend!<, ergänzte ich in meinen Gedanken. Ich wusste nicht, was geschehen würde, wenn mir Abel eines Tages mal über den Weg laufen würde. Er musste sie noch schlimmer verletzt haben, als ich bereits annahm. Schließlich beruhigte sie sich nach einiger Zeit wieder und löste sich langsam von mir. Jetzt waren wir uns ganz nah, so nah, dass ich sie am liebsten… Aber an so etwas durfte ich jetzt nicht denken, ich Idiot! Ich musste jetzt an IHR Wohlergehen denken und für sie da sein, da blieb kein Platz für eigene Wünsche, zumindest nicht bei meiner Georgie. Sicherlich war mir wieder die Röte ins Gesicht geschossen, als mir gerade auffiel, dass wir nun einige Zeit in dieser Position verweilt hatten. So half ich ihr schnell aber vorsichtig wieder auf die Beine und starrte verlegen auf den Boden. Es vergingen Minuten, ohne das irgendjemand von uns etwas sagte. Doch dann, anscheinend nach langer Überlegung, gab sie endlich etwas von sich: „Arthur… Abel konnte damals einfach nicht mit ansehen, was die Dangerings mit dir anstellten. Er weinte sogar um dein Leben und wollte wirklich, dass wir drei wieder nach Australien zurückkehren. Dies war sein sehnlichster Wunsch. Aber er wusste genau, dass es nicht ganz ungefährlich sein würde, dich zu befreien…“ Ihre Stimmlage hatte sich mit den letzten Worten geändert und je mehr sie sagte, desto mehr schien sich eine neue böse Vorahnung, die nun in mir wuchs, zu bestätigen. Bereits schossen mir die Tränen in die Augen, als würden diese wissen, was jetzt kam. „Abel hat… sein Leben für dich geopfert…“, sie fing wieder an zu weinen. Wie ein Echo hallten diese Worte in meinem Kopf wieder und wieder und ich schien in einen Strudel zu geraten, der mich immer tiefer ins Wasser riss, bis ich zu ertrinken drohte. Georgie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und weinte: „Er ist tot, verstehst du Arthur? Abel ist tot!“ Meine Augen weiteten sich, als begriff ich erst jetzt, was sie mir da sagte und ich wusste nur noch, dass ich hier raus musste, raus aus diesem Zimmer, hinaus in den Regen, in den Regen der Melancholie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)