Zu tief, um loszulassen? von Stiffy ================================================================================ Kapitel 2: Smiley ----------------- „Na sehen Sie, es geht doch. Jetzt sehen Sie wieder etwas manierlicher aus“, betritt um kurz nach 19 Uhr Sam Phillips mein Büro. „Solange ich nur so aussehe“, wende ich meinen Blick nicht von meinem Bildschirm ab. „Ein wenig riecht man den Alkohol immer noch…“ „Beweise sind halt nicht so leicht verwischt.“ Ich fühle mich leicht genervt, tippe schnell noch ein paar Worte. „Könnten Sie noch kurz still sein?“ „Ich kann auch wieder gehen, wenn Sie-“ „Warten Sie einfach noch fünf Minuten, okay?“ Ich sehe ihn an. Ein skeptischer Blick wird dem entgegengesetzt. „Na gut, zehn Minuten“, gebe ich zu. Er lacht, dann zuckt er die Schultern und lässt sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen. „Denken Sie daran: Sie haben mich gefragt.“ „Das werd ich sicher nicht vergessen, keine Sorge.“ Damit widme ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Mailprogramm, mit den vier Mails, die noch beantwortet werden müssen. „Sagen Sie mir, wieso Sie sich wieder zuschütten wollen?“, lässt Sam sich mir gegenüber am Tisch nieder, den ich ausgesucht habe. Er steht ganz in der Ecke des kleinen, abgedunkelten Raumes. „Die üblichen Gründe“, recke ich meine Hand der Kellnerin entgegen. Als sie bei uns ist, bestelle ich zwei Bier. „Und die Speisekarte bitte.“, Sams Blick trifft mich. Die Kellnerin verschwindet nickend. „Goldene Regel: Vor dem Saufen immer erst was essen.“ „Das hab ich gestern wohl vergessen.“ „Dachte ich mir.“ Ein Grinsen, bevor er sich wieder der Kellnerin zudreht, die mit den Karten zu uns zurück kommt. Stille kehrt ein, während wir die vielen Gerichte studieren. Zunehmend spüre ich dabei auch das Knurren meines Magens. Wann hab ich eigentlich das letzte Mal was gegessen? „Und? Haben Sie sich entschieden?“, fragt Sam in die Stille hinein. „Könnten wir uns duzen?“, lasse ich die Karte sinken, ohne auf seine Frage einzugehen. „Immerhin werde ich mich nachher vor Ihnen besaufen… da ist das doch irgendwie passender.“ Lachend legt auch er die Karte nieder. „Da hast du vielleicht recht. Obwohl wir dann wahrscheinlich gleich auf Brüderlichkeit trinken sollten…“ „So richtig mit Kuss und allem?“, entfährt es mir, und zu meiner Überraschung lacht er plötzlich nur noch umso mehr. „Naja, das gehört auf jeden Fall dazu…“ Er grinst breit, bevor er die Karte wieder hebt. „Also?“ „Ich nehme die Jägerpfanne“, erkläre ich, während ich ihn noch immer ansehe. Eigentlich müsste er wissen, dass ich schwul bin. Das wissen alle meine Kollegen. Dass er dennoch so normal gelacht hat, tut irgendwie gut, glaube ich… zumindest, wenn es mich nicht wieder an Nate denken ließe, der so gut wie nie auf diese Weise gelacht hat. Naja, zumindest bis vor kurzem nicht. „Was nimmst du?“, reiße ich mich selbst aus meinen schmerzenden Gedanken hinaus. Ich sollte mir zu meinem Bier gleich noch was Härteres dazubestellen… Die erste Stunde, wie es mir die große Uhr über dem Tresen verrät, vergeht relativ schleppend. Wir sind froh, als das Essen kommt, als wir etwas zu tun haben, denn Gesprächsstoff ist gerade irgendwie Mangelware. Natürlich, über die Arbeit kann man immer reden, doch selbst das Thema scheint schnell ausgeschöpft. Alles andere ist schwer. Wir kennen uns nicht, unsere Hobbys nicht oder unsere Interessen. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich mich schon lange mit niemandem mehr unterhalten, den ich kaum kenne. Ob es der Alkohol ist, der uns lockerer macht, kann ich nur vermuten. Wir verfallen irgendwann in das fast unausschöpfbare Thema Sport und während Satz auf Satz folgt und Getränk auf Getränk, merke ich kaum noch, wie die Zeit vergeht. Ich lache viel und Sam ebenso, während er mit den Händen spricht, was Nate fast nie getan hat, und mir von den Spielen erzählt, bei denen er schon gewesen ist. Er tut dies sehr emotionsgeladen, oder es kommt mir so vor, während ich seinen Fingern folge und dem glitzernden Ring daran. Er ist silbern und ganz einfach... doch er lässt bei mir ein komisches Gefühl entstehen, da ich noch weiß, wie ich vor ein paar Monaten noch mit Nate in einem Laden stand und ihm einen Ring schenken wollte. Er war so desinteressiert gewesen, hatte die Stücke zwar beurteilt, aber keinerlei Verlangen danach gezeigt, auch so ein Zeichen zu tragen. Und er verstand nicht, dass ich es wollte, verstand nicht, weshalb ich traurig wurde… und dann wütend… weshalb ich mich mit ihm streiten wollte, weshalb ich ihn überreden wollte… Er verstand einfach mal wieder nicht, weshalb mir etwas wichtig war. „Tobias? Ist alles okay?“ Ich zucke zusammen, schlage instinktiv die Hand mit dem Ring weg, welche sich auf meinen Arm gelegt hat. Ich atme schwer, schnell, ungleichmäßig. Ich fasse mir ins Gesicht. Trocken. Gott sei dank, ich weine nicht. „Ja“, nicke ich nun. Mein Blick fährt herum, ich suche die Uhr. „Wie spät?“ „Kurz vor zwölf.“ „So spät schon?“ Ich erhebe mich ruckartig, wanke. Alles dreht sich. Wieder berührt mich seine Hand. „Ist wirklich alles okay?“ Ich nicke, greife mir an die Stirn. „Mir ist nur schwindelig…“ „Willst du gehen?“ Wieder stimme ich zu. „Okay.“ Er drückt mich auf meinen Stuhl zurück. „Warte kurz, ich geh eben zahlen…“ Ehe ich darauf reagieren oder protestieren kann, ist er auch schon verschwunden. Ich schließe die Augen und sinke auf dem Tisch zusammen. Ich will zu Nate… „-o ohns- -u-?“, ist die Stimme nur undeutlich an meinem Ohr. „Was?“ Ich zwinge meine Augen, sich offen zu halten. Einen Schritt setze ich vor den anderen, ein Körper stützt mich. Es ist so schwer, zu gehen… „Wo du wohnst…“ Ich sehe zur Seite. Sam ist direkt bei mir. „Haben wir auf Brüderschaft getrunken?“, frage ich ihn. „Nein.“ „Schade.“ Ich taumle, er hält mich fest. Ich kralle meine Finger in seine Jacke. „Küsst du mich trotzdem?“ „Nein.“ Ich seufze, grinse blöd. „Schade.“ „Ja, schon klar…“ Ein sanftes Lachen an meinem Ohr. Ich spüre die Wärme seines Atmens. Mir ist unglaublich kalt. „Also, wo wohnst du?“ „Da, wo du nicht wohnst.“ „Sehr weise. Nun sag schon.“ „Ich will nicht.“ „Wieso nicht?“ Ich sehe, wie er die Hand nach einem anfahrenden Taxi reckt. Ich schleppe mich von ihm gehalten darauf zu. Ich spüre nicht mal mehr den Boden unter meinen Füßen, sondern nur den anderen Körper an mir. „Ich will nicht alleine sein“, flüstere ich. Alles dreht sich. Das einzig beständige ist sein Körper… Doch dann werde ich auf die Rückbank verfrachtet, höre, wie der Fahrer irgendwas wegen Kotzen sagt. Sam winkt ab, beugt sich dann wieder zu mir. „Willst du mit zu mir?“ Ich nicke und sinke erneut gegen seinen Körper, höre nur entfernt, wie er eine Straße nennt… und dann wackelt alles, auch sein Körper, da das Auto losfährt. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf die Ruhe an meiner Schulter. Seine Hand verbreitet dort eine angenehme Wärme. Innerlich zittere ich noch immer. Siehst du das Nate? Ich gehe mit zu einem anderen Mann. Ich will lachen, doch der Schmerz hält mich auf. Ich will doch nur zu dir… „Was sagt deine Frau, wenn ich hier schlafe?“, fällt es mir erst im Fahrstuhl ein. „Ich habe keine Frau.“ „Hast du nicht?“ „Nein.“ Ich blinzle. Der Ring ist noch immer da. Keine Fata Morgana. „Und was is das?“, hebe ich seine Hand ein Stück. „Das erzähl ich dir, wenn du nüchtern bist.“ „Jetzt nich?“ „Du vergisst es eh wieder.“ „Bestimmt nich.“ Ich betaste den Ring. „Oh, darauf will ich nicht wetten.“ Die Fahrstuhltür öffnet sich, er schiebt mich hinaus. „Ich bin schwul!“, verkünde ich laut, als er die Tür aufschließt. „Ich weiß.“ „Pass auf, sonst fall ich über dich her.“ Ein Lachen, er klopft mir auf die Schulter, schiebt mich in die Wohnung. „Davor hab ich keine Angst.“ „Wieso? Ich kann sehr verführerisch sein…“ „Das bezweifle ich gerade irgendwie.“ Licht blendet meine Augen. Ich kneife meine Lider hinunter, lasse mich weiter schieben. „Is wirklich so!“, murre ich. „Ja, ist ja gut.“ Wieder ein sanftes Lachen. Er drückt mich aufs Bett hinunter. „Ich mag das.“ „Was?“ „Wenn du lachst.“ „Das ist schön“, geht er nicht wirklich darauf ein. „Komm, zieh dich aus.“ „Ganz?“, grinse ich, blinzle ins Licht. Er rollt mit den Augen, steht mit verschränkten Armen vor mir. Kritisch wartend. Also ziehe ich mir die Jacke von den Armen, verhake mich dabei irgendwo. Mein Kopf dreht sich… Ich lasse mich zurückfallen. „Schon gut, ich helf dir…“, schafft er es nicht, mir lange bei meiner Qual zuzusehen. Seine Hände ziehen mich wieder etwas hoch, er hilft mir aus Jacke und Schuhen. Auch beim Pulli will er mir helfen. Ich ziehe daran, er ebenfalls… Ich sinke wieder auf die weiche Matratze zurück und er sinkt mit mir. Als ich die Augen öffne, sehe ich ihn über mir. „Siehst du, du bist mir schon verfallen“, grinse ich und schlinge meine Arme um ihn, ehe er etwas anderes tun kann. Er ist so warm. „Das ist-“ Ich unterdrücke seine Worte mit meinen Lippen. Sofort ist es pure Hitze, die ich spüre… wunderbare Wärme… eine Zunge… seinen Kuss… Siehst du das, Nate? Ich brauche dich nicht! Ich greife in die Kleidung über mir, schiebe meine Hände vor, berühre warme Haut, drücke mich daran, suche weiter… küsse weiter… und merke schließlich, wie sich all das von mir entfernt. „Das reicht jetzt“, sprechen seine freien Lippen wieder. Meine Hände greifen ins Leere. „Warum?“, frage ich schmollend, suche ihn im Licht, sehe ihn an. „Wie gesagt, du bist gerade nicht unbedingt sehr verführend…“ Er zieht mir nun endlich den Pulli von den Armen. „Bin ich nich?“, gähne ich. Dann lache ich blöd. „Nein, ganz sicher nicht.“ Ich spüre seine Hände an meiner Hose und ich stöhne, da ich jetzt erst die Enge wahrnehme. Dann ist sie aber auch schon wieder weg. Ich beobachte, wie die Hose zu Boden fällt, und dann wird eine Decke unter mir hervorgezogen, über mich gelegt. „Du bist langweilig“, murre ich, gähne erneut. Ich versuche, meine Augen offen zu halten. „Alles, was du meinst.“ Seine Hand berührt mein Haar. „Schlaf jetzt.“ „In deinem Bett?“ „Ja.“ Die Finger streicheln sanft und ich schaffe es nicht, meine Augen noch mal zu öffnen. „Und du?“, murmle ich. „Ich komme auch gleich.“ Ich nicke… und ich will noch etwas sagen, doch dann vergesse ich es in der Dunkelheit. ~ * ~ Ich glaube irgendwann in der Nacht werde ich ein paar Mal wach. Die Umgebung, in der ich mich finde, ist fremd, die Schatten an der Wand und den Mond im Fenster kenne ich so nicht… Doch da ist ein warmer Körper neben mir, lässt zu, dass ich mich an ihn schmiege, meine kalten Füße an sein halte… wieder schläfrig werde durch die fremde Atmung… Dann frage ich mich, wo Nate ist… Wieso bist du nicht bei mir? Tränen sickern ins Laken unter mir. Als ich das nächste Mal bewusst wach werde, ist der Mond nicht mehr zu sehen. Stattdessen fällt Tageslicht auf die Wände und hat die Schatten vertrieben. Und auch der warme Körper ist weg, stelle ich fest, als ich blinzelnd um mich blicke. War das alles nur ein Traum? Unfähig zu denken, schließe ich meine Augen erneut. Ich ziehe die Decke enger um mich, friere, versuche Wärme zu finden, versuche zurück in meinen Traum zu gleiten. Habe ich überhaupt geträumt? Ich wälze mich herum, betaste das Bettlaken neben mir. Es ist ganz kalt… bin ich also wirklich alleine? Von dem Gedanken getrieben, öffne ich die Augen wieder. Unruhe lässt mich in die Höhe fahren. Räume, die ich nicht kenne, Bettwäsche, die mir nichts sagt… Wo gehöre ich hin in all dem? Und wo ist Sam? Ich will mich erheben, doch die Kälte des Raumes spürend, tue ich es nicht. Ich ziehe die Decke bis unter mein Kinn und spitze die Ohren zur offenen Tür hin. Nichts. Kein Laut dringt an meine Ohren. Bin ich alleine? Ich erzittere bei dem Gedanken. Kälte kriecht in mich hinein, in meinen Kopf… und plötzlich merke ich, wie dieser zu hämmern beginnt. Wieder, schon wieder… so war es gestern doch schon… obwohl ich gestern auf einer Bank aufgewacht bin. Ich sinke wieder auf die Matratze zurück, starre an die Decke. Bin ich wirklich alleine? Er ist doch sicher nur im Bad, oder? Er wird doch nicht gegangen sein? Plötzlich stehe ich auf den Füßen. Kälte umschlingt mich, während ich den Raum durchquere und in den Flur trete. Nur eine Zimmertür ist geschlossen. Auf sie gehe ich zu. Begrüßt werde ich von einem weißgefliesten Bad. Mehr nicht… kein Sam darin. Ich schließe die Tür wieder, werfe Blicke in Küche, Arbeitszimmer, Wohnzimmer… doch nichts, alles leer… gar nichts. Ein ungeheures Gefühl der Einsamkeit schleicht an mich heran, in mich hinein. Ich zittere heftig, friere stark. Meine Kehle zieht sich zusammen. Ich kann kaum atmen. Meine Schritte tragen mich zurück ins Schlafzimmer… unschlüssig, was ich tun soll. Was mache ich eigentlich hier? Gerade mich dieser Frage hingeben wollend, entdecke ich einen Zettel. Er liegt auf dem Nachtschrank, unter einer vollen Flasche Wasser. Warum er mir so präsent ins Auge fällt, weiß ich nicht, doch als ich näher trete, weiß ich, dass genau das die Absicht war. Mein Name steht darauf. Ich greife nach dem Zettel und entfalte ihn. Etwas fällt auf den Boden. Mit dem Blick folgend, sehe ich einen Schlüssel. Guten Morgen, lese ich dann. Ich hoffe, du konntest lange schlafen. Ich habe entschieden, dich nicht zu wecken, da dir etwas Erholung nur gut tun kann – und deinen Mitmenschen auch! In der Küche findest du Kaffee, Brot, Müsli… Aspirin ebenfalls. Nimm dir einfach, was du willst. Und duschen solltest du auch. Wenn du gehst, schließe bitte ab. Ich bin auf der Arbeit, du findest mich im 2. OG, wenn du das nicht wissen solltest. Gönn dir noch ein bisschen Ruhe! Sam :-) Überrascht bleibe ich eine Weile lang stehen. Dann starre ich auf den Schlüssel hinab, brauche ein wenig, bis ich ihn aufhebe. Das kalte Metal in meiner Hand spürend, zieht sich schon wieder ein Beben durch meinen Körper. Ich verspüre den Instinkt, wieder ins Bett zu schlüpfen, doch stattdessen sehe ich mich nach meinen Klamotten um. Auf einer Kommode entdecke ich sie feinsäuberlich gefaltet. Ich bleibe stehen. Irgendwas ist unwirklich an dieser ganzen Situation. Vielleicht ist es der Schlüssel in meiner Hand. Oder der kleine Smiley, der ganz unten auf das Papier gemalt ist. Ich starre ihn nun wieder an. Und ich spüre, wie ich lächle. Doch dann zittre ich wieder. Ich setze mich in Bewegung und ergreife meine Kleidung. Meine Schritte führen mich zu den weißen Fliesen. Geduscht und gesättigt sitze ich einige Zeit später im Wohnzimmer auf dem dunkelbraunen Ledersofa und starre aus dem Fenster hinaus. Der heiße Kakao dampft in seiner Tasse, welche meine Hände wärmt. Eigentlich sollte ich schon längst nicht mehr hier sein. Ich wende den Blick, betrachte den Zettel, welcher nun neben meinem leeren Teller auf dem Wohnzimmertisch liegt. Ich sehe den Smiley an. Vielleicht lässt er es zu, dass ich noch immer hier sitze. Er lässt den letzten Satz ein Stück wahrer klingen. Ruhe… Ich sollte mir vielleicht wirklich ein paar Minuten davon gönnen. Wobei es so schwer ist in einer fremden Wohnung… Mein Blick gleitet über den Zettelrand, gleitet im kleinen Raum umher. Ein paar Bilderrahmen hängen hier, einer davon hat meine Aufmerksamkeit schnell auf sich gezogen, auch wenn ich noch nicht nah an ihn herangetreten bin. Viele Fotos sind darin… Ich verspüre den Wunsch, sie mir genauer anzusehen. Eines der persönlichen Dinge in diesen Raum. Neben der Schale, die selbstgetöpfert wirkt… oder der Büchersammlung im Regal. Persönliches. Es zieht mich an sich, wie als wolle es von mir betrachtet werden… Nate hatte so wenig davon. Seine Wohnung war kahl. Selbst mit meinen Sachen darin wirkte sie kahl, leer, fast steril. Und dann hat er plötzlich diese hässlichen Figuren mitgebracht… vom Flohmarkt. Ein schmerzhaftes Geräusch entrinnt meiner Kehle. Die Bilder vor meinen Augen scheinen mich von innen auffressen zu wollen. Sein Gesicht, seine Blicke, wenn er an ihn dachte… sein plötzliches Lachen, immer öfter. Ich spüre Tränen. Schnell wische ich sie weg, schlucke fest, setze die Tasse an meine Lippen. Sie brennt daran. Was macht er jetzt wohl? Ob er bei ihm ist? Nein, wahrscheinlich ist er arbeiten. Aber danach wird er sicher wieder bei ihm sein. Ganz sicher. Und sie werden lachen. Er wird lachen, lächeln… ihn küssen, ganz von alleine, ihm sagen, dass er ihn liebt… Er wird so vieles tun, was er bei mir nie getan hat, was ich mir immer gewünscht habe… Ich dachte, er könnte es nicht, würde es nie können… und doch hat er jetzt… Ich schüttle heftig den Kopf, atme schwer. Dann trinke ich einen großen Schluck und tue schwer daran, die heiße Flüssigkeit meine Kehle hinabzuwürgen. Schon bei dem Brot fiel es schwer. Ich hatte keinen Hunger und mein Kopf will auch nicht, dass ich etwas esse… dennoch, die Vernunft ließ es mich tun. Ich starre wieder den Zettel an. Oder Sams Vernunft. Damit stehe ich auf. Ich wische mir erneut über die feuchten Augen. Ich sollte nicht länger hier sein. Ich sollte zur Arbeit gehen… oder zumindest sollte ich dieses kleine, persönliche Reich verlassen. Ich gehöre nicht hier her. Aber wo gehöre ich hin? Im Vorbeigehen erhasche ich mit gerecktem Kopf einen kurzen Blick auf eines der Fotos. Ein lachender Sam ist darauf. Er lässt mich schon wieder an den Smiley denken. Kapitel 2 - ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)