Schneeflocke von vampireMiyu (ich will verschwinden) ================================================================================ Kapitel 1: Schneeflocke ----------------------- Stumm lag ich da, starrte in den Himmel, um mich selbst zu vergessen. Um die Welt zu vergessen. Doch mit jeder einzelnen Schneeflocke, die sich eiskalt doch sanft auf meinen Körper legte, wurde mir bewusst, wie die Welt funktionierte. Trotzdem konnte ich mich nicht davon losreißen, konnte nicht aufstehen, mich in mein Zimmer einsperren und mich selbst mit Alkohol und zu lauter Musik betäuben. Ich wollte nicht betäubt werden. Ich wollte alles bewusst erleben, denken. Ich wollte mich nur nicht mehr erinnern. Da alles wieder zurückkehren drohte, wand ich mich vom Himmel ab, drehte mich zur Seite und beobachtete das in Schnee gebettete Gras vor mir, schaute auf die Stadt die sich vor mir ausbreitete, am Fuße des Hügels stand. Hier war ich alleine mit meinen Sorgen, konnte mir selbst der unnachgiebige Lärm nichts anhaben. Ich genoss die Stille um mich herum, versuchte mich in sie hinein zu kuscheln, zu schlafen. Auf ewig schlafen? Nur schlafen. Langsam, wie in Zeitlupe, streckte ich meine Arme aus, legte mich wieder auf den Rücken, versuchte mit der dünnen Decke aus Eiskristallen einen Schneeengel zu formen, bewegte mich wie ein Scheibenwischer meines Autos, kontinuierlich ohne wieder aufzuhören. Etwas heißes und kaltes verließ meine Augen, floss über meine Wange, gefror. Gefror sie? Es schmerzte. Ich ertrug es nicht mehr, ertrug den Schmerz nicht mehr, der sich sanft doch unaufhörlich auf mein Herz legte, immer fester zudrückte, je mehr ich daran denken musste. Plötzlich hielt ich in meiner Bewegung inne, stand auf, klopfte schnell die leichten Schneereste von meiner Kleidung und rannte den Hang hinunter in die Stadt, zu mir nach Hause, in mein Zimmer. Hinter mir schloss ich die Tür zu, versuchte die Gesichter auszublenden, die mir auf dem Weg entgegen kamen, die erschrockenen Blicke. Mit schnellen Fingern packte ich eine beliebige CD in meinen Player, drückte auf abspielen und setzte die Kopfhörer auf meine Ohren. Verschwinden in der Musik, verschwinden im Nichts, vergessen, betäuben. Ohne selbst daran zu denken, wanderte meine Hand schnell zu der Kiste Bier, die in meinem unordentlichen Zimmer war, schnappte sich eine Flasche. Betäuben, immer weiter betäuben, nicht mehr denken müssen, verschwinden. Auf ewig verschwinden. Meine Tränen waren schon längst versiegt, ich kehrte zurück in meine Lethargie, in meine Gefühlslosigkeit, hörte auf Mensch zu sein. In meinen Träumen flog ich durch die Luft, immer der Erde entgegen, war eine Schneeflocke, die sich sanft auf ihren Körper legte, dort schmolz, für einen kurzen Moment mit ihr eins wurde und dann wieder verschwand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)