Der Schreiber... von Monsterseifenblase (...legt seine Seele ins Tintenfass) ================================================================================ Kapitel 30: 030 Schönheit ------------------------- Thema 030 Schönheit Es war das erste Mal gewesen, dass ich mit jemandem aus gewesen war. Normalerweise waren die Menschen zwar freundlich zu mir, doch sobald der Kontakt ein wenig enger wurde, schreckten sie vor mir zurück. Nett zu jemandem zu sein, von dem man wusste, dass er stets einen Behindertenausweis bei sich trug, war eine Sache, mit ihm befreundet zu sein, eine andere. Deswegen war es umso seltsamer für mich gewesen, als das Mädchen an meiner Seite gesagt hatte, dass sie auch meine Hand nehmen und mir zeigen könne, wo es langgeht, damit ich mit meinem Blindenstock nicht allzu hilflos vor mir herumtaste. Erst war ich dagegen gewesen. Mein Stock zeigte mir schließlich nicht nur, wo eine Wand war, sondern auch, wo sich ein Absatz befand, der für jemanden wie mich schnell zu einer gefährlichen Stolperfalle werden konnte. Doch dann überwand ich mich. Sie machte ihre Sache gut. Vor jedem noch so kleinem Hindernis warnte sie mich rechtzeitig und ich stolperte nur ein einziges Mal. Das war, als ich mich nicht auf ihre Stimme, sondern auf ihre Hand konzentriert hatte. Sie war nicht sonderlich groß, aber auch nicht so klein, wie die eines Kindes. Sie war feingliedrig und die Haut weich, das spürte ich sofort. Dann stolperte ich. Ich merkte sofort, dass es ihr Leidtat, aber ich versicherte ihr, dass es meine eigene Schuld gewesen war, da ich abgelenkt gewesen war. Auf was ich mich konzentriert hatte, das verriet ich ihr nicht. Es dauerte eine gute halbe Stunde bis wir vor meiner Haustür standen. Obwohl ich darauf bestanden hatte, sie nach Hause zu bringen, so wie es sich gehörte, hatte sie meinen Wunsch nicht respektiert. Sie sagte, ihr wäre unwohl dabei zu wissen, dass ich spät abends alleine nach Hause ließ, schließlich sei ich blind. Ich fand es gut, wie sie das sagte, die wenigsten sprachen es direkt aus, die meisten bevorzugten es immer drum herum zu reden. Also hatte sie mich nach Hause gebracht, irgendwie hatte ich das nett gefunden, auch wenn ich protestiert hatte. Ich bin schon lange blind, erklärte ich, ich kann damit umgehen. Du schon, antwortete sie, aber ich noch nicht, also lass mich dich nach Hause bringen. Auf dem Weg hatte sie mich gefragt, wie es wäre mit jemandem wegzugehen, dessen Gesicht man nicht kannte. Normal, hatte ich ihr geantwortet, ich kenne es nicht anders. Du weißt nie, wie jemand aussieht, hackte sie nach, weißt nie, ob derjenige hübsch ist, oder nicht? Ich kann nur mit den Händen sehen, erwiderte ich, doch ich habe genug Anstand um nicht jedem im Geicht herum zu fummeln. Ich lächelte und blieb dann stehen. Wir sind da, verkündete ich, vierundzwanzig Schritte hinter der Straßenabbiegung, da wohne ich. Ich hob die Hand und zeigte ins Schwarze Nirgendwo. Sie blieb stumm, vielleicht war sie erstaunt. Stimmt’s?, wollte ich wissen. Zögernd sagte sie ja. Sie nahm meine Hände und vorsichtig hob sie sie hoch. Es verwunderte mich, doch nur solange, bis ich ihre weiche Haut unter meinen Fingerspitzen spürte. Ihre Wangen. Ich würde mir wünschen, dass du weißt, wie ich aussehe, erklärte sie dann, aber sag mir, was du denkst. Ich war verunsichert. Bist du sicher, setzte ich an, doch sie unterbrach mich sofort. Ja. Noch immer zögernd ließ ich meine Finger langsam weiterwandern. Sag mir, was du denkst, sag mir, wie du mich siehst, forderte sie mich auf. Das hatte noch nie jemand von mir verlangt, ich wusste nicht, was ich sagen sollte, was sie hören wollte. Doch ihr erwartungsvolles Schweigen drängte mich. Hohe Wangenknochen, tief liegende Augen und, ich ließ die Finger weitertasten, eine Stupsnase. Ich musste unwillkürlich Lächeln, ihre Nase fühlte sich beinahe genauso an wie die meiner kleinen Schwester. Weiter, sagte sie. Ich tastete, spürte, wie ich ihren Lippen näher kam. Darf ich?, flüsterte fast und spürte, wie sie nickte. Vorsichtig ließ ich die Kuppe meines Fingers über ihre Lippen tanzen. Eine volle Unterlippen, die obere ist ein wenig schmaler, sagte ich dann, ein interessantes Gesicht. Ein schönes Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)