Der Schreiber... von Monsterseifenblase (...legt seine Seele ins Tintenfass) ================================================================================ Kapitel 22: 022 Hinrichtung --------------------------- Thema 022 Hinrichtung Bastian war seit vier Tagen unterwegs – seit sein Vater gestorben war, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, dass regelmäßig Fleisch bei seiner Familie auf den Tisch kam, weshalb er sich alle paar Wochen aufmachte, um jagen zu gehen. Das war zwar anstrengend, aber gleichzeitig auch die billigste Variante um an dieses Lebensmittel zu gelangen und er wusste, dass sowohl seine Mutter als auch seine Schwester es ihm danken würden, wenn er nun mit seiner Beute nach Hause kam. Einen fetten Rehbock hatte er erwischt, der so schwer war, dass ihm bereits die Schulter schmerzte, auf der er das Tier nach Hause trug. Mit ein wenig Glück warf er so viel Fleisch ab, dass sie einen Teil davon würden verkaufen können. Auch wenn es noch eine knappe Stunde Fußmarsch bis zum Dorf war und auch wenn das Gewicht des Rehbocks ihn langsamer machte, war er zuversichtlich seine Heimat noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Er war erst neunzehn Jahre alt und seine Beine waren jung, der Weg sollte zu schaffen sein, außerdem trieb ihn der Gedanke an ein Bad, mit dem er den Schmutz abwaschen konnte und an ein Bett mit einer weichen, strohgefüllten Matratze zusätzlich an. Ausdauernd setzte er einen Schritt vor den anderen und tatsächlich, kurz nachdem die Sonne untergegangen war, konnte er das Dorf in zwei Meilen Entfernung erspähen, doch je näher er kam, desto klarer wurde ihm, dass irgendetwas anders war. Die Felder rund um das Dorf waren verlassen, fast so, als würde niemand dort leben. Irgendetwas war in den letzten vier Tagen, in denen er auf Jagd gewesen war, vorgefallen, da war er sich sicher. Ein alter Mann kam ihm nach einer Weile entgegen, von dem er wusste, dass er ein wenig außerhalb wohnte. Obwohl er ihn freundlich grüßte, schaute der Mann nur kurz auf, machte große Augen und schüttelte den Kopf, bevor er weiterschlurfte ohne ein Wort zu sagen. Bastian schrieb das dem Rehbock auf seiner Schulter zu, wahrscheinlich hatte ihm keiner zugetraut alleine einen solchen Fang zu machen. Er schob den Gedanken an den Mann beiseite und ging weiter, bis er schließlich erkannte, was in dem Dorf vor sich ging. Der rötliche Schein, der nun zu sehen war, wurde mir jedem Schritt, den er tat größer und schon bald war er sich sicher, dass man auf dem kleinen Marktplatz ein Feuer von beachtlicher Größe geschürt haben musste. Dass das Dorf brannte, daran verschwendete er keinen Gedanken. Der Großteil der Hütten war klein– und aus Stein gebaut. Einzig für die Dächer wurde Stroh und Reisig genutzt, dass regelmäßig erneuert werden musste. Wenn das Dorf brannte, dann sah es anders aus, das wusste er aus Erfahrung, denn erst ein Jahr zuvor hatte sich im Sommer ein paar der Dächer entzündet. Obwohl er erschöpft war, beschleunigte er seine Schritte – die Neugier trieb ihn an. Er wusste von einem Fest, aber er war sich sicher, dass es erst in einer Woche stattfinden sollte und ihm wollte kein Grund einfallen, der die Dorfgemeinschaft dazu bewegt hätte, es zu verlegen außer – natürlich! Eine Hexenverbrennung! Allein der Gedanke daran ließ ihm den Atem stocken. Noch vor kurzem hatte er einen Priester darüber reden hören. Hexen waren hinterhältig und böse. Mit ihrem Tun wandten sie sich nicht nur von Gott ab, sondern versperrten auch anderen Unwissenden den Weg in das Reich des Himmels. Aber eine Hexe in seinem Dorf? Voller Unglaube blieb er stehen und betrachtete den rötlichen Feuerschein. Eine Frau, die wenigstens flüchtig kennen musste, hatte sie alle in Gefahr gebracht! Sie hatte die Freundlichkeit des Dorfes ausgenutzt und sie alle vielleicht für immer aus Gottes Reich ausgesperrt! Wie konnte sie nur? Es biss die Zähne zusammen und stapfte weiter. Katherina! Das Mädchen, das er nächstes Frühjahr zu seiner Frau nehmen wollte! Er ließ den Rehbock fallen, verschwendete nicht einen Gedanken an die Beute, auf die er vor kurzem noch so stolz gewesen war, und rannte los. Seine müden Beine und schmerzenden Muskeln protestierten, doch er ignorierte es. Nicht sie! Nichts sie! Lass nicht sie es gewesen sein! Immer wieder hämmerte es in seinem Kopf und während er rannte betete Bastian, dass nicht die hübsche junge Frau mit den feinen blonden Haaren, die er so lieb gewonnen hatte, auf dem Scheiterhaufen stand. Erst als er die ersten Häuser des Dorfes hinter sich gebracht hatte und er auf die Menschenmassen stieß, die sich um das hohe Feuer voller Neugier, Angst und Erleichterung versammelt hatte, blieb er keuchend stehen. Luft in sich saugend kämpfte er sich mit müden Armen und einer entsetzlichen Furcht im Herzen weiter nach vorne, bis er schließlich erkennen konnte, dass die Frau, die vor Schmerzen schreiend im Feuer stand, weder jung noch blond war. Seine Auserwählte war unschuldig. Die Erleichterung, die ihn durchströmte war so unglaublich groß, dass er sich darüber wunderte sie nicht mit Händen fassen zu können. Langsam wurde ihm schließlich klar, was das bedeutete. Seine Zukunft war nicht gefährdet, sobald er noch etwas Geld gespart hatte, würde er heiraten können. Er würde Kinder haben, mit der Frau, die er begehrte und er würde seiner Familie ein Haus bauen, direkt am Dorfrand und nicht so weit außerhalb, wie seine Mutter lebte, weil diese sich unter Menschen auf Dauer unwohl fühlte. Er würde glücklich sein, vor allem, weil die Inquisitoren da gewesen und sein Heimatdorf von der schrecklichen Plage der Hexen befreit hatten so dass keine Gefahr mehr drohte. Bei dem Gedanken an die Hexe blickte er wieder auf und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Frau im Feuer. Die Flammen leckten an ihrem sich vor Schmerzen hin und er windendem Körper und wenn ihre markerschütternden Schreie nicht die Luft zerschnitten hätten, hätte es den Anschein gehabt, dass das Feuer sie liebkosen würde. Einen Momentlang war er versucht sich abzuwenden, aber ihm wurde schnell bewusst, dass seine Neugier größer war und ihn daran hinderte zu gehen. Die Gestalt der Frau kam ihm sehr bekannt vor, auch wenn sie ihm den Rücken zuwandte und der inzwischen zerrissene und brennende grünliche Rock, weckte Erinnerungen. Er kannte diese Frau. Eilig kämpfte er sich durch die Menschenmassen um auf die andere Seite des Scheiterhaufens zu gelange, bevor das Leben den verfluchten Hexenkörper verließ und zu seinem Erstaunen, machten ihm die Leute sogar Platz. Er dankte ihnen nicht, sondern ging einfach weiter, von Angst und Neugier gleichermaßen getrieben. Schließlich waren es nur noch wenige Schritte, bis er sie würde erkennen könne. Er kämpfte sich noch zwei Meter nach vorne und blickte dann auf, direkt in das schmerzverzerrte Gesicht der Hexe, die mit letzter Kraft den Kopf hob, direkt in das Gesicht seiner Mutter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)