Der Schreiber... von Monsterseifenblase (...legt seine Seele ins Tintenfass) ================================================================================ Kapitel 4: 004 Herz ------------------- Thema 004 Herz June wirbelte hektisch die Blätter, die sich auf ihrem Schreibtisch breit gemacht hatten, durcheinander, aber sie konnte einfach nicht finden, was sie suchte. Ein Fluch lag ihr auf den Lippen, aber sie hielt sich zurück, da sie wusste, dass es erst halb acht in der Früh war und ihre Geschwister noch schliefen, da sie später zur Schule mussten. Genervt davon, dass sie mal wieder so früh aufstehen musste, dass sie trotzdem schon wieder zu spät dran war und heute auch noch ihre Matheklausur schreiben musste – sie hasste Mathe – durchsuchte sie mir fliegenden Fingern die Taschen der Hose, die sie am Vortag getragen hatte, aber dort war es auch nicht. Wie sollte sie diese verdammte Matheklausur ohne ihren Glücksbringer überleben? Wie zum Teufel sollte sie es schaffen mit einer Vier davon zu kommen, wenn sie alleine war? In ihrer Umhängetasche war es auch nicht. Ein schneller Blick auf die Uhr – zwanzig vor acht. Sie musste los, sonst würde sie trotz ihres kurzen Schulweges hoffnungslos zu spät kommen. Gereizt und schlecht gelaunt stürmte sie die Treppe herunter bis ihr auf halbem Weg einfiel, dass sie ihren Taschenrechner vergessen hatte. Mit noch schlechterer Laune als zuvor eilte sie die Stufen wieder hinauf, fegte mit einer einzigen Handbewegung sämtliche – ohnehin schon durcheinander gebrachten- Seiten vom Schreibtisch auf den Boden und griff sich das kleine Rechengerät. Jetzt wurde es knapp. Sie fiel die Treppen mehr hinunter als das sie sie ging, schnappte sich unten angekommen ihren Schlüssel und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus. Bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, konnte sie noch die Stimme ihrer Mutter hören. Das würde am Nachmittag Ärger geben, aber sie hatte jetzt beim besten Willen keine Zeit mehr um ganz in Ruhe mit ihrer Mutter zu frühstücken. Und Lust dazu hatte sie auch nicht. Während sie auf das Schulgebäude zu rannte wurde ihre Panik vor Mathe immer größer und sie versuchte verzweifelt sich daran zu erinnern, wo sie diesen verdammten Glücksbringer gelassen hatte. Sie hing an dem Teil und vor allem in Mathe beschlich sie des Öfteren das Gefühl des Versagens, so dass sie es doch als beruhigend empfand dieses Dingen dabei zu haben. Ohne das Tempo großartig zu reduzieren rannte June auf die Schultür zu und krachte schließlich dagegen, als es zum Schulbeginn klingelte. Sie war zwar manchmal etwas spät dran, aber zu spät gekommen war sie noch nie. Heute war einfach nicht ihr Tag. Im Schulgebäude waren noch einige Schüler unterwegs, denen es aber nicht das Geringste auszumachen schien, dass sie etwas spät dran waren, so dass sie June, die eilig zwischen ihnen hindurch stürmte, nur ein paar amüsierte Blicke zu warfen. Das Mädchen ignorierte es und stürmte weiter durch die Gänge und noch zwei Treppen hinauf, bis sie schließlich keuchend vor einer Tür stehen blieb. Dahinter herrschte Totenstille, also hatten sie schon angefangen. June atmete noch einmal tief durch und erinnerte sich daran, dass sie – auch ohne ihren Glücksbringer – eigentlich nichts zu verlieren hatte, da es kein Geheimnis war, dass sie Mathe nicht konnte. Dann klopfte sie an die Tür. Schritte – dann wurde geöffnet. "Entschuldigung", murmelte June. "Ich hab meinen Taschenrechner nicht gefunden." Ihr Lehrer nickte nur und deutete auf einen freien Platz direkt vor dem Pult. Wie sehr sie diesen Lehrer hasste. June lächelte gequält, betrat den Raum und sah sich unauffällig nach einem anderen Sitzplatz um, aber bis auf diesen einen waren alle besetzt. Leise seufzend ergab sie sich schließlich ihrem Schicksal und ging in Richtung Pult. Auf dem Weg dorthin kam sie an dem Platz einer ihrer besten Freundinnen vorbei. Ein Mathegenie, das ihr am Vortag noch einmal mit viel Geduld die Tangentenbestimmung an einer Parabel erklärt hatte. Hoffnungslos. June war schon fast vorbei gegangen, als ihre Freundin den Kopf hob und leise auf den Tisch klopfte. June drehte sich noch einmal um und dann sah sie es. Das abgegriffene und mit vielen Macken versehene Steinherz. Ihr kleiner Glücksbringer! Sie musste ihn am Vortag bei ihrer Freundin vergessen haben. Glücklich nahm sie das Herz an sich und fuhr mit den Fingern durch einen der tiefen Kratzer. Dann hörte sie, wie ihr Lehrer sich in ihrem Rücken geräuschvoll räusperte und eilte weiter zu ihrem Platz. Dort setzte sie sich, legte das kleine schon arg in Mitleidenschaft gezogene Herz auf die Tischplatte und zog die Arbeitsblätter zu sich heran. Während sie sich aus ihrer Jacke schälte, las sie sich die Aufgaben durch, dann lächelte sie dem kleinen Herzen zu und schlug ihr Heft auf. Sie hatte keine Ahnung was sie machen musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)