Der Schreiber... von Monsterseifenblase (...legt seine Seele ins Tintenfass) ================================================================================ Kapitel 3: 003 Musik -------------------- Musik Die Langeweile drohte ihn aufzufressen und als die Schulglocke schließlich ertönte, packte er erleichtert seinen Block in die Tasche und stand auf. Er hatte einen Fensterplatz, so dass er ohne Probleme auf den Schulhof hinunter schauen konnte. Gedankenverloren betrachtete er die sich mit Schülern füllende Asphaltfläche und blinzelte schließlich, während er darüber nachdachte, mit welcher Musik, mit welchem Song man eine solche Situation wohl in einem Spielfilm hinterlegen würde. Irgendetwas Rockiges? Nein, wahrscheinlich nicht, ehr irgendetwas Melancholisches um die Einsamkeit, die der handelnde Protagonist in seinem Herzen wahrnahm und scheinbar nicht abschütteln konnte, dem Zuschauer zu vermitteln, der mit einer Tüte Popcorn und einer Cola im Kino saß und gebannt auf die große Leinwand starrte. Mit einem Ruck wandte er sich von dem Anblick der Schülermassen los und machte sich auf den Weg nach unten um dem Schulgebäude für heute den Rücken zu zukehren. Er schob die Kopfhörer über die Ohren und spulte ununterbrochen vor, während er sich durch die Massen an Kindern drängte, die auf den Schulausgang zu stürmten. Schließlich blieb er genervt stehen und packte den MP3-Player wieder ein. Es machte keinen Sinn Musik zu hören, wenn sie nicht zur Situation passte und ihm wollte partu kein Lied einfallen, das jetzt, in diesem Moment als Soundtrack zu seinem Leben geeignet wäre. Schlecht gelaunt schupste er zwei seiner Meinung nach zu klein geratene Sechstklässler zur Seite und war froh, als er endlich an der frischen Luft angekommen war und vom Schulgebäude fliehen konnte. Leise vor sich hin summend schlenderte er eine Straße entlang, dieses Mal machte er sich keine Gedanken über ein passendes Lied, sondern gab sich voll und ganz mit seinem Gesumme zufrieden. Erst als er eine Einkaufsstraße erreichte, spürte er, dass sich seine Umgebung und somit auch seine Empfindungen und seine Stimmung weitergehend veränderten. Er brauchte eine neue Melodie, einen neuen Rhythmus, an den er sich klammern konnte. Panik breitete sich in ihm aus, aber bevor sie von ihm Besitz ergreifen und ihn in ein Loch reißen konnte, nahm er ein leises Gitarrenspiel war. Suchend drehte er sich um die eigene Achse und entdeckte schließlich einen Gitarrenspieler an einer Hauswand sitzen, der sich scheinbar noch ein paar Münzen dazu verdienen wollte. Seine Musik passte, die Töne, die er den Saiten entlockte fügten sich in alles Greifbare. Sie erhellten alle versteckten Winkel der Straße, schmeichelte den Ohren und passte sich dem Rhythmus der vorbei gehenden Passanten an. Er nickte unbewusst. Ja, das passte. Langsam ging er weiter und genoss es das erste Mal an diesem Tag etwas passenden gefunden zu haben, das die Situation vollkommen machte. Erst als er den größten Teil der Einkaufsstraße hinter sich gelassen hatte und ihn die Klänge der Gitarre nicht mehr erreichten, verspürte er wieder diese Leere, diese Unvollkommenheit. Wieder fehlte ein Lied, das die Situation und sein Leben perfekt ergänzte und wieder zu einem ganzen machen konnte, schließlich war die Musik ein wichtiger Teil seines Charakters. Und auch ein wichtiger Teil aller anderen Menschen, ohne dass sie sich dessen bewusst waren. Ein jeder identifizierte sich durch die Musik, die er sich regelmäßig zu Gemüte führte, egal ob es Pop, Rock, Hiphop, Jazz, Klassik oder sonst eine Art von Musik war. Ohne Musik, war der Mensch gar nichts, ohne sie war die ganze Welt gar nichts. Wahrscheinlich hatten die Menschen deshalb überhaupt erst angefangen Musik zu machen. Um die Leere, die sie mit ihrer Arbeit, die sie sich zwanghaft suchten, nicht auszufüllen vermochten, endlich mit irgendetwas zu stopfen und wenigstens ansatzweise das Gefühl zu haben etwas Ganzes, etwas Vollkommenes zu sein. Musik, menschlich, aber unmenschlich genial. Seufzend ging er weiter und durchforstete sein Hirn wieder nach etwas passendem, wieder fand er nichts, wie bereits schon am Morgen in der Schule. Er hasste solche Tage, an denen der Soundtrack ständig fehlte. An solchen Tagen schien das Leben zum einen nur halb so bunt wie sonst und zum anderen war es auch viel schwerer. Es gab nichts, was ihn antrieb und den Rhythmus vorgab mit dem er den Tag meistern konnte. Zielstrebig ging er nun weiter, nicht schlendernd, sondern schnellen Schrittes. Die Meter flossen unter seinen Füßen nur so dahin und nachdem er mehrere Straßen überquert hatte und zwei Mal mit einem Bus gefahren war, kam er endlich bei den Hochhäusern an. Noch immer fehlte er, der Takt des Lebens und wahrscheinlich würde er ihn heute auch nicht mehr finden. Morgen vielleicht wieder. Und bis dahin gab es nichts was er tun konnte, außer sich zu verstecken, denn ohne den Rhythmus war es sinnlos und auch gefährlich weiter zu leben Er betrat eines der Hochhäuser und fuhr mit dem Aufzug in den neunten Stock. Während er auf die Wohnungstür zuging fummelte er seinen Schlüssel aus der Tasche und schloss sie schließlich auf. In der Wohnung schmiss er seinen Rucksack und seine Jacke in eine Ecke, dann ging er zielstrebig in sein Zimmer, versperrte die Tür hinter sich und ließ die Rollladen herunter, so dass es vollkommen finster wurde. Langsam und tastend bewegte er sich durch den Raum und ließ sich schließlich auf sein Bett fallen, wo er still liegen blieb. An Tagen wie diesen musste man sich verstecken. Bis der Rhythmus wieder da war, der Takt, der Soundtrack. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)